Читать книгу Himmel 4.0 - Erik Händeler - Страница 6
Einleitung
ОглавлениеWas passiert da gerade?
Religion macht den Unterschied. Religion vermittelt Werte; Werte bestimmen, wie Menschen miteinander umgehen, Waren austauschen oder welchen Leistungswillen sie haben; wie sie Staat und Wirtschaft organisieren. Selbst in säkularisierten Gesellschaften sind die vorherrschenden Wertvorstellungen geprägt von den historischen, religiösen Wurzeln. Mit Internet und Globalisierung prallen nun alle Lebensvorstellungen aufeinander. Gleichzeitig wirbelt die Digitalisierung viele gewohnte Abläufe durcheinander, sie müssen neu organisiert und gestaltet werden. Dass sich jeder in seine eigene Privatsphäre zurückzieht und die Tür hinter sich zumacht – „Soll doch ein jeder nach eigener Façon selig werden“ –, funktioniert in dem Moment nicht mehr, wenn es darum geht, die Lösung von Problemen zu organisieren, die über die einzelne Person hinausreichen.
Der Wandel schürt bei vielen Menschen weltweit ein Gefühl der Bedrohung. Manche Zukunftspropheten lösen mit ihrer Darstellung von Digitalisierung und Industrie 4.0 (der internetbasierten Produktion) Ängste aus vor Massenarbeitslosigkeit, vor dem Abgehängt-Sein oder vor Niedriglöhnen, mit denen man nicht mehr gut leben kann und in Altersarmut endet. Die derzeit stagnierende Produktivität mit gestiegener Arbeitslosigkeit in südlichen Ländern führt zu Verteilungskämpfen, weil der Wohlstand kaum noch wächst. Unsicherheit und eine empfundene Überfremdung erzeugen in vielen Ländern eine Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die es so nie gegeben hat, und das Bedürfnis nach einem Rückzug auf die eigene Nation oder Kultur, die oft religiös definiert werden, mit einem Kampf aller Gruppen gegen alle zum eigenen Vorteil.
Warum uns Orientierungsdebatten bevorstehen
Orientierungsdebatten rücken als Thema ganz nach oben – sowohl im persönlichen Umfeld als auch in dem, was die öffentlichen Auseinandersetzungen in den Talkshows und im Internet bewegen. Nicht aus einer Laune oder weil das jemand beschlossen hätte. Sondern aus der Notwendigkeit heraus, die die technischen Veränderungen erzeugen und dabei die Berufswelt aufmischen. Die aufbrechenden Konflikte lassen widersprüchlichste Weltanschauungen und Wertvorstellungen aufeinanderprallen. Grundwerte sind eben nicht überall dieselben – die weltweit verbreitete Stammes-/Gruppenethik beißt sich mit individualistischen Vorstellungen und mit einer Universalethik, die dem Einzelnen seinen Freiraum lässt, aber Respekt hat vor den berechtigten Interessen der anderen, ja deren Wohlergehen mit fördert.
Eine Zeit der Auseinandersetzung steht bevor. Nicht nur zwischen Religionen und Weltanschauungen um eine gemeinsame Sprache und gemeinsame Normen, sondern vor allem auch innerhalb der Gruppierungen. Das Ziel dabei ist nicht der „Sieg“ über andere, sondern sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Nach einem halben Jahrhundert starken Individualismus’ können die Werte-Institutionen in den entwickelten Ländern gar nicht immer so genau sagen, wofür sie eigentlich stehen. Der Versuch, wieder stärker zu geklärten Positionen zu kommen, erzeugt viel Spannung, die sich nicht mehr ignorieren lässt, soll die Alternative zur Auseinandersetzung nicht sein, dass eben jeder jedem den Rücken zukehrt. Sich aus dieser alltäglichen Auseinandersetzung der Gesellschaft zurückzuziehen ist keine Alternative! Wer – wie neulich ein Politiker – meint, Kirche solle sich nicht in Politik einmischen und Christen sollten niemanden mit „Evangelium“ verschrecken, der überlässt die Gestaltung der Welt konkurrierenden Weltanschauungen!
