Читать книгу Die Waldi-Philosophie - Eva Apfel - Страница 8

DAS ORAKEL

Оглавление

Cordula hatte einen Termin bei Theodora, und das Unglück nahm seinen Lauf.

In der Breitscheidstraße 8 wohnt die Wahrsagerin, dort frönte sie ihrer großen Leidenschaft: „Wahrsagen!“

Theodora ist das Orakel unserer Kleinstadt, und das soll etwas heißen. Sie hatte schon vielen wahrgesagt und es war immer wahr – mehr oder weniger, ziemlich oft.

Theodora versprach Sabine: „Du musst morgen nicht zur Arbeit!“ Weil morgen Sonntag war, und Sonntag hatte sie frei!

Frau Müller hatte sie vorausgesagt: „Sie werden bald Oma!“ Bei sechs Kindern und vierzehn Enkelkindern, davon zehn Mädchen, da ist ständig jemand in anderen Umständen.

Wer macht solche Aussagen, unglaublich! Andere Umstände, was ist das für ein Blödsinn? Welche Umstände sollten das sein? Die Umstände der natürlichen Fortpflanzung zum Zwecke der Weitergabe genetisch identischen oder weitestgehenden identischen biologischen Materials zur Reproduktion und Erhaltung der eigenen Art. In Reproduktion ist Familie Müller ziemlich gut. Also, das nenne ich positive Umstände.

Uwe hatte sie versprochen: „Du wirst bald eine große Reise antreten.“

Höchstwahrscheinlich hatte ihr das Katrin aus dem Reisebüro anvertraut. Boxer Wladi und die Huskyhündin Sila, der Reiseberaterin sind bestens befreundet. Sie treffen sich täglich auf ihren Spaziergängen. Aus erster Hand und ungelogen, erfährt dort Theodora so einiges. Das Erbschaftsereignis musste vertrauensvoll weitererzählt werden, Katrin berichtete ausführlich, gewiss hatte Theodora ein offenes Ohr.

Am Dienstag betrat Uwe das Reisebüro, er freute sich riesig über das viele Geld, das jetzt auf seinem Bankkonto auf Transaktionen wartete. Es musste lange genug im Sparstrumpf schmoren und wollte verjubelt werden. Uwe war guter Dinge.

Katrin telefonierte gerade mit einem Kunden: „Ja, Flug 213 um 8:00 Uhr“, sie zwinkerte ihm zu, sich zu setzen.

Nervös grinsend, haarte er aus, um sich von der Reisekauffrau beraten zu lassen.

Endlich legte sie auf: „Was ist denn mit dir passiert?“

Irgendetwas war anders als sonst? Huskykatrin und Uwe sind alte Schulfreunde, ihr fiel sofort auf: ‚Hier ist etwas im Busch, ach nein, im Strumpf!’

Er sprang auf und drückte sie: „Es ist mir fast peinlich, mich zu freuen, meine Tante ist verstorben.“

„Wir sind aber kein Beerdigungsinstitut! Wie kann ich dir weiterhelfen?“, stellte Katrin nach kurzer Überlegung klar.

Dann fuhr sie mit ihrem Bürostuhl an den Schreibtisch heran und nahm die Prospekte zur Hand.

Aus dem lustigen Erben sprudelte heraus: „Katrin, ich habe geerbt, und ich will nach Hawaii fliegen! Es soll aber keiner davon wissen! Ich will auf keinen Fall angepumpt werden. Wenn es um Erbschaften geht, scharen sich doch alle wie die Fliegen um die dampfende Hundekacke!“

Katrin nickte ihm vertrauensvoll zu.

„Kein Problem, ich schweige! Die Anzahlung für die Reise ist sozusagen das Schweigegeld!“, versprach sie lachend in ihrem Reisebüro.

Solch solvente Kundschaft konnte sie sich nur öfter wünschen. Es würde bestimmt nicht die letzte Reise für Uwe sein, die er bei ihr bucht, da macht die Beratung Spaß und Sinn.

Dem Globus auf ihrem Schreibtisch wurde schwindelig, seine Erdumdrehungen kamen aus dem Rhythmus. Mit dem Finger ging die Reiseplanung hin und her, es gab zahllose Länder zu entdecken. Uwe bekam bereits Ohrensausen und Kreislauf! Er stoppte den sich immer schneller drehenden Globus und die immer schneller redende Reiseberaterin.

