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Jane machte ihre Gesichtsübungen vor dem Schminkspiegel in ihrem Zimmer. Sie schnitt Fratzen, schloss und öffnete ihren Mund wie ein Goldfisch im Glas. Sie betrachtete sachlich den Ausdruck, verwandlungsfähig wie Kautschuk. Nun riss sie die hübschen, schwarzbewimperten Augen zu riesiger Größe auf und legte die Hand vor ihrem Mund. Voll Abscheu imaginierte sich eine Leiche herbei. In drei Monaten feierte die Uraufführung des, Theaterstücks, Gewerkschaft ins Glück, im Theaterklub Premiere. Sie hatte eine tragende Rolle, als Jennifer eines der Streichholzmädchen, sie hatte erst im Websters nachschlagen müssen, was ein Zündholzmädchen ist. Im Stück war sie die Anführerin eines Streiks gegen Mister Charles Abethsworthy, der Besitzer der Streichholzfabrik. Ihr Vater durfte nie herausbekommen, dass seine Tochter eine Rote spielte, es würde ihn umbringen. Er war ein lieber Mensch, ein gutherziger Kerl versteckt unter einer robusten Schale. Er war der Vorsitzende im konservativen Jagdklub. Bilderbuch Reaktionär, nannte ihn Tommy Feiner der nach seinen Schichten an der Drehmaschine noch Zeit für seine große Leidenschaft das Theater fand. Er hatte die Schauspielerei im Blut, leider humpelte er auch furchtbar. Sie betrachtete sich zufrieden, ihr dichtes goldblondes Haar war unter dem weißen Handtuch versteckt. Wenn das Licht schräg einfiel, hatte sie grüne Katzenaugen. Sie besaß hohe Wangenknochen, die einfach nur die Wucht waren. Schrecklich, wenn man sechszehn war, dachte sie, wirklich schrecklich in drei Jahren könnte sie mit Tommy Fein durchbrennen, obwohl der natürlich so viel älter und auch weiser war. Thomy Fein war 21 Jahre! Soweit sich Jane erinnern konnte, hatten die Republikaner noch kein Gesetz im Unterhaus durchgebracht, dass verbot, dass die Kinder reicher Leute Gewerkschafter heirateten. Bestimmt gab es in der Gemeindesatzung des County Broughton Poggs West Virginia eine Ausnahme. Es war eine konservative Gegend, lauter Colonels, Majors, Geschäftsleute und dazwischen Künstler, die mit ihrem wachsenden Erfolg konservativ, nein Erzreaktionär geworden waren. Unterhaltungsdussel, nannte sie Tommy, der meinte Kunst diente ausschließlich dem Zweck, irgendetwas aufzurütteln. Das Publikum sicherlich, denn ansonsten hätte der Satz keinen Sinn.

So was lernte sie in der Schule nicht. Jane kam sich dort vor, als habe man sie mit der Sojus Kapsel auf den Mond geschossen. Es wurde ein Weltbild vermittelt, das ganz und gar nicht mehr zeitgemäß war. Sie lernte dort so naturwissenschaftliche Dinge wie einen Haushalt überwachen. Dort lernte man Zeugnisse von Hauspersonal lesen und schreiben. Stevens der Chauffeur ist ein geselliger Kerl, hieß die Leute sollten sich hüten in seiner Gegenwart etwas Privates zu erzählen, er ist ein Klatschmaul. Mrs Becker beherrscht die einheimische Küche aus dem Schlaf und FF, die arme Becky war langsam und konnte nur Essen zusammenmischen das Fade und phantasielos schmeckt.

