Читать книгу Ein Playboy für Valentina - Eva Bolsani - Страница 4

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OPERNBESUCH

»Hört sich super an«, nuschelte Elisabetta in den Telefon-hörer. »Wir bleiben in Verbindung!«

Hastig legte sie auf, denn schon hörte sie Maximilians for-sche Schritte auf der Treppe.

»Guten Morgen!«, rief er unanständig fröhlich. »Wer war denn das zu dieser frühen Stunde?«

Elisabetta seufzte verhalten. Das Leben gestaltete sich wirklich um einiges einfacher, wenn ihr Ehemann nicht zu Hause war!

»Signore Mancini«, improvisierte sie rasch. »Es geht um ein paar Skizzen, die irgendwo in Sizilien …«

»Kein Interesse«, sagte ihr Mann sofort und schenkte sich einen Kaffee ein.

»Sie sollen ein unentdecktes Werk von Michelangelo zeigen«, versuchte sie, ihm die Sache schmackhaft zu machen. Sizilien war so schön weit weg!

»Das ist doch Quatsch«, sagte Maximilian und biss in ein Croissant. »Ich bleibe hier.«

Zu schade. Obwohl sie Mancini, der tatsächlich immer wieder bei ihr anrief, ebenfalls für einen Spinner hielt. Trotzdem wäre es ihr sehr gelegen gekommen, wenn ihr Mann sich gleich dem nächsten Auftrag gewidmet hätte.

»Ich habe doch gesagt, dass ich vorerst keine weiteren Reisen unternehmen will. Ich habe dich viel zu sehr vernachlässigt«, sagte er, strahlte sie an und drückte sogar ihre Hand. »Freust du dich denn gar nicht?«

»Äh …«, entgegnete Elisabetta etwas hilflos.

»Du befürchtest, dass das Geschäft darunter leiden könnte, dass ich keine Aufträge annehme, stimmt‘s?«, fragte er. »Keine Sorge, seit Pierre Fournier der Geschäftsführer der ›Caminata‹-Restaurants ist, laufen die Läden besser denn je. Notfalls ziehen wir da ein paar Gewinne ab – unser Steuerberater macht das schon.«

Elisabetta zwang sich zu einem Lächeln. Maximilian machte also tatsächlich Ernst. Gestern hatte sie schon vergeblich versucht, ihm eine verschollene Inka-Statue schmackhaft zu machen. Gut, das war nicht ganz so sein Thema. Aber dass er eine Reise nach Italien so rigoros ausschloss, ohne wenigstens ein paar Fakten zu überprüfen, war schon seltsam.

Nun ja, wenn er partout nicht verreisen wollte, musste sie das wohl akzeptieren. Sie konnte ihn ja schlecht aus seinem eigenen Haus hinauswerfen. Um in Ruhe arbeiten zu können, musste sie eben dafür sorgen, dass er anderweitig beschäftigt war. Wenn ihn die Jagd nach verschwundenen Antiquitäten nicht reizte, blieb immer noch seine andere große Leidenschaft: die Frauen.

Es bereitete ihr allerdings ein wenig Kopfzerbrechen, wie sie eine Frau finden könnte, die Maximilians Aufmerksamkeit länger fesseln konnte, als er brauchte, um sie in sein Bett zu bekommen – häufig eine erschreckend kurze Zeitspanne.

Andererseits, wenn Maximilian wirklich Ernst machte und sich mit ihr in das gesellschaftliche Leben stürzen wollte, würde es nicht lange dauern, bis ein paar lange Beine oder eine ansprechende Oberweite seine ganze Aufmerksamkeit forderten. Dann würde er schon bald mehr Zeit in seinem Münchner Apartment als am Starnberger See verbringen, und sie würde sich in aller Ruhe um das Geschäft kümmern können.

Elisabetta erwiderte Maximilians Händedruck und schenkte ihm ein Lächeln, das diesmal sogar von Herzen kam.

»Dann ist es ja gut. Ich freue mich auch schon wahnsinnig auf den ›Rosenkavalier‹ morgen Abend!«

***

»Also ich weiß nicht, ich sehe ja aus, als ginge ich zu meiner eigenen Hochzeit.«

»Papperlapapp!«, entgegnete Freddy. »Auf seiner Hochzeit trägt man Weiß, und das ist eindeutig creme. Außerdem steht dir das Kleid super!«

»Für ein Kleid ist das Teil echt okay«, mümmelte Wanda zwischen zwei Bissen ihres Müsliriegels hervor.

