Читать книгу Die endgültige Regelung des Nahost-Konfliktes - Ekkehart Gämlich - Страница 6

1. Beide Völker sind Opfer der Geschichte

Оглавление

Aus der Geschichte können beide Völker einen begründeten Anspruch auf Palästina – und Jerusalem - herleiten. Das israelische Volk hat zweifellos den älteren Anspruch, religiös aus der Bibel und historisch, aus biblischer Zeit. König David eroberte etwa 1.000 v. Chr. Jerusalem.

Aber das palästinensische Volk kann belegen, dass deren Vorfahren 637 n. Chr. Jerusalem eroberten und 1.099 n. Chr. gegen die Kreuzritter kämpften. Nach den Kreuzrittern - ab 1244 - war Jerusalem wieder moslemisch.

Gleichgültig, wer sich auf welche Jahreszahl beruft, alles war lange, lange vor 1492. Damals entdeckte Kolumbus Amerika. – Heute würde kaum ein Amerikaner darüber diskutieren, "wem gehört dieses Land"?

Bringt uns also diese Art von Geschichtsbetrachtung weiter?

Nein, - denn wir landen nur in immer neuen Sackgassen.

Ein Gesichtspunkt erscheint aber im Sinne des Themas durchaus erwähnenswert, nämlich die Toleranz, die Jahrhunderte lang zwischen Juden und Moslems herrschte, im Gegensatz zur Intoleranz der Christen gegenüber den Juden. Dazu zwei Beispiele:

1.

711 n. Chr. eroberten moslemische Mauren Spanien. Moslems, Juden und Christen lebten danach friedlich miteinander. Sie brachten Handel, Gewerbe Kultur und Landwirtschaft zu unglaublicher Blüte. Bedeutende Wissenschaftler aller Religionen beeinflussten von dort das gesamte europäische Mittelalter.

Die "Reconquista" der katholischen Könige Spaniens – im Bündnis mit der "Heiligen Inquisition" - beendeten dieses vorbildliche Zeitalter ganz im Geiste des "unduldsamen Katholizismus":

1492 wurden alle Juden verjagt und bis 1609 fast alle der über 250.000 dort verbliebenen Mauren.

2.

Seit dem Mittelalter ist Jerusalem in vier Stadtteile aufgeteilt.

Im Nordwesten liegt das Viertel der Christen, im Osten das der Muslime, im Süden ist das Judenviertel und im Südwesten das der Armenier. Sie lebten Jahrhunderte lang in Frieden unter der Herrschaft des moslemischen Osmanischen Reiches.

Vor diesem geschichtlichen Hintergrund bedeutet der Nahost-Konflikt eine ( hoffentlich kurzfristige ) Störung eines Jahrhunderte lang von Toleranz geprägten Verhältnisses zwischen Juden und Moslems. Diese Störung wurde beiden von Dritten aufgezwungen, denn ein weiterer Gesichtspunkt verdient ausführliche Betrachtung:

 Beide Völker sind Opfer der Geschichte. – Beide Völker !

Ohne Zweifel ist das jüdische Volk – durch die Jahrhunderte - das "verfolgteste Volk" im christlichen Kulturraum. Juden waren als Nicht-Christen quasi rechtlos. Gegen Zahlung besonderer Abgaben konnten sie sich, besonders in einzelnen Reichsstädten, gewisse (Schutz-) Privilegien erkaufen, die für jeden Christen als Selbstverständlichkeit galten.

Bereits im Hoch-Mittelalter trat die Kirche für eine "strengere Isolierung der Juden" von der "rechtgläubigen" christlichen Bevölkerung ein. Den Juden wurden in den Städten bestimmte Wohnviertel zugewiesen (Ghettos).

Seit dem Vierten Lateran-Konzil im Jahre 1215 war ihnen besondere Kleidung als äußeres Kennzeichen vorgeschrieben, nämlich ein spitzer Hut (Judenhut) und ein gelber Fleck.

Der gelbe "Judenstern" der Nazis hatte also Vorläufer und Vorbilder.

Für Juden galten Berufsverbote. Christen war verboten, mit Juden in "Tischgemeinschaft" zu leben oder für sie als Dienstboten zu arbeiten, getreu dem Motto: "Teile und herrsche: Hier die Guten, dem Wort der heiligen Mutter Kirche folgend – und dort jene Ungläubigen, deren Vorfahren unseren Heiland ans Kreuz nagelten und riefen: 'Sein Blut komme über uns und unsere Kinder'. " ("Gottes-Mörder")

Für dieses Blut haben christliche Kirchen gesorgt, geschürt, gehetzt. Mehr oder weniger galt dieses für alle christlichen Glaubensrichtungen. Immer wieder kam es zu schrecklichen Juden-Verfolgungen (Pogromen) –Vertreibungen, -Ermordungen. Und es soll bloß niemand sagen, "das waren Auswüchse, die die Kirche(n) nicht wollte(n)". Im Mittelalter geschah nichts gegen den Willen der mächtigen "christlichen" Kirchen.

