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4. Kapitel: Dunkles Geheimnis

Nervosität erfasste Curt, eine Anspannung, wie er sie noch nie zuvor verspürt hatte. Es lag nicht nur an der betäubenden Majestät der riesigen Sterne und dem hellen Leuchten ringsum. Es war das Wissen, dass sie sich rasch dem mysteriösen Ziel ihrer Reise näherten, der sogenannten Wiege der Materie, die der Mittelpunkt des ganzen Universums war.

Wie würde sie wohl sein, diese unbekannte Urquelle der Schöpfung, die auf irgendeinem Weg unablässig aus Strahlung neue Materie hervorbrachte? Was war das Geheimnis dieses wundersamen natürlichen Schöpfungsakts? Und konnten sie wirklich darauf hoffen, dieses allergeheimste Rätsel des Kosmos zu lösen?

Viele Stunden lang flogen sie durch leeren Raum auf die riesige, dunkle kosmische Wolke zu. Der Kosmische Kompass zeigte unbeirrbar ihren Kurs an. Die Wolke, die inmitten der dicht gedrängten Sonnen und Nebel lag wie ein gewaltiges, wartendes Wesen von Ehrfurcht gebietender tiefschwarzer Majestät, erstreckte sich über mindestens dreißig Milliarden Kilometer vor ihnen durchs All.

Zu ihrer Überraschung schlug auf einmal der Reibungsalarm an. Eine schnelle Überprüfung verriet Curt und Simon, dass das All um sie dichter wurde – kosmischer Staub.

»Das hätten wir uns eigentlich denken sollen, mein Junge«, sagte das Gehirn mit seiner schnarrenden Stimme nachdenklich. »Schließlich wussten wir, dass die Wiege winzige Partikel kosmischen Staubs hervorbringt, die in gewaltigen Strömen in die gesamte Galaxie getragen werden. Und da wir uns nun in der Nähe der Wiege befinden, werden diese Ströme aus Staub vermutlich stetig dichter werden.«

Captain Future nickte.

»Das bedeutet, dass wir uns vergleichsweise nah an der Wiege befinden müssen. Womöglich ist sie gleich auf der anderen Seite dieser dunklen Wolke.«

Er sah sich gezwungen, die Geschwindigkeit noch weiter zu drosseln, damit sich die Hülle nicht zu sehr aufheizte. Inzwischen verdeckte die kosmische Staubwolke gut die Hälfte des sternübersäten Universums, das vor ihnen lag.

»Es wird Zeit, dass wir der Wolke ausweichen«, merkte Captain Future an und änderte den Kurs.

»Warum fliegen wir nicht einfach mitten hindurch?«, fragte Grag.

»Hört euch nur Grag an, das Genie«, spottete Otho. »In einer solchen dunklen Wolke kann sich alles Mögliche verbergen, von einem Schwarzen Loch bis hin zu einem Meteoritenschwarm, du Blecheimer. Einfach da reinzueiern wäre reiner Selbstmord.«

Während die Komet an dem gewaltigen dunklen Nichts vorbeisegelte, bekam sie es mit erheblich stärkeren Staubströmen zu tun. Die unermessliche dunkle Masse zu ihrer Rechten war ein sogar noch ehrfurchtgebietenderes Spektakel als der Gasnebel. Die Dunkelheit war undurchdringlich. An ihrem Saum verstreut lagen einige wenige Sonnen, deren Strahlen die ausgefransten Ränder des Staubfelds in unheimliches Licht tauchten, und ein einsamer dunkler Stern, ausgebrannt und nur noch schwach glühend.

»Seltsam«, sagte das Gehirn unbehaglich. »So wie ich es sehe, scheinen diese Staubströme aus der Wolke selbst zu stammen.«

»Etwas anderes ist noch viel merkwürdiger«, stellte Curt Newton fest. »Wir haben die Wolke schon halb umrundet, aber der Kosmische Kompass zeigt noch immer geradewegs in ihr Zentrum.«


Er hatte die zitternde Nadel sorgfältig beobachtet und mit steigender Verwunderung bemerkt, wie sie wanderte.

Es war Otho, der aussprach, was sie alle dachten. »Ist es möglich, dass sich die Wiege der Materie irgendwo innerhalb der Staubwolke verbirgt?«

»Das kann nicht sein«, entgegnete Grag. »Oder etwa doch? Springende Mondteufel noch mal, ich weiß nicht, was ich glauben soll!«

»Es wäre logisch«, murmelte das Gehirn. »Diese einmalig große dunkle Wolke besteht aus kosmischem Staub. Wenn sich die Wiege der Materie irgendwo dort drinnen befindet, würde das erklären, woher der Staub kommt – die Wiege selbst bringt ihn hervor, und er strömt in alle Richtungen, aber große Mengen davon sammeln sich dennoch direkt um die Wiege herum.«

»Fast so, als würde die Wolke den Ursprung der Schöpfung vor dem restlichen Universum verbergen«, murmelte Otho beeindruckt.