Das war aus Wandas Mund ein echtes Kompliment. Denn die würde sich lieber stundenlang in einen Ganzkörper-Neoprenanzug zwängen als auch nur in Erwägung zu ziehen, in ein Kleid zu schlüpfen.

Probeweise drehte Valentina sich nochmal vor dem Spiegel hin und her. Der knielange Rock mit den dezenten Stickereien am Saum war wirklich wunderschön, dass sie das Kleid auf dem Flohmarkt erstanden hatte, sah man ihm wirklich nicht an. Aber gewährte der V-Ausschnitt nicht zu tiefe Einblicke?

»Ich will ja keinen fremden Mann zu – was auch immer – ermuntern«, meinte sie nervös.

»Unsinn! Hier, ich leihe dir meine Lieblingskette.« Freddy legte ihr ein silbernes Kettchen mit einem schwarzen Stein daran um. »Der schwarze Opal wehrt alles Schlimme ab. Seine Liebe wird dich auf allen Ebenen beschützen!«

Valentina musste grinsen. Typisch Freddy! Für jede Situation der passende Glücksbringer. Aber die Kette war wirklich sehr schön, eindeutig eine Verbesserung zu dem seltsamen Spray, mit dem Freddy sie vor ihrem letzten Date eingenebelt hatte.

»Cool«, meinte Wanda.

»Also gut«, gab sie der geballten Ladung Begeisterung nach.

Blieb nur noch die Frage, ob ihr Begleiter wirklich einen Job für sie hatte, oder ob er sich nur für den Preis eines Blumenstraußes und einer Eintrittskarte einen Abend lang mit einem Model an seiner Seite schmücken wollte.

Aber eines war jedenfalls sicher: Es handelte sich diesmal definitiv nicht um einen Hund! Denn die durften – da war Valentina sich ziemlich sicher – nicht in das Opernhaus hinein.

Als sie eine halbe Stunde später die bayerische Staatsoper betrat, hatte sie immer noch nicht mehr in der Hand als eine SMS, in der der namenlose Mann sie darum bat, im Königssaal auf ihn zu warten. Auch recht. Valentina gab ihr Jäckchen an einer Garderobe ab und begab sich direkt in den genannten Saal im ersten Stock, wo sie sich den übrigen flanierenden Opernbesuchern anschloss. Der prunkvolle Raum mit dem goldverzierten Stuck, dem riesigen Kronleuchter und dem mehrfarbigen Parkett war ihrer Meinung nach sowieso die beste Einstimmung auf die Aufführung. Doch obwohl sie immer wieder nach links und rechts spähte, konnte sie niemanden entdecken, der sich über Gebühr für sie interessierte.

»Valentina?«

Sie zuckte heftig zusammen, als sie schließlich doch angesprochen wurde. Dabei war der Mann, dem die samtweiche Stimme gehörte, alles andere als furchteinflößend, auch wenn er recht groß war und die dunklen Haare ihm verwegen in die Stirn fielen. Einzig die glitzernden Akzente in dem Schopf verrieten Valentina, dass der perfekte Out-of-Bed-Look das Werk eines talentierten Friseurs und nicht etwa das Ergebnis eines ausgiebigen Mittagsschlafs war. Die lässige Frisur wurde durch einen gutsitzenden Anzug ergänzt, wodurch der Mix aus Zwanglosigkeit und Eleganz perfekt wurde. Ein Stil, wie man ihn derzeit auch in sämtlichen angesagten Männermode-Katalogen fand.

Wobei der Mann, dem sie nun die Hand reichte, sicher nicht als Model in einem Versandkatalog zu finden war. Von der Gage solcher Aufträge konnte man sich in der Regel nämlich keinen maßgeschneiderten Anzug, goldene Manschettenknöpfe und eine Rolex am Handgelenk leisten.

»Ich bin entzückt, Sie kennenzulernen«, sagte er, ergriff ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf.

Ziemlich exaltiert, der Mann. Als er sie nun auch noch in seine Arme zog und ihr dabei ein Schwall süßlichen Parfüms in die Nase stieg, brauchte Valentina den winzigen Regenbogenstecker in seinem Ohrläppchen eigentlich gar nicht mehr zu entdecken, um zu ahnen, dass dieser Kerl sie wohl nicht im Dunklen befummeln würde.