„Puh, einmal um die Welt in drei Stunden! Das schafft nicht einmal Jules Verne“, erschöpft, stand er von seinem magnetisierten Beratungsstuhl auf.

Das Reisen so anstrengend sein kann! Uwe litt an Übelkeit, vermutlich war er reisekrank. Der Erbe brauchte eine Reisetablette. Das eine Erbschaft den normalen Alltag gravierend verdrehen kann, beängstigend. Wer da nicht durchdreht, ist selber schuld.

Katrin war hocherfreut und drückte Uwe die Hand: „Gebucht ist gebucht! Ich wünsche dir viel Spaß und eine gute Reise! Ich freue mich auf deinen Reisebericht! Melde dich unbedingt, wenn du wieder da bist.“

Cordulas Reise ging weiter in Richtung Theodora. Das Navi auf ihrem Handy war aktiviert, den in diese Gegend war ihr völlig unbekannt.

Hier standen triste, graue Mietshäuser mit mehreren Stockwerken, mit Fahrstuhl oder ohne. Ein paar Häuser waren dazwischen, die gewollt und gekonnt mit grafisch bunten Häuserfassaden der örtlichen Malervereinigung verziert wurden. Es sollten verstärkt neue Mieter angelockt werden. Darunter waren auch besprühte Häuser, die von künstlerisch freien Malern im Spraydosenstil bearbeitetet waren.

Den Jackenkragen hatte sie hochgeschlagen, ein Tuch wärmte zusätzlich ihren Hals. Das Navi zeigte nur noch wenige Meter an, jetzt stand Cordula vor dem Haus. Die Sprechanlage gähnte sie wortlos an. Die Verunsicherte las die Namenschilder durch, und sah sie sich hastig um, glücklicherweise war niemand zu sehen. Sie drückte auf den Klingelknopf, und der Türöffner summte und knackte. Voller Kraft stemmte sich Cordula dagegen und fiel mit der Tür ins Haus. Wo war das Flurlicht? Der Bewegungsmelder bemerkte sie, denn das Licht sprang an. Ihre Ohren lauschten angestrengt, nichts Auffälliges war zu hören, nur ihr Atem keuchte ängstlich. Cordula drehte sich wiederholt suchend um, bevor sie in den zugig muffigen Hausflur stürzte. Das Licht verlosch, sprang aber durch Cordulas Bewegung sofort wieder an. Einen kurzen Moment überlegte sie und rannte dann sportlich die Treppe hinauf.

Fatal, wäre sie einer Patientin begegnet. Diese fragenden Blicke, vielleicht ausgesprochen?

Cordula fiel ein: ‚Ich kann ja einen Hausbesuch vortäuschen’ Ach, lügen war nicht ihre Stärke.

Im 4. Stock nach Luft schnappend angekommen, stand Boxer Fredi und Boxer Wladi wartend in der Wohnungstür.

„Immer herein in die gute Stube. Sie sind der Termin, Frau Cordula?“, sprach Theodora sie an.

Ihr wurde mulmig und sie begann zu schwitzen. Es war keine Menschenseele zu sehen!

„Bitte sprechen sie mich nicht mit Namen an, hier auf dem Treppenabsatz!“, unterbrach Cordula sie.

Dann huschte sie in den Wohnungsflur hinein, und betrat eine orientalisch dekorierte Dreizimmerwohnung im 4. Stock eines Mehrfamilienhauses.

„Soll ich Tee kochen!“, rief Marina aus der Küche.

Die Verunsicherte brauchte keinesfalls lange überlegen: „Ein leckerer Tee aus dem Samowar? Marina, den kann ich doch nicht ausschlagen!“

Bei Theodoras Frau stand Gastfreundschaft an erster Stelle, schließlich war sie durch und durch Russin, geboren in St. Petersburg.

Marina und Fredi verliebten sich in Sibirien, er arbeitete als Montagearbeiter. Es war dort bitterkalt, und sie wärmten sich gegenseitig Körper und Herz. Marina folgte Fredi nach Deutschland, niemals wollten sie sich voneinander trennen.

„Mit Zucker, Frau Doktor?“, rief es herzlich aus der Küche.

