Читать книгу Lilys Reise - Ela Smith - Страница 4
Ende und Beginn!
ОглавлениеMason weint, hört zwar den Schrei des Babys in der Ferne. Aber als der Arzt ihm sagte: „Ihre Frau ist soeben verstorben!“, war für Max eine Welt zerbrochen. Der Arzt war vor geraumer Zeit plötzlich hereingestürmt und hatte etwas von Blutvergiftung geschwafelt und von sofortiger Einleitung der letzten Phase, des letzten Abschnittes der Geburt, von keiner Möglichkeit auf einen Kaiserschnitt, von einer Gefahr für beide. Von einer geringen Chance das beide durchkommen, von einer minimalen Hoffnung zu mindestens das Kind vor einer Blutvergiftung zu retten. Mason hatte seine Amelia nur anschauen können, hatte vorherzusehen müssen, wie der Arzt Herzdruckmassage machte. Dann der Krankenschwester zusehen müssen, wie sie auf den Bauch von Amelia geklettert ist und das Baby aus dem Bauch gepresst hat. Sah der zweiten Schwester zu wie sie Amelia Herzmassage verpasste, dann den Defibrillator, den die Assistenzärztin Amelia nach der Geburt auf die Brust drückte und auch wie sie die ganze Zeit versuchten Amelia zu beatmen. Am liebsten hätte er sie weggerissen, hätte sie wegstoßen wollen. Mason, der große kräftige Kerl war nicht fähig zu einer Handlung, nur fähig zu weinen. Als würde eine unsichtbare Hand ihn davon abhalten, als würde Amelia ihn bitten, dass der Arzt und die Krankenschwester das Baby retten können. Sie schien ihn anzusehen, schien ihn die ganze Zeit zu beobachten. Aber Amelia hatte zu keiner Zeit auch nur ein Wort gesagt, keinen Ton mehr von sich gegeben. Die erste Schwester hatte das Kind abgenabelt und war mit ihr hinausgegangen. Der Arzt wünscht Mason herzliches Beileid, aber man hat nichts mehr für seine Frau tun können und entschuldigt sich, er müsse sich jetzt um das Kind kümmern. Mason saß bei Amelia hielt ihre Hand, wird sie ihn noch spüren können, seine über alles erfüllende Trauer? Ein anderer Arzt kam herein und stellt Mason Fragen. „Hat Ihre Frau über Übelkeit geklagt, hat sie sich unwohl gefühlt, seit wann hat ihre Frau zu Fiebern begonnen, hatte sie Schmerzen oder einen großen Druck im Bauch? Warum sind sie erst jetzt gekommen? Wie viele Tage ging es ihr so schlecht?“ Mason konnte und wollte nicht antworten, was machte das noch für einen Sinn? „Das einzige was ihm in den Sinn kommt: „Warum, hast du mir nichts gesagt?“, fragte er seine tot Amelia. Was konnte er jetzt noch tun? Die Schwester kommt noch einmal herein und will den frisch gebackenen Vater zu seinem Kind bringen, aber Mason will und kann nicht. Er will dieses totbringende Kind nicht ansehen, er will und muss nur noch weg. Und so rennt er was seine Füße tragen. Zu Hause setzt er sich auf die Couch und kann nur noch weinen, er umschlingt die Beine mit seinen Armen und weint. Der frisch gebackene Vater, der junge Witwer weint sehr lang, in einem relativ hellen Moment ruft er Amelias Eltern an und teilt ihnen fast bewusst- und gefühlslos mit, dass Ihre Tochter von dem Baby umgebracht wurde. Er bezeichnet es als Mörder: „Ich kann dieses Baby nicht ansehen, es hat meine geliebte Amelia getötet.“ Maya fragt mit weinerlicher Stimme wie es dem Kind gehe, aber erhielt nur die Antwort „Keine Ahnung.“ Maya redet auf Mason ein, während sie einige Sachen zusammenpackt und auch Ihr Mann hilft unter Tränen beim Packen. Beiden krampft der Magen, Ethan muss Maya immer wieder stützen, muss ihr helfen nicht die Fassung zu verlieren. Dann steigen sie ins Auto und fahren los. Maya ist immer noch mit Mason am telefonieren „In welcher Klinik bist du?“ „Ich bin zu Hause, sie haben gesagt ich kann nicht länger bei Amelia bleiben.“ „Wo ist das Baby?“ so Maya „In welcher Klinik? Mason?“ „Ich lege jetzt auf, ich möchte nicht mehr reden, ich will das Kind nicht, es ist ein Mörder. Es hat meine Amelia umgebracht.“ gibt Mason als Antwort und legt auf. Der große starke Mann hockt dann zwischen Couch und dem Tisch. Er kann sein Unglück nicht fassen und nach ca. 3 Stunden schläft er erschöpft ein.
