Читать книгу Filippas Engel - eBook - Filippa Sayn-Wittgenstein - Страница 6
Оглавление1988 – In Amerika
Filippa hatte eine sehr behütete Kindheit zu Hause in Sayn. Sie war als unser viertes Kind am 23.7.1980 in Koblenz geboren worden. Ihre älteren Geschwister Heinrich, Alexandra und Casimir nahmen sie mit großer Freude auf und waren glücklich, dass die Reihenfolge Bub-Mädel-Bub weiter fortgesetzt wurde. Wir lebten im so genannten Landhaus, einer Villa, die Filippas Urgroßeltern nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut hatten. Das Schloss der Familie war in den letzten Kriegstagen zerstört worden, die Stammburg schon im 17. Jahrhundert. Wir, die Eltern, waren 1975 mit zwei Kindern von München nach Sayn gezogen, in den Ort, dessen Namen wir tragen. Hier wollten wir den kleinen Familienbesitz, der hauptsächlich aus Ruinen bestand, wieder in Ordnung bringen. 1982 begannen wir mit der Restaurierung von Burg Sayn. Im gleichen Jahr wurde uns ein weiteres Kind geschenkt, Louis. Als 1984 die Burg wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, hatten wir uns damit auch entschieden, zum Erhalt unserer Baudenkmäler auf den Fremdenverkehr zu setzen. Ein steiniger Weg, den Filippa anfänglich noch unbewusst, später uns dabei helfend, von Beginn an miterlebte. Anfang 1986 wurde unser sechstes Kind, Sofia, geboren.
Ein Jahr später eröffneten wir im Schlosspark den Garten der Schmetterlinge, eine Einrichtung, die sich zu einem Publikumsmagneten entwickeln sollte. Im Juni 1992 wurde dann Filippas jüngster Bruder Peter geboren. Er war 21 Jahre jünger als sein ältester Bruder und 12 Jahre jünger als Filippa.
Glücklicherweise hatten wir immer gute und geduldige Mitarbeiter. Vor allem zu Hause war das wichtig, bei unserer stets wachsenden Großfamilie. Ingrid und Häns Dietz waren die Stützen in Haus und Garten; Moni begleitete uns im Haushalt, seit Filippa ein Jahr alt war. Wechselnde Au-pair-Mädchen aus Australien, Südafrika und England halfen uns dabei, auch um die Kinder zweisprachig zu erziehen.
Filippa besuchte Kindergarten und Grundschule in unserem Ort, bevor sie nach Vallendar ins Gymnasium der Schönstätter Marienschwestern wechselte. Die Ferien verbrachten wir fast immer bei den Großeltern in Süddeutschland und Österreich, wo auch die meisten Verwandten von uns lebten. Besonders Fuschl, das Zuhause ihrer Großmutter, war Filippa eine zweite Heimat. In der Nähe wohnten viele ihrer Vettern und Cousinen, auf die sie sich während der gesamten Schulzeit freute. Schon als kleines Mädchen verbrachte unsere sehr selbstständige Tochter ab und zu ein oder zwei Nächte bei ihrer Lieblingscousine Leonie (Leo) und deren Geschwistern Franz Anton (F.A.) und Sita. Mit knapp acht Jahren wollte sie dann unbedingt mit Leo sowie deren Eltern und Geschwistern die Sommerferien in Amerika verbringen. Wir waren im Jahr zuvor mit ihr dort gewesen, jetzt wollte sie die Reise auch ohne uns antreten. Unsere kleine Tochter für einen Monat alleine zu lassen, gefiel uns nicht. Doch sie konnte uns überzeugen, dass ihre Tante Isabelle, Leonies Mutter, ein sehr guter Ersatz für mich sei. Außerdem könne sie jederzeit, wenn sie zu viel Heimweh hätte, nach Hause kommen.
