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Beginn der Reise

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Am nächsten Morgen war Flavius früh wach. Aufgeregt stand er auf, schaute sich seine Liste nochmal genau an und kontrollierte das Gepäck:

Für das Lager:

1 Wasserkessel

1 Topf

2 Holzschalen

2 Löffel

2 Messer

2 Tücher für den Abwasch

Proviant für zwei Tage: Fladenbrote, Käse, trockenes Fleisch, einige Rüben und Zwiebeln, zwei Säcke Linsen, zwei Säcke Gerstengraupen, Salz und trockene Apfelscheiben

Flavius eigene Sachen:

Ein bisschen Seife und ein Tuch für die tägliche Pflege

Zahnstocher und etwas Zahnpulver

Einige Kleider

Flavius Sagum (also ein weiter Umhang, in dem er sich in der Nacht einwickeln würde)

eine warme Kopfbedeckung

einen Brief, der seine Identität bestätigte und dass er im Auftrag seines Vaters reiste

Für die Pferde:

2 Pferdedecken

Sattelzeug

Zaumzeug

Reparaturset

Verschiedene Utensilien für die Pferdepflege

eile zum Anbinden

Flavius setzte überall Häkchen auf seine Wachstafel. Er überlegte nochmal scharf, ob er etwas vergessen hatte, aber nichts fiel ihm ein.

Schließlich ging er raus und striegelte sein Pferd Mica, eine kräftige schwarze Stute, die ihn und das Gepäck tragen würde. Danach holte er das Pferd, das er für Meister Abraxas ausgesucht hatte. Es war ein brauner sanfter Wallach, der kräftig war, aber auch geduldig. Denn Meister Abraxas hatte selbst gesagt, dass er ein schlechter Reiter war.

Das wunderte Flavius. Eigentlich sollte doch jeder reiten können! Aber vielleicht war der Gelehrte so häufig am Studieren, dass er dabei das Reiten verlernt hatte?

Am Mittag kam Markus Abraxas zurück. Er hatte den ganzen Morgen auf dem Markt verbracht und sich Notizen gemacht. Er untersuchte dort, was verkauft wurde, woher die Produkte stammten und was die Leute damit machten. Vom vielen Fragen und Reden mit den Marktleuten hatte Meister Abraxas einen ganz wunden Hals bekommen und war froh, als der Junge Flavius ihm ein Becher Apfelsaft gab.

Danach stiegen sie beide auf die gesattelten Pferde und trotteten langsam aus Augusta Raurica weg.

Sie passierten das Theater, den danebenliegenden Jupitertempel und das Amphitheater. Das dauerte ganz schön lange, denn Meister Abraxas machte sich genaue Skizzen und viele Notizen zu den Bauwerken.

Markus faltete seine Papyrusblätter zusammen. Er nickte Flavius zu: Jetzt war er bereit, weiter zu reiten. Der Gelehrte plante in einer weiten Schleife um Augusta Raurica zu reiten, um nebenher einige Schmieden, Eisenhütten, Töpfereien, Sägereien und alles, was es dort an Industrie gab, zu besichtigen.

Er schaute nach vorn zum Jungen. Flavius mochte vielleicht zehn, höchstens zwölf sein. Eigentlich hatte Markus einen kräftigen Stallburschen als Begleiter gesucht, doch auf die Schnelle hatte er niemand anderen gefunden. Er bereute seine Entscheidung jedoch nicht, Flavius machte wirklich einen sehr guten Eindruck. Stets gab er sich alle Mühe, damit er, Markus, alles hatte, was er brauchte.

Heute Nacht würden sie draußen nächtigen. Es gab zwar genügend Herbergen, aber Markus hatte nicht vor, dort zu übernachten. Er war an moderne 4-Sterne-Hotels gewöhnt und die römischen Herbergen waren ihm nicht gut genug: Meistens waren sie dreckig und die Betten alles andere als komfortabel. Gut möglich, dass sich darin Wanzen oder Flöhe befanden.

Lieber übernachtete er mit seinen Sachen draußen. So konnte er auch unbeobachtet sein Smartphone nutzen, ohne dass er sich vor neugierigen Leuten in Acht nehmen musste. Plötzlich begannen sein Po und seine Beine zu schmerzen. Er war reiten wirklich nicht gewohnt!

Es war Sommer und lange hell, so mussten sie sich abends nicht beeilen, um ein Lager aufzubauen. Als Flavius aber sah, dass Meister Abraxas unruhig wurde – scheinbar hatte er große Schmerzen vom Reiten –, begann er am Wegesrand nach einem guten Lagerplatz zu suchen.

Zwischen den Bäumen entdeckte er eine helle Stelle. Flavius stieg von seinem Pferd ab, um genauer nachzuschauen. Tatsächlich! Hinter der Baumreihe gab es eine kleine Lichtung an einem sprudelnden Bach. Jetzt entdeckte er auch eine Feuerstelle, die mit großen Steinen umringt war. Es schien, als hätte jemand anderes die Stelle bereits benutzt.

Er half Meister Abraxas vom Pferd und legte kurzerhand eine Pferdedecke auf einen umgekippten Baumstamm, damit sich der Gelehrte ausruhen konnte. Mit einem tiefen Seufzer setze sich Markus darauf und dehnte seine eingeschlafenen Beine.

Währenddessen kümmerte sich Flavius um die beiden Pferde, nahm das Gepäck runter, sattelte sie ab und striegelte sie. Danach ließ er sie in Ruhe grasen.