Jesus Christus war selbst Jude. Den Gott der Juden nannte er seinen Vater. Er predigte und lebte Nächstenliebe, ja Feindesliebe. Was hätte er wohl zu dem gesagt, was seine "Gläubigen" - in seinem Namen – Jahrhunderte lang mit seinem Volk (und nicht nur mit diesem) - anrichteten?

Im 19. Jahrhundert hatten Juden in Westeuropa Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung und Integration (Assimilation) erreicht.

Es war eine Hoffung vieler westeuropäischer Juden, dass in künftigen demokratisch-parlamentarischen Gesellschaften der Spuk des Antisemitismus vorüber sein wird.

Zu dieser (zu) optimistischen – und letztlich für deutsche Juden verheerenden – Einschätzung konnten die Juden Osteuropas und Russlands nicht gelangen. Für westeuropäische Begriffe herrschten diesbezüglich dort noch fast mittelalterliche Verhältnisse.

1881 wurde der russische Zar Alexander II. ermordet. Als sich herausstellte, dass der Attentäter ein Jude war, schürte die russische Regierung den ohnehin latent vorhandenen Antisemitismus.

Viele jüdische Gemeinden wurden von Pogromen heimgesucht.

Unter diesem Eindruck erschien 1882 die Schrift des Arztes Leon Pinsker aus Odessa "Autoemancipation". Sie gilt als "Geburt der zionistischen Idee" und postuliert: Nur die Rückbesinnung auf die Wurzeln des Judentums, auf jüdische Identität und die Gründung eines jüdischen Staates kann eine Lösung für die Juden bringen.

Waren die Gedanken Pinskers eher national-religiös-idealistisch, erfuhr der Zionismus durch den Publizisten und Politiker Theodor Herzl realpolitische Impulse. Als Korrespondent der angesehenen Wiener Zeitung "Neue Freie Presse" berichtete er über den skandalösen Dreyfus-Prozess in Frankreich. Er schloss daraus, dass selbst in liberalen westeuropäischen Demokratien, wie Frankreich, der Judenhass Bestand haben würde.

In seinem Buch "Der Judenstaat" entwickelte er 1896 seine Vision der "Rück-Besiedelung Palästinas", dem gelobten Land der Stämme Israels.

Der 1897 von Herzl in Basel einberufene erste Zionistische Weltkongress verabschiedete die "Basler Erklärung", deren Kernsatz lautet:

 "Der Zionismus erstrebt für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina".

Der Zionismus ist damit letztlich eine Reaktion auf Jahrhunderte lang erlittenes Unrecht. Es sollte Schluss sein mit Einschränkungen, Selbstverleugnung und Rechtlosigkeit in der Diaspora. Die Zionisten beanspruchten das Recht, das jedem Volk zusteht:

"Ein freies Volk in unserem Land" heißt es in der israelischen Nationalhymne.

In den Jahren 1882 bis 1904 wanderten die ersten 35.000 Juden aus Russland und Rumänien nach Palästina aus. Mit finanzieller Unterstützung durch Edmund de Rothschild kauften sie Land und gründeten erste jüdische Orte.

1917 kam jener Arthur James Earl of Balfour ins Spiel. Auf Initiative von Vertretern des Zionismus – N.Sokolow und C.Weizmann – erklärte er in einem Brief an Lord Rothschild, am 2. November 1917:

 "Die Regierung seiner Majestät betrachtet die Errichtung einer Nationalheimstätte für das jüdische Volk in Palästina mit Wohlwollen und wird keine Mühe scheuen, die Erreichung dieses Zieles nach Kräften zu fördern." (Balfour-Deklaration).

Diese Deklaration erfolgte im dritten Jahr des 1. Weltkrieges, in einer für die Ententemächte kritischen Kriegslage. Beispielsweise scherte im November 1917 Russland aus der Koalition gegen Deutschland aus.

Wer sich mit der Geschichte der Juden in der Diaspora beschäftigt, wird für diese "Schaffung einer Nationalheimstätte" mindestens Verständnis aufbringen, wenn nicht sie begrüßen.

Äußerst kritikwürdig ist aber die Strategie jenes Arthur James Earl of Balfour, die ihn zu einem der Väter des "Nahost-Konfliktes" machte.

Der Earl wurde am 25.7.1848 geboren und starb am 19.3.1930.

