Читать книгу Öko-Nihilismus 2012 - Edgar L Gärtner - Страница 7
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Worum es geht
AM 21. DEZEMBER 2012 soll, wieder einmal, die Welt untergehen. Das wäre, nach einer französischen Zählung, der 184. Weltuntergang seit Nostradamus. Obwohl Papst Benedikt XVI. hin und wieder andeutet, dass das Ende der Zeit und die Wiederkunft Christi näher rücken, halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass es dieses Mal klappen könnte, für gering. Ob aber nun die Welt untergehen wird oder nicht: Im alten Europa breitet sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Kultur des Todes aus. Wie der französische Publizist Pascal Bruckner in einem 2011 erschienen Essay bestätigt, ist kaum zu übersehen, dass sich hinter der Überlebensrhetorik der Politischen Ökologie eine tiefe Todessehnsucht verbirgt. Nicht nur Freiheit und Würde, sondern auch das Leben von Milliarden von Menschen sollen geopfert werden, um eine angeblich drohende Klimakatastrophe abzuwenden.
Das Kioto-Abkommen von Dezember 1997 über die Reduktion des Ausstoßes so genannter Treibhausgase gilt gemeinhin als Durchbruch der Politischen Ökologie gegenüber herkömmlicher egoistischer Machtpolitik von Einzelstaaten. Die Erde erscheint dabei, wie es der Begriff „Ökologie“ ausdrückt, als gemeinsames Haus (oikos) der Menschheit, dessen Ressourcen es rational zu verwalten beziehungsweise umzuverteilen gilt. Diese Aufgabe sollte nach Auffassung der meisten Verfechter der Politischen Ökologie eigentlich von einer bevormundenden Weltregierung, wenn nicht von einem globalen kommunistischen Polizeistaat, wahrgenommen werden. Mit dem Ende des Kalten Krieges vor zwei Jahrzehnten schien diese Perspektive endlich in den Bereich des Möglichen gerückt zu sein. Doch inzwischen lassen Entwicklungen wie der Aufstieg der Volksrepublik China zur industriellen Großmacht, die undurchsichtigen Machenschaften der russischen „Kreml AG“ sowie die Aufdeckung der Manipulation von Klimadaten der Climate Research Unit (CRU) der University of East Anglia („ClimateGate“), die damit verbundene Ablehnung der Umsetzung des Kioto-Protokolls durch die USA, Kanada, Japan, China, Indien und Brasilien und schließlich das Scheitern der „Klima-Gipfel“ von Kopenhagen, Cancún und Durban, diesen Weg als Wunschtraum erscheinen, der so schnell nicht in Erfüllung gehen wird.
So soll nun das „Haus Europa“ zum Modell und Exerzierfeld des neuen Politikansatzes gemacht werden. Analog zur vollzogenen EU-Erweiterung sollen Armut und Unfriede in der Welt durch die schrittweise Einbeziehung aller Weltregionen und Religionen in ein kuscheliges „Lager des Grünen Friedens“ überwunden werden. Kurz: Am europäischen Wesen soll die Welt genesen. Ausgerechnet ein Amerikaner, der Autor und Politikberater Jeremy Rifkin, hat dafür in seinem 2004 erschienen Buch Der europäische Traum auch noch eine historisch-anthropologische Begründung geliefert.
Gegenstand der folgenden Abhandlung ist die polemisch zugespitzte Auseinandersetzung mit diesem Versuch, Machtpolitik zumindest virtuell durch Hauswirtschaft zu ersetzen. Es geht dabei nicht, wie der eingangs gewählte Vergleich nahe legen könnte, um eine Gegenüberstellung von Mythen und „harten“ Fakten. Denn mir ist seit langem bewusst, dass es theoriefreie und somit auch mythenfreie Fakten im politischen Raum gar nicht gibt und auch nicht geben kann. Vielmehr geht es um die Unterscheidung zwischen krankmachenden, selbstzerstörerischen und konstruktiven, Mut machenden Mythen. Im Zentrum meiner Untersuchung stehen aktuelle Zusammenhänge zwischen Politik, Ökonomie und Theologie.
