Читать книгу Ja, so ist das Leben, eben. - Erik Kejser - Страница 5

ZWEITES KAPITEL: JUNGER MANN 1

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Mein erster Sexfilm.

Gutenbergkino, gespielt wird ab vier Zuseher. Filme ab sechzehn, egal. Wir waren drei achtjährige, also vierundzwanzig. Einen konnten wir auf der Straße überreden, dass der beste Western von Scheibbs bis Nebraska gegeben wird. Werbung. Vorschau in schwarz-weiß. Gähn. Doch Holla, da hüpften auf einmal nackte Weiber über die Leinwand. Normalerweise saßen wir in der letzten Reihe, doch in Sekundenschnelle waren alle vier in reihe Eins. Fest in die Holzsofas gepresst begutachteten wir fachmännisch Titten etc. Der Western dauerte denke ich, zehn Stunden.

Wir kratzten die letzten Schillinge zusammen und schauten uns die Vorschau noch einmal an.

Nach diesem „sündhaftem“ Treiben hatte mich sofort die Kirche am Kragen. Ich durfte, (musste) zu Erstkommunion. Musste deshalb, da ich den Hochwasseranzug meines Bruders ausführen durfte. Meine Mutter:

„Es ist ja nur einmal, außerdem gibt’s Krapfen und Kakao.“ Am heißen Kakao verbrannte ich mit das Maul, dafür aß ich drei Krapfen und erzählte dem Pfarrer bei der Beichte keine Sünden. Ich fand – das geht dem Wichser nichts an. Die drei „Gegrüßet seist du Mary“ zur Strafe konnte ich auch nicht auswendig. Zu Hause meuchelte ich noch meinen Anzug. Unabsichtlich, ich schwöre. Meine Mutter hatte das Nähzeug am Tisch stehen, ich wollte eine Rasierklinge testen. Ich legte eine Zeitung auf meinen Oberschenkel und zählte die Seiten die ich durchschneiden konnte. Seltsamerweise alle, die Hose und meine Haut.

Als Anhänger des Proporzes war ich bei den Pfadfindern und den roten Falken. Bei der Wöflingsaufnahme, hatte ich den Ehrenkodex natürlich nicht auswendig gelernt und durfte ihn ablesen. Dafür musste ich schwören, wenn ich groß bin ÖVP zu wählen. Ich hatte keine Zeit zum lernen gehabt, - ich war mit den roten Falken am Semmering gewesen. Nachtwanderung, mit Taschenlampen, urcool, eigentlich „leiwaund“. Nach einer ausgedehnten Rundwanderung standen wir im Stockdunklen, knapp vor unserer Herberge. Der Oberfalke fragte uns: „Na Falkis, wo ist die Pension?“ Alle zeigten in die entgegengesetzte Richtung. Die große Schande eines Indianers. Ich hatte eine nach Originalvorlagen selbstgeschneiderte Indianermontur, hatte im Burgenland den Enten die Federn gerupft und schlief im Gemeindebaubalkon in einem Zelt.

Der Fährtenleserlehrling war am Boden zerstört.

Heute kann mir so etwas nicht mehr passieren, ich orientiere mich nach dem Moos der Bäume. Im Dunklen ist´s blöd.

Der Idiotenhügel im Gemeindebau wurde mir zum Schi fahren langsam zu fad. Ich strebte nach Höherem, packte meine Schi und schnorrte meine Mutter um einen Fahrschein an: Ich fahr am „Himmelhof“ (bei der hohen Wand Wiese). Meine Mutter wunderte sich schon lange nicht mehr. Damals gab es in diesem exklusiven Skigebiet sogar eine Sprungschanze, die war gotttseidank gesperrt. Das mondäne Skigebiet hatte einen leichten Nachteil, kein Lift. Na und, Muskeln bekommt man sowieso mehr, wenn man im Treppenschritt aufsteigt. Ich war unermüdlich, aber ich geb’s zu, es zerlegte mich einige Male recht ordentlich. Das hatte den Nachteil, dass sich meine Baumwollhandschuhe etwas feucht anfühlten. Aber es war auszuhalten. Als es dunkel wurde und ich meine Schi zusammenpackte, begannen sie immer kompakter zu werden.

Es war Jänner, minus Zehn Grad, die Handschuhe waren gefroren. Das war nicht auszuhalten. Ich zog sie aus, das war noch weniger auszuhalten.

Zu Hause stellte ich die Ski in den Keller und musste einige Minuten warten, bis sich das Sportgerät von den Fingern löste.

In der Schule hatten wir auch unseren Spaß. Hausübungen schrieb ich grundsätzlich am Häusl in der Schule. Ich „borgte“ mir ein Hausübungsheft eines Strebers und da ich schlankes Kerlchen problemlos in der WC-Kabine am Fußboden knien konnte, bei Alarm auf die WC-Brille stieg, wurde ich für meinen Fleiß gelobt. Meistens vom Turnlehrer.

Unsere Englischlehrerin war ein „steiler Zahn“. Wenn sie im Stiegenhaus die Treppe nach oben stieg, waren wir stets ein Stück hinter ihr und bewunderten ihre Unterhose. Wir perfektionierten das Ganze, sie korrigierte die Schulhefte am Musikunterrichtsklavier, die zwei Größten stellten sich dicht neben sie, der Rest schaute ihr auf den Arsch. Eine Schulstufe unter uns gab es drei Mädchen. Wir überredeten sie am „Häus´l“ zu diskutieren, weil sicherer. Einer Mulattin griff ich sofort auf die Fut. Sie hielt still, heute geht sie auf den Strich. (Später „fingerlten“ wir sie in einer Telefonzelle, mein Freund mit Gipshand).

Plötzlich riss die Religionslehrerin die Außentüre zu den WC-Anlagen auf. Die Meute versuchte sich in den Kabinen einzuschließen, ich sah die Nutzlosigkeit ein. Die Lehrerin beauftragte mich, den Klassenvorstand zu informieren. Alle bekamen harte Strafen, ich blieb ungeschoren. Zufall, oder hätte ich der Reli-Autorität auch auf die Fut greifen sollen?

Es gab auch sehr entspannte Tage, z.b. Schulferien.

Es war Ende Juli und es regnete seit einer Woche in Strömen. Wir verbrachten unsere Zeit mit Schachspielen. Von neun Uhr Vormittags bis am späten Nachmittag entwickelten wir uns langsam zu kleinen „Karpows“

(Schachgroßmeister), bis meinem Freund der Kragen Platzte: „Morgen gehen wir in‚s Stadionbad, auch wenn‚s schneit!“ Jubel.

Am nächsten Morgen, pünktlich acht Uhr, trafen wir uns am vereinbarten Treffpunkt mit unseren Fahrrädern. Tennisschuhe, Badehose, Leiberl (T-Shirt), zwanzig Schilling für Würstel und ein Cola. Sonnencreme etc. nichts für harte Jungs, „es gab ja noch kein Ozonloch“. Dafür in jedem Luxuskurort ein Plakat: „Kommen Sie zu uns, gesunde ozonreiche Luft!“. Im Bad angekommen fuhren wir noch dreihundert Meter weiter und erklommen behände, wie Free-Climber, wie gehabt, den „Maschendrahtzaun.

Wo sich die Kasse befand hatten wir schon vergessen. Im Schutze einer Baumgruppe pirschten wir uns im etwas leichter gewordenem Regen entlang, nach dem „Badewaschl“ Ausschau haltend. Es war keiner zu sehen, vermutlich wasserscheu. Wir beschlossen sofort schwimmen zu gehen, um nicht nass zu werden. Am Poolrand angekommen brach plötzlich die Sonne mit derartiger Intensität hervor, dass wir an eine religiöse Erleuchtung dachten. Die Wiesen glitzerten, das Schwimmbecken leuchtete, und keine Sau im Bad. Ein traumhaftes Erlebnis, für den, im Wahrsten Sinne des Wortes „Kleinen Mann“.

Zwei Stunden später waren alle Arschlöcher wieder da.

Jeder hielt sich natürlich für den Ersten.

In diesem bewussten Stadionbad konnte ich wirklich für’s Leben lernen, der Einfachheit halber fasse ich etwas zusammen.

Sonne, Wasser, Mädels und aus dem Lautsprecher dudelt es zehnmal am Tag: “In the Summertime wenn das Weda is schein“. Keine Sorgen, nur Spaß, Spaß, Spaß. Heute rege ich mich über die Spaßgeneration auf.

Im Turnunterricht beherrschte ich den Vorwärtssalto ohne Turnmatte in ca. zwanzig Minuten. Mit diesem tollen Gefühl bestieg ich, vorher vergewissernd, ob auch genügend weibliche Fans am Pool waren, den „Einmeterturm“.

Da ich gewohnt war, den Absprung mit voller Kraft und blitzschneller Drehung einzuleiten...... Ups. Ich drehte mich zirka viermal (Olympiareif) und dann haute es mich frontal auf´s Maul. Ich schnappte nach Luft und kletterte kraftvoll aus dem heute außergewöhnlich harten Wasser.

