Читать книгу Gar greuliche Thaten - Erik Schreiber, Friedrich Rolle, Leo Woerl - Страница 10

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Es dauerte einen Monat, bevor Pater Brown das Haus, in dem der dritte Millionär die Vendetta Daniels erlitten hatte, zum zweiten Male besuchte. Die am meisten Beteiligten hielten eine Art Kriegsrat ab. Am obern Ende des Tisches saß der alte Crake, seinem Neffen zur Rechten und dem Anwalt zur Linken; der Riese mit dem Negergesicht, der Harris hieß, war in voller Größe zugegen, wenn auch nur als Zeuge; ein rothaariges, spitznäsiges Individuum namens Dixon schien als Vertreter einer Detektei anwesend, und Pater Brown setzte sich bescheiden auf einen freien Stuhl neben ihm.

Alle Zeitungen der Welt waren voll von der Katastrophe, die diesen Finanzkoloß, diesen großen Organisator der weltbeherrschenden Großindustrie betroffen hatte. Aber von den Wenigen, die ihm im Augenblick des Todes am nächsten gewesen waren, konnte man nicht viel erfahren. Onkel, Neffe und Anwalt erklärten, dass sie längst außerhalb der Mauer standen, als Alarm geschlagen wurde. Die Wächter an den beiden Schranken gaben etwas verwirrte, aber doch im Ganzen zufriedenstellende Antworten. Nur eine einzige Komplikation mußte besonders überlegt werden. Ungefähr zur Zeit seines Todes hatte sich ein Fremder auf geheimnisvolle Weise am Eingang zu schaffen gemacht und Herrn Merton sprechen wollen. Die Dienstboten konnten ihn nur mit Mühe verstehen, denn er sprach sehr unklar. Aber gerade das fiel später als belastend auf, denn er hatte gesagt, dass ein Bösewicht durch ein einziges Wort aus dem Himmel vernichtet werden könne.

Peter Wain beugte sich vor. Die Augen in dem magern Gesicht glänzten. Er sagte: „Ich möchte darauf wetten – das war Norman Drage.“

„Und wer in aller Welt ist Norman Drage?“ fragte sein Onkel.

„Ja, das möchte ich gerne wissen“, erwiderte der junge Mann. „Ich habe ihn fast direkt gefragt, aber er versteht es wunderbar, jede gerade Frage zu verdrehen. Es ist, als hiebe man nach einem Fechter. Er versuchte, mich mit einem Hinweis auf das Luftschiff der Zukunft zu verwirren. Im Grunde habe ich ihm nie getraut.“

„Aber was für ein Mensch ist er denn?“ fragte Crake.

„Ein Mystagog“, sagte Pater Brown mit der Schlagfertigkeit eines Kindes. „Davon gibt es viele; zum Beispiel all die Leute, die in den Pariser Cafés und Kabaretts herumsitzen und Ihnen einreden wollen, dass sie den Schleier der Isis gelüftet haben. Auch in diesem Falle würden sie sicher eine mystische Erklärung zur Hand haben.“

Der glatte dunkle Kopf des Anwalts neigte sich höflich gegen den Sprecher, aber sein Ton klang etwas feindlich.

„Ich bin überrascht“, sagte er, „dass Sie ein Vorurteil gegen mystische Erklärungen haben.“

„Ganz im Gegenteil“, sagte Pater Brown und blinzelte ihn freundlich an. „Und gerade deshalb kann ich manchmal über sie urteilen. Mich könnte jeder falsche Jurist herumkriegen; Sie aber nicht, weil Sie selbst ein Jurist sind. Wenn sich irgendein Narr als Indianer verkleidet, kann er mir einreden, dass er Old Shatterhand selber ist; aber Herr Crake hier würde ihn sofort durchschauen. Ein Schwindler könnte mir vormachen, dass er mit Aeroplanen ausgezeichnet Bescheid weiß, aber Wain würde ihm nicht darauf hereinfallen. Und genau so steht es mit dem andern, nicht wahr? Gerade weil ich etwas von Mystik verstehe, will ich mit Mystagogen nichts zu tun haben. Wahre Mystiker verbergen keine Geheimnisse, sondern enthüllen sie. Die Mystagogen dagegen verstecken etwas hinter Dunkelheit und Geheimnissen, und wenn man es findet, ist es ein Gemeinplatz. Was aber Drage betrifft, so will ich zugeben, dass er noch einen anderen Grund hatte, und zwar einen viel praktischeren Grund, uns Märchen über Feuer aus den Wolken und Blitze aus heiterem Himmel zu erzählen.“