Jane dachte nach, während sie sich Lippenstift auflegte. Ihre Eltern meinten, wenn es nicht bessere Zeugnisse gäbe, müsse sie eben zur University of West Virginia. Ihr Vater hatte gute Beziehungen zum Zulassungskomitee. Sie dachte kurz an ihren Vater und wie furchtbar Alabama um Daddy herumstrich. Im Sommer war es besonders auffällig und schlimm, dieser Idiot vom Bungalow nebenan hatte sich einen Swimmingpool hinbauen lassen. So gab er der Schlampe die Möglichkeit sich halbnackt in Pose zu setzen. Kaum war ihr Vater im Garten und kümmerte sich um seine geliebten Blumen, er hätte Gärtner werden sollen, hatte sie nichts anderes zu tun, als im knappsten Badeanzug der Welt, bestimmt hatte sie in einem Gentlemenclub in Las Vegas darin an der Stange getanzt, mit einer riesigen Sonnenbrille auf der Nase und einem dämlichen Strohhut zum Pool zu wandeln. Und ihr Vater hatte Stielaugen, wenn er sie sah. Ihre Möpse sprangen ihm ja fast ins Gesicht. Sie hasste diese Alabama. Alabama war auch eine die jeden Menschen der nicht reich oder einflussreich war mit Herablassung behandelte. Vater war furchtbar reich, reicher noch als 99,9 Prozent der Leute in Virginia. Sein Name galt in der Geschäftswelt. Und wen diese Ziege ihren Medusenblick auf Dad geworfen hatte, würde er nicht lange wiederstehen können. Wie kam sonst der Zettel mit der Adresse und der Telefonnummer vom Appartment in Los Angeles dieser Schlampe in seine Hosentasche. Jane grübelte, dass Schlimme war, es lag ihr rein gar nichts an ihren Vater. Es war als treibe sie mit jedem ihre Spielchen und amüsiere sich über das Unglück, das sie angerichtet hatte. Sie war kein besondern netter Mensch und das sie andauernd in Adams Haus herumhing ging mittlerweile jeden auf die Nerven. Jane fragte sich, wie lange sie es weiter trieb, macht sie ihm schöne Augen, bis er die gute Lucy in den Wind schießt. Na ihre Stiefmutter Lucy war keine Person, die sich einfach in den Wind schießen ließ. Ihr rundes, gutmütiges Gesicht täuschte, es gab eine ungeheure Kraft in ihr und Lucy liebte ihren Vater. Jane merkte das, wenn sie von ihm redete, war immer ein, Lächeln in ihrem Gesicht. Anders, als bei Alabama Washington die lächelte nur, wenn sie von sich und wen sie alles kannte redete. Musste mit Sex zu tun haben. Der Nachbar war ein kluger Mensch, eine Koryphäe auf seinem Gebiet, Zeitungskritiker. Deswegen hatte ihn sich Alabama also ausgewählt, weil er alle großen Tiere kannte. Seit sie mit Adams zusammen war, bekam sie eine Filmrolle nach der anderen. Wie geht’s weiter, überlegte sich Jane. Wenn er die Ehe mit Lucy in den Sand setzte, würde sie zu Tante Fluffermen in die Cotswolds ziehen.

*

Gelbes Autoscheinwerferlicht schnitt durch die Dunkelheit. Jane sah aus dem Fenster in den Garten des Nachbargrundstücks. Alabama donnerte die Autotür zu und schien auf 180 zu sein. Adams trabte ihr, wie ein Dackel hinterher und versuchte die Wogen zu glätten. Das fing ja gut an, wenn nichts passierte, würde sie nicht lange warten müssen, um eine neue Stiefmutter vorgesetzt zu bekommen. Ein glühender Hass stieg in ihr auf, sie wünschte sich, die Schlampe wäre tot. Würde sie weg sein, währe alles nett und beschaulich in Broughton Poggs ach in ganz Virginia. So viel Paare, wie sie schon auseinander gebracht hatte, hätten nicht in einen Eisenbahnzug gepasst, ihr verschleiß an erfolgreichen Männern war legendär.

John Adams klopfte an die Zimmertür als wäre er Besucher in seinem neuen Haus. Alabama rief unwirsch, »Was ist?« John öffnete die Tür und trat ein. Alabama trug ein goldglänzendes Kleid mit einem tiefen Ausschnitt und sah darin umwerfend aus. Sie saß an ihrem Schminkspiegel und legte Lidschatten auf.

»Was willst du«, fragte sie und sah ihn geringschätzig an.

