Читать книгу Am Ende bleibt das Leben - Fia Payton - Страница 4
Träume
ОглавлениеIch habe gegessen. McDonalds. Mit vielen Kalorien. Und Eis gekauft. Und Fruchtzwerge. Ana hasst mich. Abgrund. Tief. Beinahe kann ich die Bombe in ihren Händen sehen. Die sie mir gerne ins Wohnzimmer werfen möchte.
"Du solltest echt lernen, dir den Finger in den Hals zu stecken um zu kotzen. Dann könntest du wenigstens einen Hauch deiner Perfektion - die du ja sowieso nicht besitzt - wieder herstellen." wirft sie mir mit einem hasserfüllten Blick an den Kopf.
"Fick dich. Was weißt du schon von Perfektion."
"Mehr als du."
"Ach ja? Fangen wir mal mit einem perfekten Leben an. Oder perfektem Glück."
"Glück gibt’s nicht in Perfektion. Zumindest nicht für Menschen wie dich. Und ein perfektes Leben hast du nie geführt. Wirst du auch nie führen."
Und damit hat sie wahrscheinlich sogar Recht. Ich könnte ihr natürlich trotzdem wiedersprechen. Einfach nur aus Prinzip. Denn ich liebe Prinzipien. Aber Ana kennt mich zu gut. Meine Gedanken. Meine Schwächen. Meine Prinzipien. Sie kennt alles von mir. Aber auch sie kann einen starken Moment nicht ungeschehen machen, so gern sie das auch möchte.
Denn sie konnte mich noch nicht dazu bringen einmal gegessenes wieder zu erbrechen. Und ich hoffe sie wird es auch nie schaffen. Denn dann bin ich tiefer gesunken, als ich es jemals tun wollte.
Aber wer kennt schon die Zukunft. Vielleicht Gott, aber der ist meistens unpässlich, wenn ich ihn brauche. Außerdem hat er wahrscheinlich eine Schweigepflicht was Zukünfte angeht. Sonst wäre es ja sinnlos. Stellt euch vor, ihr würdet eure Zukunft kennen. Dann wäre es ja vielleicht gar nicht mehr eure Zukunft, weil ihr dann die Gegenwart so verändern würdet, dass die vorhergesagte Zukunft gar nicht erst entstehen würde.
Und stellt euch vor, alle hätten nur noch Zukünfte die ihnen gefallen. Was wäre das denn für eine Welt. Vermutlich wären wir alle tot, weil irgendwer irgendwas tun würde, was zu seiner Wunschzukunft führt - zum Beispiel eine Welt voller Salafisten oder ein zweiter Hitler an der Macht - und würde vielleicht alle, die ihm im Weg stehen töten und dann würde ein anderer die Zukunft so gestalten, dass die Salafisten oder Hitler oder > hier beliebige Menschengruppe/ Rasse/ Person einfügen < sterben und am Ende wären alle tot.
Ist jetzt nicht so, dass das jetzt irgendwie krank ist. In irgendeiner Weise. Oder psychopathisch. Nein! Natürlich nicht. Ok. Vielleicht bin ich ein bisschen krank. Und auch ein klein wenig psychopathisch. Wegen solchen Weltuntergangsszenariovorstellungen. Ist das ein anerkanntes Wort? Keine Ahnung. Aber was solls.
Ich glaube mich hat auch nie jemand anerkannt. Als Mensch. Aber ich existiere trotzdem. Und zum größten Teil bin ich auch ein Mensch. Behaupte ich jetzt mal. Der andere 1% - ige Teil ist irgendwas zwischen Monster, Alien, Elfe ( einfach nur weil ich Elfen mag ) und irgendwas undefinierbaren. Eben einfach ich. Unanerkannt.