»Wir wissen doch noch gar nicht, ob sich die Wiege wirklich dort drinnen verbirgt«, mahnte Curt Newton. »Lasst uns erst mal auf die andere Seite fliegen.«

Aber in Wirklichkeit hegte auch er kaum Zweifel. Während er die Komet am Saum der Wolke entlangsteuerte, rückte die Nadel des Kosmischen Strahlungskompasses immer weiter nach rechts, blieb beständig auf die Mitte der Wolke gerichtet. Als sie schließlich auf der anderen Seite der dichten, dunklen Masse anlangten, hatten sich seine restlichen Zweifel zerstreut: Die Nadel zeigte jetzt genau in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

»Na schön, also befindet sich die Wiege tatsächlich dort drinnen«, stellte Simon Wright leise fest, die Stielaugen auf die gewaltige wirbelnde Wand aus Dunkelheit gerichtet. »Das verkompliziert unser Vorhaben, Junge.«

»Das würde ich allerdings auch sagen«, stimmte Otho düster zu. »Wie im Namen aller Weltraumteufel sollen wir in diesem Universum aus lauter Staub denn irgendetwas finden?«

Captain Future teilte ihren Pessimismus nicht. So liebenswürdig und gutgelaunt er war, wenn alles glatt lief – wenn er auf Widerstand traf, wurde er hart wie Stahl. Für den rothaarigen Raumfahrer waren Schwierigkeiten, ob nun natürlichen oder menschlichen Ursprungs, stets eine Kampfaufforderung, die er fast freudig annahm.

»Die Wiege der Materie befindet sich dort drinnen«, sagte er und zuckte mit den Achseln. »Wir müssen also nur dort hinein und sie finden. Ganz einfach.«

»Na klar, ganz einfach wird das«, rief Grag. »Mir fällt nur gerade ein, dass ich leider eine Verabredung am anderen Ende der Galaxis habe, also muss ich dann wohl weg …«

Otho drehte sich zu ihm um und musterte ihn voll demonstrativer Verachtung.

»Du versuchst dich also aus der Affäre zu ziehen, ja? Ich wusste schon immer, dass du in diesem ganzen stählernen Leib kein bisschen Rückgrat hast.«

Der Androide wandte sich Captain Future zu.

»Lass nicht zu, dass Grag dich im Stich lässt, Chef. Ich selbst wäre ja ganz klar mit von der Partie, nur fällt mir gerade ein, dass ich meine Lieblingsstrahlenpistole auf dem Mond vergessen habe, also muss ich wohl leider noch mal zurück.«


Wissend grinste Curt Newton die beiden an. Ihm war völlig klar, dass keiner der beiden im Traum daran dachte, angesichts des bevorstehenden Wagnisses zu kneifen. Sie taten, als schlotterten sie vor Angst, aber das war nur gespielt.

Simon Wright schwebte rastlos auf und ab. Das Gehirn hielt wenig von derlei Scherzen. »Wenn ihr beiden Idioten mit eurem Theater fertig seid, können wir ja jetzt weitermachen«, schnarrte er bissig.

»Lass ihnen doch den Spaß, Simon«, erwiderte Curt versöhnlich. »Vielleicht haben sie in ihrem Leben nicht mehr viele Gelegenheiten, sich zu amüsieren.«

»Au. Das könnte nur allzu wahr sein«, sagte Otho kläglich. »Okay, Chef – wagen wir es.«

Captain Future suchte den Saum der Wolke ab und entdeckte eine Stelle, an der sich eine tiefe Ausbuchtung in die Staubmassen grub. Er steuerte die Komet direkt darauf zu.


Während das Schiff unzählige Kilometer zurücklegte, mit direktem Kurs auf die kosmische Dunkelheit, schüttelten die unsichtbaren Strömungen aus der Wolke es immer heftiger durch. Schließlich schlingerte und bockte die Komet so heftig, dass sie die Gurte anlegen mussten.

