Читать книгу Drachengeist - Falk Enderle - Страница 4
Befehle
ОглавлениеAlbastairn - Im Donjon
Der Thronsaal war voller Soldaten. Blendsteine warfen ihr irisierendes Licht auf bunte, jahrhundertealte Wandmalereien, die das Leben und die Geschichte Albastairns abbildeten. Überall blitzten polierte Prunkwaffen, der steigende Greif Albastairns prangte auf Uniformen, Umhängen, Wimpeln und den riesigen sechs Fahnen, die die Provinzen des Fürstentums repräsentierten. Draußen fauchte der Herbstwind um die mächtigen Mauern des Donjon, während drinnen die Elite Albastairns den wärmenden Worten des Grandugh lauschte. Adjutanten und die höchsten Offiziere, die Waffen- und Proviantmeister, Diplomaten aus Cronstade und die neun Magistrate von Albastairn standen, vom Zeremonienmeister säuberlich nach ihrer Bedeutung geordnet, vor dem Alabasterthron, von dem aus die DeCulleons seit Jahrhunderten herrschten. Jeder einzelne Gouverneur der sechs albastairnischen Militärprovinzen war mit seinen Armeekommandeuren in die Hauptstadt gereist, um den Aufbruch des Fürstentums zu neuen Ufern mitzuerleben und die Befehle Seiner Gnaden entgegenzunehmen.
Er trug die Gala-Uniform eines Armeegenerals von Albastairn, behängt mit der schweren Solaritkette des Fürsten. An seiner Seite trug er das juwelenbesetzte Rapier, eine Waffe, die seit dreihundert Jahren von Grandugh zu Grandugh weitergegeben wurde. DeCulleon hatte sich vorgenommen, keine einpeitschenden Worte zu sprechen. Sie wussten alle viel zu genau, was auf dem Spiel stand und warteten auf klare, deutliche Worte der Anerkennung. Mondelang hatten sie geplant und diskutiert. Der Zeitpunkt, den Plan in die Tat umzusetzen und Jestenburg endlich anzugreifen, war gekommen.
Seine Lethargie, die ihn kurz nach dem Attentat seiner Mätresse befallen hatte, schien wie eine Sommergrippe
vorübergegangen zu sein.
„Unsere Armada ist bereit, in zwei Wochen auszulaufen“, sprach er, und seine Worte hallten von den Mauern wider. „Ich will Jestenburg noch vor den Winterstürmen im Westmeer erreichen.“ Zustimmendes Gemurmel antwortete ihm. Niemand schien erpicht darauf, die göttlichen Winde Vintrumars, des Herrn über den Frost und das Wasser, am eigenen Leib zu spüren. „Der Krieg wird lang und hart – machen wir uns nichts vor. Jestenburg ist eine Festung von See und von Land her. Aber sie hat Risse bekommen. Die Mauern sind seit fast einem Jahrhundert nicht mehr ausgebessert worden, während die Händler ihre Taschen füllten mit allem, was sie in die Finger bekamen.“
DeCulleon ließ seine Worte einen Moment wirken. Garland stand neben den Armeekommandeuren, die ihn schon betrachteten wie den Stellvertreter DeCulleons. Ihn beunruhigte das etwas, doch zweifellos waren Garlands Dienste unschätzbar. Noch während seine Gouverneure sich die Köpfe heiß redeten, wie mit den Rebellen zu verfahren war, hatte dieser ehemalige Bauernknecht sein Schwert ergriffen und es ihm, dem Grandugh, zu Füßen gelegt. Der Aufruhr im Staat war sicherlich nicht eingedämmt, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sich auch die verbohrtesten Köpfe eingestehen mussten, dass ihre profanen Bedürfnisse den Aufstieg Albastairns zur mächtigsten Nation Delireths behinderten.
„See-Laird DeReuven übernimmt ab sofort das Kommando über die Schiffe und alle Maßnahmen, die nötig sind, um die Blockade vom Wasser aus aufrecht zu erhalten.“
Basil DeReuven, ein altgedienter Handelskapitän, richtete sich etwas auf. Sein strähniger grauer Bart lag auf seiner Brust wie eine Flagge während der Flaute. Der ausgezehrt wirkende Körper und die wässrigen Augen mochten auf mangelnde Körperpflege und einen übermäßigen Alkoholgenuss hindeuten, aber DeCulleon wusste, dass dieser Mann imstande war, die Handelsmetropole von See aus in Schach zu halten. Immerhin hatte er zwölf Jahre lang in den Diensten der Principessa gestanden und nannte die Hälfte ihrer Admiräle beim Vornamen. Sein Pech, dass er sich bei einem Shaconnee-Turnier etwas verzockt hatte und sein Handelskontor, seinen Titel und damit sein Ansehen verloren hatte.
DeCulleons wacher Blick richtete sich auf Garland. Der Kommandeur der Eisernen Garde trug einen verstärkten Lederharnisch aus schwarzem Leder, eine mit einer Eisenspange verstärkte Halsberge und den Wappenrock der Garde.