Aber ich werde die Menschen dazu bringen mich anzuerkennen. Als Mensch. Als Respekts- und Autoritätsperson. Ich will, dass irgendwann einmal Menschen tun müssen, was ich sage. Nicht alle natürlich. Das mit dem zweiten Hitler war schließlich nicht auf mich bezogen. Nur ein kleiner Teil. Selbst eine Firma ist vielleicht etwas zu groß gedacht. Aber vielleicht wenigsten eine Abteilung. Oder ein Standort. Ich will irgendwann mal die beschissene Chefin sein, die alle hassen. 100% Hollywood Klischee. 100% Menschenverachtend und herrschsüchtig. 100% perfekt. Perfekt geschminkt, perfekt gekleidet, perfekte Frisur, perfekte Wortwahl und perfekte Figur. Natürlich. Sonst würde Ana ja ausflippen.
Aber nein! Halt! In meiner perfekten Welt hat Ana ja dann nichts mehr zu suchen. Denn wie schon bemerkt hat sie ja keine Ahnung von Perfektion. Dafür aber von Zweifeln, Verzweiflung und Zweifelhaftigkeit. Und dafür ist ja in meiner unzweifelhaften Perfektion dann kein Platz mehr. Genauso wie für alles andere imperfekte an mir. Keine Klingen mehr. Gesundes Essen (das ich dann aber natürlich auch zu mir nehme ). Nie mehr eine unaufgeräumte Wohnung. Nie mehr fettige Haare, verschmiertes Make Up oder nicht strahlend weiße Zähne. Keine Unsicherheiten, Stammler, Verhaspler oder sonst was mehr. Am besten, ich werd ein komplett anderer Mensch, denn wenn ich das alles bin, bin ich sowieso schon soweit von mir entfernt, dass mich wahrscheinlich nicht mal mehr meine Mutter erkennt. Und wo wir gerade dabei sind, wie wärs mit neuen Eltern? Oder halt, nein lieber gar keine Eltern. Und keine Freunde. Und keine Familie.
"Tut mir leid Schatz, ich mach Schluss! Du bist mir einfach zu imperfekt, das passt jetzt nicht mehr zu mir in meine vollkommen perfekte Perfektion."
Oh Gott, für diesen Satz würde ich mich so sehr selbst verabscheuen, dass ich allein dafür vor den Zug springen müsste.
Denn das ist meine neue Lieblingsselbstmordmethode. Denn ich brauche mich ja jetzt nicht mehr um das Seelenheil des Zugfahrers sorgen. Ich bin ja jetzt keine Altenpflegerin mehr. Ich bin ja jetzt nicht mehr sozial. Ich werde, ja jetzt genau so ein Arschlochmensch wie Miranda Priestly in der Teufel trägt Prada. Ohne Privatleben, Freunde und Familie, dafür aber mit mehr Geld, als ich jemals ausgeben kann und genug Macht um jeden zum Wurm zu machen, den ich grad nicht leiden kann. Oder nie leiden konnte. Das könnt ihr euch jetzt aussuchen. Aber bin das wirklich noch ich? Nicht wirklich. Nicht im Geringsten.... Aber egal!
Wer will schon freiwillig ich sein. Der möge mich jetzt bitte anrufen. Ich hab da ein Leben zu verschenken. Kommt schon, ich will nicht mal Geld dafür.... Aber selbst wenn ich noch eine Million Euro dazu bekommen würde, würde ich mein Leben nicht annehmen. Nie wieder. Wozu auch. Wenn Perfektion die andere Möglichkeit ist.
Wer würde schon Macht, Geld und Perfektion (Ja gut und einen Schuss Einsamkeit und den Verzicht auf Freizeit....pffff.... ) eintauschen gegen Ana, regelmäßige Blutbäder, ein Durchschnittsjob mit Durchschnittsgehalt und Durchschnittsfreizeitgestaltung (ist ja gut! Und eine Familie, Freunde und einen Mann an meiner Seite der mich wirklich liebt...tsss....)? Also ich jetzt nicht. Naja vielleicht ein bisschen. Oder nur einen Teil. Den in Klammern. Aber man kann sich eben nicht immer nur die Rosinchen raussuchen. Hat meine Mutter schon immer gesagt. Und das Leben ist kein Ponyhof. Hat sie auch gesagt. Sonst wär ich nämlich das Fillypferdchen mit der beschissenen Swarowskisteinchenkrone. Hab ich gesagt. Natürlich wortlos. Sonst hätte sie mich wahrscheinlich für total bekloppt gehalten. Also noch bekloppter als sie es sowieso schon immer getan hat. Glaube ich. Aber das sag ich jetzt mal einfach so.