Aufgeregt antwortete Cordula: „Ja mit Zucker. Ich glaube, ich brauche Nervenfutter!“

Theodora hatte sie in der Zwischenzeit in das Kinderzimmer geführt und ihr einen Platz angeboten. Dort schlägt Cordula gedimmtes Licht entgegen: beleuchtete Kugeln mit Farbwechsler, flatternde, zugezogene Vorhänge – das volle Programm.

Fallend lässt sie sich auf dem Sitzkissen von Ikea nieder, Stille im Raum.

Fredi, oder besser gesagt, Theodoras Blicke wurden geheimnisvoll durchdringend: „Was wollen sie wissen? Die Karten lügen nicht.“

Cordula schluckte geräuschvoll und atmete tief durch. ‚Ob ich mir das so richtig überlegt habe?’, sie wurde nachdenklich und fing an, ihre Hände zu massieren.

„Wie sieht es mit meiner Ehe aus?“, stammelte die Unwissende weinerlich, sie spürte, dass kaum etwas Gutes dabei herauskommen würde.

Theodora nahm die Karten aus der Schublade und begann sie sorgfältig durchzumischen. Endlich legte sie die Karten auf dem Tisch aus.

„Sie sind seit ein paar Jahren verheiratet. Ich sehe etwas, was ihnen missfallen wird!“, räusperte sich die Wahrsagerin.

Kurz und schmerzvoll musste es ans Tageslicht: „Ich sehe eine blonde Frau in den Armen ihres Mannes! Nicht erst seit heute! Das geht bereits ein dreiviertel Jahr! Sie haben nichts bemerkt?“

Zitternd und mit Tränen in den Augen suchte Cordula nach Worten, sie war fassungslos: „Das, kann nicht sein! Eine Frechheit, allein dieser Gedanke, ihre lausige Behauptung, sie sind ein Scharlatan im Boxerbademantel! Von mir kriegen sie keinen Cent!“

Die Betrogene sprang genauso sportlich von den Kissen hoch, wie sie die Treppe hinaufgerannt war. Die Teetasse fiel in Zeitlupe zu Boden. Zersprang in tausend Stücke; zersprang in dieser Sekunde ihr Glück in tausend Stücke, irreparabel? Tränen drückten sich mit aller Macht in ihre Augen, unaufhaltsam drängten sie nach draußen. Wie soll sie das rückgängig machen, alles wieder in Ordnung bringen?

Tränen der Wahrheit mussten die Lüge wegspülen. Die Lebenslüge, die früher eine romantische Wahrheit war, wann wurde sie zur Lüge? Unbemerkte, gegenseitige zarte Verletzungen, die riesengroß erschienen. Kaum mehr zu kitten, unbedachte Abweisungen, die sich tief in Seele und Herz schnitten. Alltagsfrust, Kinderstress, gegenseitiges Unverständnis, stille, verzweifelte, ungehörte Schreie nach Liebe und Zärtlichkeit.

Dieser ständige Schlafentzug war eine Folter, wenn aus Zwei, Drei und dann Vier wurden. Unangebrachte Ratschläge von allen Seiten, was die Kindererziehung betraf.

Ja, diese Ratschläge, Schläge direkt ins Gesicht. Nun war die Flamme der Leidenschaft, der Zweisamkeit dahin. Sie hatten sich ewige Treue geschworen, immer zueinanderstehen!

Hoffnungslosigkeit, Cordula konnte und wollte es nicht wahrhaben: ‚Warum habe ich mir diesen Blödsinn angetan! Alles erstunken und erlogen! Dafür soll ich noch Geld bezahlen! Der kann mich mal kreuzweise und Tschüss!’

Ohne Umweg lief sie schluchzend aus der Wohnung die Treppen herunter. Bevor sie auf die Straße trat, musste sie sich auf jeden Fall beruhigen.

Draußen ging das Leben weiter, keiner drehte sich um. Die Welt blieb nicht stehen und wegen einer Ehekrise schon gar nicht! Das kommt häufiger vor als man denkt, Scheidungen gab es genug! Warum sollte sie einem dahergelaufenen Boxertypen glauben? Diese Unterstellung, darüber musste sie eine Nacht schlafen.