Die Beschäftigung mit solchen Fragen reicht bis in meine Zeit als Zögling eines (inzwischen geschlossenen) katholischen Knabeninternats am Sitz der deutschen Bischofskonferenz zurück. Mehr Einsichten verdanke ich jedoch der viel späteren Lektüre der Werke Friedrich Nietzsches sowie des L’homme révolté (Der Mensch in der Revolte) von Albert Camus. Seither ist mir bewusst, wie schmal das Stück festen Bodens ist, das extreme Auslegungen des Monotheismus vom Abgrund des Nihilismus trennt.
Ich möchte im folgenden nicht nur zeigen, dass der Öko-Pazifismus des „alten Europa“ Prahlerei ohne Substanz ist, dass das „Haus Europa“ lediglich eine vielleicht gut gemeinte Kopfgeburt ist, die ihre Bewährungsprobe im internationalen Wirtschaftskrieg vermutlich nicht bestehen wird und dass Europa in zwei Jahrzehnten höchstwahrscheinlich nicht viel mehr darstellen wird als eine Art Wurmfortsatz (Vorder-)Asiens, der nach und nach zur Beute radikaler Islamisten wird, wenn es in der Währungs- und Umweltpolitik zu keinem Umdenken kommt. Sondern ich möchte auch nachweisen, dass der Ökologismus viele, wenn nicht alle Merkmale einer gefährlichen totalitär-nihilistischen Ideologie trägt.
Im Klartext: Ich behaupte, dass auch die dogmatischen Verfechter des „Vorsichtsprinzips“ eine starke mentale Affinität zur Weltsicht der Terroristen haben und dass die scheinbar so lebensbejahende „Klimapolitik“ einem Todeskult nach nazistischem oder islamistischem Vorbild den Weg bereiten kann. Der Ökologismus erscheint mir als geistige Tyrannei, die, wie schon Ludwig Erhard, der „Vater“ des deutschen Wirtschaftswunders, erkannte, stets Vorbote politischen Terrors war und ist. Dass diese Befürchtung nicht weit hergeholt ist, zeigen Äußerungen des US-Medienmoguls Ted Turner. Dieser gab an, das Ziel seiner einflussreichen UN-Stiftung für die Lösung globaler Probleme sei die Verkleinerung der Weltbevölkerung auf zwei Milliarden Menschen. Ähnliches fordert auch der Club of Rome immer wieder.
Es scheint, dass Deutschlands politische Klasse, eine aufgrund des undurchsichtigen Verhältniswahlrechts an die Macht gelangte negative Auslese, eifrig darauf hinarbeitet, dass die Deutschen zu jenen fünf Milliarden Menschen gehören, die nach der Vision von Gutmenschen wie Jacques Cousteau oder Ted Turner „überschüssig“ sind. Um dem Nichts, der „Nullemission“, näher zu kommen, scheuen die Herrschenden nicht vor Rechtsbeugung und existenzvernichtendem Terror zurück. Das zeigt das Ende April 2004 ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Öko-Steuer. Angestrengt wurde dieses Verfahren durch Kühlhausbetreiber und Spediteure, die sich durch die Öko-Steuer gegenüber ihren europäischen Konkurrenten benachteiligt und in ihrer Existenz bedroht sahen. Das Urteil des höchsten Gerichts spricht dem Staat im Prinzip das Recht zu, jederzeit Unternehmen zu ruinieren, deren Geschäftsmodell als nicht politisch korrekt erscheint. Was der russische Despot Wladimir Putin bei der Zerschlagung des Ölkonzerns Yukos vorführte, könnte also auch bei uns bald zum gängigen Ausdruck des „Primats der Politik“ werden.
Der US-amerikanische Publizist Paul Berman, der sich nicht zufällig auf Camus beruft, definiert den Totalitarismus in seinem erhellenden Buch Terror und Liberalismus (2004) als „Politik der Massenmobilisierung für unerreichbare Ziele“ (S. 43) im Namen überpersönlicher Wesenheiten wie Klasse, Staat oder Glaubensgemeinschaft, die immer in Blutbädern und Selbstzerstörung endet. Diese Definition steht durchaus im Einklang mit dem, was die große jüdische Philosophin Hannah Arendt in ihrem berühmten Buch über die Ursprünge totaler Herrschaft (1951 und 1986) herausgearbeitet hat. Berman weist nach, dass alle Spielarten des Totalitarismus wie Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus und selbst der schon bei Mohammed angelegte Islamismus in seiner aktuellen Ausprägung auf die europäische Romantik mit ihren nur scheinbar harmlosen und friedlichen Vorstellungen von häuslicher Ordnung (und Planwirtschaft) zurückgehen.
