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Stefan Kiechle SJ | Frankfurt a.M.

geb. 1960, Dr. theol., Chefredakteur der Kulturzeitschrift „Stimmen der Zeit“, Beauftragter des Ordens für ignatianische Spiritualität

kiechle@jesuiten.org

Was meint „synodal“?

Griechisch syn meint „mit“ oder „gemeinsam“, odos meint „Weg“, eine Synode ist also ein gemeinsamer Weg. In den ersten Jahrhunderten war eine Synode eine kirchliche Versammlung, deren Setting und Struktur variabel waren. Wer sich versammelte, war das „Volk Gottes“ oder einfach die Kirche. Ins Lateinische übersetzte man das Wort mit concilium – bis einschließlich des Vatikanum II wurden die beiden Worte praktisch synonym verwendet. Erst der CIC von 1983 trennte deutlicher: Ein Konzil ist eine weltweite Versammlung von Bischöfen, eine Synode hingegen eine in der Regel teilkirchliche Versammlung (CIC c. 460–468). In dieser kommen Priester und Laien zusammen, sie wird einberufen durch den Bischof und steht unter seiner Letztverantwortung: Der Bischof bestimmt, werMitglied ist, und er approbiert am Ende die Beschlüsse. Aber es gilt auch: Alle vorgelegten Fragen sollen in der Versammlung frei erörtert werden.

Nun beschlossen die deutschen Bischöfe angesichts der fundamentalen Krise, in der die Kirche sich befindet, mit ihr einen „verbindlichensynodalen Weg“ zu gehen. „Synodaler Weg“ ist schon mal ein weißer Schimmel, denn die Metapher „Weg“ wird unnötig verdoppelt. Die Bischöfe scheuten wohl „Synode“, suchten einen weniger verbindlichen Ausdruck, den sie aber durch den Zusatz „verbindlich“ wieder mit mehr Ernst ausstatten wollten. Man ahnt die Richtungskämpfe und die Kompromisssuche. Gewollt ist wohl nichts anderes als das, was nach alter Begrifflichkeit Synode heißt; redlicherweise sollte man sie so nennen.

Vom Geist sollte diese Synode wohl geleitet werden? Wegweisendkönnte sein, was Papst Franziskus am 3. Oktober 2018 zur Eröffnung der Jugendsynode sagte: „Die Synode, die wir nun erleben, ist ein Moment des Teilens. Ich möchte daher zu Beginn des Wegs der Synodenversammlung alle dazu einladen, mit Mut und Parrhesia zu sprechen, also Freiheit, Wahrheit und Liebe miteinander zu verbinden. Nur der Dialog kann uns wachsen lassen (…). Der Mut zum Sprechen und die Demut des Zuhörens gehören zusammen (…). Die erste Frucht dieses Dialogs ist, dass jeder offen ist für Neues, um die eigene Meinung aufgrund dessen zu ändern, was er von den anderen gehört hat (…). Fühlen wir uns frei, die anderen anzunehmen und zu verstehen und dann auch unsere Überzeugungen und Haltungen zu ändern: Das ist Zeichen großer menschlicher und geistlicher Reife (…). Die Synode ist ein kirchlicher Akt der Unterscheidung (…). Unterscheidung ist (…) eine innere Haltung, die in einem Glaubensakt verwurzelt ist.“

Der Papst ist – wen wundert’s? – sehr ignatianisch: Ein Weg christlichen Miteinanders ist für ihn immer Austausch, Teilen. Nur die freimütige Rede ist wahrhaftig, geistgeleitet, weiterführend. Zum guten Zuhören gehört die Demut, nicht schon alles zu wissen, sondern offen zu sein, von anderen etwas zu lernen. Wer bereit sein will, im Hören seine Meinung zu ändern, muss sich indifferent machen, also persönliche Vorlieben, Vorurteile und Vorfestlegungen zurückstellen. Eine Synode ist Kirche in Unterscheidung: Die Geister, die sich regen und bewegen, müssen zunächst wahrgenommen werden – das geht nicht ohne Stille, Achtsamkeit und Gebet; danach müssen sie unterschieden werden, also daraufhin geprüft, ob sie vom guten oder bösen Geist herkommen; schließlich müssen sich die Akteure entscheiden, wie es ihnen der Geist eingibt; nach dem Prozess sind Entscheide umzusetzen – der Wille dazu und die Kraft sind eigens zu erbitten und zu pflegen. Einen solchen Weg als Gemeinschaft zu gehen, erfordert von allen Beteiligten Zeit und Hingabe, Respekt und gutes Kommunizieren, innere Freiheit und Offenheit für Neues, vor allem freilich Vertrauen in das Wirken des Geistes.

Wann wäre der Weg nicht geistgeleitet? Wenn einzelne oder Gruppen vorher wissen, was wahr und was falsch ist; wenn Informationen ungleich verteilt bleiben; wenn Interessensgruppen etwas durchsetzen wollen; wenn einige, etwa wegen einer heiligen Weihe, mehr Kenntnis oder die alleinige Führung beanspruchen; wenn Juristen oder Organisationsentwickler die wesentlichen Vorgaben machen; wenn alte Männer dominieren und Frauen und Jugendliche zu kurz kommen – schon im Vorbereitungs- und im Steuerungsteam; wenn Ordnungen oder Lehren zu schnell als sakrosankt und unantastbar definiert werden; wenn wichtige geistliche Erfahrungen, auch solche der großen Geschichte und Tradition, vorschnell über Bord geworfen werden; wenn die Angst vor Verlusten oder vor dem Untergang die Herzen leitet; wenn der Prozess Vielfalt und Buntheit missachtet – oder gar unterdrückt oder manipuliert.

Katholisch – im Wortsinn allumfassend – ist eine Synode dann, wenn sie breit alle Strömungen und Gruppen eingemeindet; das ist angesichts derzeitiger Spannungen, Verwerfungen und Machtkämpfe sehr fordernd und außerdem unendlich mühselig – mühevoll und selig zugleich. Doch am Katholischen führt kein Weg vorbei. Geistlich ist eine Synode dann, wenn sie dem Geist nicht nur im Abwägen und Sprechen und Diskutieren, sondern vor allem im Gebet Raum gibt und wenn sie auf den Geist hört und ihn wirken lässt, wie und wo er will. Auch am Geist führt kein synodales Vorangehen vorbei.

Geist & Leben 3/2019

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