„Nämlich?“ fragte Wain. „Der Grund scheint mir sehr wichtig, wie er auch lauten mag.“

„Ja“, erwiderte der Priester langsam, „er wollte, dass wir die Mordtaten für Wunder halten, weil er – ja, weil er selbst wußte, dass es keine Wunder sind.“

„Aha“, sagte Wain mit einem Zischen, „darauf war ich gefaßt. Geradeheraus gesagt, er ist der Verbrecher.“

„Geradeheraus gesagt, er ist der Verbrecher, der das Verbrechen nicht beging“, sagte Pater Brown ruhig.

„Nennen Sie das geradeheraus?“ fragte Blake höflich.

„Jetzt werden Sie gleich behaupten, dass ich selber ein Mystagoge bin“, erwiderte Pater Brown etwas eingeschüchtert, aber mit strahlendem Lächeln. „Doch das war nur ein Zufall. Drage hat das Verbrechen – ich meine dieses Verbrechen – nicht begangen. Er hat nur eins auf dem Gewissen – Erpressung; deswegen trieb er sich hier herum. Aber er wollte keinesfalls, dass die ganze Welt sein Geheimnis erfahre, oder dass der Tod der ganzen Sache ein Ziel setze. Später können wir uns über ihn unterhalten. Jetzt im Augenblick möchte ich nur, dass er uns nicht im Wege ist.“

„Im Wege?“ fragte der andere.

„Im Wege zur Wahrheit“, erwiderte der Priester und sah ihn ruhigen Blickes an.

„Wollen Sie damit sagen“, brachte der andere mühsam hervor, „dass Sie die Wahrheit wissen?“

„Ich glaube ja“, erwiderte Pater Brown bescheiden.

Eine plötzliche Stille herrschte. Dann rief Crake plötzlich und unvermittelt mit rauher Stimme:

„Herrgott, wo ist der Sekretär? Wilton? Er sollte hier sein!“

„Ich stehe mit Herrn Wilton in Verbindung“, sagte Pater Brown ernst, „ja, ich habe ihn sogar gebeten, mich in ein paar Minuten hier anzurufen. Wir haben sozusagen die Sache zusammen aufgeklärt.“

„Wenn Sie zusammen arbeiten, ist ja alles in Ordnung“, brummte Crake. „Er war immer wie ein Bluthund hinter den Spuren dieses unsichtbaren Spitzbuben her, also hat es sicher nichts geschadet, wenn Sie zu zweit gejagt haben. Aber wenn Sie wirklich die Wahrheit wissen, wo zum Teufel haben Sie sie her?“

„Von Ihnen“, erwiderte der Priester ruhig und sah dem wütenden Veteranen gleichmütig ins Auge. „Ich meine, dass eine Bemerkung in Ihrer Erzählung von dem Indianer, der ein Messer warf und einen Mann auf einem Fort tötete, mich zuerst auf die richtige Spur gebracht hat.“

„Das haben Sie schon ein paarmal gesagt,“ bemerkte Wain mit verwunderter Miene, „aber ich weiß nicht, was Sie für Schlüsse daraus ziehen, außer den, dass vielleicht ein Mörder einen Pfeil schleuderte und einen Mann oben auf einem Haus traf, das Ähnlichkeit mit einem Fort hat. Aber der Pfeil wurde doch nicht geschleudert, sondern abgeschossen, und hätte doch auch noch weiter getragen. Obwohl er jedenfalls von weit genug herkam. Jedenfalls sehe ich nicht ein, wieso uns das weiterbringt.“