Ich bin Pessimist! Ich darf das! Ich bin mir sowieso ziemlich sicher, dass Pessimisten definitiv näher an der Realität sind als Optimisten. Stellt euch doch mal vor, man setzt erst einen Realisten und einen Pessimisten zusammen an einen Tisch und dann einen Realisten und einen Optimisten. Realist und Optimist werden sich im besten Fall nach 15 Minuten ignorieren und mit ihren Blicken vernichten. Im schlimmsten Fall gegenseitig umbringen. Die Chance, dass der Optimist die Meinung des Realisten annimmt ist verschwindend gering, denn ihre Ansichten sind so grundverschieden, dass er es schaffen müsste in 15 Minuten seine komplette Weltanschauung umzukrempeln.
Da hat man beim Pessimisten schon bessere Chancen. Denn der muss sich eigentlich nur davon überzeugen lassen, dass die unausweichliche Zukunft, in der wir uns alle gegenseitig selbstzerstören werden, zwar auch morgen sein kann, aber genauso gut auch erst in 5, 10 oder 20 Jahren. Eigentlich sind sich nämlich beide einig, dass sie das Ende dieser Welt noch miterleben werden, vorausgesetzt dem Fall sie sterben nicht vorzeitig an irgendeiner Seuche, tödlichen Krankheit, Unfall, Mord oder sonst welchen Umwelteinflüssen.
Ja, meine Damen und Herren, das ist die Realität. Vielleicht habe ich Unrecht, aber davon werde ich erst überzeugt sein, wenn ich mit 90 Jahren auf dem Sterbebett liege und wir uns nicht im atomaren Krieg befinden (und ein Atombombenabwurf meinen Sterbeprozess etwas verkürzen könnte).
Ana hebt zweifelnd eine Braue. Das kann sie gut.
"Du wirst niemals perfekt sein, wenn du fett wie eine Tonne durch die Gegend watschelst. Und willst du wirklich 90 Jahre alt werden? Und alt, hässlich und verschrumpelt sein?"
"Also erstens: 49kg nenne ich ja jetzt mal nicht fett wie eine Tonne. Und zweitens: Ja, in meinem perfekten Leben kann ich ganz locker, entspannt und perfekt 90 Jahre alt werden."
"Schätzchen, du wirst niemals perfekt sein! NIEMALS! Und schon gar nicht mit 49kg. Das sind noch mindestens 9kg zu viel. Und du hast bei deinen ganzen Überlegungen auch nicht bedacht, dass du niemals wirst aufhören können dich bluten zu lassen. Und mit Armen und Beinen wie ein Zebra bist du ja wohl kaum perfekt, oder? Eine Miranda Priestley mit zerschnittenen Armen..... Sehr authentisch. Du. Wirst. Niemals. Perfekt. Sein!!!!! Kapier es doch endlich!"
"Und drittens: DU KANNST MICH MAL, DU EKLIGES FETTES VIEH!!!!"
"Sprach die 20kg schwerere von uns..." giftet Ana mit hasserfülltem Blick zurück.
"Ach halt doch den Mund. Ich bin wenigstens gesund!"
Ich hab noch nie in meinem ganzen Leben eine größere Lüge erzählt als diese. Ana schaut mich mit riesigen Augen an. Aller Hass ist verschwunden. Und im selben Moment fangen wir beide an lauthals zu lachen. Und zu lachen. Und zu lachen. Irgendwann hört sie auf. Und ich auch. Ana sieht mich immer noch an.
