Читать книгу Amadeus Märzhase - Elinor Boré - Страница 8
Hoher Besuch
ОглавлениеEines Abends, als es bereits dunkel wurde und Schneeflocken sanft zur Erde fielen, erhielt er unerwarteten Besuch. Sein letztes Lied war gerade verklungen, als sich ein großer Vogel auf einem Ast über ihm niederließ. Bei genauerem Hinsehen sah er, dass es eine vornehme Eule war. Sie trug einen Hut, oder vielleicht eher eine Haube, mit einer allerliebsten Schleife unter dem Kinn.
Mit ernster Miene musterte sie ihn auf das Genauste. „Nun Kleiner, wie heißt du?“, war ihre erste Frage.
Der kleine Hase, der sich schon seit Langem mit niemanden unterhalten hatte, blickte die Dame erschrocken an und stotterte: „Ich, ich bin ein Märzhase …“
„Ja, so etwas habe ich mir schon gedacht. Doch wie ist dein Name?“, beharrte die Vogeldame.
„A A A Amadeus“, brachte er endlich heraus.
„Aha, Amadeus also. Nun, wie ich sehe, du lebst hier ganz allein?“ Jetzt bekam er es mit der Angst zu tun.
„Nein, nein. Das sieht bloß so aus. Ich lebe nicht allein. Mein Papa und meine Mama und alle meine Geschwister sind im Haus. Ich werde zum Abendessen erwartet. Jetzt muss ich auch schon gehen. Hat mich gefreut.“ Mit diesen Worten wollte er im Bau verschwinden, um sich ganz schnell im hintersten Winkel zu verstecken.
Doch die energische Stimme der Eule hielt ihn zurück: „Stehen geblieben Dummkopf! Ich habe mit dir zu reden!“ Der Kommandoton der Eule ließ Amadeus wie angewurzelt stehen bleiben.
„Niemand tut dir etwas an!“, fuhr sie fort. „Ich weiß, dass du allein bist. Wo sind deine Eltern?!“
„DDDas weiß ich nicht“, schluchzte da auf einmal der Kleine. Eine große Träne kullerte über sein kleines Hasengesicht und fiel in den Schnee.
Die ehrenwerte Eule seufzte. Das schien komplizierter, als sie gedacht hatte, und dieser kleine Kerl tat ihr aufrichtig leid. Was sollte sie nun tun?
„Na. Na. Das war schwer für dich. Ich weiß. Aber schau, du bist gesund und hast eine wunderschöne Stimme.“ Die ehrenwerte Dame runzelte ihre ehrenwerte Stirn, soweit das bei einer Eule überhaupt möglich ist.
„Ich werde etwas unternehmen müssen“, seufzte sie vernehmlich.
„Ich habe da so meine Verbindungen, weißt du“, sprach sie weiter zu dem kleinen Hasen. „Daher werde ich etwas für dich in Erfahrung bringen. Bisweilen rührst du dich nicht vom Fleck. In einigen Tagen bin ich wieder da.“
Amadeus schaute die Eulendame mit großen Augen an. „Ja, aber … können Sie das denn?“
„Natürlich! Ich kann so Einiges!“, brauste die Dame auf. Dann räusperte sie sich. „Du kannst es vielleicht noch nicht wissen. Aber ich bin eine Wächterin. Ich bin die Wächterin der Nacht und die Hüterin des Waldes. Ich kenne mich aus und weiß über alles Bescheid. Ich höre sogar die kleinen Mäusebabys in ihren Betten husten! In einigen Tagen wirst du Kunde von mir erhalten. Bis dahin sei zuversichtlich und lass dich von nichts Bange machen. Und nun geh schlafen, Amadeus Märzhase.“
Gehorsam trottete er ins Haus und schloss die Tür. In dieser Nacht schlief er ruhiger, denn er fühlte sich seltsam getröstet.