»Du willst mit dieser Laune zu der Cocktailparty, bei Jacob Stroudt?«

»Warum nicht, soll ich versauern. Ich bin nicht alt und verstaubt!«

John trat an das Fenster und blickte zu dem gregorianischen Haus der Swattons hinaus. Das Haus hatte echte Klasse, entsprach mehr seinem Stilempfinden. Nein sie mussten unbedingt eines dieser grässlichen Lecorvet Häuser haben. Weil der Architekt in bestimmten Kreisen des New Yorker Westends gefeiert wurde. John kam sich in den weitläufigen und offenen Bungalow verloren vor. Überall Fenster, man kam sich schon, wie ein exotischer Fisch im Aquarium vor. Sie war vielleicht exhibitionistisch, leider schon eine Weile nicht mehr bei ihm. Sein Gesicht war angespannt. Er seufzte leise und drehte sich nun mit aufgesetztem Lächeln zu Alabama.

»Du bist versessen darauf, Jacob zu treffen.«

»Ja, mein Lieber ich mag Cocktailpartys. Und ein paar wichtige Leute werden da sein.«

»Ja Mister Hanselow und seine Frau.«

»Nein, Hanselow der Filmproduzent.«

»Ich wusste, dass du deshalb versessen auf die Party bist. Schließlich redest du seit geraumer Zeit von Hollywood.«

Alabama legte den knallroten Lippenstift ab und lächelte. Sie sagte abwesend: »Darling das könnte mein großer Durchbruch sein. Irgendjemand hat mir von Hanselow erzählt. Ich glaube, es war dein Freund dieser Schriftsteller. Er sagte, Hanselow will einen alten Redstocke verfilmen, und er soll ihn patriotischer machen.«

»Was soll er tun, Lord Dennis Redstocke den Earl of Cumberland Kaugummi beim Sprechen kauen und einen Stars and Stripes Anzug tragen lassen. Ich glaube Jacob ist nicht begeistert.« Er sah sie an: »Willst du so herausgeputzt gehen? Es ist eine ganz zwanglose Party nicht die Oscar Preisverleihung.«

Sie winkte verächtlich ab. »Eifersucht mein Lieber steht dir ganz und gar nicht. Schließlich sind wir nicht verheiratet. Was dagegen, wenn ich mich amüsiere.«

»Wenn du hoffentlich nicht dabei übertreibst.«

Sie blickte ihn fragend an. »Wie meinst du das?«

John starrte sie eine Sekunde voller Hass an: »Meiner Meinung nach reden die Leute schon zu viel. Hör zu, wenn ich dahinter komme, dass du was mit Jacob ... ist, deine Karriere schneller ruiniert, als du einmal Elizabeth Hurtley aus Bensonhurst sagen kannst.«

Sie lächelte und wisch seinem Blick aus. Sie kam auf ihn zu und streichelte seine Wange: »John«, sagte Alabama, »du weißt, dass ich dich liebe, aber ich muss mich sehen lassen, du weißt ich bin Schauspielerin. Darling du willst keinen Streit vom Zaun brechen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab John mit ausdruckslosen Augen einen Kuss.

*

Gleich nach dem Abendessen gingen George Swattons und seine Frau Lucy, wie jeden Abend zu einem Verdauungsspaziergang hinaus. Es war eine sternenklare Nacht mit einem weißen Vollmond. Sie spazierten eine Weile wortlos nebeneinander her. Ihre Schritte knirschten im Schnee. Nach einer kurzen Zeit unterbrach Lucy das Schweigen.

»Eine schrecklich kalte Nacht, nicht wahr, George?«, sagte sie.

»Hm.«

Dieses Brummen gefiel ihr ganz und gar nicht, als ob man mit einem Braunbären spazieren ging. »Wusstest du, dass Miss Vanhurst mir einen Brief geschrieben hat?«, fragte Lucy mit ihrer ruhigen Stimme. So, als beruhige sie den Bären neben sich, selbst seine Statur hatte Ähnlichkeit mit einem Bären.

Er seufzte: »Ich verstehe, was schreibt sie. Ist es diesmal Migräne, eine kranke Tante, oder hat ihr der Arzt Unterrichten streng verboten?«, erwiderte er deprimiert.

