Читать книгу Lebendige Seelsorge 2/2016 - Erich Garhammer - Страница 5

Оглавление

Robinson Crusoe

Wenn mir meine Mutter den Robinson vorgelesen hat, bin ich stets wütend geworden, wenn sie einen Satz oder Abschnitt überspringen wollte. Dabei ging es mir weniger um Robinsons Abenteuer, vielmehr darum, dass ich mich auf sie verlassen konnte. Was immer auf der Insel geschehen war, auch das Schreckliche, sollte sich zuverlässig wiederholen, wieder und wieder. Ich frohlockte, wenn der befürchtete Sturm tatsächlich ausbrach und das Schiff am Riff zerschmettert wurde. Sogar der Abdruck eines Menschenfußes im Sand war mir lieb: lieb, weil vertraut. Denn stets trat der Fuß an derselben Stelle auf, und wie sehr genoss ich es, ein doppelter Robinson zu sein! – der eine rannte vor dem Abdruck ängstlich wie ein Hase davon, der andere war der kleine Herrgott, der genau wusste, dass sich der Hase irrte; der Fuß, der sich im Sand abgezeichnet hatte, gehörte Freitag, der dann Robinsons Freund werden sollte.

In frühen Jahren lieben wir die Wiederholung, weil sie uns Ordnungen aufzeigt, Strukturen, Gesetze. Aber zugleich erfahren wir, dass wir voller Worte und Bilder sind – alles ist schon da, doch muss es angesprochen werden, damit wir die Worte hören, die Bilder sehen können. Wir müssen zum Widerhall werden, zur Resonanz.

Thomas Hürlimann

Lebendige Seelsorge 2/2016

Подняться наверх