Die europäische Romantik mit ihrem geschlossenen Weltbild erscheint ihm wie auch schon dem großen baltisch-britischen Philosophen Isaiah Berlin als eine Art Kulturflüssigkeit für die Produktion von Viren der Selbstzerstörung. Die Politische Ökologie und die aktuelle „Klimapolitik“ hat Berman dabei allerdings nicht im Auge. Vielmehr hält er diese, wie viele Zeitgenossen, die von Naturwissenschaft nicht viel verstehen, für objektiv begründet und legt der US-Regierung sogar nahe, sich doch noch dem auslaufenden Kioto-Abkommen anzuschließen, um leichter Verbündete im „Krieg der Köpfe“ gewinnen zu können.
Im Unterschied zu Paul Berman und den vielen andern, die heute mit Ökologie Politik machen möchten, kenne ich mich in der Ökologie etwas besser aus. Ich weiß, welche dürftigen theoretische Begründungen hinter ständig wiederholten Schlagworten wie „ökologisches Gleichgewicht“, „Stoffkreislauf“ oder „Biodiversität“ und „Stabilität“ stehen, weil ich mich lange Jahre selbst mit dem Studium und der praktischen Anwendung der Ökologie befasst habe.
Neben dem Erlernen der analytischen Methodik der Biochemie, der Hydrobiologie und der Bioklimatologie gehörte dazu auch die aufmerksame Lektüre der Werke Charles Darwins und seiner Nachfolger. Meine nachhaltigsten praktischen Lektionen in Sachen Ökologie erhielt ich in den siebziger Jahren – lange vor der Verbreitung einer letztlich religiös inspirierten Buchhalter- beziehungsweise Milchmädchen-Ökologie durch grüne Parteien und verschiedene Naturschutzverbände – als ich in der Provence viele Wochen und Monate mit dem Bestimmen und Zählen von Köcher-, Stein- und Eintagsfliegenlarven zubrachte, um den Einfluss einer chlorchemischen Fabrik auf die Ökologie eines damals insgesamt noch ziemlich wilden Voralpenflusses zu analysieren.
Worin bestand denn nun das „ökologische Gleichgewicht“ eines Flusses, der nach jedem Hochwasser seinen Lauf veränderte, so dass ich mir jedes Mal neue Messpunkte für die Entnahme von Wasser-, Planktonproben aussuchen musste, fragte ich mich. Alles befand sich doch buchstäblich im Fluss. Um meine Diplomarbeit fristgerecht und mit präsentierbaren Ergebnissen abschließen zu können, bedurfte es etlicher Vereinfachungen und pragmatischer Festlegungen, von denen manche, bei weniger wohlwollender Betrachtung, sogar als Betrug hätten gewertet werden können.
Kurz: Ich lernte, dass es in der Natur alles andere als planmäßig zugeht. Mir wurde bewusst, wie fließend die Grenzen zwischen science und science fiction sind, wenn man nicht eine übersichtlich arrangierte Laborsituation, sondern die freie Natur mit ihrer in ständigem Wandel begriffenen Vielfalt untersucht. Ich wunderte mich, dass von der Politik bestellte „Umweltexperten“ nicht zögerten, sogar bei unvergleichlich komplexeren Naturvorgängen wie dem Wetter und dessen langjährigem regionalen Durchschnitt, dem Klima, wie selbstverständlich mit den Begriffen „Stabilität“ und „Gleichgewicht“ zu hantieren. Wie konnte ein solcher Gleichgewichtszustand in einem offenen Universum überhaupt definiert werden? Ich begriff, dass es zwischen dem, was uns seit dem Beginn der Umweltpolitik am Ende der 60er Jahre als Ökologie verkauft wurde, und dem zukunftsoffenen Naturbild des Darwinismus Welten liegen.
Ich begann, mich eingehender mit der Geschichte der Ökologie zu beschäftigen – und zwar zunächst noch aus dem Blickwinkel eines von antiautoritären, wenn nicht libertären Ideen durchsetzten Marxismus, der seit meiner Studentenzeit in Frankfurt am Main mein Denken stark geprägt hatte.