Nachdem die digital gesteuerten Maschinen alleine vor sich hin arbeiten, hängt der Wohlstand zunehmend von den Menschen hinter der Technik ab, die ihr Wissen produktiv anwenden müssen. Immaterielle Produkte lassen die Wirtschaft in die gedachte Welt hineinwachsen. Auch die Arbeit von wenig Gebildeten wird in der digitalen Wirtschaft benötigt werden, und sei es, um die Hochqualifizierten bei Routinen zu entlasten.
Da die Probleme immer komplexer werden, sind wir mehr denn je auf das Wissen anderer angewiesen. Mit den Schnittstellen zwischen den Fachleuten entstehen mehr offene Fragen – und daraus dann viel mehr Konflikte als früher, als klar war, wer was zu entscheiden hatte. Egoismus, Machtkämpfe, Blender und Seilschaftenwesen machen es dem sachlichen Argument des Allgemeinwohls schwer, gehört und offen diskutiert zu werden. Mehr Wohlstand wird es in der Wissensgesellschaft nur geben durch mehr Kooperation und mehr Transparenz, zwischen Ländern wie zwischen Firmen sowie innerhalb von Unternehmen.
Während alle auf eine neue Technik warten, um die Wachstumskrise zu überwinden, geht es in der Informationsgesellschaft um Fortschritte im Umgang mit Wissen, um eine Kultur des Ringens für bessere Lösungen. Aus ökonomischen Gründen sind die Menschen viel stärker gezwungen, ihre Wahrnehmung zu überprüfen, die Vorstellungen anderer anzuhören, von ihrer eigenen Kostenstelle weg und vom Gesamtnutzen her zu denken. Daraus entsteht eine Streitkultur, die sich an den Bedürfnissen von Produktivität orientiert – wer sich nicht gut genug auseinandersetzt, hat die schlechteren Produkte, ist zu langsam oder zu wenig effizient.
Universalethik auch ohne Gott
Bei Vorträgen in Unternehmen und Wirtschaftsverbänden kann ich diesen Zusammenhang weltanschaulich neutral darstellen – es gibt klare Richtungen, wenn es darum geht, Wissen produktiv zwischen Menschen anzuwenden. Als katholisch geprägter Christ zerbreche ich mir hier vor allem den Kopf darüber, was dieser Strukturwandel für Weltanschauungen, speziell für Religion, Glaube und Kirche(n), bedeutet. Was Politik und Wirtschaft angeht, meine ich, dass die christlich geprägten Kulturräume Wohlstandsvorteile haben, weil die Ethik des Evangeliums sowohl den Einzelnen entfaltet als auch die Interessen zu anderen und zum Gemeinwohl ausbalanciert; ja dass genau nur diese Denkweise zu einer Gesellschaft führt, in der sich der Einzelne nach seinem Gewissen in Freiheit entfalten kann und so die maximalen Ressourcen nachhaltig erzeugt, die man braucht, um materielles Leiden geringzuhalten und Weiterentwicklung zu fördern.
Davon sind wir im richtigen Leben weit entfernt: Die vielen Skandale – der Betrug um die Emissionen in der Autoindustrie, die Korruption bei der Fifa oder das Verschweigen von sexuellem Missbrauch, um die Institution zu schützen – zeigen, dass noch meist eine Ethik verbreitet ist, in der ein Einzelner seinen Nutzen optimiert oder man sich in Seilschaften organisiert, das Allgemeinwohl plündert und als Gruppe andere Gruppen bekämpft. Wohlstand ist in der Wissensgesellschaft aber nur möglich durch eine Universalethik, die über Gruppe und Individuum hinausweist. Dieser Zusammenhang kann für Atheisten, Agnostiker und für Andersgläubige ein interessanter Impuls sein: Auch Nichtgläubige finden die christliche Ethik einleuchtend und „nützlich“, selbst wenn sie mit einem personalen Gott nichts anfangen können. Wieso, fragte mich jemand bei einem Vortrag, solle man Universalethik mit dem Evangelium gleichsetzen? Schließlich hätte Immanuel Kant auch ohne Gottesbezug eine Universalethik formuliert.