1887 – 1890 war er Irland-Minister,

1902 – 1905 Premier-Minister,

1916 - 1919 Außen-Minister,

1925 – 1929 Lord-Präsident.

Als Lord-Präsident erschuf er den Begriff "British Commonwealth".

Der Earl war also ein führender Politiker einer damaligen Weltmacht, die in dieser Zeit als größte Kolonialmacht galt.

Arthur James Earl of Balfour dachte – und handelte, – wie in jener Zeit Kolonial-Politiker oder Kolonial-Herren zu denken und zu handeln pflegten. Richtschnur des Handelns jener Kolonial-Herren war ausschließlich – wirklich ausschließlich - das imperiale Interesse ihres Landes.

Die von ihnen beeinflussten, abhängigen oder beherrschten Völker wurden für die Interessen der Kolonialmacht – je nach Interessenlage - "benutzt". Fast alle am 1. Weltkrieg teilnehmenden Staaten – mit Ausnahme der USA - waren Kolonialmächte.

Wie könnte die Interessenlage der beteiligten Kolonial-Mächte hinsichtlich des Nahen Ostens zu jener Zeit gewesen sein?

Wie wurde wer (zeitweise) "benutzt"?

Im Januar 1916 wurde das "Sykes-Picot-Geheim-Abkommen" ausgehandelt und mit einem Schriftwechsel im Mai 1916 bestätigt. Es trägt den Namen der beiden Unterhändler, dem Briten Sir M. Sykes und dem Franzosen C.F.G.Picot.

Darin legten die beiden Ententemächte Großbritannien und Frankreich die Aufteilung – oder "Neuordnung" - der arabischen Gebiete des Osmanischen Reiches nach dem 1. Weltkrieg fest. Dieses geschah also bereits über zwei Jahre vor Beendigung des 1. Weltkrieges und der Kapitulation des zu den Achsenmächten zählenden Osmanischen Reiches (damals "der kranke Mann vom Bosporus") . Weitere Infos: Brockhaus multimedia 2009 und Google: Sykes-Picot-Abkommen

 Man definierte zwei Arten von Gebieten:

Einflusszonen

und Gebiete unter direkter Verwaltung der jeweiligen Macht.

Großbritannien erhielt demnach den südlichen Irak und Palästina in direkter Verwaltung. Als Einflusszonen erhielten die Briten unter anderem den südlichen Teil der syrischen Wüste. Die Häfen Akko und Haifa in Palästina sollten britische Freihäfen werden.

Frankreich reservierte sich den Libanon, West-Syrien, sowie Südost-Anatolien. Weitere Gebiete wurden Russland und Italien zugesprochen. Russland stieg nach der Oktoberrevolution 1917 aus diesem Deal aus.

Ein solches Abkommen wird ja nicht im Januar 1916 "mal ganz schnell fertig auf den Tisch gelegt". Man arbeitet es in längeren Verhandlungen aus. Als eben diese Verhandlungen liefen, - als mindestens der Tenor bereits feststand, - wurde London auf einer anderen Ebene aktiv.

Die Briten waren bei Kriegsausbruch in Basra, im Süd-Irak, gelandet. Sie hatten bereits bis Ende 1914 den gesamten südlichen (ölreichen) Irak erobert, erreichten Bagdad jedoch erst im März 1917. Außerdem unterstellte sich der Herrscher des Ölstaates Kuwait 1914 ihrem Protektorat.

Ziel könnte gewesen sein, osmanische Kräfte in Arabien zu binden, um so die britischen Verbände im Irak zu entlasten.

Wie macht man das? Man hetzt die Araber gegen die Osmanen, schürt einen Aufstand und destabilisiert gleichzeitig damit den Gegner.

Womit macht man das? Mit vagen – oder notfalls falschen – Versprechungen.

Was war das passendste Versprechen für die Araber?

Ein "arabisches Reich" nach dem Sieg über die Osmanen.

Es existiert ein Briefwechsel zwischen dem damaligen britischen Hochkommissar in Ägypten, Sir Henry Mc Mahon und dem Emir und Scherifen Hussain von Mekka, worin dem Scherifen ein "arabisches Reich" für den Fall zugesagt wird, dass sich Mekka gegen die Osmanen erhebt.

Von Anfang an stand aber fest, dass mit den Vereinbarungen eines "Sykes-Picot-Geheim-Abkommens" ein solches Versprechen gar nicht einzuhalten ist. Abgesehen davon wird man dieses auch niemals vorgehabt haben. Kolonialmächte brauchen kleine, zerstückelte Staaten mit divergierenden Interessen und kein starkes Großreich als "Partner".