"Du hättest nichts essen dürfen."
"Ich weiß. Es tut mir leid!"
"Die nächsten drei Tage darfst du nicht essen. Dann wird es dir wieder besser gehen." sagt sie mit liebevoller Stimme.
"Ich weiß. Ich werde nichts essen."
"Dann werden wir beide wieder stolz auf dich sein. Und du musst spazieren gehen. Mindestens eine Stunde am Tag. Jeden Tag. Das tut dir gut."
"Mach ich. Auf jeden Fall. Ana? Hast du mich noch gern?"
"Solange du auf mich hörst und nicht isst und Sport machst."
"Dann hast du mich gern?"
"Ja. Klar!"
"Gut. Dann können wir ja jetzt wieder Freunde sein, oder?"
"Na klar. Wie sagen die Teenies von heute? BFF. Best friends forever. Ich lass dich nie mehr allein, Sophie. Das müsstest du doch mittlerweile verstanden haben."
"Hab ich. Das ist gut. Danke."
Ja! Danke Ana, dass du mein Leben versaust. Danke Ana, dass ich wegen dir niemals perfekt sein werde.
"Gerne. Ich hab dich lieb."
Und willkommen altes Leben. Willkommen Unperfektion. Und tschüss Träume. Aber vielleicht. Vielleicht kann ich ja Ana, perfekt und Miranda Priestley sein (ja ich weiß, die Frau hats mir angetan). Vielleicht kann ich auch mit Ana an meiner Seite meine Träume verwirklichen. Vielleicht ist der Satz: "Ich hasse diese Chefin. Die mit ihrer blöden Herrsch- und Magersucht." gar nicht so abwegig. Vielleicht ändere ich meinen Namen und heiße demnächst Ana Priestley. Dann wäre ich noch nah genug bei Ana um nicht einsam zu sein und trotzdem weit genug von mir entfernt um ich zu sein.
Ich könnte natürlich auch gesund werden und eine normale Karriere und ein normales Umfeld mit Freizeit und Familie haben und ein normales Leben führen. Aber das normale hat mir noch nie gelegen. Gut, mag sein, dass ich dann glücklich wäre, aber den Traum habe ich eh längst begraben. Glücklich zu werden. Und normal. Igitt. Normal. Ekelhaft.
Kennt irgendwer von euch den Moment, in dem man über das gesagte/ geschriebene nachdenkt und sich fragt wie krank/ bescheuert/ psychopatisch man eigentlich sein muss um das auch nur zu denken? Geschweige denn es laut auszusprechen. Das habe ich öfters. Jetzt gerade zum Beispiel. Aber dafür ist es ja mein Buch, nicht wahr. Und dafür ist es die Realität und kein Fantasyroman.
Denn sonst würde ich schreiben, dass wir in 30 Jahren alle wie Mönche in Frieden und absoluter Harmonie zusammen leben werden und alle sozialen Missstände behoben worden sind. Die Umwelt wächst und gedeiht und keine Tiere mehr um ihr Überleben kämpfen müssen oder vom Aussterben bedroht sind. Wenn ich das schreiben würde, wäre ich Optimist und dieses Buch ein Fantasyroman. Aber ich zieh mir gerne die Realität rein. Ungeschnitten und unzensiert.
Aber ich glaube, wenn wir alle die unzensierte Wahrheit der Welt kennen würden. Alle Dunkelziffern. Alle Geheimoperationen. Alle Intrigen im Untergrund. Dann würden wir uns eh alle die Kugel geben. Oder eine Atombombe zünden die die gesamte Welt zerstört. Und dafür würden wir wahrscheinlich sogar in den Himmel kommen - wenn es den gibt. Denn das wäre wahrscheinlich die beste Tat, die man der Menschheit noch tun könnte. Sie ausrotten.
