Читать книгу 2020 hatte ich anders geplant - Esteban Luis Grieb - Страница 9
2017
ОглавлениеDas Jahr startete gleich einmal mit einer Riesenfreude, denn es war das Jahr, in dem wir einen unglaublichen, unvergesslichen und einzigartigen Familienurlaub machten. Und es war das Jahr, in dem ich mich erstmals „Autor“ nennen durfte. Ausführlich erzähle ich dazu ein wenig später.
Als glühender Fan des FC Bayern München, der seit einigen Jahren auch eine sehr gute Basketball-Mannschaft hat, machte ich etwas noch nie Dagewesenes bezüglich meines Lieblingsvereins: Mit einem Basketballfreund aus Wels beschloss ich, am selben Tag sowohl ein Fußballspiel (am Nachmittag) in der Allianz-Arena als auch ein Basketballspiel (am Abend) im Audi Dome der ehemaligen Olympiahalle der Basketballer zu verfolgen. Diese Kombination war relativ anstrengend für mich, aber dennoch gut machbar. Normalerweise benötige ich ein Mittagsschläfchen, um meinen Körper auszuruhen und meine Batterien für die zweite Tageshälfte aufzuladen. Ein sensationeller Tag, der ziemlich lange dauerte, doch ich konnte mich am nächsten Tag wieder komplett regenerieren, denn ich nahm mir nichts vor.
Heuer gab es einen weiteren Höhepunkt, ich zählte seit Jahresbeginn schon die Tage, bis es endlich so weit war. Wie heißt es doch: Vorfreude ist die schönste Freude. Mein Bruder Basti eröffnete uns vor etwa zwei Jahren, dass er seinen 40. Geburtstag im wunderschönen „Sunshine-State“ Florida feiern wolle, und die ganze Familie solle mitkommen. Vor gut einem Jahr wurde das Ganze konkret, und es wurde alles gecheckt und gebucht. Erfreulicherweise schlossen sich fast alle näheren Familienmitglieder, unser Familienfreund und Taufpate meiner Nichte Mara, Jakob, und auch mein PA der coolen zweiwöchigen Reise an. Wir waren ein Pack von 17 Leuten, also gehörte vieles im Vorfeld organisiert. Ich versuche mich hier so kurz wie möglich zu halten, denn es gab so viele Eindrücke und Erfahrungen, dass ich allein von dieser Reise ein eigenes Buch schreiben könnte.
Zuerst ging es mal für zwei Tage nach Miami. Am Flughafen standen schon unsere vorab reservierten Mietautos bereit. Meine Eltern, mein PA und ich hatten ein rollstuhlgerechtes Hotel im Stadtteil Downtown Miami gebucht, das ich bereits 2012, als ich dort auf Urlaub war, gesehen hatte. Ich sagte damals zu mir: Falls ich jemals wieder nach Miami kommen sollte, will ich unbedingt in dieses Hotel. Wir verbrachten die Tage in Miami nur im Stadtzentrum, denn alles war super rollstuhlgerecht und leicht zu erreichen. Meine Geschwister Solange und Basti waren mit ihren Familien in Miami Beach untergebracht. Jeder von uns machte, was ihr bzw. ihm gerade in den Sinn kam – einfach Urlaub halt.
An einem schönen Abend trafen wir uns alle wieder. Wir hatten Tickets für ein Spiel in der NBA, der stärksten Basketballliga der Welt, mit den „Miami Heat“ in der American Airlines Arena, unweit unserer Unterkunft in Downtown Miami. Für fast alle von uns als Basketballfamilie und -fans ein Riesenerlebnis!
Am Morgen nach dem tollen Spiel fuhren wir allesamt Richtung Orlando – unsere endgültige Station für die kommenden zwei Wochen. In Kissimmee hatten wir in Riesenhaus mit genügend Zimmern und Bäder sowie einen schönen Pool. Alles gefiel uns sehr gut, wir lebten sozusagen den „American way of life“. Es war ein wahrlich „fettes“ Haus, wo es auch ausreichend Stellplätze für unsere fetten Mietautos gab.