„Ihr, Oberst Garland, werdet zusammen mit Gouverneur Caemmaron den Angriff von Land führen. Zu diesem Zwecke erheben wir mit dem heutigen Tage Therras Laird Caemmaron, Gouverneur von Heyghand, zum Generalgouverneur von Jestland und Jestenburg.“ Der dürre Gouverneur verneigte sich. „Othwyn Garland, Oberst der Eisernen Garde, wird für seine Verdienste um die Sicherheit des Staates mit sofortiger Wirkung in den Rang eines Generaloberst befördert und zum Kommandeur der Landetruppen von Jestenburg berufen.“ Garland verneigte sich gleichfalls stumm. DeCulleon lächelte. „Ich erwarte, dass in weniger als sechs Monden der albastairnische Greif auf dem Handelspalast weht.“
„Sehr wohl, Euer Gnaden“, murmelte Caemmaron. Dann warf er Garland einen verächtlichen Blick zu, der eindeutig verriet, wie wenig begeistert der Gouverneur von der Entscheidung des Fürsten war. Als Laird Seiner Gnaden war Caemmaron es wahrscheinlich nicht gewohnt, mit einem Bürgerlichen zusammenzuarbeiten.
DeCulleon war das gleichgültig. Auf den altgedienten Kämpen war Verlass. Seine Untergebenen fürchteten den Ruf des alten Ex-Generals, Probleme notfalls mit Erde zu bedecken. Diese Gemeinsamkeit mit Garland war der ideale Boden, auf dem sein Plan gedeihen konnte.
„Zuvor jedoch, Generaloberst, haben Wir einen Sonderauftrag für Euch. Gouverneur Bethyan?“
Der dicke Provinzgouverneur von Northameerland warf sich in Pose. Seine reich bestickte Robe raschelte, als er nach vorn trat und sich verneigte. „Ja, Euer Gnaden. Unsere Späher berichten, dass die Rebellen, die sich am Maarsee und damit am Rande meines Territoriums sammeln, womöglich bewaffnete Unterstützung erhalten haben.“
Stirnrunzelnd drehte sich Garland zu Jon Bethyan um. Er tat überrascht, was nur natürlich war, da die Spitzel der Garde offiziell nur die Staatskammer und den Grandugh persönlich informierten. Bis jetzt waren die Berichte über Larissas Leute nur von Bauern, Knechten, Mägden und anderem Gesindel ausgegangen, doch gut bewaffnete Truppen waren den meisten Anwesenden neu.
„Woher sollten sie die bekommen?“, fragte Gouverneur Caemmaron laut und bissig. „Halgad kämpft noch immer um seinen inneren Frieden, Wolkenstein hat kein Interesse, Cronstade hortet jetzt schon genügend Branntwein, um den Sieg über Jestenburg zum Staatsfeiertag zu erklären.“
Bethyan zuckte die Achseln. „Ich kann nicht mehr berichten als dass, was meine Spitzel herausfinden. Es sollen jedoch nur eine Handvoll Soldaten sein, womöglich Söldner.“
„Darum macht Euch mal keine Sorgen“, mischte sich nun Garland ein. „Wahrscheinlich sind es Jestenburger oder Westmeersöldner. Meinen Berichten zufolge haben die Rebellen Kontakt mit der Principessa aufgenommen.“
Die Kommandeure begannen leise zu tuscheln. Bethyan bekam große Augen. „Aber – das ist ja ungeheuerlich! Wir müssen etwas dagegen tun, wenn sich Jestenburger Soldaten schon jetzt auf unserem Boden tummeln! Garland, warum weiß ich davon nichts, heh?“
„Bitte, Gouverneur“, tadelte DeCulleon an Garlands statt.
„Verzeiht, Euer Gnaden, aber immerhin befinden sie sich auf meinem Land! Sie werden versuchen, unsere Nachschubwege abzuschneiden, sobald wir uns im Krieg mit Jestenburg befinden“, erwiderte Bethyan gewichtig.
„Haben Euch das auch Eure Späher mitgeteilt?“, fragte Garland geringschätzig.
„Wie? Was erlaubt Ihr Euch?“, echauffierte sich der beleibte Gouverneur. „Ich befehligte schon die Wache, als Ihr noch in den Windeln lagt. Das liegt doch auf der Hand!“
DeCulleon hob seine Hand ein paar Spann, und Bethyan verstummte. „Ihr, Garland, werdet alles daran setzen, dass Uns niemand in den Rücken fallen kann. Erst wenn Ihr dieses Problem beseitigt habt, werdet Ihr nach Jestenburg aufbrechen.“ Und zu Bethyan gewandt: „Ihre Zahl ist nicht der Rede wert, Bethyan. Dass wir davon Kenntnis haben, soll Euch genügen. Mit einem gezielten Schlag werden wir den aufrührerischen Pöbel samt ihrer Jestenburger Freunde in die Knie zwingen. Nicht wahr, Generaloberst?“
In Garlands Miene las DeCulleon für einen kurzen Moment Widerwillen. Sicherlich brannte er darauf, in vorderster Linie zu stehen, wenn der Plan umgesetzt wurde. Doch Garland übersah, dass es einen winzigen Makel in seinem Leben und zugleich einen wertvollen Vorteil für sie alle gab: er kannte die Rebellen besser als alle anderen der Anwesenden.