»Ich glaube nicht. Sie schreibt was von einem Klavier!«

Er blieb stehen und runzelte die Stirn. »Klavier? Hör mal, Lucy. Ich weiß nicht, warum sollte sie dir von ihrem Klavier schreiben sollte.«

»Mir von ihrem Klavier?«, unterbrach Lucy George. »Nein du Dummchen, sie schreibt mir nicht mir von ihrem Klavier. Hörst du mir nicht zu?«

»Wieso ich? Du hast doch von ihrem Klavier angefangen.« Er blieb stehen. »Also, was ist los damit.«

»Ach, George wie du immer alles falsch verstehst unbegreiflich ist mir das! Du musst ja aus irgendeinem schleierhaften Grund irgendetwas richtig machen in deinem Geschäft, ich verstehe es zwar nicht, weil du alles missverstehst. Also Miss Vanhurst will, das Jane ein Klavier bekommt.«

»Klavier bekommt? Sie kann doch das nehmen, dass wir im Salon stehen haben? Warum nimmt Jane sich nicht das. Warum beschwert sie sich, bei Fremden das sie kein Klavier bekommt, wenn ein recht passables im Salon steht.« George schüttelte seinen runden Kopf.

»Nicht so. Sie will, nicht dass deine Tochter ein Klavier bekommt, sondern ...«

George war erleichtert. »Da bin ich aber froh. Ich meine, wozu sollten wir noch eines kaufen, nicht wahr?«

»Unterricht verdammt Miss Vanhurst will, das Jane Klavierunterricht bekommt!«

George war einigermaßen sprachlos. Er liebte seine Tochter mehr, als sein eigenes Leben und er hatte sich damit abgefunden, dass ihre Lehrer sie für einen niedlichen Dummkopf hielten. Was in diesem Fall nicht schlimm war. Er hatte Vorsorge getroffen es würde ihr an nichts mangeln. Er verstand immer noch nicht. »Warum, will sie das?«

»Weil Miss Vanhurst sieht, das Jane eine sehr musikalische Ader hat.«

George nickte: »Naja mein Onkel Anselm konnte recht passabel die Trompete blasen. Mein Vetter Peter ist ein richtiges Naturtalent auf dem Kamm. Du weißt Talent vererbet sich und überspringt manchmal eine Generation.«

Lucy nickte: »Ich bin jedenfalls sehr dafür, denn machen wir uns nichts vor. Jane ist ein Goldstück aber den Nobelpreis wird sie nie gewinnen.«

Er nickte und stimmte wortlos zu.

»Das andere, was mir nicht passt, George ist: Alabama macht dir schöne Augen. Wir sind jetzt 6 Jahre Mann und Frau. Du wolltest mich unbedingt Heiraten also, wenn du erwartest, dass ich zusehe, wie du dieser Schlampe hinterher gaffst und mich zum Gespött von Virginia machst irrst du dich.«

»Sei doch nicht kindisch, Lucy. Du wolltest mich doch unbedingt an den Angelhacken bekommen.« George grinste, »Weil ich ein so unverschämt gutaussehender Kerl bin.«

Lucy piekste ihn in den Bauch, »du solltest Sport treiben. Nimm dir ein Beispiel an Jacob Stroudt. Er spielt Tennis und golft und im Sommer segelt er.«

»Lucy der Mann hat die Zeit dazu, er ist ein Schriftsteller, wenn ihm da Geld ausgeht, schreibt er einfach schnell einen neuen Krimi. Ich dagegen habe Verantwortung, sitze in vier Vorständen und meine politischen Ambitionen und der Klub.«

»George glaubst du, du hast einen Dummkopf geheiratet! Ihr betreibt keine Politik, ihr betrinkt euch wie Landsknechte und faselt über Gott und die Welt und von Frauen. Und nun gib mir bitte keinen Grund weiter Eifersucht zu empfinden.«

»Was kann ich dafür, dass sie die Jalousien oben lässt und halbnackt durch dieses grausige Haus rennt«, sein Protest klang unsicher.