„Ich fürchte, Sie haben die Pointe der Geschichte nicht verstanden“, sagte Pater Brown. „Nicht darauf kommt es an, dass ein Gegenstand weit trägt oder ein andrer weiter, sondern, dass ein Werkzeug auf zwei Arten angewendet wird. Die Soldaten auf Crakes Fort dachten, ein Messer sei nur im Nahkampf zu gebrauchen; sie vergaßen, dass es ein Geschoß sein kann wie ein Wurfspeer. Andere Leute, die ich kenne, dachten, eine andere Waffe sei ein Geschoß; sie vergaßen, dass man sie schließlich im Nahkampf gebrauchen kann wie einen Speer. Kurz und gut, die Moral der Geschichte ist die: kann man einen Dolch in einen Pfeil verwandeln, so auch einen Pfeil in einen Dolch.“

Aller Augen waren auf ihn gerichtet, er aber fuhr in demselben leichten und unbeirrten Ton fort:

„Selbstverständlich zerbrachen wir uns den Kopf darüber, wer den Pfeil durch das Fenster abschoß, ob er von weit her kam, und so fort. Aber die Wahrheit ist, dass niemand den Pfeil abgeschossen hat. Er kam überhaupt nicht durchs Fenster.“

„Wie ist er aber dann sonst hereingekommen?“ fragte der brünette Anwalt mit finsterem Gesicht.

„Jedenfalls hat ihn jemand mitgebracht“, erwiderte der Priester. „Schwer zu tragen oder zu verbergen war er ja kaum. Jemand hatte ihn in der Hand, während er dort in Mertons eigenem Zimmer mit Merton am Fenster stand. Jemand stach ihn dem alten Merton wie einen Dolch in die Kehle und hatte dann die höchst intelligente Idee, das Ganze in einem solchen Winkel und einer solchen Lage anzuordnen, dass wir blitzschnell annehmen mußten, der Pfeil sei wie ein Vogel durchs Fenster geflogen.“

„Jemand“, sagte der alte Crake mit einer Stimme, die so schwer war wie ein Stein. Das Telephon läutete mit grellem und fürchterlich hartnäckigem Nachdruck. Es stand im nächsten Zimmer, und bevor jemand sich rührte, war Pater Brown schon dran.

„Zum Teufel, was soll das“, schrie Peter Wain, der ganz zerrüttet und verwirrt schien. „Er sagte, er erwarte den Anruf des Sekretärs Wilton“, erwiderte sein Onkel mit derselben stumpfen Stimme.

„Vermutlich ist es Wilton“, fragte der Anwalt wie jemand, der spricht, um eine Pause auszufüllen. Aber niemand erwiderte auf seine Frage, bis Pater Brown plötzlich und lautlos im Zimmer erschien und die Antwort mitbrachte.

„Meine Herren“, sagte er, nachdem er sich gesetzt hatte, „Sie haben mich gebeten, die Wahrheit über dieses Rätsel herauszubekommen. Ich habe die Wahrheit gefunden und muß sie sagen, ohne dass ich zum Schein den Versuch mache, den Schlag zu mildern. Wenn jemand erst einmal seine Nase in solche Dinge hineinsteckt, kann er es sich leider nicht leisten, irgendwelche Rücksichten zu nehmen.“

„Ich vermute“, brach Crake das Schweigen, „das soll heißen, dass wir alle angeklagt oder verdächtig sind.“

„Wir sind alle verdächtig“, erwiderte Pater Brown. „Auch ich, denn ich habe die Leiche gefunden. Aber davon spreche ich jetzt nicht. Passen Sie auf: eben habe ich mit Wilton telephoniert. Er hat mich ermächtigt, Ihnen eine ernste Nachricht mitzuteilen. Ich glaube, Sie wissen jetzt schon alle, wer Wilton war und was er wollte.“

„Ich weiß es: er war auf der Fährte Daniel Boons und konnte nicht ruhig schlafen, bevor er ihn hatte“, antwortete Peter Wain. „Ich habe auch gehört, dass er der Sohn des alten Horder sein soll und deshalb die Blutrache auf sich genommen hat. Jedenfalls ist er auf der Fährte dieses Daniel.“

„Nun“, sagte Pater Brown, „er hat ihn gefunden.“

Peter Wain sprang aufgeregt vom Sessel auf.