Der Scherif von Mekka ließ sich im Sinne der Arabischen Idee, oder des Arabischen Traumes, benutzen. Sicher hatte er auch den Erhalt und/oder den Ausbau der eigenen Macht im Hinterkopf.

Er funktionierte wunschgemäß. 1916 begann er den "Aufstand in der Wüste", ausgeführt von Beduinen. Unterstützt wurde er von britischem Geld und britischen Agenten. Einer war Edward Thomas Lawrence – uns besser bekannt als "Lawrence von Arabien". Die Beduinen kämpften erfolgreich gegen die Osmanen und erreichten 1918 Damaskus.

Nach dem 1.Weltkrieg wurde der Völkerbund gegründet. Er beauftragte bestimmte Staaten mit der Wahrnehmung der Verwaltung von Gebieten des ehemaligen Osmanischen Reiches. Die Gebiete nannten sich fortan Mandatsgebiete.

Im Vertrag von San Remo sicherte sich 1920 Großbritannien das Mandat für den Irak und Palästina - zu dem damals auch Transjordanien gehörte. Frankreich erhielt das Mandat für den Libanon und Syrien.

Dem Scherif von Mekka blieben nur einige nördliche Teile der Arabischen Halbinsel. Der Traum von einem Arabischen Reich mit den arabischen Zentren Bagdad, Damaskus, (Jerusalem), Kairo war damit ausgeträumt.

Umgangssprachlich würde man sagen: Die Araber wurden 'gekonnt hereingelegt'. Allerdings hätte ein Emir und Scherif Hussain von Mekka wissen müssen, mit wem er sich - worauf - einlässt.

Möglicherweise wurden andere, zum Beispiel Kurden und Armenier, von anderen Mächten ähnlich benutzt, die Armenier vielleicht von Russland. Möglicherweise köderte man sie mit ähnlichen vagen Versprechungen. Fakt ist jedenfalls, dass hunderttausende Armenier ihre Gegnerschaft zum Osmanischen Reich und ihre Nähe zu Russland mit dem Leben bezahlten – im osmanischen Völkermord an den Armeniern.

(Ausführliche Informationen dazu unter http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Armeniern).

Unter diesem Aspekt stellt die Balfour-Deklaration auch nur den Versuch dar, Zionisten für eigene imperiale Interessen zu benutzen.-

Und dieses: "man betrachtet mit Wohlwollen" – "und wird keine Mühe scheuen" – "nach Kräften zu fördern" kennen wir doch zur Genüge aus Sonntags-, Parlaments-, Parteitags-, Wahl- und sonstigen unverbindlichen Politiker-Reden.

Diese Deklaration klang "Zionismus-freundlich".

Wie sich jedoch später zeigte, hielt sich die Zionismus-Freundlichkeit der britischen Mandatsverwaltung – um eine Häufung von Peinlichkeiten freundlich zu umschreiben - in sehr engen Grenzen.

In dem problematischen Kriegsjahr 1917 war sie ein Instrument, die "quengelnden Zionisten" ruhig zu stellen und sie gleichzeitig taktisch nutzbar zu machen.

Die Araber stellten schon 1915 / 1916 Forderungen nach einem "eigenen Reich", nach "einem Arabischen Kalifat für den Islam". Kolonialherren, deren Denkweise noch fest im 19. Jahrhundert wurzelte, konnten darin nur eine "bodenlose Unverschämtheit" erkennen:

Eine Weltmacht, wie Britannien, führt schließlich keinen Krieg gegen die Osmanen, damit sie Arabische Träume erfüllt.

Obwohl man noch die Unterstützung der Araber gegen die Osmanen suchte, betonte die britische Regierung in einem Brief vom 15.10.1915 an Scherif Hussain hinsichtlich des arabischen Kalifates, dass "die Gebiete westlich einer Linie Damaskus – Aleppo keinen 'rein arabischen Charakter' besäßen". Die Wünsche der Zionisten hinsichtlich Palästinas kamen London also gerade recht.

Weiterhin deutete sich schon Anfang 1917 an, dass aus den Ideen des 28. Präsidenten der USA , Thomas Woodrow Wilson, den Kolonialherren aller Kolonialstaaten erhebliche Probleme erwachsen würden.

Nach langem Zögern erfolgte am 6.4.1917 der Kriegseintritt der USA.

Mit seinen "Vierzehn Punkten" veröffentlichte Wilson im Januar 1918 seine Kriegsziele. "Eine stabile Nachkriegs-Ordnung", ein "System kollektiver Sicherheit", einen "Frieden des gerechten Ausgleichs" und das "Prinzip der Selbstbestimmung der Völker", die sich im "Völkerbund" organisieren, - an dessen Entstehung Wilson maßgeblichen Anteil hatte.