Wir wohnten dort, um erstens den 40. Geburtstag meines Bruders gebührend zu feiern und um zweitens einige weltberühmte Freizeitparks zu besuchen, die sich in der Nähe befanden. Vom Gefühl her war das Ganze irgendwie wie ein Traum, den wir lebten und der geschah. Im Nachhinein betrachtet kann man sagen, es war der Startschuss für Freizeitstress … Eigentlich wollte ich alles ganz entspannt angehen. Doch wenn man schon mal dort ist, will man so viel wie möglich unternehmen und alles genießen, natürlich auch das amerikanische Essen (fast nur Fast Food). Ich stieß dann körperlich an meine Grenzen, denn ich hatte mir tatsächlich zu viel zugemutet, aber dazu später.
Wir feierten den Geburtstag meines Bruders in sehr gemütlicher Runde bei einer ausgiebigen Grillerei in unserem „Zuhause“. Am nächsten Tag ging es voller Vorfreude in die Disney World, und zwar in den Magic Kingdom Park. Wir sahen das legendäre Cinderella-Schloss und besuchten auch viele andere Attraktionen. Das Walt Disney World Resort in der Nähe von Orlando hat vier verschiedene, riesige Themenparks, von denen ich mir mit meinem PA zwei ansah, der zweite Themenpark waren die Disney Hollywood Studios. Großartig die ganzen Shows vieler namhafter Filme, die jeder von uns kennt. Unvergesslich ist für mich die Star-Wars-4D-Kinoshow, die ich mir zweimal reinzog. Die zwei Themenparks genoss ich an unterschiedlichen Tagen, denn es wäre fast unmöglich, beide an nur einem Tag zu besichtigen.
Mit meinem PA und unserem Amigo Jakob fuhr ich nochmals nach Miami und dann weiter zu einem 2-Tages-Ausflug in den Süden Floridas. Jakob und ich steuerten wieder die American Airlines Arena an, um ein weiteres NBA-Spiel mitzuverfolgen. Dabei spielte der erste und bisher einzige NBA-Spieler aus Österreich, Jakob Pöltl, mit seinen „Toronto Raptors“ gegen die „Miami Heat“.
Am darauffolgenden Tag fuhren wir dann zu dritt in die Everglades, ein riesiges Schwemmland bzw. Sumpfgebiet südwestlich von Miami, sehr bekannt für die Alligatoren und die Flora und Fauna.
Kaum wieder nach Kissimmee zurückgekommen, ging es bereits am Tag darauf an die Westküste Floridas nach Clearwater Beach in der Nähe von Tampa. Wir verbrachten einen Tag am schönsten Strand Floridas und genossen den Sonnenuntergang. Es ging Schlag auf Schlag, denn nach nur einmal Schlafen ging es weiter an die Ostküste des Sunshine-State nach Cape Canaveral zum Kennedy Space Center. Dieser riesige Weltraumbahnhof der NASA hat ein sehenswertes Besucherzentrum mit viel interessanter Geschichte zur Raumfahrt.
Der darauffolgende Tag war die absolute Krönung für mich: Wir fuhren in das Universal Orlando Resort mit zwei Themenparks. Ich wollte unbedingt alles sehen. Zuerst einmal besichtigten wir die Universal Studios, wo viele Highlights in Sachen Kinofilme aufgebaut sind, etwa Springfield, die Stadt der Zeichentrickserie und des -films „The Simpsons“, oder die Zauberwelt des Harry Potter. Das waren die Hauptattraktionen, auf die ich mich bereits das ganze Jahr gefreut hatte. Ich fühlte mich wie ein 41-jähriger „Teenager“! Ich genoss noch viele weitere Besonderheiten, wie eine „Men in Black“-Simulation und ebenso eine von „Terminator 2“.
Dann stand wiederum Sport auf dem Programm: 24 Stunden später waren wir, die großen Basketballfans, im Amway Center in Orlando zu Besuch, der Heimarena der „Orlando Magic“, um uns ein weiteres NBA-Erlebnis reinzuziehen. Alles unvergesslich, und ich sah bei dieser Reise insgesamt drei Weltklasse-Basketballspiele der stärksten Liga der Welt!
Als letzte Sehenswürdigkeit besuchte ich schließlich den zweiten Themenpark des Universal Orlando Resort, nämlich das Island of Adventure mit dem Jurassic Park, mit King Kong, dem Nachbau des Schlosses Hogwarts von Harry Potter, einer Marvel-Comics-Welt und vieles mehr.