Durch die Auseinandersetzung mit dem zutiefst infantilen Alles-oder-Nichts-Denken des Teils der 68er, der mit dem Terrorismus sympathisierte, näherte ich mich im Laufe der siebziger Jahre der konsequent humanistischen und evolutionären Auffassung, nach der es auf die Einzigartigkeit der Individuen und die Konkurrenz verschiedener Weltsichten ankommt. Ich gelangte nach und nach zum Bild einer offenen, unberechenbaren Welt, die ständig neue Überraschungen bereit hält, an die sich Individuen und Kollektive bei Strafe ihres Untergangs mehr oder weniger intelligent anpassen müssen. Dabei überleben nicht unbedingt die Besten, wie es das Schlagwort vom „Survival of the fittest“ nahe legt. Aber die Anpassungsunfähigen oder Wandlungsunwilligen bleiben höchstwahrscheinlich auf der Strecke.
Zweifelsohne hat sich unser Verständnis der Evolution seit meinem Studium erheblich verändert. Vor allem Erkenntnisse der Molekulargenetik haben inzwischen viele dem Darwinismus zugrunde liegenden Annahmen widerlegt. Die von Darwin und seinen Nachfolgern dem Zufall zugeschriebene Rolle eines Gott-Ersatzes wird in neueren evolutionstheoretischen Abhandlungen ausdrücklich zurückgewiesen. Dafür wird Jean Baptiste Lamarcks Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften teilweise rehabilitiert (siehe Joachim Bauer: Das Kooperative Gen. Abschied vom Darwinismus, Hamburg 2008). Es wird immer deutlicher, dass der Darwinismus besser die kulturelle Entwicklung erklärt als die Entwicklung des Lebens von einfachen zu komplexen Formen.
Als in den 80er Jahren grüne Parteien und die internationale Regenbogenkrieger-Organisation Greenpeace auf der politischen Bühne auftauchten, war mir jedenfalls längst klar, dass es sich hierbei um eine Bewegung handelte, die sich nicht auf ein evolutionistisches Weltbild berufen konnte, sondern eher einer stationären, vordarwinistischen Naturauffassung anhing und Politik im Sinne eines intelligent design betrieb. Ich hörte hinter der Forderung nach einem „radikalen ökologischen Umbau der Industriegesellschaft“ (so ein frühes Programm der deutschen Partei „Die Grünen“) deutliche Anklänge an die sogenannte Hausväterliteratur des 17. Jahrhunderts, wonach die Aufgabe der Umweltpolitik der eines weisen Patriarchen gleicht, der seinem Gesinde Moral predigt, Arbeiten aufträgt und Ressourcen zuweist.
Kurz: Ich sah hier ein Verständnis von Ökologie, das sich nur Bürokraten ausgedacht haben konnten. In deren Augen erscheint die Welt als ein kompliziertes, schwer durchschaubares Uhrwerk, das die Menschen dennoch entsprechend ihrer Werte und Wünsche gezielt beeinflussen und steuern können, sofern sie nur die richtige Stellschraube finden.
Diese Stellschraube glaubten viele, mit der Regulierung des Verbrennungsabgases Kohlendioxid gefunden zu haben. Doch dieser Glaube stützt sich ausschließlich auf numerische, nicht analytische Computersimulationen, die der gesicherten Erkenntnis widersprechen, dass die Lebensbedingungen auf der Erde nicht in erster Linie vom Kreislauf des Kohlenstoffs, sondern von dem des Wassers bestimmt werden.
Der Wasserkreislauf wiederum wird, wie jedes Schulkind wissen sollte, von der Energie der Sonne angetrieben und unterliegt wie deren Strahlkraft und Magnetfeld natürlichen, zum Teil von kosmischen Einflüssen abhängigen Schwankungen, denen gegenüber menschliche Einflüsse als vernachlässigbar klein erscheinen. Der Kohlenstoffkreislauf, auf dessen Steuerung das Kioto-Protokoll abzielt, ist eine drittrangige, vom Wasserkreislauf abhängige Größe. Anders ausgedrückt: Hätte der politische Kuhhandel von Kioto einen Sinn gehabt, müsste der Schwanz tatsächlich mit dem Hund wedeln können.
In den teuren Computermodellen, die der „Klimapolitik“ zugrunde liegen, sieht das freilich ganz anders aus. Konsequenterweise hätten dann aber die Spitzenpolitiker und „Klimaexperten“, die das Kioto-Protokoll ausgehandelt haben, beschließen müssen, den Handel mit Emissionsrechten, mit dessen Hilfe dieses Abkommen umgesetzt werden soll, auf Computer- oder Brettspiele zu begrenzen. Diese könnten dann vielleicht einen mit dem Monopoly-Spielen vergleichbaren Freizeitwert erlangen.