Ich erklomm sofort den Dreimeterturm. Kurzer Anlauf, Sprung in die Waagrechte, eine Sekunde Stillstand, Muskeln anspannen, dann ließ ich mich beinhart auf den Bauch fallen, ein sogenannter „Bauchfleck“.

Mir war zum Kotzen übel, doch den Mädels dürfte es gefallen haben, zumindest bildete ich mir ein, eine ganz Nette, (geht heute auch auf den Strich) fand es ganz amüsant.

Mein erster eigenhändiger Aufriss.

Kurzer Schwenk. Ich rauche. Jedes Mal wenn ich meine Zigarette in den Aschenbecher lege, beginnen drei alte Tschik zu brennen. Wie machen das die Profischriftsteller?

Zurück. Da man mit zwölf noch nicht der Meister des Wortes ist, (heute auch nicht), legte ich mich zum Trocknen auf den heißen Beton der Wellenbadbrücke. Da tauchte Sie auch schon auf. Mit einigen sechzehnjährigen Jungs im Schlepptau. Sie setzte sich direkt vor mich und sprach kein Wort. Als ich aufstehen wollte, da mir der heiße Beton bereits leichte Brandblasen bescherte, umzingelte sie mich mit ihren Händen und hielt sich am Geländer fest. Was tun? Die Entscheidung wurde mir abgenommen. Sie zog mich an sich und gab mir einen Zungenkuss, dass mir das Dritten Mal in Serie die Luft wegblieb. Aber diesmal recht angenehm. So kamen wir doch noch ins Reden und im Wasser war es recht lustig. Am Abend begleitete ich sie nach Hause.

Hand in Hand sechs Kilometer lang.

In jungen Jahren gab es für mich nur Sport. Dass man Sport mit Alkohol verbinden kann lernte ich ebenfalls in diesem Bade.

Am Vortag überredete mich mein Freund und Widersacher Franz K., ein übler Austria Wien Anhänger, das Europacupmatch Manchester United gegen Austria zu besuchen. Vermutlich weil ich sehen wollte wie die Austria einen ordentlichen Schrauf‚n, sprich eine auf den Deckel bekommt und es ja gratis war, Zäune waren für uns nicht existent, ließ ich mich überreden.

Ein gewisser Noby Stiles, später Teamchef bei den Insulanern wurde bei zwei zu zwei, wenn ich mich recht entsinne, ausgeschlossen. Noby trampelte leicht erregt auf seinem Leiberl umher.

Ich glaube die Wiener Austria gewann vier zu zwei.

Am nächsten Morgen, alleine zu Hause, experimentierte ich ein wenig. Ich war schon immer ein wissbegieriger Mensch.

Mein Bruder hatte vom Bundesheer einige Platzpatronen mitgebracht. Die Kappe abschneiden und das Pulver im Aschenbecher anzünden war recht lustig, ich jedoch wollte die Funktion ergründen. Ich hielt die Patrone in die Öffnung der Gastherme, sie explodierte und ich war erstaunt, dass meine Finger noch vollzählig waren. Es funktioniert also mit Zündhütchen, bzw. Schmerzen.

Ich beschloss meine schmerzenden Finger in einem Becken des Stadionbades zu kühlen.

Im Bad zog sich eine Horde Engländer sich den Unwillen der Badegäste zu.

Auf ungefähr zehn Decken verteilt, von etwa hundert leeren Flaschen Ottakringer belagert, lagen zwanzig besoffene Manchesterdribbler. Fett wie japanische Öltanker. Jo, des englische Gschloda und unser Bier is hoit a Unterschied. Wir konnten uns gar nicht satt sehen und sie zu verspotten. Nachlaufen konnten sie uns nicht, denn heute waren sogar die zwölfjährigen schneller. Noby Stiles wurde von zwei anderen Verlierern aus dem Bad geschleift.

Unser Kommentar: “Jetzt haben‚s das zweite mal verloren.“

Zurück in die „Steinzeit“. Es drängt sich bei Diesem oder Jenem Leser, oder vielleicht bei Beiden, der Gedanke auf, wann denn endlich die kriminelle Vergangenheit des Erich K. begonnen hat.

So ungefähr mit acht.

Auf der Landstraßer Hauptstraße gab es ein riesiges Spielzuggeschäft, der Inbegriff aller Kinderträume. Wir drückten uns die Nasen an den Auslagen platt, doch da wir nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügten, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Mein Bruder und ich besaßen seit Weihnachten eine Autorennbahn, deren Boliden mangels winziger Kohlenstifte für die Elektrik, regelmäßig den Geist aufgaben. Ich hatte das Vergnügen auf die Landstraße zu joggen und um drei Schilling Neue zu besorgen. Diese befanden sich, fast nicht existent, in einer kleinen Schachtel unter dem Verkaufstisch. Keinem Verkäufer gelang es Sie unter drei Minuten zu finden.

Wir kratzten drei Alpendollars zusammen und statteten dem Laden einen Besuch ab.

„Kohlen her!“ oder so ähnlich, forderten wir entschlossen. In der nächsten Sekunde waren wir um ein Spielzugauto (Corgy Toys) reicher.

Wir wurden immer dreister. Wir stahlen alles was nicht Niet und nagelfest war. Bis an jenem unglückseligen Nachmittag als mein alter Widersacher Franz K. eine tolle Idee hatte.

Es war die Zeit der Erfindung des „Flumys“. Der Ball, der fast von alleine springen kann. Auf eine Pyramide, auf einem eigenen Tisch geschichtet thronte diese Innovation des Kinderlebens. Sicher, man kann den obersten Ball wegnehmen, aber das war ja zu einfach. Er zog lieber einen aus der unteren Reihe. Dann brach das Chaos aus.

Wir wurden einige hundert Meter verfolgt, die Kohlenstifte musste ab jetzt mein Brüderchen besorgen. Die Firma ging vor zwanzig Jahren in Konkurs, logisch.

Mein alter Schlepptop hat den Geist aufgegeben und einige Seiten verloren. Ich bin ganz schön durcheinander und versuche einiges zu rekonstruieren. Das sie es nicht merken, nehme ich zurück.

Ich ging wie gesagt, oder auch nicht, in die Hauptschule, GYM war finanziell nicht drin. Wir waren eine bunte Truppe, zum engeren Freundeskreis zählte ein Schweizer, Cetin ein Türke und zwei Gerhards. Gerhard L. wurde öfters als „Baa“ (Bein) beschimpft, worauf er entgegnete: „Ripperl wenn ich bitten darf.“

Unser Deutsch und Turnlehrer hatte mich besonders ins Herz geschlossen, (logisch) andere weniger. Er war ein alter Stalingradkämpfer, dem ein Finger fehlte. Er schlug so blitzschnell zu, dass man etwas später nur den seltsamen Abdruck im Gesicht des Geläuterten erkennen konnte.

Es war die Zeit der „gsunden Watschen hot no kan gschod“. Ein einziges Mal nahm er mich bezüglich eines minder schweren Vergehens bei den „Beukeles“, zog mich einige Male hinunter, bzw. hinauf, ließ los und man absolvierte die Übung noch einige Male ohne Veranlassung. Aber sofort überkam ihn die Reue und er schickte mich, während die anderen pauken mussten, zum Greisler bezüglich seiner täglichen Jause. Zwei Salzstangerl plus Knacker, ich durfte vom Salzstangerl abbeißen. Der Neid war unbeschreiblich.

Er protegierte mich drahtiges Bürscherl dermaßen, dass er mich als einzigen in einer anderen Klasse auf Schulskikurs mitnehmen wollte.

Klappte dann aber aus versicherungstechnischen Gründen nicht.

Nächstes Jahr war es dann endlich soweit, erster Skikurs. Ich war ja kein Mann der Praxis, nur sportlich.

Bei der Leistungsstufeneinteilung meinte er: „Seltsam, dass dich nicht in einer Tour auf die Gosch´n haut. Bei der Körperbeherrschung fahrst bei mir in der ersten Gruppe.

Ich lernte schnell, - damals besonders, dass rauchen ungesund ist.

Hr. Fachlehrer Windsteig, rauchte „John Players“, ohne Filter. An der Liftstation bekam er plötzlich einen Hustenanfall, dass er zu Boden ging. Ich half ihm wieder auf die Beine, er greift in seinen Anorak holt seine “Spä“ heraus, drückt mir das Feuerzeug in die Hand: “Gib` ma ein Feuer.“

Wieder in Wien, bekamen wir einen neuen Mitschüler, einen Iraner. Er sah recht gefährlich aus und begann sofort zu stänkern. Ich war mir nicht ganz sicher, trotzdem nahm ich in meine Arme und drückte ihm die Luft ab. Gegenwehr, wie ein Mädchen, der Kerl war schwul. Wenn er mir zu Nahe kam, sagte ich laut „Hu“ und er fiel vor Schreck fast in Ohnmacht. Vermutlich ist er heute bei den iranischen Revolutionärsgarden Haremswächter.