Nach diesen 14 Tagen geballter Dröhnung an Eindrücken und Gefühlen und ohne Physiotherapie, Training und selten bis kein Mittagsschlaf, rebellierte mein Körper: Am letzten Abend der Reise bekam ich plötzlich keine Luft mehr, war komplett geschwächt und ausgelaugt. Kein Wunder, denn ich war ständig unterwegs gewesen und hatte mich auch nicht besonders ausgewogen ernährt, was eine wahrlich schlechte Kombination war. Wieder was gelernt bzw. gespürt, dass es so auf keinen Fall geht. Der gesamte Trip nach Florida war, trotz dieses kurzen gesundheitlichen Einbruchs, ein Highlight in meinem Leben, das ich nie vergessen werde.
Als Rolli-Fahrer muss ich noch erwähnen, dass in Florida alle Parks, Arenen, Restaurants und generell die öffentlichen Gebäude und Gehsteige barrierefrei sind. Man kann dort eigentlich überall mit rollstuhltauglichen WC und jeder Menge behindertenfreundlicher Unterstützung rechnen. Im Vergleich dazu stecken wir hierzulande noch in den Kinderschuhen.
Nach diesem USA-Trip musste ich zu Hause erst einmal wieder zur Ruhe kommen, „runterfahren“, die unzähligen Eindrücke verarbeiten und mich wieder in die Normalität reinleben. Ich startete nach dem 14-tägigen Jetlag wieder mit meinen Therapien, dem Training und natürlich mit meiner Arbeit. Unglaublich, dieser Jetlag, der diesmal verhältnismäßig lange andauerte. Es tat mir extrem gut, mich wieder zu bewegen und gesund zu ernähren. Ich fühlte mich bald schon wieder fit für meine nächsten Aufgaben beziehungsweise Reisen.
Zu erwähnen ist unbedingt, dass ich zu dieser Zeit – zu meinem Glück – einen PA an der Seite hatte, der auch gern in der Weltgeschichte umherreiste. Ich selbst habe mir vorgenommen, so lange andere Orte zu besuchen, solange ich Lust und Laune dazu habe und solange mein Körper es mich noch einigermaßen tun lässt. Wie heißt es so schön: Wer nicht reist, liest nur eine Seite des Buchs namens Leben.
In diesem Jahr standen für mich mehrere Termine binnen weniger Tage an. Also bastelte ich als reisefreudiger Typ eine Tour zusammen, um alles zusammen wahrzunehmen. Da ich schon immer zum Schloss Neuschwanstein in Süddeutschland wollte, meine Chefin von der Persönlichen Assistenz GmbH in Bregenz am Bodensee ihren 60. Geburtstag feierte und mein jährlicher Aufenthalt in der Uniklinik Innsbruck bevorstand, kombinierte ich mit meinem PA einfach diese Trips bzw. Termine. Ich wollte nichts davon auslassen. Neuschwanstein ist wahrlich ein Märchenschloss, das man auch von weiter weg noch gut betrachten kann, denn es wurde auf einer Erhebung gebaut.
Nach dem Schlossbesuch ging es durch das wunderschöne Allgäu nach Bregenz, wo wir mit meiner Chefin und vielen geladenen Gästen eine Bootsfahrt am Bodensee machten. Sie feierte dort, denn sie stammt ursprünglich aus Vorarlberg und ihre Familie und Freunde leben in Vorarlberg. Am selben Tag ging es noch nach Innsbruck, wo ich wie jedes Jahr eine Visite bei meinen Ärzten abhielt. Es gab leider keine Neuigkeiten vonseiten der Forschung, also hatte ich nur meine üblichen Routinechecks. Viele Betroffene mit der Diagnose Friedreich-Ataxie sind miteinander vernetzt, und wir können uns auch laufend im Internet schlaumachen, wie der Stand der Dinge bezüglich unserer Krankheit ist.
