Читать книгу Ich habe Angst - ist das gut oder schlecht? - Edna Westmeier / Jasper Vogt - Страница 10

Оглавление

Kapitel 2: Angst als Machtinstrument

Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden.

Strategiepapier des Bundesinnenministeriums 2020 Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch

Jasper Vogt: Als das Corona-Virus auftauchte, war Angst das beherrschende Thema. Da wurden bei der Diskussion darüber und der Auseinandersetzung damit auch immer wieder Stimmen laut, die darauf hinwiesen, dass in solchen Situationen gerne Angst als Machtinstrument gebraucht wird, manche nannten das sogar Missbrauch. Wie ist da der Zusammenhang? Werden wir von der Politik mit Angst manipuliert? Benutzt die Politik Angst, um ihre politischen Ziele durchzusetzen?

Edna Westmeier: Das war schon immer so in der Politik. Wenn man die Geschichte betrachtet, dann sieht man das ganz deutlich, ich denke da an die 20er Jahre im letzten Jahrhundert in Deutschland. Da gab es die große Angst vor Kommunismus, da gab es Ängste, weil die Nationalitäten stärker wurden, dadurch gab es dann Ängste dem „Feind“ gegenüber, es wurden innerhalb Deutschlands Ängste geschürt z. B. gegen Juden, es gibt da viele Beispiele. Angst ist auch heute immer noch ein Mittel der Politik, schauen wir nach Amerika, nach England: Wahlen gewinnt man mit Angst.

JV: Wie ist da denn die Reihenfolge? Ist erst die Angst da, dann wird sie registriert und dann wird sie instrumentalisiert? Oder ist es genau andersrum?

EW: Wenn ich mich grundsätzlich bedroht fühle, was immer sein kann, weil ich jederzeit sterben kann und das wäre dann der Endpunkt, dann ist da so etwas wie ein Fundus von Angst in mir. Und das kann durch alles Mögliche ausgelöst werden. Ich kann mich erschrecken, weil ich jemanden treffe, der mir gefährlich vorkommt, oder ich kann mir vorstellen, dass ich meine Arbeit oder meine nächsten Angehörigen verliere – schon ist die Angst da.

JV: Wie läuft das denn nun in der Politik ab?

EW: Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass Politiker auch Menschen sind. Auch sie haben Ängste, zum Beispiel die Angst, ihren Job zu verlieren oder ihren Status, was für einen Politiker wahrscheinlich genauso schlimm ist. Betrachten wir doch mal, warum jemand in die Politik geht. Positiv kann man sagen, er oder sie möchte etwas verändern, die Gesellschaft in eine gute Richtung lenken. Gleichzeitig ist diese Person natürlich nicht frei von Ängsten. Wenn ein Politiker etwas bewirken möchte, muss er auf eine bestimmte Position kommen, um dann tatsächlich etwas verändern zu können – zumindest kann man davon ausgehen, dass Politiker das glauben, dass Wirken ein sichtbares Ergebnis hervorbringen muss.

JV: Die könnten doch auch einfach nur im Parlament sitzen und an den Abstimmungen teilnehmen.

EW: Das könnten sie, vielen reicht das aber nicht. Sie wollen auf kommunaler Ebene, auf Landesebene, vielleicht sogar irgendwann mal auf Bundesebene eine Position erreichen, auf der sie wirklich etwas bewirken können. Damit sind sie natürlich schon in einem System von „ich muss mehr werden, auf eine höhere Position kommen“. Und damit sind sie in einem Geflecht, wo es um die Strategie geht: Wie komme ich an die Macht? Das Gegenteil von Macht ist Ohnmacht, das hängt zusammen. Wenn ich viel Macht haben will, habe ich gleichzeitig die Angst, diese Macht nicht zu bekommen und dann ohnmächtig zu sein und meine möglicherweise durchaus positiven Ziele nicht erreichen zu können.

JV: Und im ungünstigsten Fall kommt dieser Mensch dann auf eine Position, die ihm gar nicht liegt, die er gar nicht angestrebt hat, wo er aber der Parteiraison folgen muss. Plötzlich ist man Gesundheitsminister.

EW: Ich glaube, auch da läuft dann der unbewusste Vorgang ab: Wie kann ich erreichen, dass mein Wort Gewicht hat? Und auch das kann wiederum aus der Angst entstehen, dass ich vielleicht nicht genug bewirke oder nicht mächtig genug bin. Das andere ist: Kein Politiker kann machen, dass jemand Angst hat, das machen die Menschen selbst. Wir müssen unterscheiden, einmal zwischen einer Situation und dann meiner Erfahrung und meiner Reaktion darauf. Ein Politiker sagt: Zu viele Flüchtlinge sind total gefährlich! Das kann sein oder kann nicht sein. Wenn ich dann Angst bekomme und den Szenarien folge, Überfremdung befürchte, um unsere Nation bange – was auch immer ich darüber denke, das liegt in meiner Reaktion und in meiner Verantwortung.