»Je tiefer wir vorstoßen, desto schlimmer wird es wohl«, vermutete Curt. »Es kommt mir fast vor, als wollte die Natur selbst uns daran hindern, zur Wiege der Schöpfung vorzudringen.«

Dieser unheimliche Eindruck verstärkte sich immer mehr, alle paar Millionen Kilometer wurden die Staubströme noch brutaler. Als sie in den äußersten Zipfel der Ausbuchtung aus leerem Raum vordrangen, der sich in die Wolke grub, musste der Vibrationsantrieb mit voller Kraft arbeiten, nur um die Komet sauber auf Kurs zu halten. Sie flogen unweit eines großen dunklen Sterns vorbei, der sich am Rand der Wolke befand, in Gesellschaft zweier kleiner Planeten. Endlich erreichten sie den Rand der Dunkelheit.

»Wir probieren es mit den fluoroskopischen Scheinwerfern, aber ich bezweifle, dass sie in diesem dichten Staub eine große Hilfe sind«, rief Curt den anderen zu. »Otho, nimm die Abdeckung vom Kosmischen Strahlenkompass, damit wir ihn durch Abtasten ablesen können.«

Otho nahm den Glasdeckel vom Instrument. Es war keine leichte Arbeit, denn inzwischen schwankte das Schiff wie auf hoher See.

»Leb wohl, Universum«, rief Grag. »Hier also wird dem armen alten Grag für immer das Licht ausgeknipst.«

Im nächsten Augenblick tauchte das Schiff in die Schwärze ein. Von einer Sekunde auf die andere befanden sie sich in vollkommener, undurchdringlicher Finsternis. Rasch schaltete Curt die fluoroskopischen Scheinwerfer ein, die eigens dafür konzipiert waren, Nebel oder Staubwolken zu durchdringen. Aber die Strahlen erzeugten nur ein mattes rötliches Glühen, das höchstens wenige hundert Meter weit reichte und das erdrückende Dunkel voll wirbelnder Staubteilchen nicht zu durchdringen vermochte.

Die Futuremen konnten einander im Kontrollraum kaum ausmachen. Die Staubströme warfen die Komet umher wie einen kleinen Splitter inmitten eines Mahlstroms, und Curt kämpfte mit aller Kraft darum, sie auf Kurs zu halten. Es war, als wären sie geradewegs in die tosenden Urkräfte des Kosmos vorgedrungen. Die Außenhülle und Struktur des Schiffs ächzten, dröhnten, erbebten und kreischten unter der gewaltigen Belastung. Irgendwo hinter ihnen barst mit einem Knall eine Verstrebung.

»Das ist ja schlimmer als die Schneestürme über dem Pluto!«, schrie Otho gegen den Lärm an. »Wenn es schon hier so übel ist, wie wird es dann erst sein, wenn wir die Wiege tatsächlich finden?«

»Ungefähr so, als wenn man einen Mondwolf vom Jupiter fängt – die reißen einen auch in Stücke, wenn man sie erwischt«, brüllte Grag zurück.

Captain Future achtete nicht auf sie. Ihm machten die Schläge, die die Komet einstecken musste, ernstlich Sorgen. Sie war das verlässlichste, stärkste Raumschiff des gesamten Sol-Systems – aber nicht einmal sie konnte dem blindwütigen Zorn der interstellaren Gewalten ungestraft die Stirn bieten.

Curts angeborene Sturheit, die sein prägendstes Merkmal war, nahm angesichts ihrer Lage neue, ungeahnte Ausmaße an. Fest entschlossen steuerte er durch die Dunkelheit, brachte das Schiff jedes Mal, wenn die donnernden Staubwirbel es erfassten, wieder auf Kurs. Der pulsierende Vibrationsantrieb funktionierte immer noch, aber es war, als wären sie in eine Art gigantische Schwester der Niagarafälle geraten.


Er versuchte, einen günstigeren Weg zu finden, zwischen den brutalsten Staubströmungen hindurch, aber immer wieder wurden sie in den Mahlstrom zurückgezogen. Die Nadel des Kosmischen Kompasses zitterte heftig unter der unerträglichen Wucht der kosmischen Strahlung, deren Quelle sie sich so verzweifelt zu nähern versuchten.

Etwas knackte und barst. Mit dem lauten Aufschrei gequälten Metalls verbogen sich am Heck die Platten der Außenhülle. Im nächsten Moment erloschen die Kontrollleuchten unter Captain Futures Händen, und das Schiff trudelte hilflos dahin wie ein aufgegebenes Wrack.

»Was ist passiert?«, brüllte Grag und klammerte sich an seinem Sitz fest. Das Schiff schlingerte und wirbelte wie verrückt um die eigene Achse.