Cetin unser Türke war aus anderem Holz geschnitzt, ein Supersportler, wenn wir spaßmässig rauften, nahm er es mit zwei auf. Den Grund erzählte er mir zwei Jahrzehnte später. Seine Eltern hatten ihn mittels „getürkter“ Geburtsurkunde zwei Jahre jünger gemacht, zwecks längerer Kinderbeihilfe. Die ausländischen Sozialschmarotzer waren damals auch schon clever. Doch kein Vergleich mit heute, sein Vater arbeitete hart am Bau und besitzt heute zu Hause ein Hotel. Respekt.

Fußballmäßig war die Türkei noch im Aufbau. Europacupauslosung: Rapid Wien – Galatasaray Istanbul. Für Cetin und mich, ein Pflichttermin. Wir zwei im Türkensektor, leichtes Erstaunen. Drei zu Null für Rapid, ich nahm es stillschweigend zu Kenntnis, erstens fühlte ich mit meinem Freund, zweitens war ich im Türkensektor.

Nächstes Jahr, unglaublich: Rapid – Besitkas Istanbul. „Ist viel bessere Mannschaft, wirst schon sehen. Hauptstadt ist aber Ankara nicht Istanbul. Beste Stadt der Welt. Ich bin aus Ankara.“ Ich dachte: “Hat Ankara eigentlich keine Fußballplätze? Außerdem ist Wien die beste Stadt der Welt.“ Trotzdem bekam mein Nationalismus einen kleinen Riss, der sich aber bald schloss, - vier zu null für Rapid. Heute schaut´s anders aus.

Mit zwölf bekam ich mein erstes Fahrrad. Heiß ersehnt.

Besser gesagt, ich hätte es bekommen sollen. Das mein Geburtstag im Oktober ist, es langsam Winter wird, der Keller voller Winterholz, dahinter mein Fahrrad, natürlich aus zweiter Hand, sprich von meinem Bruder, alles egal. Eine Woche vor Termin erkundigte meine Mutter sich nach meinen Wünschen. „Natürlich das Fahrrad!“ Meine Mutter dürfte es geahnt haben, verzog nur leicht das Gesicht: “Nein.“ Mein ganzes Leben hatte ich auf diesen wichtigsten Geburtstag in meinem Leben gewartet, dementsprechend entschlossen mein taktisches Vorgehen. „Ich schlichte das ganze Holz ab, nehme das Fahrrad raus und schlichte es wunderschön wieder auf.“(Die Bedeutung dieses Satzes sollte ich zwanzig Jahre später erfahren. Nach zweistündiger Arbeit verließen zuerst bei meiner Marchfeldtante, anschließend nach vierstündiger Arbeit bei meinem Bruder, den Holzstoß die Kräfte.) Alles noch einmal.

Meine Mutter begann langsam mit den Augen zu rollen.

Nach einigen weiteren Interventionen hatte ich es geschafft, sie war fuchsteufelswild.

Am fünfzehnten Oktober war es endlich soweit.

Auf die lapidare Frage: „Was willst zum Geburtstag?“

„Natürlich das Fahrrad!“, knallte sie mir eine.

Mein unvergesslicher Geburtstag, mit dem ich Sie heute noch nerve.

Eine von drei Watsch’n. “A` gsunde Watsch’n hot no kan gschod!“

Ich habe einen schweren „seelischen Schaden“ davongetragen.

Nächstes Frühjahr war es dann soweit. Seltsamerweise war ich noch immer zwölf. Wir beschlossen eine Fahrradtour vom dritten Bezirk nach Strebersdorf(!), zu einem Schotterteich, mit angrenzendem Moorbad zu unternehmen.

Der Verkehr hielt sich damals noch in Grenzen, das Gefährlichste waren die Straßenbahnschienen, bei denen sich die Autofahrer alle Mühe gaben, dich in eine solche zu drängen.

Wer nie ein Fahrrad oder Motorrad besaß, der was an Schaß.

Trotzdem gelangten wir ohne größere Komplikationen an unser Ziel. Ein wunderbarer Schotterteich mit einer Schlammbucht in der man bis zu den Oberschenkeln versank und sich nur mit Mühe befreien konnte. Einen ganzen Tag schwimmen, tauchen, Schlammschlacht, geht ganz schön an die Substanz.

Um vier Uhr traten wir wieder in die Pedale. Auf der Strebersdorfer Brücke

Zisch. Aus. Potsch’n. („Plattfuß“). Ich und mein Fahrrad. An Reparatur war nicht zu denken. Also schieben, schätzungsweise zwanzig Kilometer bis zu den heimatlichen Gefilden. Die ersten fünf Kilometer, kein Problem. Heutzutage wäre ich nach fünf Kilometern tot. Die nächsten fünf summte ich fröhlich den neuesten Werbeslogan:“ Hey ist das ein Ding, das hat Drive das hat Swing, bleib im Leben nicht steh’n, lass uns frischwärts geh’n. Coca Cola ist Coke!

Später dachte ich mir:“ Scheiße, wenn’st das schaffst gehs’t zu den Marines.

Scheiß Zeit, kein Handy, keine Mami die dich mit dem Zweitwagen einsammelt. Papa hat keine Zeit, der braucht den Porsche geschäftlich.

Also Zähne zusammenbeißen, ein Indianer kennt keinen Schmerz. Der kannte aber auch kein Fahrrad ohne Luft im Vorderreifen.

Nach den letzten qualvollen Kilometern schob ich mein Fahrrad bei meinen Fußballspielenden Kumpanen vorbei.

„Spielst mit?“

Im Winter geht der Mann von Welt Schi fahren. Eines Tages spazierte ich mit meiner Mutter die Fasangasse entlang und erblickte in der Auslage eines bekannten Sportgeschäftes den Aushang: „Skitagesfahrten, fuffzig Schilling“.

„Da fahr ich mit.“ Da mir meine Mutter langsam alles zutraute meldete sie mich an. Ich war zehn.

Nächsten Morgen um sechs Uhr schnappte ich meine Schi und schlenderte, eher schlitterte, unter dem Gewicht der Schi zum Abfahrtstreffpunkt. Ich setzte mich vollkommen cool in den Autobus, wo mich einige Fahrgäste, besonders die weiblichen etwas verwundert musterten. „ Wo ist denn deine Mami?“ „Zuhause.“

Dann ging’s los. „Will’st Soletti, will’st eine Schokolade?“ Der Beschützerinstinkt war ausgebrochen. Der arme Bua. Mir war es recht, ich futterte was ich bekommen konnte. Es war mir echt rätselhaft, warum sich alle so um mich sorgten. Auf der Piste, vermutlich nach einigen diskreten Hinweisen beschäftigte der Schilehrer (war im Preis inbegriffen, braucht ka Hund), sich großteils mit mir. Nach zwei Stunden als ich die so genannten „Fortgeschrittenen“ langsam ziemlich alt aussehen ließ, gab er endlich Ruhe.

Mittagessen auf der Hütte. Wieder leichtes Getuschel mit der Hüttenwirtin. „Einmal Frankfurter bitte.“ „Und zu trinken?“ „Brauch‘ ich nicht.“

Müßig zu sagen das ein Cola automatisch mitgeliefert wurde. Bezahlen, Ha, Ha.

Nach Kursende freies Fahren. Der Schilehrer schenkte mir alle Liftfreifahrten die er zu Verfügung hatte. Da ich für den Schlepplift noch etwas zu leicht war, schwebte ich meistens ein, zwei Meter über der Piste. Auch kein Problem, oben sprang ich einfach ab. Heimfahrt. Mich wunder es noch heute, dass auf der Fahrt im Dunkeln keine mit mir geschmust hat.

Heutzutage begegnet man so vielen unfreundlichen Idioten. War früher wirklich alles anders, oder war ich nur kleiner?

Winterferien in Waldegg, im Siemens Erholungsheim im Piestingtal, sehr idyllisch. Ein altes Jagdschloss für gestresste Mitarbeiter, damals mein Vater. Zehn Kilometer entfernt, die Bluatalm, mit einem urigen Gasthof, wo sich der Herr Papa und seine urigen Arbeitskollegen sich die Obstler in den Hals schütteten. Ich konnte mir damals nicht vorstellen in meinem Leben auch nur einen Schluck von diesem Scheißzeug zu trinken. (Alles ändert sich.)

Mir wurde es auf jeden Fall zu blöd. Ich beschloss mich auf den Heimweg zu machen. Natürlich bergab, quer durch den nächtlichen Wald, wie es sich für einen richtigen Exzentriker gehört. Juchhe, bis zum Bauch im Pulverschnee! Im Dunkeln hatte ich mich schon immer wohl gefühlt, doch nach einer Stunde kamen mir leichte Bedenken. Stockdunkel, eiskalt, kein noch so kleines Lichtlein zu sehen. Als es auch noch zu schneien begann, dachte ich mir, he Junge du hast noch viel vor im Leben. Auf jeden Fall einmal einen eigenen Sohn. Ich kämpfte wie ein kleiner Sibirischer Berglöwe und natürlich schaffte ich es. Nur drei Kilometer vom Ziel entfernt. Ich musste nur noch die verschneite Bergstraße „hinauflaufen“ und erblickte schon die ersten Lichter.

