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VORWORT

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Das Jahr bei Seniorbook war anregend und aufregend. Viele Online-Erfahrungen hatte ich noch nicht: einen AOL-Chatroom, ein Philosophie-Forum, einen Zeitungsblog, Facebook hatte ich als langweilig empfunden. Den Mangel an sinnlichen Merkmalen, Stimme, Gestik, Spontaneität des Ausdrucks bedauerte ich. Die Welt hinter dem Glas schien ohne Leben zu sein.

Im Dezember 2013 entdeckte ich bei Facebook einen Hinweis auf Seniorbook, und es war Liebe auf den ersten Blick. Ich war fasziniert: Da war pralles Leben auf hellen bunten Seiten, Anregungen, Gespräche, ein freundliches Miteinander. Ich fasste den ersten Eindruck geradezu enthusiastisch in dem Beitrag „Seniorbook – ein Geschenk an die ewig jungen Alten“ zusammen.

Ein paar Monate später, mitten im Gewimmel der vielen Lesenswert – und Sehenswert-Bekundungen, den wechselnden Profilbildern, den provozierenden Posen auf der Fotowand, überfiel mich die Erinnerung an Thackerays Sittenroman „Vanity Fair“.

So schrieb ich, ein wenig ernüchtert: „Seniorbook – Jahrmarkt der Eitelkeit“.

Im Mai setzten plötzlich die ersten Angriffe auf meine Person ein, vielleicht ausgelöst durch meinen Profilspruch „Alles verstehen heißt alles verzeihen“ (Augustinus). Da ich keinen Hehl aus meiner christlichen Lebenseinstellung machte, tauchte plötzlich eine Gruppe von Widersachern auf, so dass sachliche Gespräche unmöglich wurden. Es endete immer in einem verbalen Gemetzel, wobei die einzelnen Teilnehmer gar nicht wussten, dass ihre Ansichten die Bewusstseinsstufe verrieten.

So schrieb ich genervt den 3. Beitrag: „Seniorbook – Leiden und Leidenschaften“.

Seniorbook hat einen Spielplatz für ältere Leute geschaffen, mit erstaunlichen Angeboten, vom Sandkasten bis zur Rutschbahn. Der Spielplatzbetreiber muss lediglich die Geräte nutzungsgerecht zur Verfügung stellen. Ob jemand von der Schaukel herunterfällt, kann dem Betreiber nicht angelastet werden. Die Besucher des Spielplatzes erschaffen sich ein Paradies oder die Hölle.

Früher habe ich das Leben online für einen blassen Abklatsch des wirklichen Lebens gehalten. Das ist absolut falsch.

Die Technik erweitert, vervielfältigt, intensiviert, verfeinert, vergröbert das wirkliche Leben. Statt 10 Personen lernt man 100 in einem Jahr kennen, statt 10 Fragen am Tag beantwortet man 100 – vielleicht durchaus oberflächlicher.

Man spielt nicht nur 1-3 Rollen – Hausfrau, Mutter und Lehrerin – sondern mehrere am gleichen Ort zur gleichen Zeit. Chamäleongleich schwebt man vom Schwarzen Brett, wo man zu einem Protestmarsch gegen Pegida aufgerufen hat, zur Dichterin und Malerin in den entsprechenden Werkstätten, nimmt nebenbei Stellung zur päpstlichen Weihnachtsansprache in der Themenwelt und schlüpft schließlich in ein rosa Négligé, um an der Fotowand sehnsüchtige Blicke der Männer auf sich zu ziehen.

Ebenso multipliziert sich die Anzahl der aggressiven Menschen, die einem bei SB über den Weg laufen. Da werden fast täglich Anklageschriften ans Schwarze Brett genagelt, um sein seelisches Gleichgewicht wieder zu finden.

Die Kunst der Verteidigung muss eben auch irgendwann gelernt werden.

Viele verlassen endgültig den Sandkasten, wenn jemand ihnen ständig Sand in die Augen wirft. Andere suchen sich vielleicht eine Schaukel, fliegen hoch in die Luft und spielen fortan den unbeteiligten Zuschauer. Mich macht Seniorbook kreativ. Ich habe innerhalb eines Jahres fünfzig längere Beiträge über verschiedene Themen geschrieben, die nun Inhalt dieses Buches sind.

Vielleicht findet der Leser in dieser breit gefächerten Auswahl von Themen hie und da auch etwas, was ihn interessiert.

Edith Zeile am Ende des zweiten Jahres bei Seniorbook im Dezember 2015

Senioren im Netz: Spiel und Spiegel

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