Читать книгу Mats und das Buch aus der Kiste - Eva Markert - Страница 4
Werner ist gut in der Schule
ОглавлениеGleich auf den ersten Seiten wurde Werner als großartiger Junge beschrieben. Ein leuchtendes Beispiel für alle. Seine Lehrer freuten sich über ihn, weil er fleißig und ordentlich war und immer die besten Noten von allen hatte. Darüber freuten sich seine Eltern natürlich auch. Und als er einmal eine schlechtere Note bekam, traf ihn keine Schuld. Er hatte nur nicht lernen können, weil er für eine arme kranke Frau einkaufen gehen musste.
Dass Werner ein so fabelhafter Schüler war, beunruhigte Mats ein wenig. Seine eigenen Leistungen waren eher mittelprächtig, und im Rechnen noch nicht einmal das, denn mit Zahlen konnte er nicht viel anfangen. Deshalb sah sein Matheheft auch noch unordentlicher aus als die anderen Hefte.
Aber Werner gab niemals auf. Deshalb beschloss Mats, die Flinte auch nicht ins Korn zu werfen. In zwei Tagen würde er die erste Arbeit schreiben, und dafür wollte er nun üben, üben, üben.
Mats setzte sich an den Tisch und löste noch einmal sämtliche Mathehausaufgaben, die sie aufbekommen hatten, seit er in die neue Klasse ging. Es waren insgesamt nicht viele zusammengekommen, daher machte er die Übungen ein zweites Mal. Beim dritten Mal kannte er die Ergebnisse zum Teil schon auswendig.
Mats legte den Stift hin. Es machte keinen Sinn, Lösungen auswendig zu wissen, denn in der Arbeit kamen bestimmt andere Aufgaben dran. Und noch was wurde ihm klar: Wenn er eine Eins oder Zwei schriebe, würde sich Frau Basten höchstwahrscheinlich gar nicht besonders darüber freuen. Sie konnte ja nicht ahnen, dass er normalerweise schlechtere Noten in Mathe bekam.
Bei seinen Eltern sah die Sache allerdings anders aus. Die würden sich zweifellos freuen. Seufzend griff Mats wieder nach dem Stift.
Seine Mutter kam herein. „Du sitzt ja immer noch an den Hausaufgaben!“, rief sie.
„Ich übe für die Mathearbeit“, erklärte Mats und wartete auf ihren Freudenausbruch.
Doch der blieb aus. „Das ist gut“, sagte sie nur und fügte dann hinzu: „Aber ich denke, für heute hast du genug gearbeitet. Es ist herrliches Wetter. Geh lieber ein bisschen draußen spielen.“
Mats war platt. Da tat er mal, was seine Eltern ihm dauernd predigten, und nun war es auch nicht recht.
Außerdem gab es noch ein weiteres Problem: „Ich weiß nicht, wo ich spielen soll“, erwiderte er.
„Wie wäre es mit dem Bolzplatz hier in der Nähe?“, schlug seine Mutter vor. „Vielleicht triffst du dort ein paar nette Jungen.“
„Hoffentlich“, dachte Mats und machte sich auf den Weg. Er verspürte auf einmal riesige Lust, Fußball zu spielen.
Auf dem Bolzplatz kickten tatsächlich ein paar Jungen, die er von der Schule her kannte. Ausnahmsweise behandelten sie ihn mal normal. Wahrscheinlich, weil man beim Fußballspielen nur wenig sprach und sie deshalb nicht dauernd über seinen sächsischen Dialekt lachen mussten. Oder aber, weil Mats ein hervorragender Torhüter war.
Sören spielte auch in seiner Mannschaft, und mit ihm ging Mats später nach Hause. Er wohnte gar nicht weit von ihm: nur ein Stück geradeaus und dann die zweite Straße links.
„Und? Wie war‘s?“, fragte seine Mutter, als er zur Tür hereinkam.
Mats erzählte ihr von dem Fußballspiel und von Sören.
Seine Mutter strahlte. „Prima! Schön, dass du Anschluss findest!“ Sie erzählte es sogar seinem Vater, als er abends nach Hause kam, und auch der schien sehr erfreut. Von der Mathe-Paukerei sagte sie nichts.
„Eltern sind wirklich seltsam“, überlegte Mats. „Wenn man denkt, sie freuen sich ganz doll, freuen sie sich nur ein bisschen. Und wenn man denkt, sie freuen sich gar nicht, freuen sie sich ein Bein ab. Wie soll man Leute glücklich machen, wenn man gar nicht genau weiß, was sie wollen?“
Das Üben für die Mathearbeit zahlte sich übrigens aus: Er schrieb eine Drei und darüber waren alle – einschließlich er selbst – sehr froh.