Eigentlich hatte ich im Leben immer Glück, manchmal aber auch Ärger.

Z.b. Silvester in Waldegg/Wopfing im schönen Siemens Erholungsheim. So zirka eine Stunde vor Mitternacht, wieder einmal alles angesoffen, wofür ich absolut kein Verständnis hatte. Als der Heimverwalter meine Mutter umarmte, (auf der rechten Titte, was sie bis heute bestreitet), reichte es mir.

Ich warf mich in meine „Schidress“ und zog meine, zwar gebrauchten, ersten Schnallenschischuhe an. Selbstverständlich in eigenhändig geputzten schwarzen Leder. Ich holte meine brandneuen Metallschi (Blizzard Fan, mit denen ich noch berühmt werden sollte) aus dem Skikeller und stapfte durch den nur vom Mondschein erhellten Schnee.

Jeder fragt sich jetzt natürlich, wie wird der Trottel mit seine deppaten Schi berühmt?

Und zwar so. Einige Jahre später, Handelschuleschikurs. Meine Ski, kampferprobt, aber ziemlich zerkratzt, gedachte ich zu renovieren. Ich borgte mir eine Schleifmaschine aus und schliff das noch verbliebene Firmenlogo ab, dass nur die silbermetallice Oberfläche übrig blieb. Anschließend überzog ich sie mit einem Klarsichtspray.

Perfekt. No Name Ski. Sicher die einzigen auf der ganzen Welt.

Man muss dazu sagen, es war die Zeit als Karl Schranz bei den Olympischen Spielen wegen Werbung gesperrt wurde.

Als ich bei meinen Klassenkameraden damit aufkreuzte, waren sie die Sensation. Warum, wie viel und außerdem und überhaupt.

Blödes Volk. Apropos Blödes Volk. Ich stapfe ja immer noch durch den Schnee zur nächstgelegen schräg‚n Wies‚n.

Zwanzig Zentimeter Neuschnee, Mondlicht, und das blöde Volk säuft und feiert. Um zwölf Uhr im Feuerwerksschein Schifahren. Traumhaft.

Es wird wieder wärmer. Ich mache mir Gedanken bezüglich meines Sommeroutfits. Beim Schöps auf der Simmeringer Hauptstraße werde ich fündig. Ein lila T-Shirt mit Knopfleiste. Ich probiere in der Umkleidekabine, - sharp dressed Men. Auf dem Weg zu Kassa erblicke ein Designerstück in Rosa. Mein Weltbild gerät ins Wanken. Kein Geld mehr, welches nehmen? Ich probiere das Rosa in der Kabine und Gott Vater schickt mir eine Eingebung. Ich ziehe das lila T-Shirt sorgfältig drüber und bezahle bei der Kassa. Das die Damen nichts gecheckt haben erscheint mir heute unglaubwürdig, aber der liebe, klane Bua. Angeblich ahmen heute Millionen Ladendiebe meinen Trick nach.

Eigentlich war ich ein Frauenhasser. Ein Damenabfahrtslauf im Fernsehen brachte mich dermaßen in Rage, dass ich nur knapp einer Tachtel meiner Mutter entkam: „Weiber können nicht Skifahren!“ Und außerdem und überhaupt.

Heute als „greiser“ Mann, gehen mir die „Weiba“ eigentlich schon wieder am „Oasch.“

Das erste Mädchen, für das ich eine undefinierbare Sympathie empfand, lernte ich auch in Waldegg/Wopfing kennen. Evelyne R., lange blonde Haare, nett, bildschön und zwei Zentimeter größer als ich. (Das blieb leider so. Wenn ich sie heute vielleicht noch einmal treffen sollte, - hoffentlich nicht.)

Sie saß tagsüber einsam vor dem Radio und wusste mit sich selbst nichts anzufangen.

Ich, außer Schifahren auch nicht. Also fasste ich allen Mut zusammen, ich war damals ungefähr zwölf und sprach sie an: „Hallo.“ Freundlich kam es zurück: „Hallo.“

Da wusste ich: Du hast gewonnen! War doch gar nicht so schwer. Wir spielten Tischtennis, machten Rodelpartien. Ich verzichtete aufs Schifahren! So fängt jeden Mannes Untergang an.

Aber wir fühlten uns seltsam von einander angezogen. Ich spielte im Geiste sämtliche Variationen, wie ich sie am besten küssen könnte durch. Doch es ergab sich keine richtige Gelegenheit. War eben kein Universal Picture Film, in Farbe und Cinemascope. Scheiße.

Aber sag niemals nie. Zum Abschied machten wir einige Schwarz-weiß Bilder und konnten uns beim Abfahrtstrubel nicht einmal verabschieden.

Das war`s also. Nau wirklich nicht. Mein Freund Gerhard B. erzählte mir, ich fünfzehn, er siebzehn, mit Absicht, ganz beiläufig, er hätte eine neue Freundin die gut ficken könne. Ha, Ha, wer`s glaubt.

Eines Tages gestresst vor lauter Langweile besuchte ich ihn.

Die Türe nicht versperrt, wie immer, betrat ich in die Altbau-Erdgeschoß vierzig Quadratmeterwohnung. „Gerhard?“

„Kum glei.“ Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich öffnete die Wohnschlafzimmertüre. Sie die Füße in der Höhe, der Kerl steckte wirklich. Nach fünf Minuten. Aueöööö. Leicht verschwitzt, ohne G`wand kamen sie heraus. Sie, ein Zombie wie man ihn selten sieht: „Ich kenn‘ dich, du bist der Erich. Das nächste Mal neh’m ich meine Schwester mit.“ Da ich mit Zombies nichts am Hut hatte, dachte ich mir nur, Herr lass diesen Kelch an mir vorüberzieh’n.

Doch ich wurde angenehm überrascht. Die Schwester war die bildhübsche Evelyn, die Urlaubsbekanntschaft aus dem Siemenserholungsheim in „Wopfing“.

Ich war damals schon ein recht smarter Typ und als sie mich sah, war die Anziehungskraft beinahe spürbar, uns trennten lediglich zwei unbedeutende Zentimeter. Dabei habe ich mir solche Mühe gegeben zu wachsen. Das lange Luder muss sich noch mehr angestrengt haben.

Aber mit mir nicht. Zum Abschied fasste ich sie an den Schultern und drehte sie zur abschüssigen Seite des Gehsteiges. Dann schmuste ich sie nieder. Sie war das genaue Gegenteil Ihrer Schwester, aber sie war mit voller Hingabe dabei. Na, ja, darauf hat sie auch drei Jahre warten müssen.

Sie war wirklich ein tolles Mädchen, leider verlor ich sie aus den Augen. Aber ich habe noch Hoffnung. Da die alten Weiber bekanntlich „In die Erde wochs`n“, vielleicht treffe ich sie im Altersheim.

Mit vierzehn, dem Mick Maus Alter entwachsen, musste ich es mir eingestehen: Alles dreht sich um die Weiber. Viel Geld, gut aussehen, Auto, Motorrad, bei einer Band spielen, alles nur zu dem einen Zweck – einer schönen Frau zwischen die Füße greifen zu können.

(Heute mach ich das ganze für mich selber. Einen Sohn habe ich schon und langsam werde ich hässlich.)

Eigentlich habe ich diesen Aufwand nur getrieben, um Nachwuchs zu bekommen, der es leichter als ich im Leben hat. Dieser schnupft das Kokain dann sicher unzenweise. Na ja, wenigstens bekommt er nicht ungerechtfertigte Schläge vom Schicksal, Vater, etc. Auf jeden Fall lebe ich in ihm, ein bisschen weiter.

Blödsinn. Vielleicht ein klein wenig in den Genen?

Musikalisch kommt der große Durchbruch. Ich kaufe von Gerhard, dem Ripperl, eine Wandergitarre, die er bei den Pfadfindern gefladert hat, um satte einhundert ÖS.

(Der Name Ripperl, entstand aus dem Dialog - Gerhard du Ba (Bein), Ripperl wenn ich bitten darf ! ) Das alte Tonband meines Vaters funktionierte ich zum Verstärker um, Mikro in den Gitarrenkorpus und das Ding pfeift wie Sau. Am Sonntagabend liege ich auf dem Kofferradio, einen Polster über den Schädel und lausche Hitparade und versuche sie auf der Gitarre nachzuäffen. Mit mäßigen Erfolg.