Dann war es endlich so weit, mein erstes Buch erschien, meine Autobiografie. An die sieben Jahre – mit Unterbrechungen, weil ich keine Eile hatte – hatte ich recherchiert und an meinem Lebenslauf geschrieben. Mir war es ein Anliegen, den Mitmenschen, aber auch den Betroffenen selbst zu veranschaulichen, dass man trotz einer seltenen Erkrankung das Leben meistern kann. Durch das Buch wollte ich auch die Krankheit selbst, die Friedreich-Ataxie, etwas bekannter machen.
Meine Autobiografie war jetzt am Markt. Ich holte mit meinem PA persönlich einige Exemplare, sozusagen druckfrisch, im Verlag bzw. in der Buchhandlung Ennsthaler am wunderschönen Steyrer Stadtplatz ab und hatte gleich darauf meinen ersten Bücherstand bei einem Fest der Persönlichen Assistenz GmbH in Linz. Unbeschreiblich das Gefühl, wenn man sein eigenes Werk gedruckt in Händen hält. Es war toll, das Buch dort zu präsentieren.
Etwa vier Wochen später fand meine eigene Buchpräsentation an meiner alten Schule, der Bundeshandelsakademie (HAK) Steyr, statt. Die Veranstaltung hatte ich in einem gemeinsamen Projekt mit einer dritten Klasse der Schule geplant, die Vorbereitungen dauerten etwa ein halbes Jahr. Ich arbeitete mit der Direktorin, einem jungen, engagierten Professor, der die Projektleitung übernommen hatte, und zehn Schülern sehr gut zusammen. Für diese Schüler, die ihre Aufgabe toll meisterten, war dies zugleich eine Abschlussarbeit. Also waren ich bzw. mein Buch Thema für ein Projekt einer Schulklasse. Cooles Gefühl.
Endlich kam er, der lang vorbereitete, durchgeplante Moment! Ich war sehr gespannt, wie viele Leute zu meiner Buchpräsentation kommen würden. Es war ein heißer Sommertag, und es kamen etwa 160 Personen, die an meiner Lebensgeschichte interessiert waren. Es wurde ein sehr schöner, unvergesslicher Abend. Einige Besucher legten sich gleich vor Ort am Büchertisch ein Exemplar meiner Autobiografie zu. Kulinarisch wurden wir mit einem Weltklasse-Eis aus Steyr verwöhnt – dem mehrfach ausgezeichneten Buburuza-Eis vom besten und beliebtesten Eisproduzenten Österreichs.
Kurz darauf standen wieder zwei Trips mit meinem Persönlichen Assistenten an. Wie immer war es mir ein Anliegen und für mich wesentlich, barrierefreie Unterkünfte zu finden. Heutzutage ist dies dank Internet relativ einfach, wenngleich „barrierefrei“ oft sehr unterschiedlich ausgelegt wird. Nach meiner Erfahrung bezieht sich der Begriff in erster Linie auf den Zugang zum Hotel und dessen Zimmer. Als Rolli-Fahrer sollte man unbedingt spezielle Wünsche und Fragen, wie zum Beispiel nach einer rollstuhlgerechten Dusche und einem WC mit Haltegriffen, extra per Telefonat oder E-Mail abklären.
Der erste der beiden Ausflüge ging, wie schon im Vorjahr, nach Nordrhein-Westfalen, diesmal in die Landeshauptstadt Düsseldorf. Dort fand die Tischtennis-Weltmeisterschaft statt, die ich als Sportfanatiker und ehemaliger Tischtennisspieler unbedingt miterleben wollte. Natürlich habe ich auch meine Freunde in Moers besucht, wenn man schon in der Gegend ist. Es war schön, sie wiederzusehen, wir haben uns bestens unterhalten.
Die Tischtennis-WM war der Hammer. Sie fand am riesigen Messegelände statt und ich konnte viele Top-Spielerinnen und -Spieler antreffen. Unglaublich faszinierend war ein junger Spieler aus Japan, Tomokazu Harimoto, der mit gerade einmal 13 Jahren bei den Herren sehr erfolgreich mitspielte. Er gilt nach wie vor als „Wunderkind“ im Tischtennissport, als Jahrhunderttalent. Es war bemerkenswert und ungewöhnlich, dass ein so junger Mensch bereits mit der Weltspitze mithalten konnte. Natürlich war die Veranstaltung komplett barrierefrei, alles war für Rollstuhlfahrer sehr gut erreichbar.