Sie war wütend auf sich selbst: ‚Wie konnte ich leichtgläubig dort hingehen! Niemand darf es erfahren und auf gar keinen Fall mein Göttergatte!’

Verstohlen schaute Cordula auf die Straße hinaus.

‚Hoffentlich hat mich niemand gesehen! Ich gehe zu einem Boxer im Orientlook, wie blöd ist das denn? Mein Mann hat sicher recht, der ganze Stress, nichts kriege ich auf die Reihe, kein Organisationstalent. Was ist indes aus der sexy Frau geworden, rassig dunkle Locken, die alle begehrten. Wenn er das erfahren würde, nicht auszudenken!“

Ein Wunder wäre es sicherlich keinesfalls, Cordula sieht bereits die Schlagzeilen: „Frau des Chefchirurgen Herold Callipo lässt sich in Ehesachen von einer Wahrsagerin beraten, Scheidung!“

Das Getuschel der Leute, unter keinen Umständen würde sie sich in die Klinik trauen. Diese mitleidigen und schadenfrohen Blicke der Nachbarn und Freunde, Freunde? Höchstwahrscheinlich gab es die längst nicht mehr, rasch würden sie sich um ihren Mann scharen! Er hatte das Geld und die Macht in der Klinik.

„Wie konntest du diese Frau schalten und walten lassen. Deine Kariere, dein Leben! Herold du hast etwas Besseres verdient!“, freundlich aufmunternd würden sie ihm auf die Schulter klopfen.

Prompt würden die Honigbienen ausschwärmen, und sich um Callipos Honigtopf sammeln. Das weibliche Personal leistete sich das jetzt schon, wie selbstverständlich würden sie zur Tagesordnung übergehen. Schöne Bescherung, und es war noch nicht einmal Weihnachten!

Ich roch, es war Gefahr in Verzug. Doreen und ich schritten unsere alltägliche Gassitour ab. Wir liefen auf der anderen Straßenseite und sahen die verstörte Doktorgattin: „Komisch, was macht den Frau Callipo in dem Wohnhaus von meinem Kumpel Wladi? Verdächtig!“

Sofort registrierte Doreen die Situation, verheulte Ehefrau vor dem Haus von Theodora. Ihr Gehirn begann unverzüglich zu rattern, eins und eins wurde zusammengezählt.

„Auch das noch!“, Pudelpeggy mit ihrem rosa Pudel stolzierte geradewegs um die Ecke.

Sie schwenkte vergnügt die Arme und rief: „Meene Gutzte, lange nicht gesehen!“

Aus Sachsen ausgereist, reiste Pudelpeggy direkt in unsere Stadt ein. Diesen Dialekt konnte man kaum überhören.

„Guten Morgen, Frau Müller, ich habe es sehr eilig“, versuchte Frauchen zu flüchten.

Keine Chance, ihre Entschuldigung auszusprechen.

„Ach, Doreen, haben sie das Neuste von Frau Berger gehört!“, plapperte sie munter weiter, entrinnen unmöglich.

Ich knurrte, meine Schlappohren rollten sich zu Rouladen auf. Oh, wie mir diese Pudelpeggy auf die Nerven ging, meine Nerven hatte ich noch! Diese schrille Stimme, es folgte eine Tirade sämtlicher Nichtigkeiten der Stadt. Angeleint konnte ich leider kaum entfliehen.

Wieso färbte sie ihren Hund rosa? Haben wir keine Rechte? Das Recht auf Natürlichkeit oder die freie Genentwicklung unserer Art? Pudelrosa – ist das etwa eine Modeerscheinung? Walt Disney färbte seine Mäuse auch rosa aber einen Hund?

Mausi ist der Spitzname und Rufname von Mausi, eine haarsträubende Situation. Dieses ungeheuerliche Verhalten gegenüber unserer Naturverbundenheit ist keinesfalls gerechtfertigt. Die Pudeldame Mausi schlichtweg in rosarot?

Wenn ich bedenke, wir stammen vom Wolf ab! Seht euch den Wolf an, unseren Urahnen „Der mit dem Wolf tanzt“. Poetisch, heldenhaft, solche kühnen Helden zu verkörpern, ist uns in dieser Zeit keinesfalls erlaubt. Wollen wir diese Rolle überhaupt noch spielen?