Die Tür öffnet sich und Maya stand samt Mann im Appartement. Vor ihr auf dem Boden sitzt ein junger Mann, in sich hinein versunken, erschlagen von den Ereignissen, ertrunken in den eigenen Tränen, mit Augenringen, als wenn er schon drei Wochen nicht geschlafen hätte. „Du musst das Kind holen, haben die Ärzte gesagt, sonst schalten sie die Wohlfahrt ein und es kommt in ein Heim.“, versucht Maya noch ruhig zu sagen. In ihrer Stimme liegt eine tiefe Traurigkeit, aber auch eine Spur Wut. Mason schüttelt den Kopf und ging ins Schlafzimmer, schließt die Tür hinter sich und weint. Nach einer Stunde klopft es wieder an die Tür. Die Eltern von Amelia mit einer Frau von der Wohlfahrt sind wieder da und sie schieben einen Zettel durch die Tür, er soll dies bitte unterschreiben, damit sie das Baby mit nach Hause nehmen können. Mason unterschreibt ohne Gefühlsregung, ohne Nachdenken. Unfähig nur einen klaren Gedanken zu fassen. Dann wird es wieder still um ihn. Tage später kommt Maya, sie zieht ihn aus dem Schlafzimmer, schiebt ihn ins Bad und zerrt ihn zur Beerdigung von Amelia. Ihr fiel die große Flasche Schnaps auf dem Tisch auf, sie war noch unberührt. Hatte er wirklich nicht die Kraft gehabt sich zu betrinken, warum hatte er die Flasche dann auf dem Tisch stehen? „Keiner konnte Amelia mehr retten, es war eine Blutvergiftung. Dich und die Ärzte trifft keine Schuld.“, sagt sie Mason immer wieder. Maya erzählt von der kleinen Maus, wie sehr sie ihm und Amelia ähnelt. Dass die Kleine Glück gehabt hat und die Blutvergiftung nicht auch sie noch getroffen hat. Sie geht jeden zweiten Tag mit ihr zum Arzt, um eine verspätete Reaktion auszuschließen. Der Arzt sei aber zufrieden und die Blutabnahme hätte auch nichts Beunruhigendes ergeben. Aber ihre Worte kommen bei Mason nicht an, sie verhallen an einer Art Luftblase, für ihn hörte es sich an wie „Bla, Bla, Bla“ Es ist eine schöne Beerdigung mit vielen weißen duftenden Blumen und einem hellen fast rosa farbenem Sarg. Amelia hätte es gefallen denkt er. Im Hintergrund hört er ein Baby weinen. Nach der Beerdigung nimmt er das nächste Wassertaxi um wieder ans Festland zukommen. Er bleib weder zum Leichenschmaus noch sieht er einmal in Richtung seines entzückenden Kindes.
Wenn Mason nicht die von Amelia im zweiten Drittel der Schwangerschaft bestellte Putzfrau hätte, würde er im eigenen Dreck versumpfen oder gar verhungern. Die Putzfrau hatte ihm auch die Flasche Schnaps auf den Tisch gestellt, denn sie glaubte, wenn er sich mal so richtig betrinkt, dann ist alles wieder gut, zumindest besser. Und er findet zu neuer Kraft, aber jedes Mal, wenn sie nach zwei Tagen zurückkam, saß dieser starke Mann an derselben Stelle. -Hatte er sich tatsächlich nicht bewegt? Er stank fürchterlich, aber nach was? Seit ein paar Tagen sitzt er in einem schwarzen Anzug, die Krawatte noch immer am Hals baumelnd, auf demselben Fleck. Aber die Pizzakrümel sind nicht mehr in seinem Bart. Der Bart scheint gestutzt und die Haare hat ihm irgendwer gewaschen, selbst hat er keinen Antrieb mehr.-
Die Flasche Schnaps steht vor seinem Gesicht. Aber Mason rührt die Flasche nicht an, er braucht keinen Alkohol, er fühlt sich trunken und benebelt genug, seine Umgebung wurde zu einem Schatten. Die Trauer übermannt ihn immer und immer wieder aufs Neue. Er kann nicht richtig schlafen, er kann sich nicht bewegen. Hin und wieder nickt er ein, aber scheint kurz darauf wieder zu erwachen. Die Putzfrau fängt an zu putzen und beginnt wie immer mit einem Gespräch, wie immer erhält sie keine Antwort, dies macht ihr nichts aus, denn auch zu Hause, wenn sie mit ihrem Mann spricht, erhält sie keine Antwort nur manchmal ein raunzen oder stöhnen.