So ein Sport-Großereignis ist immer etwas Besonderes für mich. Es ist ein schönes, außerordentliches Gefühl, direkt vor Ort Teil einer solchen Veranstaltung zu sein. War ich doch schon bei einigen Großereignissen live dabei, wie bei den Paralympics 2008 in Peking und 2012 in London, bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich 2016 und so weiter.
Der zweite Trip kurze Zeit später führte mich nach Karlsruhe. Ich wollte dort einen besonderen Menschen treffen: Michael, den ich einige Monate zuvor kennengelernt hatte, als er zu Besuch bei der Persönlichen Assistenz GmbH in Linz war. Er hatte sich informieren wollen, wie die Persönliche Assistenz bei uns in Oberösterreich in der Praxis funktionierte. Sein Ziel als beeinträchtigter Mensch war es, in seiner Stadt ein ähnlich strukturiertes Angebot für beeinträchtigte Menschen aufzubauen.
Der Besuch in Südwest-Deutschland war mit seltsamen Gefühlen verbunden: Wenn ich mit meinem PA unterwegs war, ernteten wir eigenartige Blicke von den Einheimischen. Komisch und ungewohnt war das, denn ein Rollstuhlfahrer, noch dazu mit Assistent, dürfte dort noch als „Rarität“ angesehen werden. Ich kam mir jedenfalls wie ein Außerirdischer vor. Ich kannte dieses Gefühl bereits aus Peking, als ich 2008 allein bei den Paralympics unterwegs gewesen war.
Und da wir schon in der Nähe waren – nach einem Tag Sightseeing in Karlsruhe ging es noch nach Straßburg zum EU-Parlamentsgebäude und von dort aus in den Schwarzwald zur Donauquelle, wo wir Wasser direkt vom Ursprung des zweitlängsten Stroms Europas tranken. Und wieder mal ging ein super Trip viel zu schnell zu Ende.
Wieder zurück zu meinem ersten Buch: Wahnsinn, ich war begeistert! – Meine Lebensgeschichte wurde publiziert und bald darauf meldete sich der ORF Oberösterreich (Österreichischer Rundfunk), um eine kleine, aber feine TV-Berichterstattung über mich zu machen. Ich fand das extrem super, denn ich wollte bzw. will nach wie vor bei meinen Mitmenschen, egal ob gesund oder gesundheitlich angeschlagen, die seltene Erkrankung Friedreich-Ataxie bekannter machen. Und wie es im Buchtitel („Aufgeben, was ist das?“) steht – sei was sei oder wenn Unverhofftes daherkommt –, niemals aufgeben!
Neben dem TV-Beitrag machte ein guter Freund eine professionelle Videodokumentation, die man auf sozialen Medien teilen konnte, und darüber hinaus erschienen einige Zeitungsartikel über das Buch in einigen regionalen, landesweiten und erfreulicherweise bundesweiten Zeitungen. Großartig, denn genau das wollte ich mit der Veröffentlichung erreichen.
Nach unzähligen Strapazen, die mein Körper durchmachte, wie die vielen Transfers (vom Rollstuhl ins Bett, aufs WC, aufs Sofa, ins Auto und umgekehrt), brach ich beim Einsteigen ins Auto einige Male zusammen. Zu Beginn geschah das noch sehr selten, doch im Lauf der Zeit dann öfter. Um in ein höheres Kraftfahrzeug einzusteigen, was mehrmals vorkam, hatte ich mich am Wagen festzuhalten und dabei kurz aufzustehen. Meine Wirbelsäule krümmte sich immer stärker, deshalb wurden meine Nerven eingeklemmt und die Kraft meiner Beine verließ mich, sie hielten der Belastung durch meinen Körper nicht mehr stand. Verbunden war das Ganze mit starken Schmerzen, und wieder musste ich umdenken und eine Möglichkeit finden, um die Transfers, so gut es mir möglich war, zu meistern. Seither trainiere ich umso mehr meine Rücken- und Bauchmuskulatur. Ich will Schwächen vermeiden und gezielt diesen Bereich meines Körpers stärken.
