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Drittes Kapitel. Vorbereitungen.

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Nach wenigen Augenblicken kam die Frau von dem Gange zurück. – Rudolf sagte: »Wie es scheint, hat der Regen nachgelassen. Wie wäre es, wenn wir uns nach einem Wagen selbst bemühten? Man wird ja ganz steif vom Sitzen.« – »Was sagen Sie?« meinte Bakel; »nicht mehr regnen sollte es? Sie sind doch nicht etwa blind geworden?« – Nun, dann wollen wir von der Kellnerin einen Wagen holen lassen«, sagte Rudolf, sich eine Zigarre ansteckend: »hergeholt werden muß einer.« – »Das war das gescheiteste, was Sie bisher gesagt haben«, erwiderte Bakel, »heda, Jungfer!« Und als die Person kam, drückte ihr Rudolf ein paar Sous in die Hand. Im Nu war sie unterwegs, einen Wagen zu holen. Im Wirtshause befand sich auch ein Weinschank. Am Schenktische stand ein Kohlenträger mit geschwärztem Gesicht, den großen Hut über die Augen gedrückt, und bezahlte seine Zeche, als die drei Personen vorbeigingen. Rudolf tauschte, so scharf ihn auch der Räuber überwachte, einen Blick mit Murph aus; er wollte, um auch ein paar Worte mit ihm zu wechseln, zuletzt einsteigen, aber Bakel zwang ihn, gleich hinter dem Weibe sich in den Wagen zu setzen. Leise rief ihm Bakel zu, ob er es durchaus drauf anlegen wolle, sich um alles Vertrauen bei ihm zu bringen, aber der Kohlenträger erschien, ebenfalls ein Lied trällernd, auf der Schwelle der Schenke und warf Rudolf einen verwunderten, fast besorgten Blick nach.

Der Kutscher fragte, wohin er fahren solle. Rudolf rief laut: »In die Allee des Veu –« ... Aber Bakel fiel ihm ins Wort und überschrie ihn: »Ins Wäldchen, in die Akazienallee!« Dann warf er den Schlag zu. – »Was fällt Ihnen bloß ein«, sagte er im Wagen zu Rudolf, »vor allen Leuten zu sagen, wohin wir wollen? Solche Unvorsichtigkeit kann uns am ehesten ins Pech bringen.« – Der Wagen setzte sich in Gang. – »Das stimmt«, erwiderte Rudolf, »daran habe ich nicht gedacht. Aber gut wäre es doch, wir machten ein Fenster auf? Der Rauch wird unerträglich in dem engen Abteil.«

Rudolf ließ, ohne auf Antwort zu warten, das Fenster herunter und ließ dabei den Zettel, auf den er unter seiner Bluse ein paar Worte geschrieben, und den er zusammenzudrehen verstanden hätte, hinausfallen. Murph hatte den Wagen nicht aus den Augen gelassen; Rudolfs Beginnen war ihm nicht entgangen. Als er das zusammengedrehte Stück Papier aus dem Fenster fallen sah, war er sogleich zur Stelle, es aufzuheben.

Als der Wagen etwa eine Viertelstunde weit gefahren war, rief Bakel dem Kutscher zu, nach der Place de Madeleine zu fahren, da er sich anders besonnen hätte. – Rudolf sah ihn verdutzt an. – »Nun«, meinte Bakel, »von diesem Platze aus kann man überallhin gelangen, mein junger Herr, und wenn man uns molestieren wollte, so dürfte zum wenigsten die Aussage des Kutschers belanglos sein.«