»Sehr erfreut, Herr …«, sagte sie.

»Ah, wie unaufmerksam von mir! Rupert Schultheis, zu Ihren Diensten!« Er warf ihr eine Kusshand zu.

»Sehr erfreut, Herr Schultheis«, brachte Valentina ihren Satz etwas gequält zu Ende.

»Sagen Sie doch Rupert«, bat er, fasste erneut nach ihrer Hand und vergaß diesmal einfach, sie auch wieder loszulassen. »Was für ein unerhörtes und unverdientes Glück ich doch habe, dass Sie mich heute Abend begleiten!«

Schmachtend sah er sie an und tätschelte ihren Arm. Selbst für die Münchner Bussi-Gesellschaft war das zu viel Trara.

»Dann bleibt ja nur die Frage zu klären, ob es Ihnen mehr um meine Gesellschaft geht oder darum, in meiner Gesellschaft gesehen zu werden«, gab Valentina ungewohnt offen zurück. Aber sie hatte den Eindruck, dass der Mann sie mit seiner ungestümen Begrüßung für dumm verkaufen wollte, und das gefiel ihr überhaupt nicht.

»Oh, Verzeihung!«

Ihm schien aufzugehen, dass er wohl etwas zu forsch vorgegangen war, und rückte ein Stück von ihr ab. Stattdessen sah er ihr nun tief in die Augen.

»Ich kann mich doch auf Ihre Diskretion verlassen, Valentina, oder?«, fragte er theatralisch.

»Selbstverständlich«, entgegnete Valentina professionell.

»Mir liegt vor allem daran, mit Ihnen gesehen zu werden«, flüsterte Rupert verschwörerisch. »Und ich wollte nicht allzu offensichtlich … ich meine, eine bezahlte Begleitung … aber ich tue mir auch schwer, Frauen kennenzulernen, deshalb …«

Alles Überschwängliche fiel zusehend von ihm ab, und er tat Valentina direkt ein bisschen leid. Also achtete sie sorgfältig darauf, dass sie niemand belauschen konnte, ehe sie sich zu ihm neigte.

»Damit nicht über Ihre Homosexualität getratscht wird, brauchen Sie hin und wieder eine weibliche Begleiterin«, sagte sie leise, »die nicht allzu augenscheinlich ein Escort ist. Das ist schon in Ordnung. Obwohl es schon ein bisschen gemein war, mir einen Job in Aussicht zu stellen, um mich herzulocken!«

»Oh, natürlich habe ich einen Job für Sie«, sagte er entrüstet und presste melodramatisch seine Hände auf sein Herz. »Also, nicht ich, aber mein … ein Freund von mir ist Fotograf und veranstaltet ein Casting und ich bin sicher, Sie werden ihn überzeugen …«

Ach herrje. Irgend so ein Hobbyknipser. Das auch noch. Rupert senkte seine Stimme.

»Das Projekt heißt ›Stadtnymphen‹ und Ihre Agentin meinte, Sie wären entzückt, bei einem Shooting von Leonardo DaSilva dabei zu sein.«

Valentina japste recht undamenhaft nach Luft. Leonardo DaSilva! Und ob sie daran interessiert war! Sie kannte kein Model, das nicht seinen rechten Arm für so eine Chance geben würde. Valentina zog Rupert wieder an sich heran.

»Ich glaube, um überzeugend zu wirken, sollten Sie mir Ihren Arm reichen«, schlug sie vor und mit einem erleichterten Lächeln folgte Rupert ihrer Aufforderung.

Natürlich hatten sie hervorragende Plätze, und nachdem sie nun direkt geklärt hatten, wie sie zueinanderstanden, konnte Valentina den Abend in Gesellschaft von Rupert Schultheis tatsächlich genießen, auch wenn dieser rasch wieder zu seiner anfänglichen Überschwänglichkeit zurückgefunden hatte. Er erzählte von dem Großhandel für Spielwaren, den er leitete und den schon sein Großvater aufgebaut hatte und konnte dabei mit allerlei amüsanten Anekdoten aufwarten. Wobei die Befindlichkeiten des alten Mannes leider auch der Grund dafür waren, dass Ruperts Outing wohl noch ein wenig hinausgeschoben werden musste.