„Zu Befehl, Euer Gnaden.“
DeCulleon nickte huldvoll und warf noch einen letzten Blick in den Raum. „Die Versammlung ist beendet. Wenn der Tag des Aufbruchs kommt, lassen wir Euch zu den Waffen rufen, edle Damen und Herren, Exzellenzen. Mögen die Vier Euch schützen und Albastairn zum Sieg verhelfen.“
„Der Segen der Viergötter über Seine Gnaden, Lugh DeCulleon, Grandugh von Albastairn“, intonierte der Zeremonienmeister. „Möge Shelibans Sonne seine Gegner blenden, Vintrumars Wasser sie ertränken, Gilgarims Hammer sie zerschmettern und Lhiniveres gütige Hand sie ins Ewige Dunkel geleiten.“
„So sei es“, antwortete der Saal wie aus einem Munde. Dann begannen sich die Würdenträger zu zerstreuen. DeCulleon lehnte sich auf seinem Thron zurück, während seine Leibwachen der Eisernen Garde ihre Hellebarden präsentierten.
Der Thronsaal leerte sich allmählich. Nur Garland blieb zurück und winkte Hesk herbei, der für seinen Gehorsam zum Hauptmann befördert worden war und stolz seinen neuen Uniformrock trug. Eifrig näherte sich der Gardist und sah Garland fragend an.
„Wähl zweihundert Mann aus. Wir brechen in drei Tagen zum Maarsee auf.“
Hesk warf einen kurzen Blick auf DeCulleon.
„Äh – zum Maarsee? Ich...“
„Denken ist etwas für Gelehrte, Hauptmann“, unterbrach ihn Garland unwirsch.
Hesk salutierte. „Jawohl.“
„Gibt es Nachrichten von Blutsängers Verfolgern?“
„Korporal Mikael ist überfällig, Generaloberst. Wir warten jede Stunde auf ihn. Ich habe bereits Boten nach Lynweth und Saltarinet geschickt.“
„Ich will sofort wissen, wenn es Neuigkeiten gibt.“
Hesk salutierte erneut und trollte sich zu seinen Kameraden.
DeCulleon verabscheute das, was nun geschehen musste. Weshalb Garland noch blieb. Doch er musste sich eingestehen, dass Fullens Tod vor zwei Tagen tatsächlich eine belebende Wirkung auf ihn gehabt hatte. Niemand außer Garland und DeCulleon selbst wusste noch von dem Experiment. Alle anderen, die das Große Experiment vorbereitet und durchgeführt hatten, waren tot. Und Garland hatte sich nie für diese Pläne interessiert, noch viel weniger an ihren Erfolg geglaubt. Es wurmte den Generaloberst einzig und allein die Tatsache, dass ihnen das geglückte Experiment aus den Fingern geglitten war und bis jetzt kein einziger seiner Spitzel einen brauchbaren Hinweis geliefert hatte. Nicht einmal auf DeSalvyon, den Botschafter Albastairns am Hof der Principessa, konnte er sich verlassen. Doch das wusste DeCulleon bereits, bevor Garland ihn dazu verpflichtet hatte, jestische Informanten zu kaufen – DeSalvyon war viel zu sehr auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Nicht umsonst hatte ihn DeCulleon von jeglichen wichtigen Entscheidungen, die er in den letzten Monden getroffen hatte, ausgeschlossen. Wenn das Glück ihm hold war, mochte ein albastairnisches Katapultgeschoss ihn begraben, dann wäre er wenigstens unter Heimaterde begraben.
Als sich der Thronsaal geleert hatte, trat Garland zu ihm.
„Euer Gnaden?“
DeCulleon betrachtete ihn. Die Helligkeit der Blendsteine, die den Thron wie eine Aureole umgaben und silbern aufschimmern ließen, blendete Garland etwas. Der Oberst kniff die Augen zusammen.
„Mein guter Garland. Was hast du für Uns?“
„Unsere Schreiber haben alles erfasst, was es über Fullens Tod zu sagen gibt. Die Aussage seiner Frau, Catheryma, ist... sehr aufschlussreich.“ Mit diesen Worten zog er ein Pergament aus seinem Uniformrock und reichte es DeCulleon mit einer unterwürfigen Verneigung.
Einen Moment lang überkam ihn so etwas wie Angst. Mit spitzen Fingern nahm er das Dokument und faltete es auseinander.
Betrifft: Tod des Northam Fullen, Großalchemist von Albastairn. Aussage der Catheryma Fullen, Gattin des Opfers. Verhör durch Oberst Garland.