Die „Musikbox“ um Drei auf Ödrei hat progressive Melodien, aber die spielen in einer anderen Gitarrenliga. Im Arenbergpark spielen einige, aber die wenden sich ab, damit man ihnen ja nichts abschauen kann. Ich playe oft drei Stunden, trete aber auf der Stelle, ohne es zu merken. Das sollte sich erst änderte als ich einen gewissen Manfred, Künstlername Alvin Woodcock (Albert“ Waldschnepfe“) kennen lernen sollte.

Aber vorher ging ich noch in einen Club. Der Club für Dich. Eigentlich als Rekrutierungsanstalt für Jungsozis geplant, entwickelte er bald ein Eigenleben. Jeder im Alter so um die vierzehn bekam die Werbebroschüre der Sozialisten. Nau, schau mas sis hoit au, am Fiakerplatz, im Dritten Bezirk. Wir waren angenehm überrascht, nach kurzer Begrüßung wurden die Fenster abgedunkelt und die Sozihausband begann zu spielen und gar nicht so schlecht. Endlich konnte ich mir etwas abschauen, das ich einen der Jungs gefragt hätte, ob er mir etwas zeigen könne, war ich mir zu stolz, ich erzählte lieber den Mädels, ich spiele auch. Wir shakten uns weg, doch eigentlich warteten wir bis es noch dunkler wurde, denn da wurden die langsamen Lemodien gespielt. Man spürt sofort die Befindlichkeit der Dame.

Das sich die heutige Jugend, das von der Plattenindustrie aus der Hand nehmen ließ, ist mir unerklärlich.

Unsere Eltern bzw. die ländliche Bevölkerung, die kannten sich aus.

Da können sich die Hipp Hop, Rave Label brausen gehen.

Nach dem musikalischen Abtasten Hand in Hand nach Hause begleiten, auch wenn sie am Arsch der Welt wohnt, im Hauseingang schmusen, schauen wo die Titten sitzen. Nix cool, sondern etwas um das die Enkerl dich beneiden.

Eine Fahrt mit der Straßenbahn, die Band spielt über die Gesprächsanlage. Jedes Mal wenn ich in die BIM einsteige denke ich, das könnt ma` doch wiederholen. Aber keiner hat Ideen, nur Currywurst, warum nicht Chilly oder Bockbierwurst?

Wir mieten einen Bus, fahren ins Burgenland. Unsere Band geigt auf, die besten Tänzer werden „prämiert“.

Da ich ein Rhythmusmensch bin, gewinne ich eine Platte, meine bildhübsche Partnerin nicht. Sie verlässt mich. Nicht die erste, sicher nicht die letzte. Viel mehr würde mich interessieren, wo meine Platte sich heute befindet. Flohmarkt, ein Euro?

Mein rothaariger Nachbar Franz M., nicht zu verwechseln mit Franz K., dem Arschloch, mit dem ich beim Wiener Sportklub Fußball spielte. Nebenbei gesagt Sportklub, Rapid, Austria waren die Führungsmächte. Ich weniger erfolgreich, da ich es hasste, wenn mich ein schweißnasser Kontrahent berührte. Ich war ein Techniker, trotzdem musste ich mir Vorwürfe gefallen lassen, z.b. bei einem wichtigen Match falsch eingeworfen, etc., diese Fanatikertrainer konnten einem jungen Mann jede Freude nehmen. Ich ging lieber ins Stadionbad und verließ den Sportklub.

Seitdem spielen sie in der zweiten Liga.

Also, Franzi fragte mich, ob ich mit zum fünf Uhr Tee ins Chatanooga gehen möchte. Für Franz vier Jahre älter, nichts besonderes, für mich die erste richtige Disco. Ich hatte vor kurzem ein neues, schwarzes, discolookmässiges Hemd erstanden, zwar noch etwas zu groß, doch Ärmel kann man ja aufkrempeln. Ich war jedenfalls bestens ausgestattet als ich den Discotempel betrat. Alle Mädels ca. drei Jahre älter und mindestens gleich groß. Ich dachte, no Chance. Ich beobachtete die Mädchen ganz genau, jedes Mal wenn eine aufstand, stand ich auch auf und machte den Größentest. Endlich hatte ich eine Nette entdeckt und Club für Dich erprobt, wollte ich „Gestatten“ sagen, doch sie war schon aufgestanden. Das war einfach. Ich schleppte sie auf die Tanzfläche, konnte mich aber nicht überwinden auch nur ein Wort zu sagen. Sie wird sich gedacht haben, lieb, aber ein Trottel, bestenfalls ein schüchterner Trottel. Dafür hatte ich mein Selbstbewusstsein gestärkt. Erster Discoauftritt und keine einzige Abfuhr.

Kein Wunder, ich hatte meinen eigenen Schneider, oder so ähnlich. Ein Jeansgeschäft auf der Landstraße, hatte die Hose meiner Wahl nicht in meiner Größe, „kein Problem wir haben die Fertigung im Haus“ meinte die nette Verkäuferin. Seit diesem „Aha- Erlebnis trage ich Maßhosen, mit der größten Glocke von ganz Wien. Habe ich mir verdient, denn sämtliche Freunde von mir, kauften jetzt ebenfalls in diesem Geschäft. Umsatzbeteiligung wäre nicht schlecht gewesen, aber man will ja nicht unverschämt sein.

Gerhard T., Mittelschulabbrecher kaufte sich ebenfalls seine Beinkleider in diesem Geschäft. Er war trotz kompletter Unzuverlässigkeit einer meiner besten Freunde geworden. Er hatte ein eigenes Zimmer, wir konnten ungestört die neuesten „ Black Sabath“ Hits in angemessener Lautstärke hören. Bei allen Unzulänglichkeiten, war er aber noch „sierig“ dazu. Er hatte Zahnweh, schmiss zwei Aspirin ein, als es ihm besser ging, bekam er Durst und soff einen Liter Cola, mir hinterließ er ein achterl. Innerhalb von zehn Minuten sah er aus wie nach sechs Vierterln Veltliner. Kohlensäure verstärkt die Wirkung jedes Medikaments.

Ich dachte, recht geschieht dir, gierige Sau, aber das merk ich mir, kann man bei den Mädeln vielleicht einmal brauchen.

Da Ferien waren schlug mir Gerhart T. vor, zu ihm nach Neckenmarkt ins Burgenland zu kommen. Seine Eltern hatten auf diesem schönen Flecken Erde so etwas ähnliches, wie ein Bauerhaus geerbt. Sein Vater war Buschaufeur, also düsten wir gratis mit dem Dr. Richard Bus in den Süden. Sein Vater war auch Jäger und gleich am ersten Tag kam die Nachricht: „ A Dachs is im Droat ! (Roggen)

Wir fungierten als Treiber. Ich hörte neben mir ein heiseres Pfauchen. Kurz darauf schlug es schon ein. Für meine Begriffe etwas zu knapp.

Ich dachte eigentlich, ein Dachs ist so etwas Ähnliches wie ein Eichhörnchen. Wer schon einen ausgewachsenen Dachs gesehen hat, weiß es besser. Ein Fuchs ist ein nettes Tier gegen so einen Killer.

Gerhard hat eine neue Freundin. Große Titten, aber etwas blöd. Zu dritt besuchen wir das Panorama Kino am Praterstern, unter der Schnellbahn, auch Geschichte. Es wird „Mein Name ist Nobody“ gegeben. Nach der Vorstellung erklärt sie uns: „A „Fescher“ is der Terence Hill, oba da Filmtitel „Mein Name ist Novotny“ is blöd.“ Na,ja.

Nächsten Tag beschlossen wir Autostopp nach Deutschkreuz ins Bad zu fahren. Wir waren richtige Profiautostopper. Als ich endlich den Daumen zaghaft nach oben hielt, schleifte sich sofort ein Burgendlandkäfer ein:

„Woit´s ins Bod Buama, gö. Jo heit is haß.“ Zu jener Zeit has´t im Burgenland kein eigenes Auto gebraucht.

Ein Top modernes Bad, brandneue Straßen, ein sozialistischer Landeshauptmann eben. Im Bad neue Wurlitzermusikbox mit neuer Stonesscheibe „Gimmie shelter“. Sogar die Mädchen waren ziemlich neu, für uns zu neu. Wir beobachteten sie, dass sie mit Taucherbrillen ausgerüstet, immer um den Sprungturm kreisten. Ich fragte ein Mädchen, ob sie mir die Brille kurz borgt. Mein Erstaunen war groß, als vom Sprungturm eine blade Tussi ins Wasser einschlug. Die Bikinihose zog es ihr bis zu den Knöcheln hinunter. Die Mädchen hatten ihre eigene Peep-Show. Für den restlichen Tag behielt ich meine Badehose im Auge.