So vergingen weitere zwei Wochen, dann ruft das Babygeschäft an. Mason hebt im Dämmerzustand ab und die junge Dame fragte: -ob er die schon bezahlte Babykleidung abholen wird, wann und welche der beiden Kollektionen er nun nimmt-. Mason gibt keine Antwort und legt auf. Er fühlt sich nicht im Stande etwas zu unternehmen. Aber jetzt fängt er an, den Tod seiner Frau zu verarbeiten. Er erinnert sich an diese wundervollen Momente, auch an die Worte und das Versprechen, welches er Amelia gegeben hatte, seine kleine Familie niemals im Stich zu lassen. Da trifft es ihn wie ein Schlag ins Genick, als wenn Amelia hinter ihm steht und ihm eine Kopfnuss gibt. „Du hast versprochen, dass du deine Familie nie im Stich lassen wirst.“ Dazu gehörte auch das kleine Wesen. Mason steht auf, geht ins Bad und duscht sich. Er duscht lange, denn immer wieder überkamen ihn seine Erinnerungen an Amelia und die Tränen, welcher er versiegt glaubte, rinnen erneut. Dann schoss ihm der Gedanke an das Baby wieder durch den Kopf. Er packt sich diesmal selbst beim Genick und sagt laut: „Nimm dich zusammen, reiß dich am Riemen. Mach dich fertig, rufe in der Firma an und dann kümmre dich um dein Kind.“ Der Chef ist zwar etwas mürrisch aber er verzichtet noch zwei Wochen auf seinen besten Mitarbeiter. Mason fährt zum Baby Shop und bezahlt auch das andere Babypacket. Es war ihm unangenehm, dass sie vielleicht Fragen stellen könnte oder ihm vielleicht dann Beileid wünschen würde. Sie hat Amelia nicht gekannt, sie war von den Beiden nur genervt gewesen. Die Verkäuferin beglückwünscht ihn zu Zwillingen. Mason fühlt sich bestätigt, sie ist oberflächlich, nur weil er beide Pakete kauft? Das Auto von Amelia war ihm noch nie so groß vorgekommen. Mason hat sich für das Auto entschieden, denn nun war er gezwungen langsam zu fahren. Und er hat Zeit sich auf die Diskussion mit Amelias Eltern vorzubereiten und auf das Baby. Mason muss sich klar werden, wie es weiter gehen sollte. Würden sie ihm das Kind überhaupt zeigen? Würden sie ihn gleich hinauswerfen? Auf der Fahrt mit der Fähre kommt ihm die Erinnerung, dass seine Eltern auf der Beerdigung waren, dass die Freundin seines Vaters jedoch nicht dabei war. Er erinnert sich an den Duft der Blumen und das Händeschütteln des ganzen Dorfes, alle waren gekommen um ihm Beileid zu wünschen auch die Arbeitskollegen von Amelia. Doch seine Eltern hatte er nicht registriert. Sie hatten ihm ganz sicher nicht die Hand geschüttelt, sie hatten ihn ganz sicher nicht begrüßt, oder doch? Eins ist er sich plötzlich ganz sicher, sie waren dort. Die Fahrt zieht sich, es dämmert schon, als Mason bei den Eltern von seiner Amelia ankommt. Wie oft waren sie so gefahren, konnten es nicht erwarten aus dem Auto zu steigen. Mason konnte es oft nicht erwarten, Mayas Essen zu genießen und mit Ethan über Politik oder andere Ereignisse zu diskutieren. Nun fällt ihm das Öffnen der Autotür schwer, der Schritt hinaus scheint ihm ewig und schwer wie Blei fühlt Mason sich beim Aussteigen. Der kleine weiße Kiesweg schein zu leuchten, das Auto braucht er hier draußen nie abzuschließen, jedoch um etwas Zeit zu schinden, schließt Mason das Auto ab, überprüft die Autotür, ob sie wirklich abgeschlossen ist. Dann holt er nochmal tief Luft und geht sehr langsam zur Eingangstür, da wird diese von innen geöffnet. Sein Vater Jakob steht vor ihm, dahinter seine Mutter Charlotte und Amelias Vater. Maya mit dem Kind auf dem Arm lehnt in der Küchentür. Man bittet ihn herein mit den Worten „Wir haben schon gewartet, das Essen ist fertig.