Notiz: Die befragte Zeugin steht unter Schock und wurde vom Meisterapothekarier mit einem Kräutersud beruhigt. Die Aussage im Folgenden wurde im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte unter dem Einfluss des Wahrheits- und Erinnerungsserums abgelegt und beeidet.
Garland: Madam Catheryma Fullen, Ihr sagtet, dass Ihr Angaben über den Tod des Northam Fullen machen könnt. Wenn es Euch besser geht, fahrt fort mit Eurem Bericht.
Catheryma Fullen: Nun, Northam und ich waren es leid, ständig unter der Beobachtung der Eisernen Garde zu stehen. Ich stehe kurz vor der Niederkunft unsere Kindes – des ersten Kindes von Northam, er ist so stolz auf mich. Er sagt...
Garland: Ich ersuche Euch, beim Fall zu bleiben, Madam.
Notiz: Die Befragung wird wegen eines Weinkrampfes der Zeugin unterbrochen.
Catheryma Fullen: Wir stahlen uns in unser Stadthaus, das uns Seine Gnaden zur Verfügung gestellt hatte. Jetzt mache ich mir Vorwürfe, wir wussten, dass der Blutsänger es auf uns abgesehen hatte, doch niemals hätten wir geglaubt, in Gefahr zu sein. Northam wollte alleine unseren Vermählungstag feiern, also gab er den Bediensteten frei. Nachts schlichen wir uns unter einem Vorwand an den Torwachen des Donjon vorbei und trafen uns heimlich in unserem Haus wieder. Es war so schön, unbeobachtet zu sein, wo uns Seine Gnaden doch ständig bewacht sehen wollte.
Garland: Man stellte Euch Leibwächter zur Seite?
Catheryma Fullen: Nein, die Mauern des Donjon sollten wohl diese Aufgabe übernehmen. Doch unser Haus erschien uns für eine gemeinsame Nacht reizvoller. Es war leer, als wir eintrafen. Northam nahm die Blendsteine aus dem Kästchen und drapierte sie rund um unser Bett. Muss ich alles sagen?
Garland: Alles, was zum Fall gehört, Madam, ich bedaure.
Notiz: Madam Catheryma zögert und errötet.
Catheryma Fullen: Wir liebten uns. Das muss Euch genügen. Es war schön, wenn auch Northam aufgrund seines Alters rasch außer Atem war. Er umklammerte mich, so dass ich nur ein leises Klacken hörte, doch da war es schon zu spät.
Garland: Was geschah dann?
Catheryma Fullen: Ein maskierter Mann riss Northam hoch. 'Seid Ihr hier, um noch mehr Alchemistenbastarde zu zeugen, Fullen?' schrie er aufgebracht. Er schleuderte meinen Mann von mir und er fiel zu Boden, rang nach Luft, seine Augen waren so voller Angst, so voller Pein...
Garland: Beschreibt bitte den Angreifer, Madam.
Catheryma Fullen: Er war schmal, in schwarzes Leder gekleidet. Eine Kapuze und ein Tuch verbargen sein Gesicht. Das Licht der Blendsteine ließ seine Augen glitzern wie Edelsteine. Er war so brutal. Seine Hände steckten in dünnen Handschuhen, die ein gekrümmtes Kurzschwert oder etwas ähnliches umschlossen.
Garland: Weiter. Was hat er danach getan?
Catheryma Fullen: Ich war starr vor Angst, raffte die Bettdecke um mich, als ob sich mich beschützen könne. Er warf mir einen kurzen Blick zu. 'Keinen Mucks, Madam, sonst muss ich Sie ins Ewige Dunkel senden', sagte er leise warnend. Er klang so – seltsam gebildet. Ich gehorchte. Ich meine, was hätte ich tun sollen? Ich bin schwanger und mein Kind...
Garland: Ja, ja, ich verstehe. Was tat er mit dem Großalchemisten?
Catheryma Fullen: Er kettete ihn mit einer eisernen Handschelle an den Bettpfosten zu meinen Füßen. Dann befragte er ihn.
Garland: Er befragte ihn? Was hat er gefragt?
Catheryma Fullen: Er kniete sich über ihn, setzte ihm die Spitze seines Krummschwerts an den Hals. Northam war wie benommen. Dann flüsterte der Vermummte - ihr Götter, es war so schrecklich! Alles hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt, dabei suche ich das Vergessen! 'Großalchemist Fullen, Ihr seid ein gar wichtiger Mann in des Grandughs Plänen, nicht wahr?' Northam wusste nicht, was er antworten sollte. Er schwieg, aber dieses Krummschwert verletzte ihn am Hals. Er begann, am ganzen Leib zu zittern. Ich wollte so sehr zu ihm, ihn umarmen und an mich drücken.
Garland: Hat der Großalchemist geantwortet?