»Es muss wohl den Antriebsring hinten am Heck zerlegt haben«, schrie Curt zurück. »Der Vibrationsantrieb funktioniert nicht mehr. Jetzt haben uns die Strömungen am Wickel.«

»Und wenn wir unsere Raumanzüge anziehen, rausgehen und ihn reparieren?«, rief Otho.

»Auf keinen Fall. Die Strömungen würden dich einfach von der Hülle reißen. Ich versuche es mit dem Raketenantrieb. Gegen diese Strömungen kommt er nicht an, aber vielleicht bringt er uns aus dem schlimmsten Wirbel raus, sodass wir den Antriebsring reparieren können.«

Er schaltete die Raketendüsen ein, aber das Dröhnen erschien ihm dünn und schwach, ihre vergleichsweise geringe Kraft war ein Witz gegen die wütenden Staubströme. Doch immerhin wurden sie nicht mehr ganz so schlimm umhergeworfen, während die Staubströme das Schiff wieder nach draußen trugen.

Captain Future ließ es zu, kämpfte nicht mehr gegen die Gewalten an. Jeder Versuch, weiter zur Wiege vorzudringen, war sinnlos, ehe sie nicht den Vibrationsantrieb repariert hatten. Endlich spuckte die gewaltige dunkle Wolke sie wieder aus, und leerer Raum umgab sie. Nach der Dunkelheit kamen die Sternenhaufen und Nebel ihnen blendend hell vor.

»Das sind die schönsten Sonnen, die ich je gesehen habe«, behauptete Grag innig. »Wo reparieren wir das Schiff, Chef?«

»Diese ganzen Sonnen sind zu weit entfernt, um sie mit dem Raketenantrieb zu erreichen«, vermutete Curt. Er zeigte auf den dunklen Stern, an dem sie auf dem Hinweg vorbeigekommen waren. »Am besten landen wir dort, das ist am nächsten.«

Außerhalb der Wolke waren die Staubströme nicht mehr ganz so zerstörerisch, und Curt steuerte auf den aschefarbenen Stern zu. Flügellahm erreichte die Komet endlich die ausgebrannte Sonne. Eine rasche Untersuchung mit dem Teleskop verriet ihnen, dass die beiden kleinen Planeten, die sie umkreisten, mit Eis bedeckt waren.

»Für die Reparatur brauchen wir Terbium, das wird auf diesen kleinen Eisklumpen wohl schwer zu beschaffen sein«, sagte Curt. »Landen wir besser direkt auf der toten Sonne und sehen mal nach, was wir dort finden.«

Finster und trostlos ragte der ausgebrannte Stern vor ihnen auf, wurde immer größer, während sie zur Landung ansetzten. Im Sternenlicht erstreckten sich weite graue Ebenen vor ihnen, hier und da häufte sich die Asche zu niedrigen Hügeln. Der auskühlende Stern hatte eine dünne Atmosphäre aus unterschiedlichen Gasen, die geblieben waren, als sich seine Masse verfestigt hatte. Curt landete die Komet auf einer dieser trostlosen Ebenen. Er atmete tief durch und schaltete den Raketenantrieb aus. Es war ihre erste Landung, seit sie den Mond in ihrem eigenen Sonnensystem verlassen hatten, an einem weit, weit entfernten Punkt des Universums.

»Die Luft ist atembar«, verkündete das Gehirn nach einem Blick auf den Atmosphärenprüfer, »aber es gibt eine Menge Edelgase.«

Sie verließen das Schiff. Als sie zum Heck gingen, um den Schaden zu begutachten, wirbelten ihre Schritte dunkle Aschewolken auf.

Wie Captain Future bereits vermutet hatte, war der Terbium-Antriebsring zersprungen, als sich die Außenhülle unter den gewaltigen Kräften verformt hatte. Eine Hälfte des Rings war fort.

Er begutachtete den Schaden näher. »Das können wir schnell reparieren«, teilte er den anderen mit, »sobald wir Terbium auf diesem dunklen Stern finden. Aber auf einer toten Sonne wie dieser ist Terbium ein eher ungewöhnliches Element …«

Beim Sprechen hatte er sich umgedreht, um in die von Sternenlicht beschienene, totenstille Ebene hinauszudeuten, aber plötzlich erstarrte er, und seine Stimme erstarb. Ungläubig starrte er auf das, was er sah.

Otho keuchte auf. »Bei den Göttern des Alls, was sind das denn für welche?«

Über die dunkle Ebene aus Asche kam ein Grüppchen ganz erstaunlicher Gestalten auf sie zu.

Captain Future 09: Jenseits der Sterne

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