Jetzt kam das wichtigste: Feuer machen. Dazu suchte er trockenes Holz und Zunder zusammen und häufte es griffbereit auf. Den Zunder legt er vor sich hin und nahm einen Lederbeutel. Darin hatte er neben einem Feuerstein und einem Feuerschlagbügel einen weiteren kleinen Stein, der goldig glänzte. Warum das Feuermachen funktionierte, wusste Flavius nicht. Er wusste lediglich, dass er entweder den goldig glänzenden Stein auf den Feuerstein schlagen muss, um Funken zu erzeugen. Oder den Feuerbügel fest über den Feuerstein wetzen, damit ebenfalls kleine Funken entstehen können.

Er hatte Glück. Nach einigen Schlägen mit dem Stein sprangen Funken auf den Zunder. Vorsichtig beugte er sich vor. So sanft wie möglich pustete er auf den Haufen bis eine kleine Flamme aufstieg und sein Zunder lichterloh brannte. Jetzt schnell die kleinen Ästchen drauflegen. Sobald diese auch Feuer gefangen hatten, platzierte er die größeren Holzstücke in Pyramidenform darum. Bald würde sich genügend Kohle bilden und er konnte auf dem Feuer kochen. Meister Abraxas hatte sich unterdessen erholt und brachte nun Wasser herbei.

„Aber Meister Abraxas, ruhen Sie sich doch aus! Sie bezahlen mich doch, damit ich das alles für sie übernehme“, rief Flavius, als er Markus mit den schweren Wasserkesseln entdeckte. Eilig nahm er ihm diese ab.

„Keine Bange Junge, nach dem vielen Reiten tut mir etwas Bewegung gut“, lachte Meister Abraxas. Gemeinsam richteten sie das kleine Leinenzelt des Gelehrten auf. Flavius selbst brauchte kein Zelt, er würde im Schutz eines Baumes schlafen.

Flavius machte sich nun an das Abendessen: Mit dem scharfen Messer schnitt er ein paar Rüben klein und kochte sie zusammen mit einer Handvoll Linsen und Trockenfleisch zu einem Eintopf.

Währenddessen machte sich Meister Abraxas fleißig Notizen. Den gesamten Kochvorgang beobachtete er genau und achtete darauf, nichts zu verpassen. Flavius hatte bis jetzt kaum mit ihm gesprochen. Er war sich unsicher, ob der Gelehrte überhaupt mit ihm sprechen wollte. Und er wusste auch nicht, wie er ein Gespräch beginnen sollte.

Doch als sie den Eintopf gemeinsam aßen, begann Meister Abraxas selbst ein Gespräch. Er fragte Flavius regelrecht über seinen Alltag aus und was er in der Schule lernte. Geduldig hörte er sich die Antworten an. Dann forderte er Flavius auf, ebenfalls Fragen zu stellen: „Nur nicht schüchtern, Junge. Wenn Du Fragen hast, dann frag. Ich werde Dir antworten.“ So war es natürlich viel einfacher und Flavius fühlte sich schnell wohl in der Gesellschaft des Gelehrten. Als ob er ein lieber Onkel wäre, der sich für vieles interessierte.

„Was ich mich schon immer gefragt habe“, begann Flavius, „wie funktioniert mein Feuerstein? Ich habe schon versucht, andere Steine zusammenzuschlagen, aber es hat nie gefunkt?“ „Zeig mir mal deinen Feuerstein“, entgegnete Meister Abraxas.

Flavius übergab dem Gelehrten seinen Beutel, den er am Gürtel trug. Dieser schaute sich die Steine von allen Seiten an und fragte dann: „Wenn du dir die Steine anschaust, sehen sie dann alle gleich aus?“

Flavius hatte die Steine bereits des Öfteren angeschaut und die Unterschiede dabei bemerkt. „Naja, der eine sieht aus wie ein normaler Stein. Der andere schimmert ein bisschen metallisch, so goldgelb.“

Abraxas nickte: „Richtig, der eine enthält Eisenerze, die wir Pyrit nennen. Das verursacht dieses goldgelbe metallische Schimmern. Hast du schon einmal einem Schmied zugeschaut?“

Flavius bestätigte seine Frage mit einem Kopfnicken. Er hatte häufiger den Hufschmied gesehen, wie dieser auf das rot oder gelb glühende Eisenstück hämmerte und dabei Funken in alle Richtungen flogen. Er erzählte Meister Abraxas davon.

„Genau. Und die Funken, die du mit deinem Feuerstein erzeugst, sind beinahe dasselbe. Beim Schmied sind es glühende Eisenstücke. Bei deinem Feuerstein sind es heiße Stücke Eisenerz, die du mit dem Schlag vom Gestein löst.“

Flavius dachte nach: “Und woher kommt die Hitze? Die Funken sind ja richtig heiß?“

Abraxas erklärte weiter: „Durch den Schlag erzeugst du Energie. Etwa so, als wenn du die Hände fest aneinander reibst. Dann werden sie auch warm, oder? Das ist Hitze, die durch Reibung entsteht. Deswegen wird sie Reibungshitze genannt. Im Grunde ganz einfach.“

Flavius probierte es sogleich aus. Schnell rieb er seine Handflächen aneinander und tatsächlich wurden sie immer wärmer. Toll, jetzt verstand er endlich, warum er mit seinem Feuerstein Feuer machen konnte!

Nun war es stockdunkel und Zeit, schlafen zu gehen.

Flavius und die drei Schatzkisten

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