Catheryma Fullen: Ja. Er fragte, was er wolle. 'Die Wahrheit, Fullen – das Große Experiment!' Ich hörte, die Stimme dieses Scheusals wurde laut und schrill und ich fürchtete, er würde ihn vor meinen Augen töten. Ich begann zu beten. Northam begann zu weinen, weil das Schwert ihn verletzte, immer und immer wieder. Oh ihr Götter...
Garland: Ich verstehe. Was geschah dann?
Catheryma Fullen: Northam begann zu sprechen. Seine Stimme überschlug sich und ich hielt mir die Ohren zu. Aber das, was er sagte, drang zu mir durch und es war, als nähmen die Götter selbst die Hände von meinen Ohren. Er sagte, er habe es nur für Seine Gnaden getan. 'Was hast du getan', brüllte der Vermummte und Northam antwortete, er habe...ich vermag es kaum zu sagen.
Garland: Was?
Catheryma Fullen: 'Ich habe die Kinder getötet.'
DeCulleon bemerkte, dass das Pergament zitterte wie in leichtem Wind. Garland stand da, mit gesenktem Haupt, und wartete. Die Gedanken des Grandugh wirbelten durcheinander. Der Strudel zog ihn tiefer und tiefer hinein in das Zimmer, in dem Fullen gestorben war; das Zimmer, in dem er gestanden hatte; dass er Kinder für das Große Experiment benutzt hatte. Die Kinder Albastairns.
Garland: Wie meinte er das?
Catheryma Fullen: Er sagte diesem...Mörder, dass sie Kinder mit geistigen Störungen aus dem Waisenhaus Seiner Gnaden verschwinden ließen. Ich traute meinen Ohren nicht. Seine Gnaden wusste zunächst nichts davon, aber es war die einzige Möglichkeit, das Experiment zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Sie hatten mit anderen Kreaturen, hiesigen und exotischen, Versuche angestellt, aber es kam nicht zu einer Verschmelzung. Northam erklärte dem Fremden, dass es Menschen sein mussten, in deren Geist möglichst viel Raum für eine neue Existenz herrschte. 'So wie ich also', sagte der Mörder.
Kalt fuhr es ihm den Rücken herab. Wieder und wieder las er den letzten Satz. So wie er? Ein Kind Fullens?
Der Grandugh zwinkerte. Das erklärte die unsagbare Grausamkeit seiner Morde. Er war auf einem Feldzug, so wie DeCulleon selbst. Der Mörder statuierte Exempel an seinen Peinigern.
'Wann wusste der Grandugh davon?', fragte er weiter.
'Als einer meiner Alchemisten einen vielversprechenden Ansatz fand, die neue Existenz zu transformieren', antwortete Northam zittrig. 'Ich bin eines deiner Kinder, Fullen', sagte der Mörder dann plötzlich. 'Ich habe diese Existenz in mir getragen, aber sie entschwand wieder dorthin, wo sie herkam.' Northam nickte wieder. 'In das Zepter der DeCulleons, dorthin, wo es die Goldenen vor einem Jahrtausend eingesperrt hatten', antwortete er. Und dann wurde seine Stimme so kalt, so kalt, wie ich es niemals gehört hatte: 'Wir hätten die unbrauchbaren Kinder nicht mehr dem Waisenhaus überstellen sollen. Ich hätte dich töten sollen, bevor dein verfluchter Wahnsinn Gestalt annimmt.' Sein Mörder lachte nur, wurde aber sogleich wieder ernst. 'Ich muss sie wieder spüren, Fullen. Ich muss den Geist zurück haben!', schrie er. Ich verkroch mich immer tiefer im Bett. Mein Leib zitterte. 'Nein, das ist unmöglich', sagte Northam. 'Es tut, was es will, sofern der Körper die richtigen alchemistischen Transmutationen übersteht. Sie formen die Hülle wie die Töpferscheibe ein Gefäß. Es muss die richtige Größe aufweisen – deine Hülle war zu klein.' Der Mörder knurrte etwas. Dann sagte er: 'Ich konnte ihn nicht behalten. Aber er war mein ein und alles.' 'Ja', sagte Northam, 'meines auch. Der Geistsplitter war mein Lebenswerk, und jemand anderes hat es mir gestohlen.' Er berichtete ihm, dass einer der jüngeren Alchemisten ein gelungenes Experiment zum Festland schmuggelte, um sich bei Seiner Gnaden beliebt zu machen. Doch das Experiment verschwand spurlos. Seither muss der Geistsplitter frei sein und die Hülle lebt im Verborgenen.
Garland: Beruhigt Euch, Madam Catheryma. Es ist sicher schwer für Euch, aber bedenkt, dass Seine Gnaden alles über diese Umstände wissen muss.
Catheryma Fullen: Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht mehr vergessen. Ich verstehe nicht, was Northam getan hat. Es war grausig, diese Details zu hören. Sie zerbrachen den Verstand von Kindern, um einen Geistsplitter einzusetzen. Seine Gnaden erfuhr von den verschwundenen Kindern aus seinem Waisenhaus, das er für sie eingerichtet hatte. Lange schien er mit sich zu hadern, doch dann siegte seine Besessenheit – er gab dem Experiment seinen Segen. Ich glaube nicht, dass Northam das alles freiwillig getan hat. Er ist ein guter Mann und bestimmt ein guter Vater, großzügig und liebevoll...