Am Abend fuhren wir ins Kino nach Horitschon. Ein völlig neues Kinogefühl. Jeder zweite Horitschonbersch hatte statt Popcorn einen Doppler in der Hand, das Rondell-Raucherkino hatte im Vergleich, klare Gebirgsluft. Die Mädchen quietschten wie abgestochen, warum weiß man nicht. Es war kein Wort zu verstehen, doch aufzustehen und zu gehen, wäre einem Todesurteil gleichgekommen. Ich fragte Gerhard: “Warst du noch nie im Kino?“ „Mir gefällt`s.“

Zurück in Wien sahen wir auf einer Litfaßsäule das Plakat der Plakate. Erste Opern Ar Konzert in Wien, Wasserwiese, alte Donau. Woodstock in Wien!

Zum ersten Termin nieselte es leicht. Ein drei Zentimeterzettel am Eingang. Abgesagt. Zweiter Termin, detto.

Der Zettel etwas kleiner. Vermutlich gab es Schwierigkeiten mit der riesigen Verstärkeranlage beim Zoll. Dritter Termin. Gerhard wollte streiken, ich wollte Woodstock sehen.

Einige langhaarige Typen schlurften übers Gras. „Na geht doch.“ Wirklich wahr, Bands wie „Marihuana geigten mit zwei Schlagzeugern auf. Ich war begeistert. Die Veranstaltern vermutlich weniger, geschätzte zwanzig, zahlende, oder auch nicht, Besucher. Trotzdem ich hab´ ich das erste Donauinselfest gesehen.

Irene W. eine Schülerin, einmal ums Eck, hatte die größten Titten ihrer Truppe. Nach mehreren Anläufen gelang es mir sie ins Kino abzuschleppen. Die Nutte ließ sich nicht küssen, vorsichtig auf die Fut greifen schon. Je mehr Interesse ich zeigte mit ihr zu schmusen, desto mehr Ausflüchte. Mir wurde es zu blöd. Jetzt hatte sie richtigen Liebeskummer. Mit mir nicht.

Es war Winter geworden, als sie mich stellte: „Gehst mit Eis laufen?“ „Kein Geld.“ Sie großzügig: “Ich zahl´s!“

Wir trafen uns am Rennweg, sie ihre kleine Schwester im Schlepptau. Ich wollte schon umdrehen, doch umsonst ist umsonst. Wir drehten am Wiener Eislaufverein also unsere Runden, sie hängt sich ein, richtig zutraulich. Die jungen Mädchen wollen spielen, üben. Am Heimweg kurz vor ihrem Hauseingang trabte die kleine Schwester plötzlich an, wie ein Esel vor dem Heimatstall.

Gedämpftes Licht der Straßenlaternen, es schneite leicht und ich zog sie an mich heran und küsste sie. Aus war´s, wir Jungen wollen auch spielen.

Vierzehn, Waldegg, frisch angekommen sichtete ich das weibliche Material. Entsetzlich.

Als ich mich eben damit abgefunden hatte, biegt ein haarneuer BMW in die Einfahrt, reduziert sich auf Null, die Türe öffnet sich, heraussteigen zwei Titten wie Melonen. Groß, lange blonde Haare, einen richtigen Arsch, eine Vollfrau. Monika J., siebzehn. Ihr Freund, Riesenschnauzer, lange schwarze Haare, furchteinflößend. No Chance, oder do?

Der Verwaltersohn, neunzehn und einige sechzehn, siebzehnjährige probierten es mit allen Mitteln bei ihr. Ich ging mit ihr Minigolf Spielen.

Eines schönen Sommerabends saßen wir auf einer Bank vor dem alten Jagdschloss. Ich hatte mir von meinem Vater eine Zigarette organisiert und rauchte sie mir an. „Hast für mich auch eine“? Fragte sie mich mit einem Tonfall, dass mir im Dunkeln die Ohren rot wurden. „Hab‘ leider nur die eine. Aber wir könnten sie zu zweit rauchen.“ „Wie denn?“ „Ich blase dir den Rauch in den Mund.“ Trick siebzehn. Gewonnen. Die anderen waren anscheinend noch zu unerfahren im Umgang mit richtigen Frauen. Anschließend kugelten wir vierzehn Tage im Wald herum, Eis essen, Kino. Ein schöner Urlaub.

Als ich sie später einmal anrief, meinte sie ich soll sie besuchen, ihr Freund ist geschäftlich im Ausland. Bei dieser einmaligen Gelegenheit erzählte sie mir, sechs Zecken hätten sie damals gebissen. Mich keine Einzige. Also doch ein Erfolgserlebnis.

In der „Echtzeit“ ist es schon wieder Winter geworden. Die Zeit vergeht schnell, wenn man sie mit Baden, Rockkonzerten, Saufen, Ficken, philosophischen Betrachtungen und Rückblicken verbringt.

Zurück in die Vergangenheit.

Es ist ein strenger Winter. Eigentlich könnte ich im Keller Holz hacken. Holz hacken ist einfach. Ein Stück Rundholz auf den Holzpflock, ordentlich ausholen, Holz spalten. Ich schlage etwas zu kurz, spalte Rundholz und Pflock, die Hacke saust auf mein Knie, Gott sei Dank mit der Flachseite. Ich falle auf den Holzpflock und bin einige Sekunden bewusstlos. „Mit großer Sorge“, betrachte ich mein Knie. Seltsamerweise noch ganz, nicht einmal zertrümmert. Glück gehabt, relativ. Ich hinke aus dem Keller, dass Knie wechselt in den nächsten Tagen die Farben. Ich kann Hacken nicht leiden.

Eine technische Innovation ohne Gleichen, entschädigte mich für meine Schmerzen. Als ich hinkend die Kölblgasse entlang schlurfe, erblicke ich einen Fernseher im Erdgeschoss. In Farbe! Obwohl angekündigt, haut es mich von den Socken, - ein Kino zu Hause. Ich erkläre meinen Vater, er soll den alten,

schwarz-weiß Scheiß in den Mistkübel werfen, alle seine Siemensarbeitskollegen haben sicher schon einen „Farbigen“. Das überzeugte, bald hatten wir auch so ein Wunderding. Natürlich von Siemens.

Siebzehn. Waldegg ist auch im Sommer schön. Ein herrliches Waldbad und herrliche nach Heusonnenöl duftende Mädchen. Eigentlich wollte ich baden gehen, als sich meine bis heute drei besten Freunde ankündigten. Ich holte sie vom Bahnhof ab und zeigte ihnen sofort den hiesigen „Supermarkt“. Waren aller Art, von der Milch bis zum „Taschenfeitl“. Lebensmittel Kuderer, mit dessen bladen Sohn ich im Winter immer Schifahren, bzw. Skispringen ging. Wir sprangen im zarten alter von zwölf Jahren gemessene zehn Meter weit!

Der Lebensmittel „Kuderer“ hatte wirklich alles. Wir nahmen zwei Flaschen Rum. Nach einigen Bieren im rustikalem Gasthaus Moser war es dunkel geworden und wir beschlossen mit unseren zwei Bottles zum Waldbad zu wandern und die Nacht auf den Liegen zu verbringen. So wanderten wir zuerst querfeldein und reduzierten den Rum. Ich hatte für jeden eine alte, braune Wolldecke mitgenommen und als es kühler wurde, wir näherten uns bereits der Straße, zogen wir sie uns über den leicht alkoholisierten Schädel. Vier taumelnde Franziskanermönche zogen des Weges. Aus Spaß wurde „Ernst“. ( Unser späterer Schlagzeuger Ernstl ist also aus Spaß an der Sache gezeugt worden) Neben uns bremste sich mit quietschenden Reifen die Gendarmerie ein: „ Wos is, wohin, Ausweise!“ „Wir wohnen im Siemensheim.“ Da, das Erholungsheim die einzige „Tourismuseinahmequelle“ der Ortschaft war hieß es sofort: „Ah so. Pfieat eich.“ Seltsam. Da wir zu besoffen waren, um über die Mauer des Bades zu klettern, beschlossen wir im gegenüberliegen Wald gegen einen Baum gelehnt, uns zur Ruhe zu begeben. Nächsten Tag schleppten wir uns zuerst zur Zugstation, ich anschließend die vier Decken in die Unterkunft.

Doch es war ein viel zu schöner Tag um zu schlafen. Also Badehose, Leiberl, Jean und retour ins Bad. Die Mädels waren auch schon wieder versammelt, leider, da Sonntag, mit Ihren zirka zwanzigjährigen Holzfällertypen. Ich damals sechzehn, athletisch, Boy-Group Gesicht, kein Holzfäller. Kräftemäßig nicht schlecht, aber eben kein Holzfäller. Ich entrollte mein Badetuch im Respektabstand von ungefähr zehn Meter. Natürlich bekam ich mit, dass die Mädels von den seichten, bzw. handgreiflichen Schmähs nicht sehr beeindruckt waren. Links neben mir war volle Action, so dass ich Anfangs gar nicht registrierte, dass meine Nachbarin unaufhaltsam auf mich zuwanderte.