*

Am Freitag, in aller Herrgottsfrühe um sechs Uhr. Der Himmel war noch Dunkel, wie im Inneren eines Sarges, trat Lucy hellwach und putzmunter ins Schlafzimmer ihrer Stieftochter Jane. Nachdem sie die Tür aufriss und plappernd und voller Energie die Vorhänge wegriss und zufrieden ihr zu Tode erschrockenes Kind, das aufrecht in ihrem Bett saß, ansah.

»- Nun was sagst du?«

Jane, die ihr Herz wieder schlagen, spürte nach dem sie so abrupt aus dem glücklichsten Traum gerissen wurde, gab widerwillige Grunzlaute von sich. Sie begann ihre, Stiefmutter für die ersten Sekunden zu hassen. »Oh Gott ich dachte die Russen haben den Kalten Krieg gewonnen und sind gekommen, um uns alle umzubringen!«

Lucy winkte ab: »Die Russen sind mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Die sind überall auf dem Rückzug, und zwar schneller als man die Nachrichten im Radio verfolgen kann. Ich glaube diese neue SS20 von denen dieser Crustschow faselt ist ein besonders schnelles Fluchtfahrzeug. Wirklich kaum hat man sich an einen obskuren Ortsnamen in einem Aufstandsgebiet gemerkt schon sind wir dort und der Ort heißt wieder wie im Atlas.«

Ihre Stiefmutter spazierte durch das mit Postern von Schauspielern, dekorierte Schlafzimmer und ging zu den Fenstern, und riss sie auf. Eisige Luft heulte auf und pfiff herein und brachte die Papiere und Zeitschriften auf dem Schreibtisch zum Rascheln. »Oh ein Schneemann. Wie hübsch«, rief Lucy gegen das Jaulen des Winterwindes und schlug die Hände zusammen.

»Hast du den Verstand verloren Mom? Du platzt um 6 Uhr morgens herein, um mir zu sagen, ein bekloppter Haufen Schnee mit Mohrrübe ist süß.« Sie hatte immer gewusst, dass sie aus einer seltsamen Familie kam und jetzt hatte es Lucy erwischt. Komplett plemplem! Sie sah zum Wecker auf der Kommode und protestierte: »Es ist sechs Uhr! Was, möchtest du, mach die Fenster zu, willst du das ich mir eine Lungenentzündung hole?«

Jane zitterte wie Espenlaub und zog sich die Daunendecke hoch bis zum Kinn.

Lucy Swattons lachte: »Ach, das Wetter ist gut. Härtet einen ab und mein Kind es gibt keine Lungenentzündungen, sondern nur eine schlechte Kleiderwahl!«

»Sag das den Totengräbern, es wird sie freuen!«

»Kind ich wollte dir nur sagen! Heute bekommst du deine ersten Klavierstunden. Wir haben gestern über diesen merkwürdigen Brief gesessen und gegrübelt und gegrübelt und ge ...«

»Und gegrübelt ich weiß Mom.«

»Ja Kind nachgedacht, dein Papa dachte schon Miss Vanhurst sei verrückt geworden. Endlich ist es uns eingeleuchtet, und es uns wie Fische von den Augen gefallen.

»Schuppen.«

»Autoren, du weißt: sie sind nicht mit normalen Menschen zu vergleichen, nimm Sinatra.« Janes Mutter schnalzte mit der Zunge und sagte: »Olala!«

»Wovon redest du eigentlich Mama?«

»Von deinem neuen Wochenendplan, von deinem Musikunterricht bei Harriet Vanhurst. Ha Künstler kein Wunder, das sie unverheiratet ist, lässt kaum was anbrennen, wie man von Misses Petermen hört. Wir zerbrachen uns gestern Nacht den Kopf, wir machten uns Sorgen um dich. Geistig, intellektuell gesehen. Es ist so, das die Tintengift speiende Cobra Talent erkennt. Sie schrieb uns du wirst besser etwas in einem künstlerischen Bereich machen. Es war eine so große Erleichterung für uns.« Sie senkte die Stimme und setzte sich zu ihrer Tochter aufs Bett.

Jane hätte sich am liebsten die Decke über den Kopf gezogen, sie wollte doch nur noch etwas schlafen und dann ins Kino gehen! Vielleicht konnte sie Papa überreden, dass er ihr den Wagen lieh. In der Garage stand noch der Mercedes, den ihr Vater nicht fuhr.