Ein unvergessliches, beeindruckendes sportliches Großereignis fand dieses Jahr in unserem Land statt: Die Beachvolleyball-Weltmeisterschaft auf der Donauinsel in Wien. Erstmals war nicht Klagenfurt das Beachvolleyball-Mekka Österreichs. Es war bereits die zweite Weltmeisterschaft in diesem Jahr, die ich besuchen konnte. Wie geil war das Happening dort, und unser Steyrer Beachvolleyball-Aushängeschild, mein Jugendfreund Clemens Doppler, war mit seinem Partner Alex Horst bei dieser Heim-WM natürlich als Weltklasse-Duo dabei.
Es war unglaublich! Ich habe schon einiges an Veranstaltungen besucht, doch die Stimmung und alles rundherum waren einzigartig, das hatte ich bis dato noch nicht erlebt. Mit 10.000 Zusehern war der Centercourt auf der Donauinsel ein wahrer Hexenkessel, der Clemens und Alex zu außerordentlichen Leistungen antrieb. Wir waren alle fasziniert, denn unsere Mannen eilten von Sieg zu Sieg, und am Ende standen sie im Achtelfinale, Viertelfinale und schließlich im Semifinale. Ich, genauso wie alle dort, konnte diese Leistungsexplosion unserer Beachvolleyball-Stars kaum glauben, doch es war Realität, dass sie unter den besten vier Teams dieser Weltmeisterschaft landeten. Erstmals, zumindest hatte ich es so in Erinnerung, qualifizierten sie sich für den letzten Spieltag bei einem Heimturnier, und das zum besten Zeitpunkt, nämlich der Weltmeisterschaft.
Ich mache es kurz, denn ich gerate sonst wieder ins Schwärmen. Doppler und Horst erreichten sensationellerweise das Finale und verloren nur denkbar knapp gegen Brasilien. Großartig, denn wir hatten einen Vize-Weltmeister in einer Sommer-Sportart! Das kommt in Österreichs Sportgeschichte ja eher selten vor. Weiterhin möchte ich erwähnen, dass dieser Event für Menschen mit Einschränkungen und im Rollstuhl ein sehr gutes und positives Beispiel ist, was Barrierefreiheit betrifft. Es gibt direkt am Spielfeldrand eine große Rollstuhlrampe mit Sonnenschirmen und genügend Platz für uns beeinträchtigte Menschen sowie ein eigenes Rollstuhl-WC in der Nähe. Wirklich eine sehr durchdachte Veranstaltung.
Bevor wir einen weiteren Familienurlaub in diesem Jahr erlebten, ging es mit meinem PA und meinem Amigo Jakob nach Laibach zu den slowenischen 3x3-Basketball-Meisterschaften. Wir besuchten dort unsere Basketballfreunde, die 2013 und 2014 bei unserem Resthofer Basketball-Event in Steyr mitspielten. Es war sehr schön, sie wiederzusehen, und wir verbrachten eine coole Zeit dort voller toller Spiele mit einer der stärksten 3x3-Basketball-Mannschaften der Welt.
Ich war bereits einige Male in der slowenischen Hauptstadt und muss sagen, dass sie erstens sehr schön und beeindruckend und zweitens super barrierefrei ist. Gerade die Altstadt wurde vor kurzer Zeit komplett restauriert, man kann das Flair dieser Stadt nun noch besser genießen.
Mit der gesamten Familie und einer Freundin aus Argentinien, die gerade bei uns zu Besuch war, ging es bald danach an die obere Adria nach Jesolo. Das Schöne war, dass meine Nichte Chiara diesmal auch mitkommen konnte. Wegen ihres Schulbesuchs hatte sie vor einigen Monaten nicht nach Florida mitreisen können. Es waren wirklich gemütliche Tage in Italien am Strand. Einmal machten wir einen Tagesausflug nach Venedig.