Als sie nur noch einen Meter von mir entfernt war, blickte ich kurz auf die Arbeitsbodyboulder und sagte: „Geh’n wir?“ Sie nickte unmerklich und drei Minuten später waren wir verschwunden. Da sie recht hübsch und angenehm war, kam es zu leichten Übergriffen. Mehr nicht, ich verbau mir doch nicht die Zukunft.

Die Beziehung zu meinem Vater ist etwas ambivalent, als kleiner Mann stemmte ich ihm ein Loch in die Balkonwand, da er im Badezimmer mit dieser Arbeit (wir bekamen eine neue Badewanne), beschäftigt war. Ich wollte ihm helfen. Seltsamerweise fiel kein strenges Wort. Vermutlich war er mit Ausbesserungsarbeiten im Stiegenhaus zu sehr beschäftigt. Er hatte etwas zu kräftig gearbeitet und die Wand zum Stiegenhaus durchbrochen. Die hastige Gipsarbeit und das mit Wasserfarbe nachgezeichnete Muster amüsierte, mich noch Jahrzehnte.

Mein Bruder und ich waren bei Korrekturarbeiten sorgfältiger. Nach einer Polsterschlacht klebten wir den zu Bruch gegangen Luster so kunstvoll, dass der Schaden Jahrzehnte unentdeckt blieb.

Auch mit meiner Luftdruckpistole perforierte ich unabsichtlich eine Wand, es blieb ein Mysterium.

Eigentlich konnte man mir nie etwas nachweisen, meine nicht zu knappen „Watschen“ konsumierte ich immer ungerecht.

Mein Bruder war und ist ein Nachtmensch. Als er nach einem Cafehausbesuch nicht zeitgerecht zu Hause war, zog er sich den Zorn meines Vaters zu. Als ich meinte, “kommt er halt ein bisschen später“, kassierte ich die Prügel.

Fünf Minuten später erschien mein Bruder, unbehelligt.

Mit vierzehn klebte ich ein Poster von Beatle George Harisson über mein Bett, ja, ja, ich hätte auch gerne ein eigenes Zimmer gehabt. Der langhaarige Gammler missfiel meinem Vater:“ Obe damit!“

Aus Trotz klebte ich Frank Zappa auf. Mein Vater: „Den kannst lass´n, der schaut a biß´l in Opa ähnlich.“

Ich habe lange überlegt ob ich diese Geschichte schreiben soll. Sie bezieht sich auf das Verhältnis zu meinem Vater.

Mit elf Jahren, damals hatte ich mir geschworen mir alle Fehler meines Vaters zu merken und meinen Sohn völlig anders zu erziehen.

Er hat immer brav das Geld Nachhause gebracht. Originalaussage.

So kann man es auch sehen, ich sah es mit Kinderaugen. Diese Geschichte hätte wirklich etwas früher angesiedelt gehört, doch der Gedächtnisverlust meines Schlepptops etc.

Im zarten Alter von acht Jahren hatte ein Kampfgefährte von mir die

„ultracoole“ Idee ein Stück Erde nach mir zu werfen. Natürlich folgte sofort „Abwehrfeuer“. Einige Kameraden mischten sich ein und es folgte eine wahrlich erdige Schlacht, die erst in Friedensverhandlungen überging, als unser Hausmeister brüllte: „ Schleicht’s eich, Rotzbuam!“ Mit den aufmunternden Worten, „Wenn’s regnet is eh‘ wieder alles rein.“, verabschiedeten wir uns.

Als ich nach Hause kam wusch ich mir mit kaltem Wasser die Hände, leider verblieb ein Teil der Erde im Handtuch, aber ich fand, dass ich wieder recht passabel aussah. Mein Vater war da anderer Meinung. Er hatte gesoffen und war schlecht aufgelegt, da er niemand seinen harten Arbeitstag als Betriebsrat bei Siemens mitteilen konnte. Meine Mutter war damals Schichtarbeiten in einer ätzenden Plastikfabrik, bis zehn Uhr nachts. „ Zeig mir deine Hände: Dreckig!“ Dabei schlug er mit seinen Händen mit voller Kraft auf meine „Patschhandi“. „ Waschen, heiß!“ Diese Prozedur wiederholte sich, ich weiß nicht wie lange. Jeder kann sich vorstellen, wie es ist, wenn man auf frischgewaschene, heiße Hände geschlagen wird.

Ich weiß es sehr gut, auch heute noch und es ist nur ein sehr kleiner Auszug der damaligen Erlebnisse.

Damals war ich mir sicher, diese Rechnung wird er begleichen müssen. Aber das ist gar nicht so einfach.

Als ich ihn in seinen letzten Lebensjahren bei einem gemütlichen Achterl Wein darauf ansprach, begann er zu weinen. „Ich hab‘ das Geld immer brav nach Hause gebracht!“ Am liebsten hätte ich ihm eine geknallt, aber irgendwie tat er mir leid.

Mit achtzehn in den Krieg, mit sechsundzwanzig aus der Gefangenschaft nach Hause. Wenn ich seine Jugend, mit meiner vergleiche, sieht manches anders aus. Trotzdem. Gut, die Rechnung ist beglichen.

Mein Freund Gerhard B., ein Scheidungskind erzählt mir einmal, dass er keine Wert darauf lege, seinen Vater je zu sehen:“ Er hat sich nicht um mich gekümmert, jetzt kümmere ich mich nicht um ihn!“ Irgendwie fand ich das falsch, doch wenn sich meine Eltern scheiden hätten lassen, wäre ich froh gewesen.

Mein Vater ist schon vor einigen Jahre gestorben, hier verewigt, Amen.

Mit dem Zug fahren hatte ich, wie bereits erwähnt, so meine Schwierigkeiten. In den Weihnachtsferien beschloss ich meine Cousins bzw. Cousinen, im Marchfeld zu besuchen. Für diese kleine Weltreise wählte ich den Zug. Am Bahnhof kaufte ich mir das Ticket und machte es mir im Abteil bequem. Während der Fahrt betrachtete ich gelangweilt die flache Landschaft, bis in der Station Marchegg, oder so ähnlich, mich der Schaffner fragte, ob ich meinen Reisepass eh‘ nicht vergessen hatte. Ich war an der damaligen Tschechoslowakischen Grenze! „Ich glaub‘ ich bin ein bisschen zu weit gefahren.“ Der Schaffner kratzte sich am Kopf: „Nau jo, in zehn Minuten geht ana retour.“ Ich sondierte meine Barreserven, doch er meinte: „Los geh, i sog scho Bescheid.“

So erreichte ich, mit einem kleinen Umweg Untersiebenbrunn, tiefste Provinz, dreißig Kilometer von Wien. Meine Cousins empfingen mich enthusiastisch und meinten: „Ziag au de Schlitscha, mir gegan Eisogei spü’n.“

Ein Dolmetsch erklärte mir, Schlittschuhe und Eishockey. Wir spielten einige Stunden auf dem zugefrorenen „Stempfelbach“, damals ein Rinnsal von maximal zwei Meter Durchmesser. (Heute durch den Marchfeldkanal angeblich ein richtiger Fluss). Nach dem Spiel wankte ich todmüde ins Haus, wo mein Cousin mir erklärte: „ De Weana, nix hoit’ns aus, schau ma obst no a Kroft host.“ Er reichte mir eine alte Zeitung. „Zsaumdruck’n, so fest und so lang eust kauns’t!“ Das konnte ich als stolzer Großstädter natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Ich drückte die Zeitung eine Viertelstunde, so fest ich konnte. Mein lieber Verwandter nahm mir die Zeitung aus der Hand: „Supa, sche wach. Jetzt kaun‘ i endle scheissen geh.“

Langsam wurde es ernst im Leben und ich musste mich entscheiden in welche Richtung ich meine Karriere starten wollte. (Mein Bruder wurde seinerzeit bei der Berufsberatung mit folgenden Satz empfangen: „Was interessiert sie eigentlich außer umherspringen noch?“) Ich hatte feste Vorstellungen, machte die Aufnahmeprüfungen für die Handelsakademie am Hamerlingplatz und die Technische in der Schellinggasse. Jetzt konnte ich alles werden.

Da ich ein rationeller Mensch bin, entschied ich mich für die Handelschule am Hamerlingplatz. Jetzt lernte ich endlich meine, auch heute noch, besten Freunde kennen, die mir ebenbürtig waren. Wir hatten die gleiche Lebenseinstellung, eine Jean, ein lässiger Pullover, genügten uns. Wer Markenklamotten trug, war für uns ein Arschloch.

Apropos rationell, ich saß grundsätzlich immer neben einem Mitschüler,

der in dem Fach in dem ich schwach war, besonders gut war. Leider fielen diese Intelligenzbestien alle durch.

Scheiß auf die Schule, interessanter ist wie meine Säuferkarriere begann. Einer meiner drei Freunde, bereits aus Waldegg bekannt, (Charly, „Pepsch“ und Leo), hatte die wüste Idee, sich vor den Nachmittagsmaschinenschreibstunden eine Flasche Whisky zu kaufen.