Doch die Politik hat sich in die Konfusion zwischen science und science fiction geflüchtet. Könnten die globalen Lebensbedingungen tatsächlich Gegenstand politischer Gestaltung sein, warum hat man dann statt der „Klimapolitik“, die in kosmische Zusammenhänge eingreifen können müsste, nicht mit einer etwas bescheideneren „Plattentektonikpolitik“ zur Verhütung von Erdbeben begonnen, die immerhin den Vorteil hätte, sich nur mit irdischen Zusammenhängen beschäftigen zu müssen?
Die Antwort auf diese Frage liegt angesichts der Tsunami-Katastrophen, die die Insel Sumatra und andere Anrainer des indischen Ozeans am 26. Dezember 2004 und Japan am 11. März 2011 heimgesucht haben, auf der Hand: Die Menschen haben trotz aller technischer Errungenschaften bei weitem nicht die Kraft, irgendwo steuernd in die Bewegungen der Erdkruste eingreifen zu können. Sie müssen zum Beispiel dem ostafrikanischen Grabenbruch, der den Kontinent Afrika zweiteilen wird, völlig machtlos zuschauen. Dennoch erscheint es im Prinzip leichter, das Rote Meer, wie im Buch Moses beschrieben, erneut zu Fuß passierbar zu machen, als die Durchschnittstemperatur der Erde und die Entwicklung des Wetters gezielt zu beeinflussen. (Ich lasse hier Spekulationen, wonach genau dieses mit Hilfe des amerikanischen High Frequency Active Auroral Research Program (HAARP) erreicht werden soll, bewusst beiseite.)
Doch was im Falle der Erdkruste offenkundig ist, soll beim weitaus komplexeren, auch außerirdischen Einflüssen unterworfenen Wettergeschehen nicht gelten. Das zeigt, wie abwegig die Behauptung ist, die globale Erwärmung sei „die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts“ (so die Bundeskanzlerin Merkel) und wie absurd der in Kioto abgeschlossene politische Kuhhandel ist. Doch fiel das kaum einem der daran beteiligten Akteure auf, weil die vermessene Idee, Gott spielen zu wollen, das Wesen des noch immer angebeteten Wohlfahrtsstaates europäischer Prägung ausmacht. Wie der US-amerikanische Publizist Jonah Goldberg in einer 2007 erschienenen umfangreich historischen Untersuchung herausgearbeitet hat, ist die Religion des Staates als Vollstrecker von Rousseaus volonté générale der Kern aller linksfaschistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts. Wladimir Illitsch Ulanow (Lenin), Benito Mussolini, Woodrow Wilson, Adolf Hitler und Franklin D. Roosevelt waren danach Anhänger der gleichen politischen Religion. Auch die Politische Ökologie ist nach Goldberg auf diesem Holz gewachsen.
Dennoch besteht Grund zur Hoffnung, dass die grüne Soße, die uns wohlmeinende Klimaschützer und Ökopazifisten eingebrockt haben, am Ende nicht so heiß gegessen wird, wie sie gekocht wurde. Ohne diese Hoffnung wäre die Arbeit, die ich mit dem folgenden Versuch einer Fundamentalkritik des Ökologismus und Öko-Nihilismus auf mich genommen habe, sinnlos. Persönlich setze ich mittelfristig auf eine politische Allianz zwischen Radikal-Liberalen beziehungsweise Libertären und gestandenen Konservativen mit mehr oder weniger engen religiösen Bindungen. Auf einer solchen Allianz beruht die populäre Tea Party-Bewegung in den USA.
Trotz des bei manchem deutschen Konservativen vorhandenen primären Anti-Amerikanismus bin ich fest davon überzeugt, dass auch in Deutschland und Europa ein Bündnis zwischen konservativreligiösen und libertären Staatsskeptikern möglich ist. Zu einem solchen Bündnis, das manchen als widernatürlich erscheinen mag, ist es in der Klimadebatte inzwischen in Ansätzen bereits im Internet gekommen. Dort diskutieren seit Jahren im „Unruhehestand“ lebende hochqualifizierte Naturwissenschaftler und Ingenieure ohne größere Verständnisprobleme mit jüngeren, dem politischen Umfeld und dem geistigen Einfluss der 68er „Bewegung“ entronnenen radikal-liberalen Publizisten.
