Читать книгу 30 Minuten Digitalisierung erfolgreich nutzen - Ewald Wessling - Страница 15
Digitaler Wandel ist disruptiv
ОглавлениеBei den informationstechnologischen Erfindungen handelt es sich nämlich meistens um disruptive Technologien, die erfolgreiche Unternehmen in ein Dilemma bringen, aus dem die meisten nicht herauskommen.
Das „Innovator’s Dilemma“
… wurde 1998 vom Harvard-Professor Clayton Christensen beschrieben, der erforschte, warum auch sehr erfolgreiche Unternehmen zugrunde gehen können. Zur Erklärung unterscheidet er zwischen erhaltenden und disruptiven Technologien:
Erhaltende Technologien (früher beispielsweise größere Segelschiffe) helfen den bestehenden Unternehmen, ihre Geschäfte noch besser zu machen. Neue disruptive Technologien (beispielsweise das Dampfschiff) werden von den bestehenden Unternehmen dagegen abgelehnt, weil sie ganz anders funktionieren, erst einmal schlechtere Leistung bringen und teurer sind; warum also den eigenen Markt damit gefährden? Ist aber auf Dauer eine neue disruptive Technologie besser, dann erobern neue Unternehmen den Markt und die etablierten Unternehmen gehen unter, weil sie nicht bereit sind, ihre Angebote, Preise und Profite infrage zu stellen.
(Christensen, 2011)
Das disruptive Wesen des Internets wird am Beispiel der Musikindustrie besonders deutlich: Die Verdrängung der Schallplatte durch die CD war noch eine erhaltende Innovation, weil sich für die Musikverlage nicht viel geändert hatte; lediglich die Presswerke mussten ausgetauscht werden.
Die Erfindung der MP3-Technologie hat die Musikindustrie dagegen völlig verschlafen: Die gesamte Musikbranche hatte über Jahre ihren Kunden kein Angebot gemacht, Musik im Internet kaufen zu können. Auch deshalb gab es im Internet jahrelang überwiegend nicht bezahlte und illegale Musik-Downloads. Erst ein Computerhersteller, nämlich Apple, führte der Musikbranche 2003 mit dem iTunes Store vor, wie sich Musik im Internet verkaufen lässt – in Zahlen: bisher rund fünfzig Milliarden Lieder an achthundert Millionen Kunden.
Aber schon zur gleichen Zeit entwickelten die Start-up-Unternehmen Pandora und Spotify die nächste disruptive Technologie: Musik-„Radio“ als Streaming-Dienst im Internet. Beim Start des iTunes Stores war also der Zeitpunkt des Angriffs auf die Musik-Downloads schon absehbar, nämlich sobald die Datenverbindungen für Musikstreaming ausreichend schnell sein würden; eine Rechenaufgabe mit dem Moore’schen Gesetz. Apple verstand die Lehren aus dem Innovator’s Dilemma, wehrte sich gegen das erfolgreiche Spotify und griff selbst seinen hoch profitablen Download-Store an: Seit 2015 können Kunden Musik für eine Monatspauschale mit Apple Music unbegrenzt streamen.