(Nicht zu glauben, ich habe sicher im Laufe meines Lebens zweitausend Flaschen gesoffen, trotzdem musste ich jetzt aufstehen und nachsehen wie man das Zeug schreibt.) Billa, ungefähr zwei Euro fünfzig. Ja,Ja die Inflation. Wir soffen im gegenüberliegenden Park unter stetig steigender Stimmung die halbe Flasche aus, den Rest verschenkten wir. Ich beherrschte das Kunststück, den Adamsapfel zu bewegen, ohne zu Schlucken. ( Vielleicht die anderen auch?) Heute muss ich es verlernt haben. Ganz schön bedieselt, hatten wir es in den anschließenden zwei Stunden recht lustig. Unsere Professorin saß auf ihrem Podium mit streng übereinander geschlagenen

Beinen, natürlich fiel ununterbrochen ein Kuli etc. zu Boden und wir schauten ihr von unten auf die Fut. Als sie noch meinte, „Sitzen sie gerade!“ und mir ihre recht ansehnlichen Titten in den Rücken drückte; war es mit meiner Beherrschung vorbei. Fr. Brotfresser: „Was ist den heute mit ihnen los?“ Als strenge Pädagogin wusste sie genau was los war.

Nach dieser gelungenen Premiere beschlossen wir, die Fusel Phase zu verlängern. Samstagabends war Treffpunkt am Südtirolerplatz, für jede Minute zu spät, eine in die Eier. Oder einen anderen hinterhältigen Trick, Z.b. verstecken. Wir ließen den zu spät gekommenen so lange stehen, bis er mit hängendem Kopf sich nach Hause begeben wollte: "Haben ja nur Spaß gemacht, HaHa.“ Unsere ersten Lektionen in Menschenführung. Fusel Pepsch wurde beauftragt eine Flasche Sprit zu besorgen.

In der Bim testeten wir zum Unwillen der anderen Fahrgäste das Gesöff. Auf der Kärtnerstraße, bei leichten Regen, ging’s dann auch schon los. „Schöne Frau, ich will Schirm. (schieben)“ Keine nennenswerten Reaktionen. Blöde Weiber.

Wir beschlossen zur Stärkung in den Trampergeheimtipp, „Stephanskeller“ einzukehren. Cevapcici mit Pommes, garniert, eineinhalb Euro. (Den Keller gibt es auch nicht mehr, auch kein Wunder.) Dazu angereichertes Cola. Wir beschlossen auf die Mariahilferstraße ins auch nicht mehr vorhandene GO zu fahren. Damals gemeinsam mit der Camera einen Rockspelunke. Durch die Drohung unseres Deutschproffesors, wenn er einen von uns, je in diesem Lokal erblicken würde, fliegt er von der Schule, wussten wir, dass er in eben diesem, nachts Vorlesungen hielt.

Zum eingewöhnen auf’s siebente Bezirksklima, setzten wir uns Mitten auf die Mariahilfestraße und warteten was passiert. Als uns sogar eine Funkstreife ignorierte, (vermutlich nicht bemerkte), okay, go in’s Go. Nach öffnen der Eingangstüre, wussten wir, das Geld für Hasch können wir sparen. Man konnte ja gratis mitrauchen. War nie mein’s, mir wird kotzübel davon. Eine Live Partie spielte laut, der Sologitarrist mit zwei Fingern. Als unser Professor, er stellte sich auf eine Stufe mit Handke und Turins, seine Vorlesung begann, meinte man im Publikum nach dem ersten Absatz: „Schleich dich, wir wollen Musik hören.“

Meine Augen tränten die Augen dermaßen, dass ich alle zehn Minuten an die frische Luft musste. Deshalb überredete ich meine Freunde, dem ersten Bezirk noch einmal einen Besuch abzustatten. Wir schlenderten die Mariahilferstraße entlang, und soffen dabei gemütlich die Flasche Whisky aus. Der letzte, vermutlich ich, warf sie in die Luft. Komischerweise kam sie auch wieder runter. Wir statteten dem ehrwürdige Stephansdom noch einen Besuch ab, aber als ich sah, dass Charly seinen Durst aus dem Weihwasserbecken stillte, wusste

ich es sofort: Wir haben kein Geld mehr. Film aus, bzw. Filmriss.

Auf unseren Bildungsweg lernten wir im Autobus, (13ener, damals noch ein Stockautobus wie in London), zwei perfekt aussehende Mädchen kennen. Ich, Daniela eine Halbfranzösin, Charly – Christine. Dantschi und Christl also. Da wir eine Schulstufe über ihnen waren und sie genauso wie wir ihre Aufgaben grundsätzlich im Bus schrieben, drängten wir sie, sich behilflich sein zu lassen. Leider waren wir keine große Hilfe, die Mädchen lernten anscheinend einen ganz anderen Stoff als wir. Oder so ähnlich. Mit einem Wort: Es ging nichts weiter.

Ohne jede Vorwarnung meinte jedoch Christine, dass sie sich am Samstag mit einigen Leuten in der Zeltgasse, im Haus der Jugend treffen würden. „Kommt‚s doch auch hin.“ Schau, schau.

Am Samstag treffen wir sie, mit einigen Typen quatschend, vor dem Eingang. Einer davon, ein Volltrottel der schon zweimal die Klasse wiederholen durfte, Basketballer, groß, älter und dazu noch ein Freund unseres Basketballstars Charly.

Da sich die beiden Mädels sich nur um uns kümmerten erregte seinen Unmut: „Schleicht‚s eich daun eh sche langsam?“

Ich bin der friedfertigste Mensch, habe noch nie jemanden belästigt, angestänkert oder provoziert.

Ich überlegte kurz und beschloss ihm eine aus Maul zu hauen. Ohne ein Wort zu sagen trat ich einen Schritt vor, doch Charly, der noch friedfertiger als ich war, hatte mich jedoch schon am Mantel arretiert. Unsere Kumpanen, Leo und Pepsch, ebenfalls mit von der Partie meinten ebenfalls: „Keine Frauen da, lauter Habara, wir gehen ins GO.“ (Hardrock-Disco). Da es etwas unklar war, wie die Sache ausgehen würde, schloss ich mich ihnen an.

Da wir wieder eine Flasche Fusel-Whisky im Gepäck hatten, war es im GO recht angenehm.

Aber irgendetwas nagte an mir. Bis heute, habe ich nie als erster zugeschlagen. Ich bereue es. Jetzt ist es langsam zu spät. Na, vielleicht wird‚s noch was. Auf jeden Fall dürften mir, vor lauter Ärger, einige Schlückchen Whisky zuviel in die Kehle gelaufen sein. Als wir kurz vor zwölf, in der kalten Winterluft auf den Stockbus warteten, legte sich eine leichte Bewusstseinserweiterung über mich. Als der Bus sich die Ehre gab, hievten wir uns etwas mühsam von der ebenen Erde in den ersten Stock.

Wen erblickt da mein leicht gerötetes Auge? Daniela und Christine allein im Bus. (Könnte man als Filmtitel verwenden) Daniela erkannte meinen leichten Frust und tätigte Gegenmaßnahmen, an die ich mich ehrlich gesagt, nur dunkel erinnere.

Charly erzählte mir am nächsten Schultag, wir hätten ziemlich heftig mit ihnen geschmust, etc.

Montag, als sie den Autobus bestieg, fragte ich, ob wir uns wieder sehen.

Antwort: „Nein.“

Man hat es nicht leicht in der Schule, wenn man jung, hübsch, lange Haare und einen schwulen Professor hat, der alles daran setzt um dir den Exodus einzuleiten. Wir hatten damals noch Trimester.

Beispiel Betriebskunde. Letztes Jahr eine wohlverdiente Eins. Ich gelte heute noch in Freundeskreisen als anerkannter Wirtschaftsfachmann. Damals, bei diesem Arschfickproffesor spielte sich das so ab:

Schularbeit Eins, Orientierungsnote (Mitarbeit, vermutlich blasen, etc.) eine Fünf.

Zeugnis: Drei.

Zweites Trimester: Schularbeit Eins, Orientierungsnote Fünf.

Er machte sich Sorgen um mich und wollte meinen Eltern eine Nachricht zukommen lassen, da musste ich ihn erinnern, dass ich bei den schriftlichen Arbeiten zweimal der Primus Maximus gewesen bin. Damit hab‘ ich ihm vermutlich den ganzen Abend versaut.

Letztes Trimester: Detto.

Er meinte, wahrscheinlich werden sie den Abschluss nicht schaffen. Ich musste wieder seine Gehirnzellen in Schwung bringen, um eine wohlverdiente Vier im Zeugnis zu ergattern. Ich beabsichtigte ihm nach der Schulzeit eine auf’s Maul zu hauen, sah ihn aber Gott sei Dank nie wieder.

Er soll angeblich Stammgast bei den Ex-Stadtbahnpissoiren gewesen sein. Stolze Leistung. Ja, man lernt ja fürs leben.

Ja, so ist das Leben, eben.

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