DeCulleon lächelte still. Der Tag, an dem er sich für das Experiment mit Kindern entschieden hatte, war ausgerechnet der Festtag seiner Inthronisierung gewesen. Der Tag, an dem er traditionell zu seinem Volk blickte und mit Mitleid die Gebrechen der Kinder erkannte, die in Albastairn lebten. Der Tag, an dem sein Leibarzt den kranken Kindern wie jedes Jahr Medizin überreichte, ihnen über die Köpfe strich und Mut zusprach.
Dieser Tag war anders als die vorhergehenden und alle, die danach kamen. An diesem Tag hatte er um ein Zeichen der Götter gebetet. Die Erkenntnis, dass diese Kinder Albastairns wie Soldaten in der Schlacht um Jestenburg fallen würden, traf ihn wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel. Sie opferten sich für ihren Herrscher und einen schnellen, ruhmreichen Sieg. Er bewunderte noch heute Fullens Einfallsreichtum.
Garland: Zur Sache, Madam, bitte.
Catheryma Fullen: Ja. Der Fremde fragte Northam, was der Geistsplitter für Fähigkeiten habe. Er war so begierig, alles über ihn herauszufinden, dass er ohne zu Zögern zuschlug, um meinen Mann zum Reden zu zwingen. Ich hatte die Augen fest zugekniffen, lag unter der Decke und hörte nur das Klatschen seiner Hand und das Ächzen von Northam. Die Antwort war, dass der Geistsplitter Magie beherrscht – reine Magie, solche, die die Magie der Menschen wie eine Kerze neben einem Shelibansfeuer erschienen ließ. Weil seit Jahrhunderten niemand mehr Magie in ihren Ursprüngen beherrschte, sollte der Geist in menschlicher Hülle Jestenburg von der Landkarte tilgen. 'Aber wie wolltest du ihn kontrollieren, Fullen?', fragte der Mörder. 'Der menschliche Wille ist trotz allem stark wie ein Fels', sagte Northam darauf. 'Wir vermuteten, dass unmittelbare Lebensgefahr einen Einfluss auf ihn hat und ihn zum Handeln zwingt. Doch mit geistigen Übungen, soldatischem Drill und militärischen Kenntnissen wäre die Hülle ein furchterregender Gegner, der sich willentlich jener Magie bedienen könnte.'
Garland: Nur weiter.
Catheryma Fullen: Ich weiß nicht, was dann über mich gekommen ist. Ich sprang auf, wollte den Vermummten angreifen, aber er wirbelte herum, als habe er darauf gewartet. Er stieß mich zurück in die Kissen. Dann kam er auf mich zu. Ich roch seinen Atem über meinem Gesicht. Er atmete tief ein. 'Verzeiht, Madam. Ihr werdet leben, um zu berichten.' Dann drückte er mir das Kissen auf den Kopf. Ich schrie, ich strampelte, aber seine Kraft war übermächtig. Dann wurde ich ohnmächtig.
Garland: Ich danke Euch, Madam. Lasst mich Euch mein Bedauern für den Tod Eures Gatten ausdrücken. Wie mir scheint, ist er das jüngste Opfer des Blutsängers geworden. Wir fanden einen Vers in jenem Zimmer. Es tut mir sehr leid.
Notiz: Vers des Blutsängers den Akten beigefügt.
Verhör endet. Alchemistische Untersuchung der in sechs Teile zerlegten Leiche des Großalchemisten ergab, dass Exzellenz Fullen noch lebte, während er zerteilt wurde. Bericht des Leichenarztes folgt.
Fasziniert betrachtete DeCulleon die zitternden Hände, als ob es die einer anderen Person wären. Sie bewegten sich in einem unregelmäßigen Rhythmus, mal schneller, mal langsamer. Angst war ein natürlicher Freund der Macht, schärfte er sich ein, als er das Pergament sinken ließ. Schlaff fiel die Hand auf die Lehne des Alabasterthrones, als wäre sie nicht an seinen eigenen Armen befestigt.
Er schloss die Augen. Die Nachricht von Fullens Tod durch den Blutsänger war noch nicht einmal das Schlimmste. Denn nicht einmal Gold, Frauen, Bankette oder freundliche Worte mochten jetzt noch verhehlen, dass die Gilde der Alchemisten von Albastairn so gut wie ausgelöscht war. Ihre klügsten Köpfe auf sein Geheiß hin getötet. Niemand sollte erfahren, was die Grenzen des Handelns eines Grandughs waren. Und nun wies dieser irre Mörder ihm neue auf.