“ In der Küche angekommen treten ihm Tränen in die Augen, aber bevor er sich versieht, legt Maya ihm die kleine Lily in die Arme. Alle umarmen sich und keiner verliert auch nur ein Wort über seine Feigheit, über seine Ohnmacht oder die Kraftlosigkeit, welche ihn nach Amelias Tod lähmte. Er gibt die kleine Lily nicht aus dem Arm, nicht beim Essen und auch nicht danach. Beim Erwachen am nächsten Morgen, Mason hat die Nacht neben Lilys kleinem Bett verbracht, da fallen ihm die Babysachen wieder ein. Mit Lily, in der Decke eingewickelt, auf dem Arm geht er zum Auto. Mason will nur das rosafarbene Packet aus dem Auto holen, da steht plötzlich seine Mutter hinter ihm, sie war gerade vom Joggen gekommen und nimmt ihm das blaue Packet aus dem Auto und das rosa Packet aus seiner Hand. Die drei gehen ins Haus um Mayas Frühstück zu genießen. Mason hat Lily noch immer auf dem Arm. Maya will ihm das Kind abnehmen, jedoch hat Mason den Arm beiseite gezogen, er will dieses blass rosafarbene Bündel nie wieder von seinem Arm nehmen, er möchte es durch die Welt tragen. Es ähnelt so seiner Amelia, die Augen die Haut und auch die Fingernägel, selbst die Grübchen am Kinn. Aber seine Mutter kommt ihm von der anderen Seite zuvor und nimmt ihm das Kind aus dem Arm. „Genieße das Frühstück, du musst ja noch immer hungrig sein, nachdem was du gestern in dich hineingestopft hast.“, sagt seine Mutter, „Hast du wohl die letzten Wochen nichts gegessen.“ Er lacht und hat gleich wieder ein schlechtes Gewissen fröhlich zu sein. Maya entgegnet ihm „Die Trauer ist gut und schön und es ehrt unsere Tochter. Aber du musst nach vorn blicken du hast ein Kind.“ „Und Kinder brauchen lachen und glücklich sein.“ so sein Schwiegervater. Mason nimmt sich vor, an diese Worte immer zu denken, wenn die Trauer über ihn kommt.
Es ist kein leichtes ohne Vorbereitung ein Kind zu wickeln und sich um dieses zu kümmern, aber mit Hilfe seiner Mutter und Schwiegermutter würde es ihm gelingen. Er würde es schaffen, ist Mason fest überzeugt.
Frühjahr
Nach fast zwei Wochen intensiver Pflege und Hilfe der Eltern, nimmt Mason sein Kind und zieht wieder in die Stadt am Festland. Dann wird es Zeit ein Kindermädchen zu finden. Es dauert etliche Tage bis die Agentur endlich ein lächelndes, zwar sehr junges aber fähiges Kindermädchen ausgesucht hat. Das hatte sich Mason auch einfacher vorgestellt. Das Kindermädchen kommt aus Österreich und wird in den nächsten Tagen in Vancouver landen. Mittlerweile hat der junge Vater ein zweites Bett ins Kinderzimmer gestellt. So war es mit der Agentur vereinbart worden, das Kindermädchen wird zwei Abende und einen ganzen Tag in der Woche frei haben. Hoffentlich passt sie zur kleinen Lily. Bis es soweit ist, hat Mason Lily mit in die Arbeit genommen. Es vergeht keine Minute, da wird Mason das Mädchen ungefragt von einer der Kolleginnen aus den Armen genommen und wenn er Glück hat, dann sieht er sein Kind zum Mittagessen in der Büroküche. Lily ist in der Zwischenzeit durch alle Hände gegangen und hin und wieder auch auf dem Schreibtisch eines männlichen Kollegen gelandet. Welche sich einen Spaß machen und Lily alles Mögliche und Unmögliche über ihren Vater zu erzählen.