Dieser große Präsident erhielt 1920 den Friedens-Nobelpreis. Kolonialvölker beriefen sich forthin natürlich auf Wilsons "Prinzip der Selbstbestimmung.-"

Wegen des Suezkanals, der für die Kolonialmacht Britannien zur damaligen Zeit eine Schlagader von überragender Bedeutung war, konnten solche Bestrebungen in Ägypten überaus gefährlich werden.

1869 wurde der Suezkanal eröffnet. Schon 1882 fand eine Revolte eines Offiziers statt, der "Urabi-Aufstand". Dieser zwang Briten und Franzosen zu einer Militär-Intervention. Die Briten besetzten danach dauerhaft die Kanalzone und unterstellten 1914 Ägypten ihrem Protektorat.

Bereits vor 1917 war Unruhe in diesem wichtigen Land wahrnehmbar.

Wohlgesonnene Zionisten in greifbarer Nähe konnten in dieser Hinsicht von künftigem strategischem Nutzen sein.

Noch knapp vierzig Jahre später sollte sich diese Strategie – vordergründig und kurzfristig – als äußerst nützlich erweisen. 1956 beging der ägyptische Präsident Nasser die "Todsünde", den Suezkanal zu verstaatlichen. Als alle Verhandlungen, die Verstaatlichung rückgängig zu machen, scheiterten, fielen die beiden ehemaligen Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich in einer Luftlande-Operation über dieses souveräne Land her.

Israelische Bodentruppen näherten sich gleichzeitig über den Sinai dem Kanal. Mitten in Kalten Krieg bekamen beide Weltmächte, USA und UdSSR, "Angst und kalte Füße" und pfiffen gemeinsam die Aktion ab und die Angreifer zurück.

1918 wurde Palästina von britischen Truppen eingenommen und stand bis zum 31.05.1920 unter britischer Militärverwaltung. Am 1.6.1920 wurde der erste britische Hochkommissar zur Verwaltung des Palästina-Mandates eingesetzt. Britannien hatte also nun Gelegenheit, den Worten der Balfour-Deklaration Taten folgen zu lassen.

 Was aber zwischen den beiden Weltkriegen folgte, war ein höchst peinliches, permanentes Zurückrudern.

Zwischen 1919 und 1923 folgte eine neue jüdische Zuwanderungswelle. Weitere 35.000 Juden kamen ins Land und provozierten stärker werdenden Widerstand der Araber, der in seiner Heftigkeit von der Mandatsmacht nicht erwartet worden war.

Man brauchte die Juden nicht mehr. Sie wurden zunehmend zum Störfaktor, weil sie die Aufmüpfigkeit der ohnehin unruhigen Araber anheizten.

Mit einem 1. "Weißbuch" verordnete der damalige britische Kolonial-Minister Winston Churchill grundsätzlich, dass "die jüdische Einwanderung der Aufnahmefähigkeit des Landes zu entsprechen habe". - Man beachte bitte: "der Aufnahmefähigkeit des Landes zu entsprechen habe" dekretierte Churchill damals, nachdem "weitere 35.000 jüdische Menschen" dort einwanderten, 35.000 !

1922 lebten etwa 85.000 Juden und etwa 670.000 Palästinenser in Palästina.

Dann schlug Churchill eine Gesetzgebende Versammlung für Palästina vor. Sie war von zehn Arabern und nur zwei Juden zu bilden.

Nach wenigen Jahren hatte man sich bereits meilenweit von der Balfour-Deklaration entfernt. Aber es folgte für die Zionisten in Palästina ein ganz besonders "folgenschwerer Hammer".

 Auf einer Konferenz in Kairo 1921 kreierte Churchill den "Pufferstaat Transjordanien". Transjordanien gehörte bis dahin zu dem, was man unter "Palästina" verstand.

Dieser "Pufferstaat" – heute Jordanien – grenzt im Norden an Syrien, im Nordosten an den Irak, im Osten und Süden an Saudi-Arabien und im Westen an "Rest-Palästina", dem heutigen Westjordanland und Israel. Transjordanien wurde vom Palästina-Mandat des Völkerbundes abgetrennt. Dieser neue Staat unterstand damit also künftig nur direktem britischem Einfluss und war von Britannien finanziell abhängig.

Damit wurde damals eins der heute unlösbaren Probleme geschaffen.

Zwei stark wachsende Völker – Israelis und Palästinenser – sollen sich heute ein zu kleines Land teilen, - also eigentlich "Rest-Palästina".