»Es schimmerte immer in den Zeugnissen deiner Lehrerinnen hindurch, das sie dich nun für geistig zurückgeblieben halten. Aber das ist ein Anzeichen von Begabung. Du bist nicht dumm, sondern eine Pianistin, ist das nicht eine großartige Nachricht?«

»Ma, weißt du, eigentlich wie spät es ist?«

Lucy sah auf ihre Armbanduhr: »Genau um siebenzehn nach sechs Uhr mein Schatz, warum?«

»Sechs Uhr!«

»Morgenstund hat Gold im Mund, Spatz.« Lucy Swattons schien nicht mal andeutungsweise beunruhigt und ihr schien der eisige Wind, der durch das offenstehende Fenster pfiff nicht das Geringste auszumachen.

Jane sah sie finster an. Mutter konnte einen in den Wahnsinn treiben.

»Darling, ich wollte dir nur sagen das es mir und Vater furchtbar leidtut, dass wir dich für dumm gehalten haben!«

Jane nickte und ein kleines Lächeln blitzte kurz auf. Dieses Eingeständnis war ein wunderbares Druckmittel. Wie lange es Miss Vanhurst diesesmal mit ihr aushielt. Die Frau besaß Geduld, sie würde die Schwachsinnige spielen und hoffentlich bald in Ruhe bald gelassen werden. Sie würde kein College besuchen außer das Schauspielinstitut in Richmond. Lucy streckte ihr, in zärtlichen Stolz die pummligen goldberingten Hände entgegen und tätschelte ihrer Stieftochter die Wangen.

»Mama soll ich Klavierstunden nehmen, muss ich ausschlafen können, Schlaf bis zehn Uhr wirkt sich positiv auf die Finger Gehör Koordination aus.«

»Wirklich? Das wusste ich gar nicht!«

»Stand in einer Zeitung und nebenbei Kälte ist der Tod der Fingerknochen. Frostiges Wetter macht die Knochen plump und mit Rheuma kann ich unmöglich Klavierspielen.«

»Na was, was für ein schlaues Kind du bist.« Lucys Gesicht strahlte wie Zuckergebäck, sie stand auf und verschloss die Fenster. Lucy war ein furchtbar oberflächlicher und herzensfreundlicher Mensch. Die Bewohner des Ortes mochten sie, vermutlich lag das an ihrer umgänglichen wenn auch etwas gönnerhaften Art, die ausdrückte, auch wenn sie ihre Herkunft adelte, mit Geld wie Heu gesegnet war, so respektierte sie die Nachbarn. Solange diese akzeptierten, dass sie natürlich um Klassen besser war. Solange man hinnahm, dass sie die Herrscherin war. Nun hatte sich seit etwa einem Jahr eine Konkurrenz herausgebildet, man sprach von Harriet Vanhurst und in den Stimmen klang Vorsicht. Es schmeckte ein wenig nach Gift, als die Leute begannen von Harriets Eskapaden zu reden, davon, dass sie den Geistlichen Dickensmörder nannte. Als sie den Spitznamen zum ersten Mal hörte, dachte Lucy es hätte einen Autounfall gegeben, der Vikar fuhr immer viel zu schnell. Sobald er betrunken war, raste er in seinem Ford Mustang. Er hatte mehr Strafzettel, als der Fluchtwagenfahrer von Bankräubern. Sie nahm an zuerst an, dass er einen der vier Dickens Jungs überfahren hatte. Sie war erleichtert das, dem nicht so war, sondern Harriet Anspielungen auf die Vorliebe des Pfarrers für Textänderungen in seinen Theaterspielen machte. Im letzten Weihnachtsstück hatte sie die nette Freundin dieses Griesgrams Mister Bill Sikes aus Oliver Twist gespielt. Und dann war Alabama aufgetaucht und der Pfarrer degradierte die ältesten Mitglieder der Laienspielgruppe. Selbstverständlich gab er ihr die anfallenden Hauptrollen in, der neuen Weihnachtsaufführung.

