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Prolog

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Der weißhäutige Mann betrachtete liebevoll die vier Säuglinge, die friedlich in ihren Wiegen lagen. Dabei wusste er, dass sie sein Verhängnis sein würden.

„Sie haben die gleichen Fenster zur Seele wie du“, sagte die Prinzessin, deren eigene Augen fast schwarz wirkten, gerade so als würden sie das Licht nicht nur einlassen, sondern vollständig verschlucken. Die Augen der Kinder hatten hingegen eine auffallend gelbe Färbung wie die des weißhäutigen Mannes, dessen Haare gleich flüssigem Gold auf seine Schultern herabwallten.

„Ich werde dich verlassen müssen“, kündigte er traurig an.

„Warum tust du uns das an, Dorothon?“, stöhnte die Prinzessin verzweifelt.

„Du kannst mir nicht sagen, wo der Stein ist, alsomuss ich ihn selbst suchen. Er könnte unsere letzte Retung sein“, erwiderte der Mann. Dabei sah er sie forschend an, obwohl er wusste, dass sie den Aufbewahrungsort nicht kannte.

Sie hatte ihm verraten, dass ihr eigener Vater, der König, den Stein bereits vor Wochen aus Charak Dun gestohlen hatte und zu den Sterzen des Nordens geflüchtet war. Nun rückte eine riesige Armee aus dem Norden gegen Tirk Modon vor, die Hauptstadt der Dun nahe der heiligen Stätte Derfat Timbris. Charak Dun war bereits gefallen. Die Prinzessin zweifelte nicht daran, dass auch Tirk Modon fallen würde, falls sich ihr Vater tatsächlich mit dem Feind verbündet hatte. Der König kannte jeden Zugang zu den Verteidigungsanlagen der Dun.

„Fliehe mit den Kindern in den Süden, in das Land Sindra“, verlangte der Mann. „Wenn dein Vater den Stein des Grauens berührt hat, sind die Dun dem Untergang geweiht.“

*

Dorothon stand vor seinen Richtern. Das Eherne Gesetz kannte keine Gnade. Er hatte gleich zweimal versagt. Selbst wenn er gewollt hätte, wäre es ihm nicht möglich gewesen, die Ketten an seinen Hand- und Fußgelenken zu zerreißen. Sie bestanden aus Torr-barakt, der gefrorenen Flamme. Dass er von zwei Replicas flankiert wurde, entsprach dem uralten Ritual des Tribunals. Larradana und Udontroth waren für Dorothon wie Geschwister und Freunde zugleich, aber auch sie hatten keinerlei Einfluss auf das Verfahren und auf das Urteil.

„Die Zeugung von Kindern mit Fremden ist ein Eingriff in die Äußere Welt, der noch schwerer wiegt als die Tötung eines Menschen“, warf Tholulh, der Bewahrer des Ehernen Gesetzes, ihm vor.

„Die Schöpfer haben uns beauftragt, den Stein der Vernichtung zu finden“, verteidigte sich Dorothon und sah mit festem Blick empor zu den drei Mitgliedern des Tribunals. Die einzige Frau unter den Dreien beugte sich vor, stützte ihre Ellbogen auf die blitzblank polierte Metallplatte und fragte tadelnd: „Hast du ihn gefunden?“

Bevor Dorothon antworten konnte, hob Tholulh die Hand und sagte verärgert zu der Frau: „Bitte, Siridindar, verspotte unseren Bruder nicht. Wir alle wissen, dass er ihn nicht gefunden hat. Und auch wenn er ihn gefunden hätte, würde das nichts ändern.“ Dann wandte er sich wieder an Dorothon: „Selbstverständlich gebührt dem Ehernen Gesetz kein höherer Rang als den Befehlen der Schöpfer. Aber dennoch ist es bei der Ausführung dieser Befehle stets uneingeschränkt zu beachten, weil die Befehle der Schöpfer niemals in Widerspruch zum Gesetz stehen.“

„Ich bin schuldig“, räumte Dorothon zerknirscht ein.

Tholulh warf jedem seiner Beisitzer einen kurzen Blick zu: „Siridindar? Rooll?“ Beide nickten stumm mit zusammengekniffenen Lippen.

„Das Urteil kann nur auf Verbannung lauten“, stellte Tholulh fest. „Aber in diesem Falle kann die Verbannung nur von diesem Tribunal aufgehoben werden, falls unabweisbare Belange der Schöpfer oder aller Menschen dies gebieten.

Splitter einer vergangenen Zukunft

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