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EDITORIAL


Bernhard Spielberg Mitglied der Schriftleitung

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Sonne steht tief über dem pastoralen Raum. Kaum eine Menschenseele ist noch draußen unterwegs. Die Leute haben sich vor der staubigen Hitze des Abends in die Saloons zurückgezogen. Nur auf dem Platz vor dem kleinen, verbeulten Kirchlein stehen sich zwei harte Kerle gegenüber. Auge in Auge. Die Hüte tief in die Stirn gezogen. Die Finger am Abzug. Sheriff Codex, der unbeugsame Hüter des Gesetzes. Ein unbarmherziger Ordnungshüter, der keine Kompromisse kennt. Und der Typ, den sie hier alle nur „Der Pastor“ nennen. Ein gesetzloser Macher mit sonnengegerbter Haut, der „Recht“ nur für das Wort „zurechtbiegen“ braucht. Wer zieht schneller? Klingt nach Klischee. Ist es auch. Allerdings eines, das in der Branche ziemlich tief sitzt. Der scheinbare Antagonismus von „Pastoral“ auf der einen und „Kirchenrecht“ auf der anderen Seite findet sich auf allen Ebenen der Kirche: in der Frage nach der evangelischen Patin im Taufgespräch bis zur Debatte um die Relevanz päpstlicher Fußnoten für die authentische Interpretation des CIC.

Wir nehmen uns in diesem Heft jenes Knistern zwischen Kirchenrecht und Pastoral vor, das für die einen fruchtbar und produktiv, für andere furchtbar und utopisch ist. Judith Hahn und Rainer Bucher diskutieren engagiert, was man mit dem Kirchenrecht buchstäblich anfangen kann. Sabine Demel beschreibt – ausgehend von berechtigten Anfragen – das Kirchenrecht als pastorales Werkzeug.

Die Felder, auf denen Recht in der Kirche gerade von eminenter praktischer Bedeutung ist, werden im Praxisteil beleuchtet: Unter anderem problematisiert Michael Böhnke, dass das Leitungsverständnis des CIC nach dem Zweiten Vatikanum keinem aggiornamento unterzogen wurde. Stefan Ihli dokumentiert die wesentlichen Entwicklungen im kirchlichen Arbeitsrecht. Und Georg Bier stellt die Frage nach dem Dilemma kirchlicher Eheverfahren: Darf man pastorale Grundsätze verletzen, um pastoral zu helfen?

In unserem Duell drückt am Ende keiner der beiden hartgesottenen Kerle ab. Sie stecken ihre Schießeisen ein und gehen erstmal zusammen in den Saloon. Denn dort gibt es für Sheriff Codex und „Den Pastor“ so einiges zum Anpacken.

Ich wünsche Ihnen eine recht erhellende Lektüre,

Ihr


JProf. Dr. Bernhard Spielberg

Lebendige Seelsorge 3/2018

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