George steckte seinen Kopf in die Tür. Er sah an diesem frühen Morgen, mit seinem buschigen Oberlippenbart nach einem gutmütigen Walross aus. Sein zufriedenes rundes Gesicht glänzte rot. »Guten Morgen meine Ladys«, grüßte er.

Jane grinste sie hatte dieses warme Gefühl, wenn sie ihren Vater sah, dass er dafür sorgen würde, dass es ihr immer gut ging. Er war ein warmer herzensguter Mann. Zudem war er spielend schnell um den Finger zu wickeln, das war einfacher, als mit einem Bindfaden. Sein rundes und zufriedenes Gesicht wirkte im Augenblick sehr stolz.

»Das sind ja hervorragende Nachrichten, mein Fleisch und Blut ist eine Pianistin. Wie dieser berühmte Mensch! Macht in Musik«, er schnippte auf der Suche nach dem Namen mit dem Finger. »Elvis Costello. Es war eine gute Idee dich zu dieser armen Poetin zu stecken, Mutter hatte recht und ich hielt es nur wieder für Geld aus dem Fenster werfen, wie deine Benimmkurse, oder dein Geigenunterricht. Ich streue Asche auf mein Haupt, Prinzessin.« Er kam herein und setzte sich neben Lucy und sah zufrieden, wie ein Banker eine gelungene Dividende, sein Kind an. Er dachte nach: »Warum unterrichtet eine berühmte Autorin Klavier? Pokert sie etwa, spielt sie Karten?« Er sah zu seiner Gattin und eine ganze Weile auf seine Zehen. Er lief den lieben langen Tag barfuß durchs Haus. »Kann der Wohltätigkeitsverein deiner Kirche nicht einen Wohltätigkeitsbasar oder so was, für sie veranstalten. Du strickst doch so gerne. Ach bevor ich es vergesse ich muss mit Wilcox runter nach Richmond und nach den Geschäften sehen.« Er sah wieder fasziniert seine großen wackelnden Zehen an und murmelte. »Wird spät werden.«

»Ha!«, rief Lucy: »Wenn du es wagst, betrunken wie ein Bierkutscher zu erscheinen gebe ich dir die Bratpanne zu schmecken, und mir ist egal das dein Chauffeur das größte Klatschmaul von Virginia ist!«

Jane vermutete, würde ihr Vater ein Fünkchen Menschenkenntnis besitzen, würde er wegbleiben, wenn er mit Wilcox, einem Bankdirektor um die Häuser zog. Er lief das letzte Mal eine Woche mit einem Kopfverband, dick wie ein Turban durchs Haus. Das mit dem Klavierunterricht klang nicht eigentlich schlecht. Sie musste ja nicht Sherlock Holmes sein, denn ein Musikinstrument mit verstaubten Tasten und einem Mäuseskelett im inneren zeugte nicht von musikalischer Betätigung in den letzen Jahrzehnten. Jane lächelte ihre Eltern an: »Oh, wie ich mich freue, oft erklangen diese zarten Töne in mir. Darf ich jetzt bitte weiter schlafen!«

»Wirklich, Töne, wie ein Klingeln? Na da sieh einer mal an. Manchmal habe ich auch so ein ekelhaftes Klingeln im Ohr, und denke die ganze Zeit das Telefon läutet. Ich glaube es heißt Tinnitus, du solltest zum Arzt gehen Darling, wenn es nicht weggeht«, sagte er besorgt. »Soll ich dich zu Doktor Schubert bringen lassen, er ist eine Koriphiene auf seinem Fachgebiet, dem Innenohr.«

Jane seufzte und rollte die Augen: »Koryphäen, nein ich meinte damit nicht, ich habe ein Klingeln im Ohr, sondern Musik im Blut, Dad.«

»Da bin ich ja erleichtert. Und du kommst gut mit deiner Lehrerin zurecht? Miss Vanhurst, soll ein furchtbarer Besserwisser sein. Du weißt schon sie spuckt nicht Feuer, sondern Berichtigungen.«

»Ja sie ist in Ordnung, wenn man ihr nicht im Weg steht.«

Lucy stimmte zu. »Ja, eine nette Person und sie redet wie eine Lady, immer das korrekte Wort.«