JV: Wie kann ich mich denn als Bürger davor schützen, dass ich von der Politik mit Angst manipuliert werde?

EW: Mit Wachheit, mit Bewusstheit! Mit einer Wachheit, die verhindert, dass ich nicht bei jedem Angst auslösenden oder verunsichernden Wort anspringe. Das wäre der erste Schritt. Aber da muss sich jeder selbst fragen: Warum bin ich denn verunsichert? Ich denke, das hat etwas damit was zu tun, dass wir oft glauben, das Leben sei gut und der Tod sei schlecht.

JV: Ich erlebe viele Menschen, die sich gar nicht manipuliert fühlen, die alle Maßnahmen, zu denen sie gezwungen werde, in Ordnung finden, unabhängig davon, ob sie sinnvoll oder möglicherweise auch sinnlos sind. Es ist so vorgeschrieben, dann wird es auch seine Richtigkeit haben.

EW: Du denkst jetzt an die Maßnahmen während der Corona-Krise?

JV: Zum Beispiel. Aber man kann das auch allgemein betrachten. Wie kommt das?

EW: Weil es so einfach ist. Da sagt jemand: Da ist ein Virus, das ist gefährlich! Und da wollen wir glauben, dass dieser Jemand weiß, was gefährlich und was nicht gefährlich ist – für mich oder für die Gesellschaft. Und dann hören wir auch schnell den Satz: Wir müssen unser Volk schützen! Oh, da will mich jemand beschützen, das hört sich zunächst ja sehr freundlich an. Das mögen die meisten Menschen: Schutz, Sicherheit, Geborgenheit – das sind Bedürfnisse, die wir alle haben. Aber der Einzelne kann nicht abschätzen, wie gefährlich so ein Virus ist. Auf der anderen Seite wäre es natürlich auch interessant zu fragen, was die Medizin und hier die Virologen denn wirklich abschätzen können. Müssen wirklich alle Menschen auf Verdacht sich bestimmten Maßnahmen beugen? Ist das wirklich notwendig? Wichtig ist, Fragen zuzulassen, um den Horizont zu erweitern; denn egal, was ich denke – es könnte auch immer anders sein.

JV: Vielleicht ist es ja auch wie in dem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Alle fanden seine Kleider wunderbar, und in Wirklichkeit war er nackt. Alle haben das Spiel mitgemacht, nur ein Kind hat den Satz ausgesprochen: Der ist ja nackt!

EW: Weil das Kind das einzige ist, das noch wach ist und wirklich hinschaut. Da kommen wir jetzt auf das kollektive Bewusstsein. Diese Angst, die wir haben, ist über Jahrtausende auch im kollektiven Bewussten und Unbewussten verankert. Die Angst vor „dem Feind“, vor dem immer gewarnt wird, vor dem will man sich schützen. Das ist grundsätzlich ja nicht falsch, sich zu schützen, nur sind „die Feinde“ oft gar nicht so schrecklich. Und dann ist die Frage: Was kann wirklich geschützt werden? Nur wer die richtigen Fragen stellt, bekommt die richtigen Antworten. Was kann ein Test wirklich beweisen? Durch irgendwelche allgemeinen Maßnahmen kann der Einzelne nicht wirklich geschützt werden, weil jeder einzelne wiederum ganz spezielle Dispositionen zu Krankheit hat, verschiedene Lebenssituationen, unterschiedliche Arten, wie er mit seiner Gesundheit überhaupt umgeht.

JV: Sind Politiker denn nicht weniger für den Einzelnen als mehr für die Gesellschaft zuständig?

EW: Grundsätzlich müssen Politiker natürlich die Gesamtheit im Auge haben, wenn sie Entscheidungen fällen, damit unser gesamtes System nicht zusammenbricht, das ist schon richtig. Aber jetzt kommen die Medien ins Spiel, die dann versuchen, alle Zusammenhänge relativ einfach darzustellen. Und so wird alles immer weiter runtergebrochen, und dann entsteht so eine Mainstream-Meinung mit der Ausrichtung: Wir alle sind unglaublich in Gefahr – was grundsätzlich nicht stimmt. Das weiß man, wenn man sich mit dem Thema genau befasst und sich die offiziellen Studien sorgfältig und genau anschaut.

JV: Zurück zur Angst und zu der Frage, warum wir uns so leicht mit Angst manipulieren lassen. Es gibt ja Beispiele, wo das nicht funktioniert. Tempo 130 auf der Autobahn ist sinnvoll, rettet Menschenleben – findet aber keine Mehrheit, und das setzt die Politik auch nicht durch.