Gott - wenn es ihn gibt - hat damals einen entscheidenden Fehler gemacht, als er Noah diese Arche bauen ließ. Er hätte sie alle ausrotten sollen. Naja, die Tiere konnte er ja leben lassen. Aber die Menschen hätte er vernichten sollen. Aber der große Papa hat ja an das Gute im Menschen geglaubt. Böser Fehler. Hoffentlich merkt er es bald. Oder hat es schon gemerkt, greift aber nicht ein. Denn warum soll er uns vernichten? Bekommen wir selber doch viel besser hin. Dauert vielleicht ein bisschen länger. Aber das bisschen Qualen haben wir wahrscheinlich sogar verdient. Ziemlich wahrscheinlich. Würde ich jetzt mal behaupten. Schließlich haben wir andere Lebewesen ja auch genug gequält. Und uns selbst natürlich auch.
Schon mal ein depressives Reh gesehen? Oder einen schizophrenen Elefanten? Oder einen Löwen, der sich selbstverletzt? Oder ein Krokodil, das aus psychischen Gründen aufhört zu essen? Ich rede hier natürlich nur von Wildtieren. Also ich nicht. Gut man könnte jetzt sagen, das liegt an der geringeren Hirnkapazität. Und, dass sich Tiere nicht vergewaltigen und schon gar nicht ihre eigenen Kinder liegt nur am fehlenden Sozialverhalten und dem ausgeprägten Sexualtrieb, der die Tiere sowieso jede sexuelle Handlung wollen lässt. Oder aber man sagt, dass so etwas einfach nicht im Evolutionsplan vorgesehen war. Ebenso wenig wie Gewehre, Atombomben, Atomkraftwerke und eine ganze Reihe weiterer sinnloser und weltzerstörender Erfindungen der Menschheit.
Nenn mir doch mal einer eine Tierart, die sich selbst ausgerottet hat! Die gibt es nicht! Ebenso wenig wie depressive Rehe und magersüchtige Krokodile in freier Wildbahn. Weil. Das. Total. Schwachsinnig. Ist. Weil das nicht vorgesehen war in Gottes oder von mir aus auch in Darwins Plan. Natürliche Selektion beinhaltet Krankheit und "der Stärkere frisst den Schwächeren", aber doch keine Atombomben oder andere Massenvernichtungswaffen. Auch die Existenz der Menschen hat einen Grund und zwar nicht nur den, den Rehen zu zeigen:
"Hey, seid froh, dass ihr so ein glückliches Leben führt und nicht so abgedreht und krank seid im Kopf, wie die Menschen."
Manchmal wünsche ich mir wirklich, dass echt mal irgendeine Außerirdische Lebensform auf unsere Erde kommt um uns zu sagen:
"Ey Leute, wie krank und bescheuert seid ihr eigentlich?"
Vielleicht interessiert es dann mal irgendjemanden. Einflussreichen. Der dann auch was ändern kann. Und will. Und soll.
Aber ich weiß gar nicht warum mich das eigentlich interessiert. Wenn mein Leben so weitergeht wie bisher, erlebe ich hoffentlich nicht mal mehr meinen 20. Geburtstag. Und wenn es einen Gott gibt, werde ich ihn solange anflehen, bis er mir eine Wiedergeburt erspart. Und dann ist es mir völlig egal was mit der Welt passiert. Denn dann bin ich einfach mal kurzerhand ausgetreten aus dem Verein da unten. Dann können sie sich alle verprügeln, vergewaltigen, erschießen, zerbomben oder mit irgendeinem tödlichen Supervirus infizieren. Ist. Mir. Völlig. Egal! Für. Immer....