Verwöhnt vom pünktlichen Fressen erscheint mir das heutzutage zu anstrengend. Natürlich Trocken- oder Nassfutter frisch aus der Dose, hergestellt in der Tiernahrungsfabrik. Bequemlichkeit sorgte dafür, dass ich keine Lust mehr hatte, mit den anderen Wölfen zu tanzen. In der Zeit gönne ich mir ein Mittagsschläfchen!

Diese Kraft, diese Stärke, gepaart mit Durchhaltevermögen, Schnelligkeit und diese fletschenden, furchteinflößenden, ungeputzten Zähne. Was zu entschuldigen war, damals gab es keinen Tiernahrungsdiscounter mit Hygieneartikel für Haustiere.

Nur die brennenden Lagerfeuer konnten uns fernhalten von den Cowboys in der Prärie oder den Goldsuchern in Alaska. Das waren Zeiten, damals, als mein Ururururopa Rudelführer war.

Diese herausragenden Eigenschaften werden in meiner Hunderasse wiedergefunden!

Ich, Waldi der Teckel, bin der designte Wolf und „Nicht im Schafspelz“! Sicher gibt es auch andere gezüchtete Hunderassen, aber egal.

Pudelpeggy würde ich herausstreichen, sie fällt unter die Kategorie: Furchtbar peinlich oder muss ich mich fremdschämen? Nie im Leben hatte ich einen rosaroten Wolf gesehen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Diese Wölfe, habe ich gehört, ist ein großes Thema. Einwanderer aus dem Osten, leider weitestgehend unerwünscht. Alle reden von Bio und zurück zur Natur, jeder trägt „Jack Wolfskin“.

Selbst die Rentner tragen neuerdings Outdoorsachen! Wozu auch immer? Um ein Beispiel zu nennen, die Rollstuhlrenate, sie wohnt in unserem Altenheim. Zum täglichen Rauchen wird die Rentnerin im Krankenfahrstuhl hinausgeschoben. Zug um Zug steigen der Rauchzeichen auf und ihre Outdooraktivitäten verflüchtigen sich als leichter Luftzug.

Während der Sommersaison brennt der Planet auf die Raucherin herunter und der Seniorenkörper wird aufgeheizt, so dass er kräftig in der Doppeljacke transpiriert. Die Belüftungsreißverschlüsse können geöffnet werden und die Jacke wird atmungsaktiv.

Das Outfit ergänzt sich mit einem winddichten Tragekomfort. Der nächste Herbst, der für stürmische Erlebnisse sorgt, wirbelt bestimmt bald umher!

Schneegestöber während der Winterperiode lässt eine Outdoorjacke zur Schutzjacke avancieren. Rollstuhlrenate ist saisonal ausgerüstet, um ihre Rauchzeichen abzugeben. Ihrem ganz besonderen Genuss kann sie hoffentlich viele Jahre frönen!

Abends ist die Zigarettenpackung leer, der Geruch von Freiheit und Zigarettenqualm nimmt ein jähes Ende. Die Rentnerin wird hineingeschoben, und sorgfältig eingeschlossen in den Seniorenindoorpark mit Schlafgelegenheit.

In der Nacht ist es zu gefährlich für Outdooraktivitäten.

Rauchen ist indoor verboten! Die Rauchmelder schlagen sofort Alarm. Zu oft raste die Feuerwehr unnötig und zu unbezahlten Löschversuchen heran.

Unsere wölfischen Vorfahren beschäftigten sich das gesamte Jahr mit Outdooraktivitäten. Ein fragwürdiges Benehmen unserer Verwandten, sie fressen einfach die Schäfchen von der Weide. In ihrem Blutrausch sind die Wölfe unkontrollierbar.

Früher standen Großmütter und Rotkäppchen auf der Speisekarte, sie haben sich gemäßigt und das Gesetzbuch gelesen, Menschenraub wird ab sofort bestraft.

Aber mal unter uns, Doreens Verwandtschaft bedient sich ebenfalls und selbstverständlich aus dem Kühlschrank. Verbote spricht meine Doreen niemals aus! Hier wird Gastfreundschaft großgeschrieben.

Tante Wilma besucht mehrmals jährlich mein Frauchen. Ungefragt zieht die 85-Jährige mit ihren großen Koffern für Tage oder Wochen ein.