Das damals existierende Palästina (also das Gebiet einschließlich Transjordaniens) war gedankliche Grundlage der Pläne der ersten Zionisten des 19. Jahrhunderts.

 Ein Palästina mit Transjordanien hätte ausreichend Platz für beide Völker geboten.

 Das heutige Rest-Palästina hat diesen Platz nicht.

Heute hat Jordanien eine Fläche von 89.342 km². Die Fläche Israels beträgt 22.145 km², die der palästinensischen Autonomiegebiete 6.257 km². Zusammen sind das also 28.402 km² oder knapp 32 % der Fläche Jordaniens.

Israel hat über sieben Millionen Einwohner und in den Palästinenser-Gebieten leben etwa vier Millionen. Zusammen leben also in diesem Rest-Palästina – schon jetzt - mehr als elf Millionen Menschen.

Das flächenmäßig dreifach größere Jordanien hingegen hat nur ca. 5,6 Millionen Einwohner, die obendrein zu über 50 % aus Palästina-Flüchtlingen bestehen.

Tansjordanien entsprach und entsprang ausschließlich rücksichtsloser britisch-imperialer Interessen-Politik. Gegen diese Abtrennung und die anderen Anordnungen Churchills liefen die Zionisten Sturm. Schließlich waren schon damals die Folgen dieser fatalen Entscheidung absehbar.

Die Mandatsverwaltung stellte ein Ultimatum: 'Entweder akzeptieren Sie, - oder Britannien fühlt sich nicht mehr an die Balfour-Deklaration gebunden.' Da akzeptierte man.

Dem Kolonial-Minister Churchill steht damit eine Teil-Vaterschaft am Nahost-Konflikt zu.

Im Sommer 1929 kam es zu arabischen Unruhen mit über 120 getöteten Juden. Die britische Mandatsverwaltung erließ deswegen das "2. Weißbuch" und schränkte den jüdischen Zuzug noch weiter ein.

1933 erreichte der außenpolitische Leiter der Jewish Agency, C.Arlosoroff, beim Deutschen Reich eine Ausreise-Vereinbarung für Juden aus Nazi-Deutschland. Zwischen 1933 und 1935 trafen daraufhin fast 150.000 neue jüdische Zuwanderer in Palästina ein. Deswegen brach 1936 der arabische Palästinenser-Aufstand aus, der bis 1939 andauerte. Ziel der Araber war die völlige Beendigung der jüdischen Zuwanderung und Gründung eines arabischen Palästinas.

Im Juni 1937 veröffentlichte eine von der britischen Regierung eingesetzte Kommission unter Leitung von Lord R. Peel (Peel Kommission) einen Vorschlag zur Teilung Palästinas. Dieser Vorschlag sah für einen zu gründenden jüdischen Staat eine Fläche von 5.000 km² vor. Diesem Plan stimmten die Juden zu, die Araber lehnten ab.

Kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges 1939 erkannte die britische Regierung unter Premier Chamberlain mit Entsetzen die großen Sympathien der arabischen Welt für Hitler und Mussolini. Im Gegensatz zu den Juden besaßen die Araber die Möglichkeit, zwischen Deutschland und Britannien zu lavieren.

Darauf hin erschien am 15.5.1939 – wenige Monate vor Beginn des 2. Weltkrieges - das "3. Weißbuch" der Mandats-Verwaltung:

 Die Juden mögen sich damit abfinden, in Palästina eine Minderheit von maximal 33 % zu bleiben.

 Die Fläche des Staates wird von 5.000 km² (Peel-Kommission 1937) auf 1.250 km² reduziert.

 Der Bodenerwerb durch Juden wird künftig fast unmöglich.

 Für die kommenden fünf Jahre – also bis 1944 – wird die Einwanderung auf 75.000 Personen begrenzt, -

 vorausgesetzt, die Araber stimmen der Zuwanderung zu.

Diese unbegreifliche britische Verordnung erfolgte, obwohl die Lage der Juden in Deutschland öffentlich bekannt war:

Seit 1935 galten die Nürnberger Rassen-Gesetze zum "Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre".

23.7.1938 Gesetz zur verschärften "Kennzeichnungspflicht für Juden".

26.8.1938 Einrichtung einer Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien. Leitung: Adolf Eichmann.

9.11.1938 "Reichs-Kristall-Nacht". Die Synagogen brannten. Jüdische Geschäfte wurden geplündert – und jüdische Menschen, öffentlich sichtbar, misshandelt.

12.11.1938 Verordnung zur endgültigen Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben (durch Enteignungen, usw.). usw.,

Weitere Infos und Daten unter: http://de.juedisches-leben.org/judenverfolgung.php3

 Handelten Balfour und Britannien naiv oder vorsätzlich?