Ja, aber Kant hat das nicht erfunden, sondern „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, die Goldene Regel aus dem Neuen Testament, säkularisiert. Den Atheisten und Agnostikern sei deshalb gesagt: Prima, wenn ihr ohne Gottesbezug eine Universalethik verfolgt. Das kommt eurem Umfeld zugute. Und ihr seid damit Gott näher als Gläubige, die individualistisch oder gruppenethisch denken: „Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, denn ich war hungrig, und ihr gabt mir zu essen; ich war durstig, und ihr gabt mir zu trinken; ich wusste nicht, wo ich wohnen könnte, und ihr habt mir Unterkunft gewährt; ich war im Gefängnis, ich war krank, und ihr standet mir bei“ (Mt 25,34-36).
Wer keine Ahnung hat, wann und wie er das hätte Gott angedeihen lassen, bekommt zur Antwort: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habet, das habt ihr mir getan.“ Wer liebt, kennt Gott; und wer nicht liebt, kennt Gott nicht. Wenn es also eines Glaubens an Gott gar nicht bedürfte, um „gut“ zu sein, wieso also reden vom Himmel 4.0? Weil zwar ein Gläubiger nicht automatisch ein besserer Mensch ist als ein Nicht-Gläubiger; er aber – verglichen mit sich selbst – mit hoher Wahrscheinlichkeit moralisch besser ist, wenn er (universalethisch) an Gott glaubt, als wenn er nicht glaubt.
Denn das ist m. E. das Einzigartige des Christentums: Eine Liebesbeziehung zu Gott, die das Schlechte und den Tod überwindet, wenn wir uns frei entscheiden, auf seine Liebe mit unserem Leben zu antworten. Der ganze Schmutz und Ärger, die Schrammen und Beulen, die entstehen, wenn man so durch das Leben geht, dass man dabei versucht, die Welt mitzugestalten, sich dabei irrt, falsch wahrnimmt, in Konflikt mit den Interessen anderer gerät, die mal ehrenhafter sind und mal weniger – das alles macht nichts. Denn da ist kein schlechtes Karma, das man abarbeiten muss; es gibt Vergebung dessen, was einen an eigenen Fehltritten und Denken belastet; Heilung von Schmerz; und die Gnade, beschenkt zu werden.
Ein Gott, der einem in Augenhöhe begegnet – die Ethik folgt dann erst daraus. Ein Shaolin-Trainer meinte mal in einem Management-Seminar, wir sollten nicht bewerten; ich entgegnete, dann fehle ja die Orientierung. Wenn einer den anderen wegmobbe, müsse ich mich doch schon aus Firmeninteresse einmischen; worauf er antwortete, das gehe mich nichts an. Ob man an Karma glaubt oder an Vergebung und Gnade, das wirkt sich auf das Verhalten der Mitarbeiter im Unternehmen aus und damit auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen.
An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen
Für mich überraschend runzeln aber gerade kirchlich Engagierte die Stirn bei dem Zusammenhang von Glauben und Wirtschaft: Bisher haben sie Wirtschaftsthemen nur als etwas „Böses“ – etwa Ausbeutung und Umverteilung –, zumindest als moralisch fragwürdig wahrgenommen: Aha, religiöse Ethik sei gut für den Wohlstand, aber es könne doch nicht darum gehen, Glauben für mehr wirtschaftlichen Erfolg zu vernützlichen – für Gläubige geht es um das Seelenheil oder um die persönliche Gottesbeziehung, aber doch nicht um innerweltlichen Erfolg! Natürlich nicht: Die Welt hier ist aber eine Vorbereitung auf das ewige Leben. Es geht in der Neugestaltung durch die Wissensgesellschaft nicht um eine sozio-ökonomische Notwendigkeit, aus Vernunftgründen auf „christliche Werte“ zurückzugreifen. Sondern das Verhalten in den neuen Strukturen wird ein Prüfstein unserer Glaubwürdigkeit als Kirche und als einzelne Christen, ob und wie wir mit unserem Leben und Verhalten im Alltag „das Evangelium verkünden“. Es ist eine Bewährung, in der der Mensch sowohl lernt als auch sein Innerstes nach außen kehrt – „an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“. Und das „Reich Gottes“ mag zwar nicht von dieser Welt sein, es beginnt aber schon hier, wenn Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist herrschen. Und das sicher nicht im Hinterzimmer, unabhängig von dem, was auf der Straße passiert, losgelöst vom realen Alltag!