Der Tag der Ankunft von Rosa ist gekommen und Mason macht sich auf den Weg durch den morgendlichen Stau. Mit Kind darf er die Familienspur benutzen, diese ist öfters frei und wird von den Polizisten als erstes geräumt. Er hat grinsen müssen, hatte ein Polizist doch zwei Tagen davor Mason auf dem Weg ins Büro aufgehalten und klärte ihn über die Familienspur auf. Dies ist keine Abkürzung für Manager, sondern ausschließlich für Familien vorbehalten. Mason hatte sich in aller Seelen Ruhe die Standpauke angehört und zeigt am Schluss auf den Rücksitz des Sportwagens. Der Polizist entschuldigte sich und lies den verschmitzt schauenden Vater fahren. Das war wieder Mason, er war für jeden Spaß zu haben, er hat angefangen sich einen Spaß zu erlauben. Aber heute hat Mason wieder Amelias Auto aus der Garage gefahren, immerhin muss er damit rechnen, dass diese Rosa ganz Österreich in Ihre Koffer eingepackt hat. Um nicht unwissend zu sein, hatte er sich über dieses Land etwas informiert, es war ein sehr kleines unscheinbares Land. Überrascht war Mason auch, dass sie in diesem Land Deutsch sprachen. Von der Kaiserin Sissi hatte er zwar schon gehört, da es der Lieblingsfilm seiner Mutter war, aber dass sie die Kaiserin von Österreich war, war ihm eigentlich nie bewusst oder als unnötiges Gewissen in seinem Gehirn gelöscht worden. Sein Vater und auch er hatten immer die Augen verdreht, wenn aus dem Schlafzimmer wieder einmal der Film zu hören war.
Am Flughafen angekommen, wartet schon ein junges Mädchen mit nur einem Koffer und einem Rucksack auf Mason. Sie schaut etwas verhalten, Mason hat sich verspätet. Er entschuldigt sich und lud die Sachen ins Auto. Dann fragt er ob dies alles sei, das Mädchen meint nur, mehr bräuchte sie nicht. Bücher könne sie sich auch hier kaufen, hoffte sie zumindest. Was glaubt sie, dass wir noch Wilde sind, ist Masons Gedanke. Mason war unterwegs Richtung Appartement, da meldete sich der Magen der jungen Frau. Ohne nachzufragen fährt er den Highway herunter und steuert die nächste Bäckerei an. Sie steigen aus und frühstückten erst einmal. Mason nutzt die Chance etwas mehr über Rosa zu erfahren. Rosa ist recht offen, erzählt ihm, dass sie eigentlich ein Austauschschuljahr machen wollte, da es aber sehr teuer war und die Eltern dies sich nicht leisten konnten, so hatte sie die Möglichkeit genutzt als Au-pair zu arbeiten. Rosa hat noch vier jüngere Geschwister und war im Babysitten geübt. Sie erwähnt auch, dass sie leider nicht sehr ordentlich ist, aber diese Tatsache kann Mason akzeptieren, da er auch nur zu gern die Zeitung liegen ließ, oder die Socken einmal im Badezimmer vergaß. Erstens ist ein Appartement zum Wohnen da und zweitens kam einmal die Woche die Putzfrau. Sie war es auch gewesen, welche Mason ein wenig zu essen in seiner Trauerzeit und der Zeit allein mit dem Kind gebracht hatte und so war ein verhungern nicht möglich. Und sie war es auch, die ihn auf die Idee brachte ein Au-pair-Mädchen zu nehmen. Aber erst nachdem er danken abgelehnt hatte, dass er eine der vielen Cousinen von ihr heiraten konnte.