„Den Mörder?“ rief er; „ist der Mörder in Arrest?“

„Nein“, sagte Pater Brown ernst. „Ich habe Ihnen gesagt, dass die Nachricht ernst ist. Sie ist ernster als Sie meinen. Ich fürchte, der arme Wilton hat eine schwere Verantwortung auf sich geladen. Auch uns wird sie, fürchte ich, treffen. Er brachte den Verbrecher zur Strecke, und als er ihn gestellt hatte – ja, da hat er eben die Strafe selbst vollzogen.“

„Meinen Sie, dass Daniel –“

„Ich meine, dass Daniel tot ist“, sagte der Priester. „Es gab einen Kampf, und Wilton tötete ihn.“

„Geschieht ihm recht“, brummte Herr Crake.

„Man kann ihm nicht übelnehmen, dass er einen solchen Spitzbuben um die Ecke gebracht hat“, stimmte ihm Wain bei, „besonders wenn man an die Vendetta denkt.“

„Da bin ich anderer Meinung“, sagte Pater Brown. „Wir reden wohl alle manchmal Unsinn zusammen, wenn wir das Lynchen und die gesetzlose Willkür verteidigen. Aber ich glaube fast, dass wir es sehr bedauern würden, unserer Gesetze verlustig zu gehen. Außerdem scheint es mir unlogisch, Wiltons Mord an dem Verbrecher zu verteidigen, ohne auch nur danach zu fragen, warum der Verbrecher seinerseits mordete. Ich weiß nicht, ob Daniel ein gewöhnlicher Verbrecher war – vielleicht war er ein Ausgestoßener und hatte eine fixe Idee, dass er den Pokal besitzen müsse. Vielleicht hat er ihn zuerst im guten verlangt, dann gedroht und erst nach einem Kampf getötet – beide Opfer fanden nahe bei ihrem Hause den Tod. Was gegen Wiltons Vorgehen spricht, ist die Gewißheit, dass wir jetzt nie mehr etwas Näheres über Daniels Standpunkt erfahren werden.“

„Ach, für diese ganze sentimentale Verteidigung von schurkischen, schuftigen Mordgesellen habe ich nichts übrig“, rief Wain in Hitze. „Wenn Wilton den Verbrecher kaltgemacht hat, so war das ein ordentliches Stück Arbeit, und damit basta.“

„Sehr richtig, sehr richtig.“ Sein Onkel nickte lebhaft.

Pater Browns Miene wurde noch ernster, als er einen Blick über das Halbrund von Gesichtern schweifen ließ.

„Ist das wirklich Ihrer aller Meinung?“ fragte er. Und schon während dieser Frage verstand er, dass er ein Engländer, ein Verbannter war. Er begriff, dass er sich unter Ausländern befand, auch wenn sie Freunde waren. Um diesen Ring von Ausländern kreiste ein ruheloses Feuer, das seinem Blute fremd war. Der wildere Geist der westlichen Nation, die es fertigbringt, sich zu empören, zu steinigen und – vor allem – sich zu verbünden. Er wußte, dass sie sich bereits verbündet hatten.

„Ja“, sagte Pater Brown mit einem Seufzer, „ich soll das also so verstehen, dass sie endgültig das Verbrechen dieses Unglücklichen oder seine Privatrache – wie immer Sie es nennen wollen – gutheißen? Dann wird es ihm ja nichts schaden, wenn ich Ihnen mehr darüber mitteile.“

Er stand plötzlich auf. Sie verstanden die Bewegung nicht, aber auf sonderbare Weise schien sie die Luft des Zimmers zu verändern, ja abzukühlen.

„Wilton hat Daniel auf recht merkwürdige Art getötet“, fing er an.

„Wie?“ fragte Crake plötzlich.

„Mit einem Pfeil“, erwiderte Pater Brown.

Dämmerung zog sich in dem langgestreckten Zimmer zusammen, das Tageslicht war nur noch ein schwaches Leuchten von dem großen Fenster im inneren Zimmer her, wo der Millionär gestorben war. Fast automatisch wanderten die Augen der Gruppe langsam dorthin, aber noch hörte man keinen Laut. Dann endlich ertönte die Stimme des alten Crake, heiser, kreischend und senil, ein krähendes Geschwätz.