Wer beruflich Wissen anwendet, gerät nun unter die Notwendigkeit, mehr als früher mit anderen zu kooperieren. Werte werden neu verhandelt – sind die neuen Organisations- und Verhaltensmuster der Wissensgesellschaft also die große Chance, das Evangelium in die Welt zu tragen? Wäre die ganze Kette an Menschen und Ereignissen der vergangenen 2000 Jahre eine Entwicklung hin zur (Ge-) Wissensgesellschaft, in der sich für die meisten Menschen erst das entfalten kann, was das Evangelium ausmacht?
Wenn der Sinn dieses Lebens ist, sich in Freiheit für das Gute (oder dagegen) zu entscheiden – schließlich ist das Himmelreich keine Zwangsheirat –, was ist dann das politische Ziel des Christentums? Das müsste eine Gesellschaft sein, in der jeder Mensch den Freiraum und die Bildung bekommt, sich nach seinen Gaben zu entfalten; eine Welt, in der das Leiden an Hunger, Krankheit, Perspektivlosigkeit verringert wird nach allem Menschenmöglichen; in der er lernen kann, sich über die eigene Person hinaus anzustrengen für die anderen. Wann wäre das bisher für breite Schichten der Bevölkerung möglich gewesen, wenn nicht jetzt, im Zeitalter der Information? Im nötigen Austausch mit Wissen, also in der konfliktreichen Zusammenarbeit mit anderen Wissensarbeitern, zeigt sich erst, welchen tatsächlichen Horizont jemand hat, wie weit der Horizont seines Nutzens ist, den er spannt.
Ach ja, bleibt neben den „richtigen“ Glaubensthemen auch noch der Auftrag, die Welt zu gestalten. Wer das Leiden und die Instabilität am Ende der Industriegesellschaft verringern will, der sollte den Strukturwandel hin zur Wissensgesellschaft vorantreiben (s. Abschn. Von einem neuen Zukunftsbild, das die Ängste des Wandels auffängt). Der Blick auf die Veränderungen in der Wirtschaft macht den Wandel in der Gesellschaft verständlich und lässt eine Sicherheit dafür gewinnen, warum und wie sich Kirche(n) samt Gemeinden und ihren gesellschaftspolitischen Verbänden neu aufstellen können.
Der lange Weg einer Idee
Dieses Buch war völlig ungeplant. Der Kern begann mal als Papier für den Eichstätter Pastoralrat zur Gemeindereform; wurde dann ausgebaut als Papier zur innerkirchlichen Streitkultur für das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und dort stark gekürzt versenkt; es stieß auf die Realität meiner Kirchengemeinde; unter einigem Ringen in der Zukunftswerkstatt für den KKV – Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung entstand dann daraus ein Grundlagentext, der am 26. Mai 2017 bei dessen Bundesverbandstag in München vorgestellt wurde; um dann von zahlreichen Missverständnissen und ihrer Aufklärung, Widerständen und Gegenmeinungen bei Vorträgen abgeschliffen zu werden; es liegt nun, mit Hilfe von Freunden und kompetenten Insidern, als Büchlein vor, um innerkirchlich ein neues Narrativ anzuregen und gleichzeitig mit Nicht- oder Andersgläubigen in einen Wertedialog darüber zu treten, wie Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten sind. Klar, dass dazu ein Leben nicht ausreicht.
Warum der Titel „Himmel 4.0“? Die meisten Wirtschaftsverbände und Unternehmen fragten in den vergangenen beiden Jahren 2016 / 17 nach Rednern, die über Digitalisierung und Industrie 4.0 sprechen – diese Themen wollten sie bei ihren Jahrestagungen behandelt wissen. In deren Zählung waren die Dampfmaschine sowie die darauf folgende Eisenbahn die erste Industrielle Revolution. Industrie 2.0 war dann die Elektrifizierung, welche Massenproduktion und wieder ein halbes Jahrhundert später mit dem Fließband das Auto ermöglichte; Industrie 3.0 soll der Computer gewesen sein, das Internet der Dinge nun also Industrie 4.0.