Noch ein Jahr mit Ana und ich bin eh tot. Endlich. Und ich habe nicht mal Selbstmord begangen. Beziehungsweise muss nicht wieder irgendeinen blöden Versuch starten, der dann daneben geht und mir dann endgültig alle sagen, wie sehr sie mich hassen. Mein Freund endgültig die Nerven verliert und mit mir Schluss macht (verständlicher Weise) und meine beste Freundin wahrscheinlich einen Heulkrampf bekommt und nie wieder ein Wort mit mir wechselt (ebenfalls verständlicher Weise). Naja und natürlich mein Familie die mich komplett hassen würde, aber wie gesagt, wer braucht schon Familie. Und Freunde. Nur normale Menschen. Die keinen Totalschaden haben. In ihrem kranken Hirn. Außerdem hab ich eine Freundin. Ana. Und alles was mir in irgendeinster Weise schadet findet Ana ja sowieso ganz toll. Also wird sie mich nicht hassen. Außer ich habe Tabletten genommen und sie mit irgendwas Hochkalorischem runtergespült. Aber selbst das. Hab ich dann wahrscheinlich eh wieder ausgekotzt. Aber nun gut.
Mittlerweile ist es fast 2:00 Uhr nachts und ich habe mich glaube ich genug ausgelassen für heute. Über mich. Und über die Welt. In ihrer grenzenlosen Grausamkeit. Oder Dummheit. Das liegt bei den Menschen. Ziemlich nah beieinander.
Aber was solls. Ich habe ja Zeit. Im Überfluss. Das ist der Vorteil an der Arbeitslosigkeit. Der einzige. Denn ich hasse es arbeitslos zu sein. Mein Vater war/ist arbeitslos. Das allein ist schon Grund genug es zu hassen. Denn wenn ich bin wie er, dann hab ich den endgültigen Grund mich vor einen Zug zu werfen. Sollte das jemals jemand zu mir sagen. Dann bring ich mich echt um. Denn ich würde wie jeder sein. Sogar normal wenn´s sein muss. Aber niemals wie mein Vater. Niemals. Denn dann wär ich nach all den Jahren wirklich sein Mädchen. Und nie, nie, nienienie wieder will ich sein Mädchen sein. Überhaupt niemandes Mädchen.
Vielleicht irgendwann in ganz entfernter, gesunder und gewichtiger Zukunft und in irgendeiner Weise, die ich ertragen kann, möchte ich Jonass Mädchen sein. Möglicherweise. Nichts lieber als das. Eventuell. Ist das mein größter Wunsch.
Aber niemals das Mädchen meines Vaters. Oder sonst eines Mannes. Der Hand an mich legt. Um dieselbe verletzte Haut zu zerreißen. Die ich so mühsam wieder zusammen geflickt habe.
Aber Schluss jetzt! Von Verletzungen und Arbeitslosigkeit und Hilflosigkeit und Ana und mir.
Mir ist schlecht. Wirklich schlecht. Und ich will schlafen. Denn morgen. Habe ich ein Versprechen einzulösen. Ana gegenüber. Und übermorgen auch und Freitag sowieso. Aber morgen schreibe ich wieder, ganz bestimmt. Wenn ich noch lebe. Das ist die Voraussetzung. Fürs schreiben. Und fürs Leben. Und überhaupt für alles. Was irgendwie. Mit Zukunft. Verknüpft ist.
Kann Gerechtigkeit in dieser Welt es geben,
kann den Frieden über den Krieg man heben?
Kann der richt´ge Weg mein Wille sein,
und kann dann dieser Will´ auch Siegen mein´?
Wer sät Gerechtigkeit in diese Welt?
Wer ist es der dann einst Frieden hält?
Wer kann die Welt in ihre Waage bringen?
Wer kann mit uns´ren Schwächen ringen?
Wirst du uns´re Ängste bannen?
Wirst du Liebe um uns spannen?
Wirst du unser Retter sein,
wenn die Hoffnung wird zu klein?
Wie kann ein Einz´ger Heil uns geben?
Wenn wir all andern böse leben?
Wie kann nur einer all das tun,
wenn all andre gar nichts tun?
Gerechtigkeit die kann´s nur geben,
wenn wir gemeinsam besser leben.
Wenn wir gemeinsam Frieden machen,
und endlich kämpfen, indem wir lachen.