»Wie nicht, Mam? Sie verdient ihre Brötchen mit Schreiben.«

»Kind!«, mahnte Mister Swattons. »Ich finde es falsch, sich über arme Leute zu erheben.« Er sah zu seiner Gattin. »Sie kann das Geld gut gebrauchen. Aber nicht übertreiben, nicht mehr als einen Zwanziger die Woche!«

»Du Knauser!«

»Frauen in Miss Vanhurst Alter sind schwierig – vor allem überstudierte, ich meine Intellektuelle. Und wir wollen sie nicht zum Kartenspiel und Verschwendungssucht animieren, oder?«

Seine Ehefrau nickte: »Ja sie ist schon sehr intellektuell. Ich wünschte, Miss Vanhurst würde einen nicht von oben herab ansehen.«

George murmelte: »Sie sollte zumindest, mit dem Augenrollen und dem Schnaufen warten, bis man weg ist!«

»Ja und dieses Stöhnen. "Oh Wüste umgeben von Narren! Was meint sie damit? Ich dachte immer in Virginia gibt es ausgesprochen viel Niederschlag?«

Janes Vater tippte sich mit dem Zeigefinger gegen seine Stirn und pfiff, durch eine Zahnlücke. »Zuviel gelesen dazu eine Jungfer sie hat keinen Mann.«

Lucy lächelte ihr Kind an. »Ich möchte sie gerne zum Mittagessen einladen. Nur wenn ich etwas falsch mache, stehen wir gleich, als lächerliche Figuren in einem ihrer Bücher. Wir heißen dann nicht Swattons, sondern Wottons, oder so. Denkt an die arme Elvira.«

Er kicherte und sagte theatralisch: »Und sie schwankte zu dem staatlichen Seemann, Ilvira Anderson aus Saint Roughton Oggs die fette und vom Gin betrunkene Hafenhure aus dem Ort nahe Richmond ...«

»Du hast dieses schmutzige Buch doch nicht etwa gelesen George?«

»Nein, woher denn Darling«, rief George entsetzt.

»Das will ich dir geraten haben, nimm nur das vierte Kapitel, Ehebruch und Orgien abscheulich.«

»Unmoral ist gleich Schmutz«, sagte er mit zuckenden Mundwinkeln. Das Wort Schmutz in seiner Metapher sprach er genauso wie Spaß aus.

»Analogien und Metaphern sind wichtigstes Denkwerkzeug, Vergleiche machen, bilden das neue Verstehen«, sagte Jane und erntete erstaunte Blicke. Das sagte mal Harriet ohne jeden Anlass zu ihr. »Korrumpiert die Schrift den Leser, oder korrumpiert nicht der Gedanke des Lesers eher das Geschriebene?«, fragte Jane.

Lucy schlug vor purem Entzücken die Hände über den Kopf zusammen: »Nein mein Liebling das klang ja richtig weise, woher weißt du denn, so zu Reden, Darling.«

»Mir ist nicht wohl dabei, nein Lucy ich will nicht, dass mein Kind anfängt, wie dieser Einstein zu reden. Klavier und normale Bildung, ich will kein Fräulein superschlau.« Er sah seine Tochter an und tippte sich an den Kopf, es klang als hacke ein Papageienschnabel gegen eine Kokosnuss. »Wenn du die Geschäfte erbst, Tochter denke nie zu kompliziert. Das Geheimnis ist Bauernschläue. Ich war nie in nie auf einer Universität. Naja eigentlich schon in Cambridge, pro forma, aber gelehrt habe ich da nichts. Ich meine alles was ich weiß habe ich aus der Schule des 2. Weltkrieges. Du musst wissen, wo man billig einkauft, und wo etwas teurer verkauft wird. Jetzt verkaufe ich über ein paar mexikanische Strohmänner den Russen Getreide, Morgen vielleicht Kaugummis. Breit gestreute Investitionen und Geschäfte. Und Kind, niemals an ein Investment krampfhaft festhalten, wollen.«

»Nein mache ich nicht Dad«, versprach Jane.

»Das ist meine Tochter!«

Mord im Februar

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