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Big, der Briefeschreiber

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Leonardo flitzt nach Hause. Hanna ist ihm dicht auf den Fersen. Sie fliegt fast, ist leicht wie eine Seifenblase. Das Leben ist wieder schön. Und so aufregend, dass es in den Beinen kribbelt und im Bauch kitzelt.

Sie hat einen Entschluss gefasst. Wenn Leonardo will, will sie auch.

Heute Nacht wollen sie im Park auf dem Dach des Fahrradunterstandes schlafen. Und sie wird sich hüten Papa um Erlaubnis zu fragen. Er würde es sowieso nicht erlauben.

Hanna hat sich das genau überlegt. Sie wird ihm sagen, dass sie bei Leonardo übernachten will. Sein Vater ist vor ein paar Jahren nach Afrika zurückgegangen und seine Mutter hat Nachtdienst im Krankenhaus. Da Leonardo allein zu Hause ist, können sie machen, was sie wollen, die ganze Nacht.

Das ist wahrscheinlich das Verbotenste, was sie je in ihrem Leben gemacht hat, denkt Hanna.

Sie kann es kaum erwarten, bis es endlich Abend ist, weil sie schon jetzt Schmetterlinge im Bauch hat. Was für eine Vorstellung, unter freiem Himmel zu schlafen! Sie und Leonardo wollen nach Sternschnuppen Ausschau halten.

Man darf sich etwas wünschen, wenn man eine sieht, hat die alte Frida gesagt.

Verrückt vor Freude springt sie in die Luft und landet im gleichen Moment wieder auf dem Sandweg, als etwas Schlabberiges aus den Büschen geflogen kommt und vor ihren Füßen landet.

Eine tote Ratte!

Hanna schreit wie am Spieß.

Im nächsten Augenblick stürzt ein wild kläffender Hund aus dem Gebüsch und gleich hinter ihm her ein schreiender Big:

»Rühr Sigges Ratte ja nicht an!«

Mit zwei großen Schritten steht er vor Hanna, groß und bedrohlich, der Rotz läuft ihm aus der Nase. Er hebt die Ratte am Schwanz hoch und lässt sie vor ihrem Gesicht hin- und herbaumeln.

»Magst du etwa keine toten Ratten?«, fragt er grinsend.

Hanna weicht ein paar Schritte zurück und drückt sich fest gegen Leonardos Arm, während Sigge an ihren Füßen schnuppert und ihre Zehen leckt, die aus den Sandalen hervorlugen.

»Sigge mag süße Mädchen«, sagt Big.

Dann macht er etwas Seltsames. Er glotzt Hanna direkt in die Augen und zwinkert ihr zu.

In dem Augenblick hat sie das Gefühl, dass ein eisiger Wind durch den Park zieht. Die Haare auf Hannas Armen und Beinen richten sich steil auf.

Big hat den Liebesbrief geschrieben!

Sie umklammert immer noch Leonardos Arm. So ist das also. Wer anderes als Big könnte es sein, der ihr Leben zerstört? Wer sonst? Jedenfalls nicht so ein süßer Junge wie Simon.

Hanna könnte sich selbst in den Hintern treten. Dass sie nicht gleich darauf gekommen ist.

Sie pfeift darauf, erwachsen zu werden.

Big, der alte Idiot.

»Morgen kommt mein Cousin aus Göteborg zu Besuch«, sagt Big. »Er ist schon dreizehn.«

»Wie schön für dich«, sagt Leonardo und streckt die Hand aus, um Sigge hinterm Ohr zu kraulen.

»Der beißt Idioten«, zischt Big.

»Wer?«, zieht Leonardo ihn auf. »Der Köter oder dein Cousin?«

Big glotzt ihn blöde an und Sigge fletscht die Zähne. In dem Moment sehen die beiden sich unglaublich ähnlich. Zwei knurrende Monster mit Strubbelhaaren und Glupschaugen.

Na, dem wird sie eins verpassen! Sie weiß nur noch nicht, wie sie das anstellen soll. Ihn verprügeln? Ihn anbrüllen, dass er Leine ziehen soll?

Hanna kriegt ganz weiche Knie, wenn sie nur daran denkt.

»Komm schon«, sagt sie. »Wir müssen nach Hause und was essen.«

Hanna will so schnell wie möglich weg von hier, bevor Big etwas von dem Brief ausplaudert. Leonardo und Big können sich nicht ausstehen. Sie wohnen im gleichen Treppenhaus und gehen in dieselbe Klasse. Und sie streiten sich andauernd. Hanna weiß genau, was Leonardo tun würde, wenn er es wüsste. Er würde stinksauer werden.

»Gegrillte Affenfüße mit Dschungelsoße«, grölt Big. »Isst man das da, wo du herkommst, Leonardo?«

Leonardos dunkelbraune Augen sprühen Funken.

»Nimm dein kläffendes Lenkradfell und hau ab«, schreit er zurück.

Und da tut Big etwas, was er nicht tun sollte. Blitzschnell grapscht er sich Leonardos knallgrüne Baseballkappe und verschwindet höhnisch lachend damit hinter den Büschen.

Hanna klammert sich mit aller Kraft an Leonardos Arm.

Schließlich beruhigt er sich wieder. Zuckt mit den Schultern und verpasst der Ratte einen Tritt, dass sie im hohen Bogen in die Büsche fliegt.

Das Freundschaftsherz

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