Wer ein endgültiges Abgleiten unseres Landes in eine Abwärtsspirale nach dem Muster des einst wohlhabenden Argentinien verhindern möchte, hat auch kaum eine andere Wahl, als sich mit geistig frisch gebliebenen Vertretern der älteren Generation zusammen zu tun. Denn die in Deutschland heranwachsende jüngere Generation, die ganz anders denkt als ihre 68er Eltern, hat leider wegen des Einbruchs der Geburtenrate (an dem der gedankenlose Hedonismus der 68er nicht unschuldig ist) zahlenmäßig ein so geringes Gewicht, dass sie alleine eine politische Wende in Richtung auf mehr individuelle Freiheit und Verantwortung unter den gegebenen Bedingungen der parlamentarischen Demokratie nicht schaffen würde.
Um Kopfschütteln bei den Lesern vorzubeugen, schon an dieser Stelle folgendes zur Klärung: Ich verwende in dieser Abhandlung nicht den Nihilismusbegriff, wie man ihn in gängigen Lexika findet.
Denn Nihilist sein bedeutet nicht, an nichts zu glauben, sondern nicht zu glauben an das, was ist. Das arbeitete der französische Literaturnobelpreisträger Albert Camus unter Berufung auf Friedrich Nietzsche schon 1951 heraus.
Camus meinte damals an etlichen historischen Beispielen zeigen zu können, dass alle Formen historischer Heilsgewissheit wie ihr Ursprung, die diesseitig missverstandene christliche Heilslehre, oder auch der vielleicht gar nicht so unchristliche dialektische Materialismus im Grunde nihilistisch sind, weil sie in ihrer Alles-oder-Nichts-Einstellung alles leugnen oder negieren, wenn nicht physisch eliminieren müssen, was nicht in das Schema ihrer Bewegung passt. In diesem Sinne ist auch der gewalttätige Islamismus von heute nihilistisch. Nicht zuletzt lassen sich auch in der religiös gewendeten Ökologie nihilistische Züge ausmachen.
Es geht im Folgenden also nicht nur um das ernste, aber eher vordergründige Problem der zukünftigen Versorgung der Wirtschaft und der Privatverbraucher mit bezahlbarer Energie. Es geht nicht lediglich um die Feststellung, dass die entsprechend dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) nach dem Willen der in Berlin bis 2005 regierenden rot-grünen Koalition mit drei- bis vierfach überhöhten Stromabnahmepreise subventionierten Windparks die infolge des gleichzeitig beschlossenen Ausstiegs aus der Kernenergienutzung sich öffnende Energieversorgungslücke nie und nimmer werden ausfüllen können. Es geht um mehr. Es geht um die Frage, ob in Deutschland (und in der EU) Klugheit oder Dummheit regiert und ob nicht die Gefahr besteht, dass die Klügeren der herrschenden Dummheit gegenüber so lange nachgeben, bis sie am Ende selbst die Dummen sind.
Die totalitäre Propaganda, so Hannah Arendt in ihrem Buch über die Ursprünge des Totalitarismus, beruht auf einer gegenüber der Wirklichkeit vollkommen abgedichteten Fiktion, die nicht durch Gegenpropaganda bekämpft werden kann. „Totalitäre Propaganda ist keine Propaganda im herkömmlichen Sinn und kann daher nicht durch Gegenpropaganda widerlegt oder bekämpft werden. Sie ist Teil der totalitären Welt und wird nur mit ihr zusammen vernichtet“, schrieb sie (1986, S. 765).
Es besteht danach wenig Grund zur Hoffnung, diese Fiktion könne durch Konfrontation mit der Realität ad absurdum geführt werden. Denn ihre geistige Grundlage ist der Nihilismus, eine in ihrem Wesen selbstmörderische (und ansteckende) Geisteskrankheit. Wirklich gemeingefährlich werde die krankhafte Realitätsverleugnung, wenn sie vom moralischen Nihilismus des „Alles ist erlaubt“ zur Hybris des „Alles ist möglich“ fortschreitet, erkannte Hannah Arendt. Die Frage nach Erfolg oder Misserfolg sei dann nicht mehr entscheidbar: „Denn es liegt im Wesen der totalitären Fiktion, dass sie nicht nur das Unmögliche möglich macht, sondern vor allem auch alles, was sie nach ihrem ideologisch geleiteten Schema ‚voraussieht’ – und Voraussehen heißt hier lediglich Berechnen -, bereits als wirklich in Rechnung stellt. Da die Geschichte in der totalitären Fiktion voraussehbar und berechenbar verläuft, muss jeder ihrer Möglichkeiten auch eine Wirklichkeit entsprechen. Diese ‚Wirklichkeit’ wird dann nicht anders fabriziert als andere ‚Tatsachen’ in dieser rein fiktiven Welt.“ (S. 886).