Als der Wagen sich dem Weichbilde näherte, galoppierte ein lang aufgeschossener Mann in weißleinenem Oberrock, den Hut tief in die Stirn gedrückt, so daß das an sich braune Gesicht fast schwarz aussah, auf stolzem Rappen vorüber. – Rudolf, sich aus dem Wagen beugend und Murph nachblickend, sagte: »Das muß man sagen, ein schönes Pferd ohne stattlichen Reiter ist immer eine halbe Sache. Seh einer, wie der Hüne jagt! Haben Sie den Mann gesehen?« – »Er, war zu schnell vorbei«, erwiderte Bakel, »als daß man ihn hatte sehen sollen.« – Rudolf ließ sich nichts von seiner Freude darüber merken, daß Murph seinen Zettel gefunden und die fast hieroglyphischen Zeichen darauf glücklich entziffert hatte. Bald hielt der Wagen auf der Place de Madeleine. Einen Augenblick hatte der Regen ausgesetzt; die Wolken aber hingen noch so schwer am Himmel, daß es fast bereits Nacht war. Die drei Personen gingen nach dem Cours-la-Reine ... »Da fällt mir etwas ein«, sagte der Räuber; »man sollte sich doch überzeugen, ob auch alles zutrifft, was Sie mir von dem Hause in der Rue des Veuves erzählt haben. Wozu hat man denn eine Frau?« – »Sie wollen sie wohl auf Kundschaft ausschicken?« fragte Rudolf. – »Allerdings.« –

Die Eule zitterte förmlich vor Ungeduld. – »Nr. 17 wars, nicht wahr?« fragte sie; »ich habe freilich bloß ein Auge; aber sehe besser darauf, wie andere auf beiden. Da, nimm den Schirm, Dicker«, sagte sie zu ihrem Manne, »in einem halben Stündchen bin ich wieder da. Verlaß dich drauf. Was gemacht werden kann, das wird gemacht.« – »Wir setzen uns die Zeit über ins Blutige Herz, gleich hier in der Nahe. Findest du den Lahmen unterwegs, dann bring ihn mit. Er kann Schmiere stehen, während du drinnen visitierst.« – »Richtig. Der Lahme ist pfiffig wie ein Fuchs, und wenn er auch erst zehn Jahre alt ist, so hat er doch ...«

Bakel blinzelte ihr zu, und die Eule schwieg. – »Was für eine Schenke ist denn das Blutige Herz?« fragte Rudolf. – »Darüber müssen Sie sich selbst beim Wirte erkundigen«, antwortete Bakel. – »Wie heißt er?« – »Sie können ihn nennen, wie es Ihnen paßt«, antwortete Bakel, »denn er hat überhaupt keinen Namen, steht aber Rede und Antwort auf jeden. Aber da sind wir schon zur Stelle, und gerade zur rechten Zeit, denn es fängt schon wieder zu regnen an.« – »An Ort und Stelle? Wie meinen Sie das?« sagte Rudolf, »wo soll denn das Wirtshaus stehen? Ich sehe ja keins.« – »Aber gucken Sie sich nur ordentlich um!« – »Na, aber wo denn?« – »Na, muß denn alles über der Erde liegen? Blicken Sie doch mal unter sich! Da werden Sie gleich erblicken, was Sie suchen!«

Rudolf war es entgangen, daß er vor einem jener Wirtshäuser unter der Erde stand, deren es vor einigen Jahren noch an manchen Stellen der Champs Elysées, namentlich in der Nähe des Cours-la-Reine, gab. Zu einer Art Grube führte eine in dem fetten Erdreiche angelegte Treppe hinunter. An sie lehnte sich ein niedriger, schmutziger Bau, dessen Dach, mit Ziegeln hergestellt, auf denen dichtes Moos wucherte, kaum zur Erdoberfläche hinauf reichte. Als Keller und Schuppen dienten der erbärmlichen Spelunke ein paar wurmstichige Bretterhütten. Ein halbzerbrochenes Blechschild, ein von einem Pfeile durchbohrtes blutiges Herz darstellend, rasselte, vom Winde geschüttelt, hin und her.

»Na, wie gefällt Ihnen unsere Stammkneipe?« fragte Bakel, Rudolf mit spöttischen Blicken messend; »aber ehe wir hinuntergehen, muß ich erst zusehen, ob der Wirt auch da ist.« – Dabei gab er mit der Zunge einen seltsamen Schnalzlaut von sich. Gleich darauf erklang von unten herauf ein ebensolcher Klang. – »Na, der Wirt ist also da« sagte Bakel; »Pardon, junger Mann! Immer den Damen das Vorrecht! Lassen Sie die Eule vorangehen. Ich schließe mich als letzter Ihnen an.

Die Geheimnisse von Paris

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