Weil er Fullen getötet hatte, lebte nun niemand derjenigen mehr, die bezeugen konnten, was sie getan hatten. Selbst wenn DeCulleon wollte, konnte er die Forschungen nicht mehr fortführen: Das angeblich funktionsfähige Gefäß für die Waffe war verschwunden, die Alchemisten tot. Diejenigen, die noch lebten, lebten in Angst. Lediglich einige ihrer älteren Aufzeichnungen hatte er sichern lassen, als ob er geahnt hätte, dass er sie eines Tages brauchen würde.
Zehrender als dies jedoch waren die Träume, die ihn heimsuchten, sobald er etwas Schlaf fand. Immer wieder sah er sich von Messern umringt, die auf ihn einstachen, das Blut schoss in Fontänen zur Decke und benetzte sie mit feinen, anmutigen Schlieren. An jenem Tag in der Basilika, als das Mädchen ihn verletzte, war der Tod in sein Leben getreten, und er schien ihn bis in die Stille der Nacht hinein zu verfolgen.
Jemand räusperte sich vernehmlich. Generaloberst Garland stand mit gesenktem Haupt vor dem erhöhten Sitz des Grandugh und wartete auf Anweisungen.
Doch DeCulleon hatte keine.
„Wünschen Euer Gnaden der Witwe Fullen etwas auszurichten?“, fragte er leise.
DeCulleon starrte ihn an. Der Generaloberst wirkte, als habe er einen Verwandten verloren, doch DeCulleon wusste nur zu genau, dass er Fullen verabscheut hatte. Beide waren durch eigene Kraft von Bürgerlichen zu höchsten Ehren aufgestiegen. Fullen, der Wissenschaftler, und Garland, der Soldat. Vielleicht war es diese offensichtliche Schwäche des Großalchemisten, die Garland abstieß: Fullen war nie ein Mann von Taten gewesen, sondern verließ sich auf seinen Verstand. DeCulleon erinnerte sich an den Abend, als der Großalchemist zum ersten Mal mit der Theorie aufwartete, das Zepter sei in Wahrheit das Gefängnis eines uralten, magiefähigen Geistsplitters eines Goldenen. Der aus dem Geist eines Drachen Geborenen, aus der Zeit vor den Magierkriegen, sei womöglich noch immer fähig, Magie zu wirken. Oh, wie sehr er dem Abschluss von Fullens Experimenten entgegengefiebert hatte. Nächtelang berieten sie, was zu tun sei und Fullens Kreativität kannte keine Grenzen.
Unruhig bewegte sich DeCulleon auf dem schweren Sitz hin und her. Schließlich zerriss er mit einem unleidigen Knurren das Pergament, in dem die Garde über die Umstände von Fullens Tod Bericht erstattete. Er hatte es satt, hier herumzulungern und sich von verrückten Träumen und verstrichenen Gelegenheiten ängstigen zu lassen.
„Was gedenkt Ihr nun zu tun, Generaloberst?“
„Euer Gnaden, die Eiserne Garde verfolgte Blutsängers Spur, verlor sie jedoch zwei Meilen außerhalb von Saltarinet. Ich glaube nicht, dass er sich in bewohnte Gegenden wagt, aber wir suchen weiter.“
„Hesseley wird ihn gebührend empfangen. Was unternehmt Ihr gegen diese götterlosen Geschöpfe, die sich Unserer Ordnung widersetzen?“
„Die Strafaktionen zeigen Wirkung, Euer Gnaden. In Heyghand, Thameerland und Vynnland haben wir ein paar Widerstandsnester ausgemacht, wo sich Aufständische sammeln. Wir treiben sie regelrecht vor uns her, Euer Gnaden.“
In zwei Wochen war die Flotte bereit zum Auslaufen, und noch immer ärgerten ihn diese kurzsichtigen, halsstarrigen und von aller Vernunft verlassenen Rebellen. Er hatte wochenlang mit den Armeekommandanten diskutiert, um einen Angriffsplan auf die Beine zu stellen, der auch ohne den vernichtenden Einsatz von Fullens Waffe funktionieren würde. Die Seeblockade durch dreißig schwerbewaffnete Fregattschiffe und vielleicht ein paar Wochen Beschuss würden Jestenburg früher oder später in die Knie zwingen. Die Botschafter aus Halgad und Cronstade signalisierten ihr Stillhalten. Ihr Interesse lag einzig und allein darin, die alles beherrschende Handelsstadt fallen zu sehen und an dem Krieg mitzuverdienen. Alle gehorchten dem Plan – alle bis auf sein eigenes Land.
DeCulleon schnaubte wütend.
„Was wissen wir über dieses Pack?“
„Sie beginnen, sich untereinander auszutauschen, Euer Gnaden. Es heißt, sie unterstützten einander mit allem, was sie entbehren können.“ Garland zögerte kurz und trat dann einen Schritt vor. „Euer Gnaden, wenn ich Euch einen Rat geben darf: Wir müssen dem ein schnelles Ende bereiten. Der Krieg wird uns alles kosten, was Albastairn aufbringen kann, und wer sich gegen Euch stellt, unterstützt unseren Feind.“
DeCulleon nickte stumm. Sein Zorn verrauchte. Die Messerwunde zwickte. Womöglich schwang das Wetter bald um.