Wer diese Zeilen heute liest, könnte leicht zum Eindruck gelangen, Hannah Arendt habe sich hier auseinandergesetzt mit der abenteuerlichen, aber inzwischen dennoch gängigen Vorstellung, das chaotische Wettergeschehen könne durch eine Rationierung des Ausstoßes des Spurengases Kohlenstoffdioxid (CO2) so „gemanagt“ werden, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 °C begrenzt bleibt. Denn die „Klimamodelle“, mit denen das Kioto-Protokoll über die Reduktion so genannter Treibhausgase, das „Klimapaket“ der EU, die Einstufung von CO2 als „gesundheitsgefährdender Schadstoff“ durch die US-Umweltbehörde EPA und der internationale CO2-Emissionshandel (eine massive indirekte Kohlenstoffsteuer) begründet werden, beruhen zum allergrößten Teil auf rein theoretischen Berechnungen und nur zum geringsten Teil auf Messwerten. Doch die mit vielen Milliarden Euros bzw. Dollars geförderten „erneuerbaren“ Energien haben unterm Strich bislang noch keine einzige Tonne CO2 eingespart. Die Kosten-Nutzen-Bilanz der „Klimapolitik“ ist jedenfalls eindeutig negativ, zumal von „globaler Erwärmung“ nun schon ein ganzes Jahrzehnt lang nicht mehr die Rede sein kann. Aber Fakten zählen in Berlin und Brüssel offenbar längst nicht mehr.
Man könnte deshalb sogar zur Überzeugung kommen, die Urheber der „Klimapolitik“ hätten Hannah Arendts Totalitarismus-Theorie genauestens studiert – und zwar nicht um Totalitarismus zu verhindern, sondern um ganz bewusst eine besonders raffinierte totalitäre Fiktion in die Welt zu setzen. Immerhin geschähe es nicht das erste Mal in der Geschichte politischer Ideen, dass gut gemeinte Warnungen auf eine so perverse Weise beherzigt werden. Hannah Arendt würde damit also lediglich das Schicksal Niccolò Machiavellis teilen, dessen Principe zur Begründung eines Politikstils, des Machiavellismus wurde, den der große Florentiner in einer für seine Vaterstadt schweren Zeit mit seinem viel zitierten Fürstenspiegel gerade verhindern wollte. Darauf hat übrigens kein Geringerer als Carl Schmitt in seiner Theorie des Politischen hingewiesen. „Wenn Machiavelli ein Machiavellist gewesen wäre“, bemerkte Schmitt, „hätte er statt des Principe ein erbauliches Buch geschrieben, am besten gleich einen Anti-Machiavell.“
Damit ist aber noch nicht gesagt, dass jene recht haben, die die „Klimapolitik“ in erster Linie als Ausfluss einer von langer Hand eingefädelten Verschwörung von Hochfinanz und Politik-Eliten sehen. Denn wenn sich der Nihilismus (nach Friedrich Nietzsche die Negation des wirklichen Lebens durch krankhafte Religiosität beziehungsweise übertriebene Vorsorge, mit anderen Worten: höhere Dummheit) wie eine ansteckende Krankheit seuchenartig ausbreiten kann, bedarf es im Grunde gar keiner Verschwörung.
Dass Dummheit ansteckend wirkt, ist außerdem nicht neu. Schließlich wäre Dummheit nicht Dummheit, könnte man auf ihrer Basis klare Ziele und Strategien formulieren. Deshalb gehe ich im Folgenden aus von der Hypothese, dass die Ausbreitung des grünen Weltbildes und der darauf aufbauenden parasitären Geschäftsmodelle im Wesentlichen naturwüchsig erfolgte, was nicht ausschließt, dass mächtige Akteure gelegentlich kräftig nachgeholfen haben, weil sie erkannt haben, dass es unter gewissen Umständen viel leichter ist, mit der Verbreitung eines krankhaften Aberglaubens Geschäfte zu machen, als mit dessen Bekämpfung.