Höchstleistungen, was das Jagen betrifft, kann Doreen keineswegs von ihrer Tante erwarten. Sie macht ausschließlich Jagd auf Witwer, es stehen genug Kontaktanzeigen im örtlichen Tageblatt.

Verwandtschaft kann sich keiner aussuchen, meistens bleiben sie länger, als man sie gebrauchen kann. Was das anbelangt, sollte man abreisen, solange es noch schön ist oder rücksichtsvoll gehen. Nach drei Tagen beginnt der Fisch zu stinken. Diese Form der Höflichkeit sind Tante Wilma und den Wölfen unbekannt, ihr Aufenthalt ist selbstverständlich.

Hier ist der Tisch gedeckt. Und habt euch mal nicht so! Wir haben unsere Verwandtschaft seit längerer Zeit vermisst, sie wurden ausgewiesen, ausgerottet, vertrieben und abgeschoben.

Die Sünden der Vergangenheit haben uns eingeholt! Schwein gehabt! Wir dürfen sie verwöhnen und Wiedergutmachung leisten, und wenn ein paar Schafe daran glauben müssen, Hunger macht böse!

Doreen war äußerst schweigsam und ließ sich auf kein Gespräch mit Pudelpeggy ein. Im Kopf schwirrte ihr das Verhalten von Cordula herum, ihre Freundin rannte verstört die Straße hinunter, regelrecht grün war sie im Gesicht.

Wenn mein Frauchen ihr Herz nicht am richtigen Fleck hat, wer dann? Sie tratscht sicherlich gern, doch ist die „Hundekacke am Dampfen“, ist sie Kumpel und hilft, wo sie kann. Natürlich mit Schweigepflicht, das ist ihre Berufung. Dafür liebe ich sie!

Wiederholt knurrte und zerrte ich an der Leine, schauspielern kann ich ausgezeichnet. Doreen versuchte mich mit ihren Kommandos zu kontrollieren. Mein Spürsinn roch ihre Aufregung, an dem aufgezwungenen Gespräch beteiligte sie sich kaum.

Es war Gefahr in Verzug! Ungeduldig meldete sich Frauchen zu Wort. Pudelpeggy ließ sie keineswegs vom Hacken, letzten Endes gelang es ihr, sich zu verabschieden, Termine vorschiebend.

Die Fährte wurde augenblicklich von mir aufgenommen, ich presste die Nase auf den Boden. Meine Arbeit hatte Vorrang, freudig schnüffelte ich los, die Leine spannte sich.

„Du meine Güte, Waldi renne doch nicht so! Ich kriege keine Luft mehr!“, hastete Doreen hinterher.

Wir nahmen unseren Dienst auf, leider führte alles über 3,4 km zur Luftnot. Um einen Atemstillstand meines Frauchens zu vermeiden, musste ich die Geschwindigkeit drosseln. Ich werde ihre Diensttauglichkeit in Frage stellen und die Fitnessschraube anziehen.

Mein Traum eine Ausbildung zum Dachshund, muss ich vergessen! In der Hundeschule bin ich zurzeit in der 1. Klasse. Diese angestrebte Karriere konnte ich nur durchlaufen, wenn mich ein Jäger in den Dienst nehmen würde.

Wie soll ich das Doreen sagen? Potenzial ist vorhanden, ich muss eine Entscheidung treffen: „Auge in Auge mit einem wutschnaubenden Dachs oder Auge in Auge mit den Tränen einer betrogenen Ehefrau.“

Völlig außer Atem und mit dicken Achselschweißrändern, die sich an ihrem T-Shirt abzeichneten, spürten wir Cordula im Park auf. In 100 Meter Entfernung erblickte ich die Betrogene auf der Trauerbank sitzen.

Ein Jammerbild, es tröpfelte, die Sonne hatte sich hinter dicken Regenwolken verzogen, das Wetter entsprach ihrer Situation.

Cordula bemerkte kaum, dass sie nass wurde. Trauernd saß sie unter der Trauerweide, Helmut trauernd daneben.

Er war noch angeleint, und hatte keine Möglichkeit herumzutollen, und wie gewohnt seine Bäume und Sträucher zu markieren. Gedankenverloren dachte sie an ihren Schatzi und stand vollkommen neben sich.