Jesolo hat einen der rollstuhlgerechtesten Strände, die ich kenne. Es gibt eine kilometerlange Strandpromenade und auf dem sonst unüberwindbaren Sandstrand super Rollstuhlrampen, die bis in die Nähe des Meeres reichen. Ich lernte wiederum sehr nette Mitmenschen kennen, die wir kurze Zeit später auch besuchten. So planten mein PA und ich eine kleine Tour, die zuerst nach Südbayern ging, wo wir zwei von ihnen trafen und einiges mitsammen unternahmen. Dann ging es nach Garmisch-Partenkirchen, um das berühmte Skisprungstadion zu besichtigen, und schließlich, einige Kilometer davon entfernt, nach Ehrwald in Österreich, um eine andere nette Familie wiederzusehen, die ich ebenfalls beim Familienurlaub in Italien kennengelernt hatte. Zuerst ging es mit der Standseilbahn auf die Zugspitze, den höchsten Berg Deutschlands, wo wir den herrlichen Rundblick an diesem schönen Tag genossen. Nachdem wir die Gegend ausgiebig bewundert hatten, ging es am nächsten Tag gemeinsam nach Innsbruck zu einem Eishockeyspiel in der Olympia World. Alles in allem war es ein eindrucksvoller Kurztrip, und mit der netten Familie aus Ehrwald habe ich bis heute Kontakt.
Im Spätherbst ging es dann wieder einmal mit meinem PA ins von mir geliebte London, wo ich an der Konferenz von Ataxia UK teilnahm. Sie fand in einem Hotel direkt am Flughafen Stansted, wo wir auch ankamen, statt. Ich freute mich schon sehr darauf, denn eine derart große Info-Veranstaltung mit Themen zu unserer Erkrankung hatte ich noch nie erlebt.
Erfreulicherweise hörte ich zum ersten Mal sehr positive Prognosen von Ärzten und Referenten. Es ging um Themen wie Gentherapien und mögliche Medikamente, die bald auf den Markt kommen und bei der Heilung der Friedreich-Ataxie helfen sollten. Wow, was für eine Freude, endlich einmal gute Neuigkeiten über die Behandlung der Krankheit zu hören. Im Anschluss an die Konferenz ging es für einige Tage ins Stadtzentrum, um diese News zu feiern und natürlich die Weltstadt zu genießen. Auf dem Programm standen ein Musical, Sightseeing, einfach entspannen und das Genießen der Multikultur und Vielfalt gerade im Stadtteil Camden Town. London ist sehr rollstuhlgerecht und eine vorbildliche Metropole in Sachen Barrierefreiheit.
Kurz vor Weihnachten gab es äußerst erfreuliche Neuigkeiten im Kampf gegen die FA. Forscher der UCLA (University of California in Los Angeles) entdeckten bei weißen Mäusen, die ein ähnliches Erbgut wie wir Menschen haben und denen das Friedreich-Ataxie-Gen implantiert wurde, dass die Krankheit nicht verlangsamt oder gestoppt, sondern sogar rückgängig gemacht werden konnte! Wie geil ist das denn!
Natürlich ist von einer kleinen Maus zu einem Menschen ein riesiger Sprung zu bewältigen, doch war dies fürs Erste eine hervorragende medizinische Neuigkeit aus den Staaten. Genauso wie viele meiner Schicksalskollegen würde ich es schon überragend finden, wenn der Verlauf der Krankheit gebremst werden könnte. Noch genialer wäre es natürlich, wenn man den immer schlechter werdenden Verlauf stoppen könnte, zu sagen, man lebt mit dem gleichbleibenden Gesundheitszustand bis an sein Lebensende. Die FA-Krankheit rückgängig zu machen, wäre ein Traum, der vielleicht irgendwann Wirklichkeit werden könnte. Man soll und darf träumen – und es tut sich ja viel Positives in der Forschung.
Mit der Familie meiner Schwester Solange und Jakob vor den Universal Studios in Orlando/ Florida.
Mit Jakob bei einem NBA-Spiel in Miami.
Meine Eltern, unser Familienfreund Jakob und ich zu Besuch bei der NASA in Cape Canaveral.
In Clearwater Beach, dem schönsten Strand von Florida.
Vor dem EU-Parlament in Straßburg.
Bei der Beachvolleyball-Weltmeisterschaft 2017 in Wien.
Beim Familienurlaub am Markusplatz in Venedig.
Auf der Millennium Bridge über der Themse in London.
ORF-Interview auf unserem Basketballplatz am Resthof in Steyr, nachdem meine Autobiografie „Aufgeben, was ist das?“ erschienen ist.