Zu ihrem achten Geburtstag bekam Filippchen einen Flug nach New York geschenkt. Außerdem ein kleines rosa Büchlein, mit Gummibären verziert, ihr erstes Tagebuch. Ich bat sie jeden Tag etwas hineinzuschreiben, damit sie sich nach den Ferien an alles Erlebte noch erinnern und uns erzählen könne. Auch dachte ich, dass es eine gute Schreibübung während der Ferien wäre. Das Resultat präsentierte sie mir nach dem Monat Amerika stolz: Es war nicht umwerfend, aber ein Anfang war gemacht. Ich war gespannt, ob Filippa ihr Tagebuch irgendwann weiterschreiben würde.
Gabriela Sayn-Wittgenstein
Mein Steckbrief
Name: Maria Filippa Johanna Fernanda Sayn-Wittgenstein
Augen: grün
Größe: 1.37
Geb.: Koblenz
4. August 1988
Jetzt ist es 7h morgens. Ich bin gerade aufgestanden und habe mein Bett gemacht. Leo und F.A. schlafen noch. Gestern ist F.A.s Kontaktlinse im Aug zerbrochen beim Tennis. Jetzt in zwei Stunden ist Tennis. Ich bin sehr gut im Tennis, nur die back hand kann ich nicht sehr gut, aber das werden wir schon schaffen.
Jetzt fällt mir nichts mehr ein. Ich schau aus dem Fenster, da, jetzt ist mir etwas eingefallen. Ich habe vor ein paar Tagen diese Schmetterlinge gesehen: Monarch, Segelfalter, Indisches Blatt, Kleiner Tiger. Und ich bin in einer Limousine gefahren. Jetzt ist Teresita wach. Vor ein paar Tagen habe ich Mrs. Bowman gesehen. Wir dürfen wieder bei ihr schwimmen und sie backt uns Cookies, nett, gell.
Mittag: Jetzt ist Tennis vorbei, wir wollten zu Mrs. Bowman gehen, aber Alison [Au-pair-Mädchen] wollte nicht. Man muss jemanden zum Nachschauen dabei haben, sonst darf man nicht schwimmen.
Nachmittag: Jetzt sind wir auf der Beach gewesen.
Alison erzählt uns gerade eine Geschichte: »Peter, Clarisa und Snow White with the dwarfs« [Schneewittchen und die Zwerge]. Wir hatten ein gutes Essen gehabt.
5. August 1988
Ich hab gerade mein Bett gemacht. Leo und F.A. schlafen noch, Sita auch. Es ist gerade 7:15. Bei mir liegt ein Foto von Mum and Dad. An Papi muss ich sehr denken. Er fuhr ein Autorennen und ich bin ja in United States of Amerika. Deswegen konnte ich es nicht sehen. Meine Schrift ist befriedigend. Ich kann, wenn ich wirklich will, ja wirklich will – ach, ich hab keine Lust mehr.
Abend: Jetzt gleich gehe ich und Leo zu Mrs. Bowman.
Ich schwimme und schwimme und springe. TOLL, mein erstes Mal, dass ich in dem Jahr 88 bei ihr schwimme.
6. August 1988
Heute ist Tennis frei! Jipi! Mein Bett ist noch nicht gemacht. Jetzt ist es 8h 10 Min. Die Uhr ist von Mami. Ein bisschen Heimweh hab ich schon. Tante Isabelle ist gerade reingekommen und wollte Leo und F.A. aufwecken, aber der F.A. hat gesagt: Samstag, ich möchte ausschlafen.
Mittag: F.A. ist heute so motzig, man könnte es gar nicht glauben. Leonie hatte ihr Bett wunderschön gemacht, aber F.A. fand es scheußlich. Er hat ein Buch, davon hat er eine rote Folie, die ist weg. Geschieht ihm recht. Vielleicht gehen wir zu Mrs. Bowman, aber Leo muss noch zwei Briefe schreiben. Ich hasse Briefe schreiben.
Nachmittag: Wir waren gerade einkaufen, ich habe jetzt ein Paar Jeans und Spielgeld. T. Isabelle spielt Paddeltennis mit F.A. Gleich fahren wir. – 1 Stunde später – Jetzt gehen wir.
7.August 1988
Abend: Ich habe für einen Tag nicht mehr geschrieben, das Datum ist 7.8.88. Tschuldigung, aber ich habe das Buch nicht gefunden. Jetzt Schluss. Der F.A. war heute sooo gemein.