Die nächsten Tage vergingen einsam auf dem Weg ins Büro, Mason erwischt sich immer wieder, wie er der nicht im Wagen sitzenden Lily Kinderlieder vorsingt. Auch schauen die Kollegen immer wieder etwas enttäuscht, wenn er ohne Lily aus dem Aufzug steigt. Nur seinem Chef ist die Erleichterung anzusehen, endlich werden alle wieder produktiv arbeiten. Masons Chef hatte sich noch so sehr aufregen können, so hatten ihn alle ignoriert und sich um die kleine Lily gekümmert. Die Sekretärinnen hatten ihn sogar gebeten, dass er sich die eine oder andere Unterlage selbst heraussuchte. Da aber Alle zusammengehalten hatten, gab er sich nach einigen Tagen geschlagen und krallte sich die Kleine, wenn er die benötigte Unterlage nicht finden konnte. So schnell hatte er noch nie die Damen springen sehen, sofort erhielt er die Papiere. Für Mason zog sich der Tag dahin, mindestens 10 Mal rief er zu Hause an um zu fragen, ob alles in Ordnung ist, bis Rosa ihm verbot wieder anzurufen, sie muss sich um Lily kümmern und hat für den Spaß keine Zeit. Am späten Nachmittag mitten im Meeting, bekommt Mason doch einen Anruf von Rosa. Nervös sprintet er nach draußen, Rosa wollte nur wissen, ob sie einkaufen gehen sollte oder ob er das übernimmt. Mason erklärt sich bereit und erhält keine zwei Minuten später eine Whats App mit dem Einkaufszettel. Effizient erscheint ihm Rosa zu sein.
Mason hat schon bei Amelia einkaufen gehen müssen, aber so viel Gemüse lag noch nie in seinem Wagen. Sie hat auch Fleisch aufgeschrieben und so ist Mason wieder guter Dinge. Eine Vegetarierin oder Veganerin in seinem Haus kann er nicht gebrauchen, aber für das Problem wäre es jetzt schon etwas zu spät gewesen, schießt es durch seinen Kopf. So vergingen Wochen und Monate wie im Flug. Rosa entpuppt sich als reiner Glücksfall, sie kann sehr gut kochen, so dass Mason fast nie die Einladung seiner Kollegen zum Essen annimmt. Am Wochenende fahren, bzw. flogen Mason und Lily immer zu den Großeltern. Einmal da hin und einmal dort hin. Rosa hat die Wochenenden frei, aber hin und wieder begleitet sie beide um einen anderen Teil von Canada kennen zu lernen. Mason trifft sich einmal die Woche mit Freunden. Auch wenn er dies nicht unbedingt will, aber der Psychologe und die Großeltern hatten dies einstimmig verordnet. Um nicht mit dem ganzen Umfeld streiten zu müssen, dafür fehlt Mason noch immer die Kraft, hat er sich gebeugt und alte Freunde aktiviert mit ihm um die Häuser zu ziehen. Die Arbeit wurde fast unbemerkt immer mehr.
1. Weihnachten
In Tofino liegt zu Weihnachten selten Schnee, meist regnet es stark oder es ist nebelig, nur dieses Jahr waren die Dächer und Bäume mit einer Zuckerschicht übersäht. Masons Eltern waren gekommen, sie hatten durch den Tod von Amelia wieder zusammengefunden. Masons Mutter war wieder bei Masons Vater Jacob eingezogen, sie hatte die Alkoholsucht für die kleine Lily hinter sich gelassen und war schon fast neun Monate trocken. Dem Jakob war bewusstgeworden, wie vergänglich das Leben auch in seiner Familie war und so hatte er den Entzug mit seiner Frau gemeinsam durchgestanden.