Naivität ist bei Spitzenpolitikern in solchen Positionen kategorisch auszuschließen. Balfour handelte vorsätzlich. Auch der Kolonial-Minister Churchill handelte vorsätzlich, denn nach welcher Taktik herrschten Kolonial-Herren? :

 "Hetze unterschiedliche Stämme, unterschiedliche Religionen, oder regionale Fürsten mit unterschiedlichen Interessen aufeinander. Wenn sie 'aufeinander einschlagen', kannst Du sie mit geringstem Aufwand dirigieren und beherrschen".

Beispielsweise wurde British-Indien (heute Indien, Pakistan, Birma, Bangladesh) Jahrhunderte lang, bis 1947, so beherrscht.

 Britannien ließ in Palästina arabischen und jüdischen Nationalismus aufeinanderprallen.

Balfour wäre stolz auf sich, würde er sehen, wie "eifrig und nachhaltig" Israelis und Araber/Palästinenser seit Jahrzehnten "aufeinander einschlagen" .

 Hier einige – höchst unvollständige - Daten der Fortsetzung eines Trauerspiels:

Ab 1940:

Nach dem 3. Weißbuch und der Besetzung großer Teile Europas durch Nazi-Deutschland kam es zu einer massiven jüdischen illegalen Einwanderung in Palästina und einer massiven jüdischen Bewaffnung. Juden kämpften gegen Araber und zunehmend gegen Briten. Araber kämpften gegen Juden und Briten. Briten kämpften gegen Juden und Araber. Aus Sicht der Mandatsmacht "lief die Angelegenheit völlig aus dem Ruder".

Großbritannien plante den Rückzug und brachte – nach dem 2. Weltkrieg - die Palästinafrage vor die Vereinten Nationen.

Am 29.11.1947 empfiehlt die UN- Vollversammlung die Zweiteilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. Diese Empfehlung lehnen die Araber ab, - aber das britische Mandat erlischt damit. Britannien zieht sich – vornehm demokratisch-rechtsstaatlich begründet – aus seinem Desaster zurück.

14.5.1948:

Nach Abzug der letzten britischen Truppen ruft Ben Gurion den Staat Israel aus.

15.5.1948 – 15.1.1949:

1. Israelisch-Arabischer Krieg (aus israelischer Sicht "Befreiungskrieg").

29.10. – 08.11.1956:

2. Israelisch-Arabischer Krieg. ("Sinaifeldzug").

5.-10.6.1967:

3. Israelisch-Arabischer Krieg. ("Sechstagekrieg").

6.-25.10.1973:

4. Israelisch-Arabischer Krieg. ("Jom-Kippur-Krieg").

Juni 1982:

5. Israelisch-Arabischer Krieg. ("1.Libanonfeldzug").

Dezember 1987:

Beginn der "1. Palästinenser-Intifada".

September 2000:

Beginn der "2. Palästinenser-Intifada".

Januar 2004

Baubeginn der israelischen "Grenz-Mauer".

Juli 2006:

"2. Libanon-Feldzug".

Die Fortsetzung nach Drucklegung entnehmen Sie, bitte, der Tagespresse, - ebenso die fast täglichen Zahlen getöteter und verletzter Menschen.

 Übertragen wir doch mal theoretisch den UN-Teilungsplan auf das Urheber-Land der Belfour-Deklaration, Großbritannien:

Wer – wie - vorher in Großbritannien lebte, ist unerheblich. Großbritannien wird geteilt. Alle Einwohner ziehen sich westlich einer Linie Edinburgh / Southampton zurück. Das frei gewordene Gebiet – einschließlich der Hauptstadt London - wird von Flüchtlingen und Asylanten aus der Dritten Welt besiedelt.

Die UN errichten für die ausgesiedelten Briten 59 Flüchtlings-Lager. Diejenigen ausgesiedelten Briten, deren Existenz durch die Vertreibung zerstört wurde, erhalten vom UN-Flüchtlings-Hilfswerk monatliche Nahrungsmittel-Hilfe. –

 Was würden die Briten dazu sagen ?

 Und warum sollen Palästinenser anders empfinden und reagieren ?

Ja, dieser 1. Teil mag eine etwas eigenwillige Sicht der Dinge darstellen.

Er mag auch etwas polemisch klingen. Ist er deswegen aber unrichtig ?

Fakt ist,

 das schwere Unrecht am jüdischen Volk

 wurde mit dem Unrecht am palästinensischen Volk getilgt.

 Unrecht bleibt aber Unrecht.

Balfour - und sein kolonialistisches Britannien - haben beiden Völkern schweres Unrecht zugefügt. Beide Völker leiden heute unter den Folgen dieser fragwürdigen Politik. Beide Völker !