„Was soll das – was soll – Brander Merten durch 'nen Pfeil getötet – dieser Verbrecher durch 'nen Pfeil –“

„Durch denselben Pfeil,“ sagte der Priester, „und im gleichen Augenblick.“

Wieder herrschte ein ersticktes, aber doch geschwollenes und zum Bersten gespanntes Schweigen. Dann begann der junge Wain: „Meinen Sie –“

„Ich meine, dass Ihr Freund Merton Daniel Boon war“, sagte Pater Brown fest. „Einen anderen Daniel werden Sie nicht finden. Ihr Freund Merton war in den Pokal verliebt – er betete ihn jeden Tag an wie einen Götzen; als wilder Bursch hat er einmal zwei Menschen getötet, um in den Besitz des Kleinods zu gelangen. Freilich glaube ich auch jetzt noch, dass die beiden nur im Verlauf des Einbruchs getötet wurden. Jedenfalls hatte er jetzt den Pokal. Drage kannte die Geschichte und erpreßte Geld von ihm. Aber Wilton war aus einem ganz anderen Grunde hinter ihm her. Vermutlich hat er die Wahrheit erst erfahren, als er schon hier im Hause war. Jedenfalls aber hat seine Jagd in diesem Hause und in dem Zimmer dort geendet, denn dort hat er den Mörder seines Vaters umgebracht.“

Lange Zeit antwortete niemand. Dann hörte man, wie der alte Crake mit den Fingern auf dem Tisch trommelte und brummte: „Brander war gewiß wahnsinnig. Ja, er muß wahnsinnig gewesen sein.“

„Aber um Himmelswillen!“ platzte Peter Wain los, „was sollen wir tun? Was sollen wir sagen? Das ändert ja alles! Was sollen wir mit den Zeitungen und den Geschäftsleuten anfangen? Brander Merton ist ungefähr dasselbe wie der Papst oder der Präsident.“

„Ja gewiß, das ändert natürlich alles“, begann der Anwalt Barnard Blake leise. „Der Unterschied bringt mit sich –“

Pater Brown schlug mit der Hand auf den Tisch, dass die Gläser klirrten. Man konnte sich fast einbilden, dass ein gespenstisches Echo von dem geheimnisvollen Kelch erklang, der noch immer im Nebenzimmer stand.

„Nein!“ rief er mit einer Stimme wie ein Pistolenschuß. „Es gibt keinen Unterschied. Ich habe Ihnen die Möglichkeit gelassen, den armen Teufel zu bedauern, solange Sie ihn noch für einen gewöhnlichen Verbrecher hielten. Damals wollten Sie nicht auf mich hören – damals waren Sie nur für persönliche Rache. Sie waren dafür, ihn ohne Gehör und ohne öffentlichen Prozeß hinschlachten zu lassen wie ein wildes Tier. Sie sagten, es sei ihm recht geschehen. Gut. Wenn Daniel Boon recht geschah, dann ist auch Brander Merton recht geschehen. Entscheiden Sie sich – für Volksjustiz oder unsern langweiligen Rechtsweg – aber im Namen des Allmächtigen, lassen Sie gleiche Willkür herrschen oder gleiches Gesetz.“

Niemand antwortete außer dem Anwalt, und er antwortete mit einem Knurren.

„Was wird die Polizei sagen, wenn wir ihr mitteilen, dass wir das Verbrechen gutheißen wollen?“

„Was wird sie sagen, wenn ich ihr mitteile, dass Sie es schon gutgeheißen haben?“ antwortete Pater Brown. „Ihre Ehrfurcht vor dem Gesetz kommt etwas spät, Herr Justizrat.“

Nach einer Pause fuhr er mit milderer Stimme fort: „Ich persönlich bin bereit, die Wahrheit zu sagen, wenn die zuständige Stelle mich ausfragt. Sie andern können tun, was Ihnen beliebt. Aber es wird tatsächlich kaum etwas ausmachen. Wilton rief nur an, um mir zu sagen, dass ich jetzt die Freiheit hätte, Ihnen seine Beichte zu überbringen. Denn als Sie davon hörten, war er menschlicher Strafe bereits unerreichbar.“

Er ging langsam ins Nebenzimmer und trat an den kleinen Tisch, an dem der Millionär gestorben war. Der Koptenpokal stand noch auf dem gleichen Fleck. Einen Augenblick lang blieb er dort und betrachtete den Strauß von Regenbogenfarben, hinter dem der Abgrund des Himmels blaute.

Gar greuliche Thaten

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