Читать книгу Großstadtgesichter wie du und ich - Elke von Normann - Страница 5
Erzwungener Lauschangriff
ОглавлениеSicher kennen Sie das. Sie wollen mit Ihrem Liebsten hübsch essen gehen und dabei einen netten vertrauten Abend verbringen oder auch nur mit Ihrer besten Freundin bei einem gepflegten Glas Wein mal wieder den neuesten Klatsch und Tratsch austauschen.
Doch bereits bei der Wahl der Getränke merken Sie, dass Sie nicht ganz bei der Sache sind. Vielmehr sind Sie in das Gespräch am Nachbartisch eingebunden, wenn auch nur passiv. Denn eine der vier Personen neben Ihnen spricht so laut und deutlich, dass sämtliche Gäste im Umkreis von zehn Tischen deren Gesprächsinhalt genau verfolgen können. So eben auch Sie und Ihre Begleitung.
Immer wieder versuchen Sie krampfhaft, sich auf das Gespräch mit Ihrem Liebsten oder Ihrer Freundin zu konzentrieren und spüren diesen kleinen Triumph, wenn Ihnen dies tatsächlich gelingt. Aber bereits drei Minuten später merken Sie, dass Ihnen niemand zuhört. Denn Ihrer Begleitung geht es wie Ihnen. Auch ihr ist es unmöglich, sich dem Bannkreis des Nachbartischs zu entziehen.
Was bleibt Ihnen also, als es hinzunehmen, gemeinsam mit Ihrem Gegenüber dem fremden Gespräch zu folgen und dieses abwechselnd zu kommentieren. So wenigstens wird dieser Abend, wenn schon keiner in trauter Zweisamkeit, doch wenigstens ein gemütlicher und unterhaltsamer Abend. Und vielleicht war ja das genau der Plan.
Derart einbindende Nachbartischgespräche erlebe ich übrigens nie, wenn ich allein im Restaurant oder Café sitze. Vielleicht fallen mir diese dann auch nur nicht auf, weil mir die passende Begleitung für die entsprechenden Kommentare fehlt. Und diese sind wohl unsere Würze in fremden Gesprächen.