In der Pause schlenderten sie wieder Arm in Arm durch die Gänge und nippten an einem Champagner, während Rupert sie beiläufig einigen Bekannten vorstellte. Da es sich dabei überwiegend um Personen im Rentenalter handelte, ging Valentina davon aus, dass sie ihre Gesprächspartner wohl hauptsächlich deshalb begrüßten, damit diese vor dem Opa von Ruperts charmanter Begleiterin schwärmen konnten. Sie gab sich alle Mühe, dem auch gerecht zu werden, und Ruperts frohes Gesicht zeigte ihr, dass sie damit auch Erfolg hatte.

Schon schien Rupert wieder jemanden zu entdecken, den er kannte, denn er zog sie eifrig weiter.

»Oh, da ist Elisabetta«, sagte er entzückt. »Sie hat mir ein wunderbares Bild verkauft, Sie müssen sie kennenlernen!«

Doch Valentina hatte nur Augen für den Mann, der neben der schlanken Blonden stand.

Maximilian.

Niemals Max oder – Gott bewahre – Maxi oder gar Mäxchen.

Der Mann, der vor drei Jahren, einem Monat und fünf Tagen gutaussehend, reich und weltgewandt in ihr Leben geplatzt war, und den es nur ein Fingerschnipsen gekostet hatte, ihr Herz nicht einfach nur zu brechen, sondern es in tausend Stücke zu zerreißen.

Der letzte Mensch, mit dem sie jemals wieder ein Wort wechseln wollte.

***

Maximilian klatschte höflich, als sich der Vorhang vor der Pause schloss. Dabei fand er die Inszenierung eigentlich ein wenig bieder – aber das würde er lieber nicht laut äußern, denn so sehr er klassische Gemälde liebte, mit klassischer Musik konnte er recht wenig anfangen. Elisabetta sah jedenfalls zufrieden aus, also reichte er ihr den Arm und führte sie aus der Loge, um ihnen zwei Gläser Champagner zu organisieren.

Kaum waren er und seine Frau entsprechend ausgestattet, als Elisabetta auch schon eine Gruppe distinguierter Damen und Herren ansteuerte. Maximilian verdrehte heimlich die Augen, eigentlich wäre er lieber mit seiner Frau allein gewesen. Dennoch schaffte er es, sich angemessen zu benehmen. Dem Stadtrat versicherte er, dass seine Frau heute besonders entzückend aussähe, einem Chefarzt gratulierte er zum Erwerb der neuen Villa und einem Produzenten zum Erfolg seines jüngsten Filmes. Ansonsten überließ er die Konversation Elisabetta, Smalltalk war schließlich ihre Domäne. Er kam dann zum Zug, wenn es um das Handeln und Feilschen ging. Obwohl – wenn er da an die Salazars dachte, da war er ja nicht so erfolgreich gewesen, als es darum ging, den Preis zu drücken.

Rasch verdrängte er das chilenische Paar aus seinen Gedanken und beobachte stattdessen Elisabetta aus den Augenwinkeln. Sicher beneideten ihn einige in der Runde um seine schöne Frau, die sich so elegant auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegte. Doch irgendwie erschien sie ihm heute besonders reserviert zu sein. Oder benahm sie sich wie immer? Vielleicht lag es auch an dem hellblauen Cocktailkleid, dass sie ihm so kühl vorkam? Die schmale Kombination mit dem knappen Bolero, dazu noch das kurze, hellblonde Haar – sie sah aus wie der Inbegriff einer Eisprinzessin.

Maximilian seufzte innerlich und ließ seinen Blick über das Gedränge schweifen. Vielleicht war die Oper doch keine so gute Idee gewesen. Eine schummerige Bar mit einem Klavierspieler wäre …

Jäh wurden seinen Gedanken unterbrochen. Ein wunderschön anzusehendes Paar betrat das Foyer. Der Mann war gut in Form und sehr geschmackvoll gekleidet, an seiner Seite eine jener Frauen, die es mühelos schaffen, alle Blicke auf sich zu lenken, ohne selbst etwas davon zu merken. Maximilian schluckte hart.

Ein cremefarbenes Kleid umspielte ihre weiblichen Rundungen, ihr langes, braunes Haar fiel in sanften Wellen über ihren Rücken bis fast auf die Hüfte und ihr strahlendes Lächeln konnte man einfach nur bezaubernd nennen.