Ein heute 60-jähriger Mensch in Israel oder in Palästina hat wegen dieser Politik noch keinen Tag in Frieden gelebt. Wundern wir uns, dass eine solche Situation die Menschen prägt und diese entsprechend ihrer Situation reagieren?

 Der eine reagiert aus Verzweiflung.

 Der andere reagiert aus Angst.

 Für beide ist diese Situation die Quelle immer neuen, abgrundtiefen Hasses.

Etwa die Hälfte des palästinensischen Volkes hat "die Heimat" verloren und lebt irgendwo in irgendwelchen Flüchtlingslagern – innerhalb oder außerhalb Palästinas.

Seit 40 Jahren wird dieses Volk von der israelischen Armee beherrscht.

Die Besatzungs-"Macht" ist eine haushoch überlegene Macht, die nicht daran interessiert ist, sich palästinensische "Freunde" zu schaffen.

Jeder Palästinenser ist täglich auf irgendeine Weise mit ihrer überlegenen, arroganten Macht konfrontiert - durch Straßensperren, willkürlichen Kontrollen, Durchsuchungen oder angesichts einer bis zu acht Meter hohen Grenz-Mauer, die das Flicken-Teppich-Gebiet umschließt und dieses Volk einsperrt.

Von der rechtswidrigen Landnahme bis zur ungerechten Verteilung des Wassers spürt dieses Volk Ungerechtigkeit, Rechtlosigkeit, Ohnmacht, Unterlegenheit.

Etwa 70 % der Menschen in Palästina leben unterhalb der Armutsgrenze. Das Niveau dieser Armutsgrenze ist mit unserem europäischen nicht zu vergleichen.

Aussicht auf Besserung?

Nein, denn vieles ist schlimmer geworden, statt besser.

Wie würden wir in dieser Situation reagieren? Auch verzweifelt?

 Eine Zwischen-Bemerkung zur "arroganten Besatzungs-Macht":

In jedem Verkäufer-Anfänger-Seminar lernt der Anfänger bezüglich arroganter Kunden, dass diese ihre Unsicherheit und Ängste hinter Arroganz verbergen.

"Gib ihnen Sicherheit und beweise ihnen, dass sie Dir vertrauen können", lautet die Erfolgs-Empfehlung, - die auch für eine "arrogante Besatzungs-Macht" gilt.

Ja, so einfach ist das – und scheinbar so unendlich unmöglich!

Israel verfügt über eine der modernsten Armeen der Welt, der stärksten im Nahen Osten. - Und Israel baut eine Mauer, gegen die die Berliner Mauer ein "Mäuerchen" war.

 Mauern baut man, weil man Angst hat.

Ein permanent bedrohtes Leben in einer überwiegend feindlichen Umwelt, die teilweise – bis heute - das Existenzrecht bestreitet, schafft und schürt Angst.

Angst, all das zu verlieren, was Idealismus, Fleiß und Ideenreichtum in diesem Land – aus einem Nichts und unter ständiger Bedrohung – geschaffen und aufgebaut hat.

Diese jahrzehntelange Angst und permanente Bedrohung prägt die Einstellungen und Stimmung eines Volkes und macht letztlich auch eine Besatzungs-Macht ungerecht, arrogant, schikanös. Leider ja.

Aber Israel ist das Volk mit dem Holocaust-Trauma, das wir Außenstehenden kaum nachempfinden können.

 Ist diesem Volk ein "Nie wieder" zu verdenken?

Das "Nie wieder" bedeutet logischerweise "immer stärker sein, als die gebündelten Kräfte aller Gegner – gleichgültig, mit welchen Mitteln".

Wie würden wir in dieser Situation reagieren? Genau so?

Bei allem Verständnis und Mitleid für die Lage beider Völker, - ja, mit "leiden mit beiden Völkern":

 Ausfahrten aus Sackgassen sind aber so nicht zu finden.

Wäre es falsch, wenn beide Völker baldmöglichst gemeinsam ein einheitliches, Geschichtsbild unter diesem Blickwinkel erarbeiten?:

 Wodurch ist dieser Konflikt wirklich entstanden?

 Wer hat ihn uns aufgenötigt?

 Warum – und wie lange noch – sollen wir zwei Opfer noch für Dritte leiden?

Könnte eine gleichlautende öffentliche Diskussion beiden Völkern helfen, eine Basis für ein gegenseitiges Verständnis und Verstehen aufzubauen, zur gemeinsamen Suche nach den so wichtigen "psychologischen Wegen aus Denk-Sackgassen"?

Die endgültige Regelung des Nahost-Konfliktes

Подняться наверх