Der Riesenschnauzer wusste noch nichts von seiner neuen Situation. Bald würde er ein herrenloser Streuner sein oder einfach ein Scheidungshund. Mit Wochenenden bei Herrchen und Woche bei Frauchen oder Wochenende bei Frauchen, Woche bei Herrchen.

Diesen Sachverhalt würde das Gericht klären, alles würde das Gericht klären müssen. Der Hammer kam bestimmt, und wenn es lediglich der Hammer bei Gericht war!

Egal, für Helmut war das völlig egal! Hauptsache es blieb alles wie bisher! Er möchte seinen wohlverdienten Ruhestand weiterhin genießen, im Luxus All inclusive!

Doreen konnte keineswegs anders: „Frau Callipo, Cordula, kann ich ihnen helfen, geht es ihnen gut?“

Erschrocken sah die Veruntreute auf.

„Was, wie bitte?“, stammelte sie, „Ach, ich bin gestresst! Momentan möchte ich mich nicht dazu äußern. Mir geht so einiges durch den Kopf, familiäre Probleme. Oh je, du meine Güte es ist bereits Viertel nach vier, ich muss schleunigst nach Hause! Die Kinder warten und ich muss dringend den Einkauf erledigen. Jetzt muss ich mich sputen! Bis bald mal auf einen Kaffee, Doreen!“ joggte Cordula los und rannte ihren Verpflichtungen hinterher.

Heute konnten wir ihr keine Hilfestellung leisten, aber wir werden sie nicht aus den Augen verlieren!

Ich führe Doreen weiter durch den Stadtpark, eine Aufregung heute. Wir brauchen dringend eine Atempause.

Diese romantischen Abendspaziergänge, wenn die späte Sonne den Himmel lichtdurchflutet. Frisch glitzert und funkelt es nach dem leichten Regen, die Tropfen spiegeln das Farbspektrum brillant, und unsere Lungen werden von der sauberen Luft gereinigt. Die Füße laufen weich wippend über die Wege des Parks. Eine Wohltat für Körper und Geist, Hektik und Stress verflüchtigen sich sowie die Nässe der Straßen.

An meinem Bauch kitzeln, die noch feuchten Gräser und waschen mir zart meine Unterseite und Pfoten.

„Ach, wie schön ist das Hundeleben!“ Wir setzen uns auf unsere Bank am Teich. Frauchen genießt die blühenden Seerosen, und ich beobachte die Frösche.

Wie kann ich ihrer habhaft werden! Meine Versuche die Lurche zu erbeuten blieben erfolglos. Leider bin ich dabei unfreiwillig baden gegangen.

Doreen hebt mich auf ihren Schoß, und ich schmiege mich an sie.

Lieb nimmt sie meine Schnauze in ihre Hände: „Ach Waldi, du bist mir der Liebste und Treueste!“ Wäre ich eine Katze, würde ich jetzt schnurren.

Albträume ließen Cordula in dieser Nacht kaum zur Ruhe kommen, ihre Gedanken überschlugen sich: ‚Was soll ich nur tun? Langsam werde ich misstrauisch, vorgestern habe ich blonde Haare im Bad gefunden? Ich dachte sie sind von Marthas Freundin, darüber muss zuerst eine Nacht schlafen. Hoffentlich sieht die Welt morgen anders aus. Schatzi benimmt sich sonderbar! Sein Parfümverbrauch ist in letzter Zeit angestiegen und ständig diese neuen Klamotten. Er hüllt sich in teure Unterwäsche, modern stylisch, sie ist keinesfalls altersgerecht! Überall enthaart Schatzi sich, sein Rasierer hängt in der Dusche und der Rasierschaum griffbereit daneben. Darin sehe ich keine Notwendigkeit!‘ Meine Arbeitskollegin Beate erklärte mir letztens in der Frühstückspause: „Liegt im Trend, am Körper wird nichts mehr Bio getragen. Die 70er sind vorbei, du bist altmodisch!“

Ich fühlte mich vor den Kopf geschlagen.

„Ich und altmodisch?“, wehrte ich mich, „Was unten weg ist, wird jetzt im Gesicht getragen! Über Mode kann man sich streiten!“ Ich fühlte mich 10 Jahre älter und zutiefst beleidigt. Angeblich liege ich nicht mehr im Trend, scherzt Beate mit mir?

