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ОглавлениеDie Welt der Krümel in Gefahr
Entdeckungen
Die kleine Evi aß für ihr Leben gern Kekse. Ihre Mutti wusste das, weshalb sie immer eine Packung leckerer Butterkekse im Hause hatte, von denen Evi hin und wieder einen bekam. Der Mutter gefiel es allerdings nicht, dass es Evi einfach nicht gelingen wollte, einen Keks aufzuessen, ohne Krümel zu hinterlassen. So zeigte sie Evi jedes Mal die kleinen Krümelberge, damit sie lernte, die Spuren ihrer Keksleidenschaft auch wieder zu entfernen.
Eines Tages, die Mutter war nicht zu Hause, knabberte Evi einen der von der Mutter bereitgelegten Butterkekse, während sie auf dem Fußboden des Wohnzimmers lag und eine Zeitschrift las. Natürlich fielen einige Bröckchen des Kekses auf den Fußboden, doch Evi war in die Zeitschrift sehr vertieft und bemerkte dies nicht.
Sie las die Geschichte von einem Mädchen, das zaubern konnte und damit allerhand Verwirrungen in ihrer Familie und bei Freunden anstiftete. Als sie fertig war mit ihrer Zeitschrift, blieb sie eine Weile am Boden liegen und überlegte, was sie täte, wenn sie zaubern könnte.
Versonnen betrachtete sie den Haufen der Krümel, den sie gerade produziert hatte. Den könnte sie einfach wegzaubern. Das wäre cool. Doch was war das? Hatte sich da in dem Krümelhaufen etwas bewegt? Evi starrte nun angespannt, ob sich die Bewegung wiederholen würde. Da drehte sich doch eines der Krümel und hatte sie nicht ein kleines Auge gesehen? Evi überlegte kurz, tat dann so, als würde sie auf dem Teppich liegend einschlafen wollen und machte die Augen zu. Vorsichtig lugte sie dann aber ein wenig später zum Krümel hinüber, ohne sich zu bewegen. Der Krümel stand plötzlich auf kleinen Beinchen. Er hatte zwei winzige Kulleraugen und schaute damit eher neugierig als ängstlich zu der vermeintlich schlafenden Evi. Dann kam es ein bisschen näher und duckte sich wieder, sodass es aussah wie eines der anderen Krümel, die dort lagen. Evi wartete mit halbgeschlossenen Augen und konnte beobachten, wie der Krümel mit seiner Taktik so nahe herangekommen war, dass er direkt vor ihrer Hand liegend, sich erneut tot stellte.
Nun, vielleicht würde es auf ihre Hand kommen. Also blieb sie liegen. Sie stellte sich ganz intensiv vor, wie es beim Hinaufklettern auf ihre Hand ein wenig kitzeln würde. Und tatsächlich der neugierige kleine Krümel kletterte auf ihre Hand und begann sie zu untersuchen. Er krabbelte ein wenig, aber nicht so sehr, dass Evi lachen musste oder in Versuchung kam, die Hand zu bewegen.
Als das Krümelchen auf der Handmitte saß, beschloss Evi einen Kontaktversuch zu unternehmen.
„Hey, wer bist denn du?“, fragte sie. Erschrocken duckte sich der kleine Krümel und stellte sich tot. „Ich hab doch gesehen, dass du Augen hast und herumläufst“, sagte Evi belehrend und hob ihre Hand mit dem kleinen Krümel nun hoch und hielt sie sich vor die Augen. Der Krümel linste vorsichtig erst mit dem einen Auge und dann auch mit dem anderen. Er stellte sich auf seine Beinchen und schaute Evi mit großen Augen erwartungsvoll an.
Evi konnte es nicht fassen. Sie hatte noch nie davon gehört, dass Krümel Beine und Augen hätten und einen anschauen konnten.
„Hast du einen Namen?“, fragte sie, doch der Krümel antwortete nicht. Er schaute Evi weiter an und antwortete auch nicht, als Evi ihre Frage wiederholte.