Sie sah aus wie ein Engel, während sie am Arm des anderen Mannes durch den Raum schritt. Gerade beschloss er, sich nun doch auf ein tiefsinniges Gespräch mit dem Produzenten einzulassen, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, sie begrüßen zu müssen, als der Mann an ihrer Seite Elisabetta entdeckte und sich daraufhin eine Miene freudigen Erkennens auf seinem Gesicht abzeichnete. Er wandte sich zu seiner Begleiterin, zweifelsohne um sie darauf vorzubereiten, der Galeristin vorgestellt zu werden.

Maximilian wartete gar nicht erst ab, wie sie darauf reagieren würde, fühlte sich doch schon ihr Anblick an der Seite eines anderen Mannes an, als hätte er soeben einen Schlag in den Magen erhalten.

»Du entschuldigst mich kurz«, sagte er gepresst zu seiner Frau.

Die nickte abwesend. Ohne sich um die verwunderten Blicke der anderen Anwesenden zu kümmern, drängte Maximilian sich resolut zum Treppenhaus durch und eilte die Stufen hinab bis ins Untergeschoss an die Bar.

Er brauchte einen Moment für sich. Und einen Drink!

Der Barkeeper schien seine Nöte zu ahnen, trotz des Gedränges hatte er in Rekordzeit einen doppelten Grappa in der Hand. Er kippte ihn in einem Zug hinunter, während er immer noch glaubte, die Frau vor sich zu sehen, die ihn derartig erschüttert hatte.

Valentina.

Musste es ausgerechnet Valentina sein, die ihm über den Weg lief, wenn er einmal in die Oper ging?! Ausgerechnet sie. Die einzige Frau, die ihn jemals fast dazu verleitet hätte, den gleichen Fehler zu begehen wie seine Mutter und sich zu verlieben. Doch sie hatte das Herz, das er ihr schenken wollte, nicht einfach nur in den Schmutz geworfen, nein, sie war auch noch darauf herumgetrampelt!

Verdammt, wie peinlich war das eigentlich? Auch nach all der Zeit ließ er sich von diesem hinterlistigen Biest immer noch aus der Ruhe bringen, das konnte doch nicht wahr sein! Das war doch nicht Maximilian Wolff, angesehener Galerist, international geschätzter Kunstdetektiv und bekannter Playboy?!

Doch allein der Gedanke, dass sie ihn auch gesehen haben musste, dass sie sich nun mit ihrem Begleiter köstlich über sein albernes Benehmen amüsieren würde, brachte Maximilians Blut erneut in Wallung. Er orderte noch einen Drink.

Aber diesmal kippte er den Grappa nicht auf Ex in den Rachen. Nachdenklich ließ er die klare Flüssigkeit in seinem Glas kreisen, atmete mehrmals tief ein und aus.

Valentina. Die Frau, die ihn verraten hatte. Der es gelungen war, ihn mit ihrer gespielt unschuldigen Art vorzuführen, als sei er ein dummer Schuljunge. Elendes Miststück.

Sie schuldete ihm noch etwas. Aber ein Maximilian Wolff war niemand, der anderen einfach so ihre Schulden erließ. Er würde bekommen, was ihm zustand. Und sie dafür leiden lassen, was sie getan hatte.

Er nahm noch einen Schluck Grappa und spürte dem Brennen nach, als dieser seine Kehle hinunter rann. Doch mehr als jeder Schnaps es je könnte, wärmte nun die Vorstellung sein Herz, dass es diesmal Valentina sein würde, die verzweifelt und unglücklich zurückblieb, während er sich nur achselzuckend abwenden und sich wieder seinem erfolgreichen Leben und seiner wunderschönen Ehefrau widmen würde.

Genau. Er würde den Spieß umdrehen. Wenn er mit ihr fertig war, würde sie sich wünschen, ihn nie getroffen zu haben!

Maximilian spürte, wie er sich unwillkürlich aufrichtete und die Schultern straffte. Sein Blut schien schneller durch seine Adern zu fließen und seine Sinne schärften sich.

Er kannte dieses Gefühl. Jagdfieber. Elisabetta war es mit ihren langweiligen Projekten nicht gelungen, es zu entfachen, doch nun war es wieder da, und seine Beute hieß Valentina.

Maximilian trank den Grappa aus und machte sich daran, zu seiner Frau zurückzukehren, die sicher schon wieder an ihrem Platz saß und ungeduldig nach ihm Ausschau hielt. Aber er hatte jetzt ein anderes Ziel vor Augen. Doch wenn er seine Rache bekommen hatte, würden Elisabetta und er wieder genauso glücklich und zufrieden zusammenleben, wie sie es die letzten zwei Jahre getan hatten!