„Hat Euer Drängen mit der Tatsache zu tun, dass sich unter den Rebellen auch die Tochter von Jon Dyenn befindet?“, fragte er im Plauderton.
Garland musterte seinen Herrn überrascht. Er würde antworten, dass er mit seiner Vergangenheit abgeschlossen hatte, tippte DeCulleon.
„Das ist...lange her, Euer Gnaden.“
„Und doch beschäftigt sie Euch, nicht wahr?“
Bedächtig griff er nach der Weinkaraffe, die auf einem silbernen Tischchen neben dem Thron stand, und schenkte sich dann etwas Wein ein.
„Sie muss Euch mächtig beeindruckt haben, wenn Ihr noch immer hinter ihr her seid. Aber das kann ich verstehen, Garland. Was mir jedoch Kopfzerbrechen bereitet, ist Eure Vehemenz.“
Der Oberst runzelte die Stirn.
„Ich meine Euer Drängen, den Maarsee auszuräuchern. Dank Eurer Umsicht weiß ich nur zu genau, dass sich dort Larissa Llayne aufhält, deren Schwester in den Wirren eines Angriffs starb.“
Hauptmann Hesk war erstaunlich gesprächig für ein paar Drachenkronen gewesen, dachte DeCulleon. Der Wein war säuerlich und passte hervorragend zu Garlands Gesichtsausdruck.
„Euer Gnaden, ich habe nur Euren Sieg im Blick, nichts weiter.“
DeCulleon wedelte mit der Hand.
„Ach, redet Euch nicht heraus.“ Er beugte sich ein wenig nach vorn, um dem Folgenden mehr Nachdruck zu verleihen. „Vor meiner Tür lauern Dutzende, die Uns nach der Zunge sprechen, Oberst. Von Euch erwarte ich ehrliche Aussagen.“
Er war sich nicht sicher, ob seine Stimme die richtige Modulation hatte, um Garland in Sicherheit zu wiegen, doch das Zwinkern in den Augen des Gardisten war ein untrügliches Zeichen dafür, dass er angestrengt nachdachte.
„Taramaree hat sich vor langer Zeit entschieden, Euer Gnaden“, antwortete Garland langsam. „Das, was zwischen uns war, ist längst tot.“
„Nun, spätestens, seit Ihr die Rote Elster in Thamhaven getötet habt.“ DeCulleon lächelte.
„Sie hatte ihr Leben durch ihre Flucht verwirkt.“
„Und Euer Plan, Taramaree mit der Elster als Lockvogel zu fangen und von den Rebellen zu trennen ging nicht auf“, vollendete DeCulleon. Er wusste, dass seine scharfsinnige Analyse Garland aus der Fassung brachte. Nie zuvor hatte er mit dem Kommandanten seiner Elitegarde so vertraut gesprochen.
„Ich bin sicher, Ihr wollt das Beste für Euch und Albastairn. Doch Euer Drängen, mit den Rebellen kurzen Prozess zu machen, soll aus aufrichtigen Gründen geschehen. Deshalb ist es Zeit, ein für alle Mal klare Fronten zu schaffen, denkt Ihr nicht?“
Der Generaloberst schluckte. Dann nickte er.
„Wenn Ihr Taramaree gegenübersteht, was denkt Ihr, wird sie tun?“
Befriedigt stellte DeCulleon fest, dass sich Garland immer unwohler fühlte. Gut, sollte er. Ihm musste ein für allemal klar sein, dass Albastairn mit seiner Vergangenheit brechen wollte, sie auslöschen wollte, um neu zu erstehen wie einst Delireth aus den reinigenden Feuern der Magierkriege hervorging. Garland war seine Speerspitze, die er der Principessa mit Freuden in den Leib treiben würde – doch er musste sichergehen, dass er ebenso verlässlich war wie alle anderen Schlüsselfiguren.
Der Generaloberst zog seine Uniform gerade. Sein unsicherer Blick wandelte sich. Jetzt dämmerte Garland, was er tun musste, um seine Stellung endgültig zu behaupten. Aus seinen Augen sprach eine gestählte Entschlossenheit.
„Ich werde sie behandeln, wie man Feinde der göttlichen Ordnung Seiner Gnaden zu behandeln hat“, sagte Garland mit fester Stimme.
DeCulleon glaubte ihm dennoch nicht vollends.
Doch Hauptmann Hesk würde dafür sorgen, dass Garland seinem Schwur nachkam, den er vor seinem Herrn abgelegt hatte.
„Das ist es, was uns ausmacht, Garland“, entgegnete DeCulleon mit zufriedenem Lächeln. „Wahre Pflichterfüllung gegenüber unserer gemeinsamen Zukunft. Und jetzt geht und fangt an, mit Eurer Vergangenheit aufzuräumen – ich warte nicht ewig auf Euch.“