EW: Ich glaube, das hat alles was mit dem kollektiven Bewusstsein oder Unbewussten zu tun. Wie gefährlich ist eine Krankheit und wie gefährlich ist es, mit dem Auto zu fahren? Das Auto ist zum Statussymbol geworden, es gilt als sportlich, stundenlang im Kreis zu fahren, das heißt dann Formel Eins, hat also einen ganz anderen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Da wird die Angst ausgeblendet. Stattdessen wird Autofahren mit Freiheit und Abenteuer assoziiert. Selbst wenn Politiker hin und wieder darauf hinweisen, dass Auto fahren gefährlich ist und dass man dabei sterben kann, so erreicht mich das nicht; denn wenn ich Auto fahre, sitze ich ja am Steuer und habe das Gefühl, ich habe es in der Hand. Aber Krankheit, ein unbekanntes Virus, das ich nicht sehen kann, das ist eine undeutliche, diffuse Bedrohung. Und in dem Fall Corona habe alle, die Politiker und die Medien übereinstimmend gesagt: hoch gefährlich, wir müssen uns jetzt alle schützen!

JV: Bei Terroranschlägen war es ähnlich.

EW: Auch bei dem Thema Flüchtlinge war es ähnlich. Da gab es dann andere Ängste: Angst vor dem Fremden, Angst vor Einbrüchen und Überfällen durch Flüchtlinge, die Bedrohung, plötzlich einen Container mit Flüchtlingen vor der eigenen Haustür zu haben – alles durchaus vergleichbar.

JV: Ich glaube, wir brauchen einen weisen unbestechlichen Herrscher, der nur gerechte Maßnahmen ergreift und nur gerechte Urteile fäll wie den weisen König Salomo vielleicht – falls der wirklich so weise war, wie er dargestellt wird. Das ist die einzige Lösung, die mir einfällt.

EW: Das ist Wunschdenken. Am Anfang dieses Gesprächs habe ich bereits darauf hingewiesen, dass Politiker zwar durchaus Profis in ihrem Beruf sein können, aber trotzdem immer auch ein Mensch dahintersteckt, der Familie hat und genau so viel Angst vor dem Sterben haben kann wie wir alle. Du befindest dich aber in einem System, und wenn es Verordnungen gibt, die unter Strafe gestellt werden, wenn sie nicht beachtet werden, und wenn es viele Menschen gibt, die diese Maßnahmen in Ordnung finden, dann kannst du dich natürlich dagegenstellen und Strafe bezahlen, dann wirst du dich aber von den meisten Menschen entfremden. Aber viel wichtiger ist doch, wie du mit dir in solch einer Situation umgehst.

JV: Ich will das aber alles nicht mit mir machen lassen!

EW: Was heißt das denn „nicht mit mir machen lassen“? Die Aufgabe für den Einzelnen besteht darin, sich der Frage zu stellen: Welche Erfahrungen mache ich? Ich mache die Erfahrung, dass mir etwas befohlen wird. Und wie ist meine Reaktion darauf? Und ist das die einzige Reaktion, die ich habe? Und was verliere ich dadurch, wenn ich – als Beispiel jetzt – mir eine Maske aufsetze? Letzten Endes: nichts!

JV: Gegen eine Krankheit, sicher auch gegen ein Virus, kann ich mich schützen, indem ich mein körperliches Immunsystem stärke. Gibt es denn eine Möglichkeit, auch mein emotionales Immunsystem zu stärken?

EW: Ja klar – natürlich! Indem du deine sogenannten Reaktionen, also die konditionierten Reaktionen wie wütend sein oder auch Angst haben oder traurig werden oder sich hilflos fühlen – also alles das, was wir negative Emotionen nennen, dass du im ersten Schritt wahrnimmst, dass du sie hast. Und dann sagst du zu dieser Emotion: Du darfst da sein. Du nimmst sie freundlich an. Und dann verändert sie sich. Das alles hat mit Identität zu tun.

JV: Und welchen Zusammenhang gibt es zwischen dieser Gesichtsmaske und meiner Identität?

EW: Gut, nehmen wir jetzt wieder mal das Beispiel mit der Maske. Wenn du glaubst, du bist nur du, wenn du keine Maske trägst, dann lebst du immer noch in einer Identität, die nicht wirklich deine innerste Identität ist. Dann ist das eine Identität, die aus mentalen Konzepten hervorgerufen worden ist. Das setzt sich zusammen aus eigenen Erfahrungen, aus dem, was du gelernt hast in der Familie, in der Schule, mit Freunden – das sind alles mentale Konzepte: Wie kann ich leben, dass es mir einigermaßen gut geht? Das, was du in der Tiefe wirklich bist, hat etwas mit Sein zu tun, mit dem, was ist, was wirklich ist. Und das ist nicht wirklich bedroht.

JV: Wirklich nicht?

EW: Nein! Nicht wirklich.

JV: Trotzdem: Ich hasse es, mit Gesichtsmaske rumzulaufen!

EW: Vielleicht beruhigt es dich: ich auch!

*******

Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr.“

Marie Curie

Ich habe Angst - ist das gut oder schlecht?

Подняться наверх