Plötzlich bewegte es sich und begann schließlich, auf ihrer Handfläche hin und her zu rollen. Das machte ihm sichtbar Spaß und sah echt putzig aus.
Evi richtete sich auf und nahm ihren neuen kleinen Freund mit in ihr Zimmer. Sie setzte ihn auf ihren Schreibtisch an dem sie immer ihre Hausaufgaben erledigte. Nun konnte sie beobachten, wie der kleine Kerl alles untersuchte, was sich darauf befand.
Da sie merkte, dass der Kleine sehr verspielt war, baute sie ihm aus einem Lineal und ein paar Büchern eine Rutschbahn. Sie setzte den Krümel auf die Bücher an den Rand des Lineals. Der Krümel hatte schnell begriffen, dass er das Lineal herunterrutschen konnte. Er setzte sich hin und los ging es. Unten angekommen suchte er einen Weg der ihn wieder hinaufbringen konnte, doch der Bücherstapel war für den Krümel nicht zu erklimmen. Evi hielt ihren Zeigefinger hin. Das Krümelchen kletterte darauf und ließ sich von Evi erneut an das obere Ende der Rutsche setzen.
„Evi! Evi!“ Unwillig nahmen Evis Ohren den Klang ihres Namens auf. ‚Oh, die Mutti ist nach Hause gekommen.’ „Ja, ich komme!“, rief sie und riss sich von der Beschäftigung mit ihrem neuen kleinen Freund los. „Warte hier, ich komme gleich wieder“, sagte sie zum Krümel und rannte aus dem Zimmer. Ihre Mutter wartete im Wohnzimmer vor dem Krümelhaufen und ihrer Zeitung und schaute sie höchst ungnädig an. Oh je, das hatte sie vergessen. „Ich räume sofort alles weg“, sagte sie schnell zu ihrer mit den Augen funkelnden Mutter und stürmte in die Besenkammer um die Teppichbürste und die Kehrschaufel zu holen.
Die Mutter begab sich in die Küche und überließ Evi die Beseitigung ihrer Krümeleien. Evi hoffte, weitere Krümelchen mit Augen in dem Haufen zu finden. Doch so sehr sie auch ihre Augen anstrengte, sie fand keines mehr.
Ehe Evi noch zurück zum Krümelchen in ihrem Zimmer gehen konnte, rief die Mutter zum Abendbrot. Evi aß schnell und beantwortete alle Fragen ihrer Eltern so, dass daraus keine Nachfragen oder Diskussionen entstehen würden. Sie wollte zurück in ihr Zimmer zu ihrem kleinen Geheimnis. Sie war sich darüber absolut im Klaren, dass sie ihren Eltern nichts von dem Krümel erzählen konnte. Sie würden von zu viel Fantasie sprechen und sie ermahnen, lieber ihre Hausaufgaben zu machen und zu lernen, statt sich Geschichten von Krümeln auszudenken.
Als sie fertig war, gab sie vor, gerade ein spannendes Buch zu lesen und sagte ihren Eltern Gute Nacht.
Zurück in ihrem Zimmer stürzte Evi zum Schreibtisch. Sie konnte den Krümel nicht entdecken. Vorsichtig schaute sie zwischen all den Sachen nach, die auf dem Schreibtisch lagen. Schließlich fand sie den Krümel, eingeklemmt zwischen einem Buch und dem Lineal. Ein Bröckchen von ihm war abgebrochen und die kleinen Augen schauten Evi traurig an.
Evi war nun klar, dass das Leben solch kleiner und zerbrechlicher Geschöpfe nicht von langer Dauer sein konnte. Überall lauerten Gefahren, die dem Leben des Kleinen ein schnelles Ende setzen konnten.
Sie baute dem Krümelchen ein kleines Nest aus Stoff, in dessen Mitte sie ein wenig Watte tat und setzte den Krümel hinein. „Ich werden von nun an besser auf dich aufpassen“, sagte sie und schaute dem inzwischen wieder fröhlich dreinschauenden Krümel dabei zu, wie er sich von den feinen Fäden der Watte kitzeln ließ.