Читать книгу Jeder wird noch von mir sprechen, wenn ich groß bin - Elmar Weihsmann - Страница 6

3. Juniorverkäufer

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Montag sieben Uhr früh. Brrr. Letztes Jahr um diese Zeit war ich um siebene in der Früh noch im Bett und habe ganz herrlich gemauzt.

Aber da war ich noch ein Kind und jetzt bin ich kein Kind mehr, sondern ein Lehrling in einem Supermarkt, obwohl ich noch gar nichts kann, deshalb macht man ja auch eine Lehre, damit man dann, irgendwann einmal später etwas kann, weil man ja etwas gelernt hat.

Mir dreht sich jetzt schon der Kopf.

Aber, alle sind total nett zu mir. Der Marktleiter persönlich hat mich willkommen geheißen und allen Kollegen vorgestellt und, man höre und staune, ich habe ganz viel Applaus bekommen, weil ich jetzt da bin und ich eine von ihnen bin.

Vor einer Woche musste der Schuldirektor noch ganz schön laut meckern, dass ich für meinen Sieg beim Sportfest den wohlverdienten Applaus bekomme, und hier werde ich schon beklatscht, obwohl ich noch gar nichts gemacht habe.

Ich kenn mich überhaupt nicht mehr aus. Aber alle sind hier gut drauf und freuen sich, dass ich da bin und wünschen mir viel Glück und Erfolg in ihrer Gemeinschaft und hoffen, dass ich eine loyale Kollegin bin, was anscheinend nicht selbstverständlich ist.

Der Marktleiter teilt mich in der Frischkostabteilung ein, die von einer reschen Jugoslawin geleitet wird, die total cool und noch mehr sexy ist. Nach Ansicht des Marktleiters und seiner beiden Stellvertreter, die zumindest am ersten Tag sehr nett sind, wäre die Jugoslawin genau die richtige, um so ein kleines Kamel wie mich unter die Fittiche zu nehmen.

Grrr. Hier werde ich zwar nicht an den Haaren gezogen, aber geärgert werde ich hier auch, nur dass sie das hier ‚aufziehen’ nennen, was aber auf das Selbe hinauskommt. Ich kann so etwas einfach nicht ausstehen.

Die Jugoslawin ist gepfeffert, während sie arbeitet schäkert sie mit den Männern herum, ob sie jung oder alt sind spielt für sie keine Rolle, sie flirtet einfach gerne, die ältern sind ihr scheinbar lieber, denn von denen lässt sie sich auch die Hände küssen und von den ganz charmanten den Po tätscheln.

Ein altes Ferkelchen ist ganz besonders nett. Die Jugoslawin nennt in den Charmeur, was das genau ist, weiß ich noch nicht, aber das Wort klingt schön und der alte Mann ist von ausgesuchter Nettigkeit, der allen Mädels im Supermarkt auch den älteren, immer nette Dinge sagt, auch mir, obwohl er mich überhaupt nicht kennt und heute zum ersten Mal sieht.

Die Jugoslawin sagt, dass ‚Charmeur’ französisch ist, und sie das Wort von einem anderen Kunden hat, der der Filmfreak genannt wird, weil er hier im Ort das Programmkino leitet, das immer ganz seltsame, aber sehr gute Filme zeigt. Zum Filmfreak geht auch der Charmeur ins Kino und auch die Jugoslawin, der Filmfreak ist im echten Leben Journalist und schreibt auch dann und wann ein Buch und der ist auch sehr nett, aber nicht so pick süß wie der Charmeur, der eigentlich nur Mädchen abschleppen will, aber keine Chance mehr hat, weil er schon viel zu alt ist. Aber schäkern tut er, der Charmeur noch recht gerne.

Xxx 10.2.2017 Uff, wie die Zeit vergeht, es ist schon zehn Uhr und wir haben auch schon einiges gemacht.

Die Jugoslawin lobt mich, weil ich es schaffe ohne weitere ein paar Obstkisten zu schleppen. Das wäre der erste Test sagt sie, weil die meisten Kids die hier anfangen heulen gleich rum, wenn sie die schweren Kisten rumschupsen müssen, aber das muss einfach sein, weil weder das Obst noch das Gemüse können fliegen, aber sie müssen ins Regal rein, sonst könnte man sie ja nicht verkaufen und wenn nichts verkauft wird muss der Supermarkt zusperren und wir stünden alle auf der Strasse und wüssten den ganzen Tag nicht was tun.

Also was lernen wir daraus? Ober und Gemüse gehören ins Regal und zwar plötzlich und sie müssen schön und gerade liegen, weil das gut aussieht und je besser es aussieht umso mehr kaufen die Leute.

Außerdem soll ich nur abwarten, wenn ich erst in der Getränkeabteilung bin, dann heißt es erst schleppen, die Flaschen sind noch fiel schwerer rumzubugsieren, deshalb nennt man auch einen Doofen eine Flasche, weil sie so schwer und behäbig ist.

Ich muss lachen, aber immerhin vergeht hier die Zeit schneller als in der dummen Penne, also ist das Verkäufertum vielleicht doch etwas für mich, offiziell bin ich hier ein kein Lehrling, sondern ein ‚Juniorverkäufer’, das klingt einfach schöner und es steht auch auf meinem Namenschild, das ich über meiner Arbeitsjacke tragen muss.

Hm? Irgendwie bin ich schon etwas stolz auf mich, weil ich hier irgendwie dazu gehöre, auch wenn ich noch gar nichts weiß und ich ‚ihr kleines Kücken’ bin, wie die Jugoslawin sagt, die zehn Jähre älter ist wie ich, aber schon ein echtes kleines Küchen zu Hause hat, den Milan, der jetzt bei seiner Oma ist.

Autsch, das tut weh. Der Neid frisst mich. Der Milan hat eine Oma und daher hat die Jugoslawin eine Mama und deshalb kann sie es sich auch leisten selbst eine Mutti zu sein.

Und was hab ich?

Na ja, zumindest bin ich jetzt ein Juniorverkäufer.

Jeder wird noch von mir sprechen, wenn ich groß bin

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