Weil diese Einteilung im Moment jedenfalls populär ist, hänge ich mich mit meinem Buchtitel daran an. Wer meine Arbeit zu den 40 bis 60 Jahre langen Strukturzyklen (Kondratieffs) kennt, weiß, dass ich ein anderes Bild von der Wirtschaftsgeschichte habe: Die frühe Industrialisierung bestand aus zwei unterschiedlichen Strukturzyklen. Denn die Dampfmaschine sorgte Ende des 18. Jahrhunderts für einen Boom, als sie Bergwerke entwässerte, Luft in Hochöfen blies und Spinnräder antrieb, also in der unmittelbaren Produktion half. Die Eisenbahn erzeugte erst so 60 Jahre später einen neuen Boom, weil sie Transportkosten reduzierte, die Fläche erschloss und so größere Stückzahlen rentabel machte. Auch das Zeitalter der Massenproduktion besteht aus zwei Zyklen: Der elektrische Strom wirkte ab 1890 auch auf Chemie und Stahl, das Auto rund um den Verbrennungsmotor erschloss die individuelle Mobilität erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Computer hat uns seit Jahrzehnten die strukturierte Wissensverarbeitung abgenommen: Robotersteuerung, Telefonvermittlung, Serienbrief mit anderer Adresse ausdrucken. Das alles hat den Wohlstand nicht erst seit gestern gesteigert, sodass ich „Industrie 4.0“ nur als ein Unterkapitel der großen Computerrevolution einordne. Ich zweifle auch an einem großen Boom, der daraus folgen sollte, so als ob wir nur die Maschinen per Internet der Dinge verbinden und optimieren müssten und dann der nächste große Aufschwung käme. Dabei haben wir doch gar keinen Mangel an „Dingen“: Unsere Häuser sind dermaßen vollgestopft von Zeug, von unten im Keller bis oben unters Dach. Der Mangel unserer Zeit ist immateriell: an Problemlösungen, an Beratung, an Qualität, an Gesundheit, aber doch nicht an materiellen Gütern! In der nächsten Industriellen Revolution geht es um die gedachte Welt, es geht um die Vorgänge im Menschen und zwischen Menschen!
Übertragen auf Kirche, wäre Himmel 1.0 die Zeit, als sie die neue Arbeiterschicht einband und sich der sozialen Frage stellte, verbunden mit Namen wie Kolping, Wichern und von Ketteler. Die Öffnung zur Welt und die Kooperation mit anderen Konfessionen und Religionen in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils mögen Himmel 2.0 entsprechen, Himmel 3.0 dem Engagement für eine global gerechte Welt und ökologische Nachhaltigkeit. Aber Himmel 4.0?
Kirchen, ihre Ortsgemeinden und Verbände sind zu einer anderen Zeit entstanden, mit anderen Bedürfnissen und Problemen. Sie scheinen an Mitgliedern und Substanz zu verlieren, ein Relikt früherer Epochen zu sein. Die meisten religiösen Menschen haben aber auch Kontakt zur Berufswelt und stehen so mit ihren Haltungen an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Glauben – und damit an der Stelle, an der gerade die Zukunft entsteht. Sie wollen einerseits ihre Gemeinde erhalten und erneuern und andererseits ihre Erfahrung aus dem neuen Arbeitsalltag in die Kirche(n) miteinbringen. Für sie geht es darum, die verbliebenen Ressourcen zu sammeln. Sie wollen Ziele neu formulieren und Vorschläge machen, wie die neue Zeit in ihre Gemeinden hineinwirken kann – damit diese sich neu formatieren und in ihr gesellschaftliches Umfeld ausstrahlen können. Himmel 4.0: Wenn sich dann der aufgewirbelte Staub der Veränderung gelegt haben wird, tritt eine Welt zutage, in der das Evangelium ganz neue Chancen hat, erzählt, bedacht und umgesetzt zu werden.