„Oh Gott, schon ist Weihnachten.“, sagt Mason zu seiner Mutter. Die tätschelt seinen Kopf und meint nur: „Lass uns Großmütter mal machen. Wir haben alles im Griff. Rosa macht für den 24. ein Geselchtes im Brotteig, denn das können wir nach der Kirche kalt mit einem Brot und Tomaten essen. Sie war extra beim Bauern von Maya und da haben sie es nach dem Rezept ihrer Großmutter geselcht. Wir machen wie immer dann am 25. unseren Truthahn und Maya macht am 26. ihren Fisch. „Mama, mir geht es nicht ums Essen. Mir geht es darum das dies das erste Mal ohne Amelia ist. Das erste Mal seit vielen Jahren wieder mit euch. Es ist traurig und zu gleich so aufregend. Wie wird Lily reagieren? Wir sie überhaupt schon verstehen was passiert?“ „Verstehen kann sie es noch nicht, aber ich freue mich auf die großen Augen, wenn wir den Christbaum beleuchten und die bunten Kugeln noch mehr glitzern.“, erklärt Charlotte, „es tut mir sehr leid, dass ich Amelia nicht näher kannte, ich war in meinem eigenen Mitleid so gefangen, dass ich die Welt, vor allem eure Welt, nicht wahrnahm. Es tut mir unendlich leid…“ Mason unterbrach seine Mutter nimmt ihren Arm: „Mama, es ist gut. Amelia würde es verstehen und ich habe dir vor langer Zeit verziehen. Denn wie es ist in seiner eigenen Trauerwelt gefangen zu sein, weiß ich nur zu gut.“ Beide umarmen sich und Charlotte schluckt ihre Tränen herunter. Da kommt Maya in die Küche und hat Lily auf dem Arm: „Gruppenkuscheln, jaaa!“, ruft sie und schunkelt Lily zu ihrem Vater und der anderen Großmutter.
Nach der Kirche gehen alle gemütlich schlendernd nach Hause und weil es bei Rosa zu Hause so üblich ist, beleuchten sie an diesem Abend das erste Mal den Christbaum. Sie sitzen im Zimmer und genießen das von Rosa gebackene Geselchte. Mit einem scharfen Kren und Tomaten, dazu ein selbst gebackenes Brot von Rosa. Die Männer lassen sich ein gutes Bier schmecken, die Damen haben den Wein aufgemacht, welchen Rosas Mutter geschickt hat. Lily kiefelt zufrieden an einem Stück Brot und trinkt dazu ihre Milch. Ihre Augen kann sie nicht von den Lichtern am Christbaum lösen und so wandert vieles neben dem Mund und nicht im Mund, dass es witzig aussieht und die Erwachsenen sich halb totlachen bekommt sie gar nicht mit, so versunken ist Lily in den funkelnden Lichtern. Am nächsten Morgen werden die Geschenke verteilt, aber Lily kann mit den vielen Sachen noch nicht viel anfangen, sie ist mehr am Geschenkpapier interessiert, sie faltet es durch ihre kleinen Finger und kostet dieses übermäßig bunte Papier. Weihnachten muss wohl noch etwas auf Lilys Begeisterung für den Inhalt der Geschenke warten. Am Nachmittag macht die große Familie einen Spaziergang durch den Park zu Amelia nur Rosa bleibt zu Hause und telefoniert mit ihrer Familie. Schnee liegt auf dem Grab und Mason legt einen Blumenstrauß mit roten Rosen auf dem Grabstein ab, Lily beginnt mit der Luft zu brabbeln und gestikuliert mit ihrem Schnuller in diese Richtung. Maya hat eine Gänsehaut und weil sie glaubt, dass diese von der Kälte ist, bittet darum, dass alle umkehren und nach Hause gehen. Auf dem Weg zum Haus erzählt Charlotte von ihrem Gefühl auf dem Friedhof und Maya zweifelt nun an ihrem Gänsehautgefühl. War es vielleicht doch Amelia? Noch nie hat sie sich so gefühlt, wenn sie zum Grab ihrer Tochter geht. Immerhin bleibt Maya sonst über eine Stunde dort und spricht über Dies und Das mit der Luft, oder dem Grabstein. Sie fühlt sich so einfach besser, Ethan macht sich manchmal Sorgen, wenn er seine Frau so sieht. Aber ein guter Freund von ihm meint, dass dies ihre Art ist mit der Trauer umzugehen. Das Neue Jahr kann kommen!
So schnell ist das erste Lebensjahr von Lily vergangen und es näherte sich Ihr Geburtstag. Mason geht immer öfter zu seinem Psychologen, da er nicht weiß, wie er mit der Situation umgehen soll. Rückte doch Amelias Tod und gleichzeitig Lilys Geburtstag immer näher. Der junge Vater hat Angst in die alte Panik und Trauer zu verfallen. Rosa war von seiner Schwiegermutter gleich am Anfang aufgeklärt worden. So hat sie sich auch nicht gewundert, dass Mason die kleine Lily immer öfter im Schlafzimmer neben ihm schlafen lässt, auch wenn sie davon kein großer Fan ist. Mason verwöhnt die kleine viel zu sehr.