Meine Vermutung war eine ganz andere, diese These konnte und wollte ich Beate um keinen Preis anvertrauen. Es passte alles zusammen, irgendwie.

Körperliche Zweisamkeit war ihm plötzlich gleichgültig, früher suchte er liebevolle Nähe und mehr. Je öfter ich darüber nachdachte, umso mehr drehte sich der Magen um. Sollte Theodora wirklich recht behalten?

Wahrscheinlich wusste es jeder, nur ich nicht. Bereits seit längerer Zeit fühlte ich mich angestarrt und beobachtet. Stichelten alle hinter meinem Rücken? Jede Bemerkung empfand ich als böswillige Andeutung. Ich hatte dieses Gefühl gleich durchzudrehen!

Gestern meinte Pudelpeggy: „Ach, heute darf Helmut in Ruhe Gassi gehen? Ihr Mann hat sicher wichtige Verpflichtungen, immer in Eile! Der arme Hund kommt kaum dazu sein Bein zu heben.“

Gestern, war er zwei Stunden mit dem Hund weg? In diesem Augenblick wurde mir klar, ich brauche einen Plan B. Ich muss Beweise für Schatzis Untreue erbringen, und mich jemanden anvertrauen. Meine Nerven lagen blank! Ständig mäkelte Callipo an mir herum, seine Zurechtweisungen habe ich satt!

Wir sind ein Arztehepaar, das gemeinsam eine eigene Klinik aufgebaut hatte. Während des Studiums schlugen wir uns durch, und kämpften für unseren Erfolg.

In dieser finanziell harten Zeit wurden unsere Kinder Marcel und Martha geboren. Was konnten wir uns noch wünschen?

Die Betreuung teilten wir während der langen Dienste auf. Callipo und ich ein Traumpaar, ein eingespieltes Team. Alle haben uns beneidet, unser Glück schien perfekt.

Wie verliebt wir waren, nichts und niemand konnte uns trennen.

Meine Figur habe ich mir recht passabel erhalten, für Kleidergröße 36 kämpfe ich hart, schließlich gehe ich jeden Tag joggen.

Wir hatten einfach alles: ein Haus mit Garten, Pool und ein Segelboot, Martha hat sogar einen Friesenhengst. Wieso sollte das jetzt alles vorbei sein?

Die Welt um mich herum geriet aus den Fugen. Mit 48 Jahren wollten wir das Leben genießen, die Kinder waren aus dem Gröbsten heraus.

Was ist nur in meinen Callipo gefahren, wer hat ihn verhext, verführt, entführt?

In all den Ehejahren blieb wenig Zeit für Romantik.

Sind die Kinder klein, wird die Welt der Ehepaare neu gestrickt.

Wem sollte ich zuerst gerecht werden: schreienden Kleinkindern oder unbefriedigten Mann? Im Prinzip haben wir eine glückliche Beziehung, oder? Wer schläft permanent auf der Couch ein? Meistens er: schnarchend, sabbernd und mit geschlossen Augen fernsehend.

Ein andauernder Streitpunkt: „Schatzi, kannst du in deinem Bett schlafen! Du holst dir eine Genickstarre, und vor dem flimmernden Fernseher bist du Herzinfarkt gefährdet!“

Im Großen und Ganze gibt er mir an allem die Schuld! Ich bin sicherlich zu alt und habe ich kein naives Lächeln mehr für ihn übrig. Sein Versuch mir ein schlechtes Gewissen einzureden, um kein schlechtes Gewissen zu haben, ist moralisch unvertretbar! Verrat, Betrug, Lüge, psychische Grausamkeit, Sexentzug, Zeitmangel und Lieblosigkeit, das werfe ich Callipo vor!

Ein Aufschrei hallte durch das Haus! Ich bin eine grausam vernachlässigte Ehefrau.

Helmut winselte und trottete mit eingezogener Rute zu mir herüber.

„Wenigstens einer, der mir treu geblieben ist! Komm du altes Felltier!“, sagte ich leise und kraulte Helmut am Kopf, „Deine Hundeaugen können nicht lügen.“

Ich schnappte mir die Leine, hinaus, hier war dicke Luft! Frische Gedanken mussten geatmet werden.

Die Waldi-Philosophie

Подняться наверх