***

Nach Maximilians Abgang schaffte es Elisabetta kaum, das süffisante Lächeln zu unterdrücken, das sich unbedingt auf ihr Gesicht drängen wollte. Dabei war eigentlich sie es gewesen, die beim Anblick von Rupert Schultheis am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Wenn der Kaufmann nicht wollte, dass alle Welt merkte, dass er schwul war, wieso trat er dann ständig so tuntig auf? Unerträglich!

Doch als Elisabetta registrierte, wie ihr Ehemann auf die Frau an der Seite von Rupert reagierte, war sie plötzlich ganz begierig darauf, mit den beiden zu reden.

»Elisabetta, was für eine Freude!«, rief der Schultheis auch schon hingerissen aus. »Wie immer sind Sie eine Augenweide, was für ein Glanz in diesem betagten Haus!«

Etwas gezwungen lächelnd reichte Elisabetta ihm die Hand.

»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, behauptete sie.

»Darf ich Ihnen meine überaus reizende Begleitung, Valentina Lauterbach, vorstellen?«

Ruperts Begleiterin schien dessen Begeisterungsstürme ebenfalls ein wenig übertrieben zu finden, jedenfalls zwinkerte sie Elisabetta verstohlen zu, als sie ihr die Hand reichte. Unter anderen Umständen wäre ihr die Frau vielleicht sogar sympathisch gewesen, doch im Augenblick interessierte es sie viel mehr, wie es der anderen gelungen war, Maximilian so schnell in die Flucht zu schlagen. Herrje, wenn sie auch über diese Fähigkeit verfügen würde, könnte sie endlich wieder in Ruhe arbeiten, ohne dass ihr Mann ihr ständig auf die Finger sah oder sie mit Ideen für gemeinsame Unternehmungen nervte.

»Valentina arbeitet als Model«, erklärte Rupert salbungsvoll.

»Das hätte ich fast vermutet, aber so etwas kann man ja nicht mehr sagen, das klingt ja nach einem abgedroschenen Kompliment«, entgegnete Elisabetta aalglatt, und fragte Rupert, wie er mit der Wirkung des Gemäldes, das sie ihm verkauft hatte, zufrieden war.

Was den Mann wie erwartet zu einer endlosen Rede ermunterte. Gut so. Denn da klingelte doch was bei ihr … ein Model namens Valentina … könnte es sich dabei um die Frau handeln, die Maximilian einmal erwähnt hatte, als sie an einem Sommerabend mehr als eine Flasche Rotwein geköpft hatten und reichlich betrunken zusammen auf ihrer Terrasse saßen? Es war einer der netteren Abende mit ihrem Mann gewesen, nicht nur, dass er ungewöhnlich offen ihr gegenüber gewesen war, nein, als sie endlich ins Bett gingen, war er auch zu besoffen gewesen, um mit ihr schlafen zu wollen.

Jedenfalls hatte er da so ein paar Bemerkungen über das unglückliche Ende einer Beziehung fallen lassen. Zu einem Model. Valentina? Verdammt, sie hatte an dem Abend auch zu viel erwischt! Aber so, wie er Valentina vorher angesehen hatte, war sie es, und ihr Mann war noch lange nicht darüber hinweg.

Elisabetta grinste innerlich. Ausgerechnet ihr Mann, vor dem sonst kein Rock sicher war! Zu komisch. Eine Frau, die nicht sehnsüchtig schmachtend zurückblieb, wenn er sie verließ – Maximilian hatte nicht so ausgesehen, als würde er das auf sich beruhen lassen. Er würde alles tun, um diesen, seiner Meinung nach wahrscheinlich gottgegebenen Zustand herzustellen, und deshalb in nächster Zeit sowohl ihr Geschäft, als auch seine Frau hoffentlich mit seinen Aufmerksamkeiten verschonen.

Eine Einschätzung, die sich bestätigte, als sie wenig später wieder auf ihrem Platz saß und das entschlossene, grimmige Gesicht sah, mit dem Maximilian seinen Sitzplatz ansteuerte. Oh ja, er würde demnächst anderes zu tun haben, als ihr auf die Nerven zu fallen!

Was für ein überaus gelungener Abend, dachte Elisabetta und lehnte sich entspannt zurück.

Ein Playboy für Valentina

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