Читать книгу Im Feuer geboren, im Licht getauft - Flavio Maffia - Страница 6
Kapitel 4 - Der Weg in den Himmel
ОглавлениеDie Seele war ein besonderes Konstrukt, stellte sie doch die Realität des Göttlichen über die der Welt. Beide hatten sich nicht gesucht, aber gefunden. Dennoch wollte sie ein Freund des Geistes sein. Beide teilten sich das Leben und obwohl die Seele in den ersten Jahren dominierte, weil der Geist mehr im Unbewussten verweilte, übernahm anschliessend der Geist die Führung. Ihre Aufgabe war es den Geist zu leiten, damit er den Weg in den Himmel fand. Sie war sein Fürsprecher im Augenblick seines Todes. Die Seele war Ausdruck einer Welt, die es für den Geist noch nicht gab. Durch die göttlichen Gaben konnte sie ihn an sich binden und ihm Einsichten in sein zukünftiges Leben geben. Erst wenn der Geist danach strebte, war ihre Aufgabe vollendet. Durch diese Fusion sollte gewährleistet werden, dass alle die gleichen Chancen hatten. Wenn dieser Prozess abgeschlossen war, war auch die Zeit der Prüfung vorbei und alle Geister hatten sich für eine der drei Parteien entschieden. Aber während Samael den Geistern den Krieg erklärt hatte, war Satanaels Gegner schlussendlich das Göttliche, welches durch die Seelen repräsentiert wurde. Samael richtete sich gegen die Menschen, doch Satanael wollte, dass eine andere Form einer Realität mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Seine Antwort war die Bindung des Geistes an seine Welt und seinen Werten und sie würde niemals jener der Göttlichen gleichen. Im Leben der Menschen würde immer etwas anderes Priorität besitzen. Niemals würde er zulassen, dass in dieser grossen Zeit, die ihm gegeben wurde, zu viele Menschen ihr Leben nach dem Göttlichen richteten, ohne die Konsequenzen zu tragen. Wer zu einem Diener des Todes wurde, sollte auch nichts anderes als den Tod erhalten.
Samael freute sich auf das, was unweigerlich kommen würde, welch ein Spektakel! Satanael hatte alles gegeben, wozu sein zerstörerischer Charakter fähig war. Nun war es vollbracht, der Himmel hatte genug. Sie würden das Tor vom Himmel zur Erde öffnen und ihre Armeen in Stellung bringen, für den ultimativen Kampf. Mit den Rephaims hatte er eine Linie überschritten, die selbst das Göttliche nicht mehr ignorieren konnte. Natürlich würden Samael und die Seinen sich nicht einmischen. Ein bereits verlorener Krieg war nicht sehr reizvoll. Er dachte lieber langfristig, auch wenn es den Anschein hatte, die Ära der Menschen sei schon vorbei. Aber was das Göttliche versprochen hatte, war noch nicht eingetroffen und daher war noch nicht vollendet, was vollbracht werden sollte. Zwar hatte Satanael gute Arbeit geleistet und die Menschen verdorben und auch wenn er erneut fallen und hoch härter bestraft werden würde, so blieb seine Macht über die Menschen und sein Einfluss würde immer noch seine Gültigkeit haben. Aber vermutlich würde der Himmel ihn mit Leichtigkeit besiegen, ihn und alle anderen, welche keine Seele besassen und in eine Hölle verbannen und dafür sorgen, dass sie bis ans Ende aller Tage darin fest sassen. Platz genug gab es. Niemals wieder würde er sich auf Erden frei bewegen können, solange er verbannt blieb. Dieser Umstand war etwas, das Samael niemals so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hätte. Er liebte diese Freiheit. Und natürlich würde Samael seinen Anteil an dieser Auseinandersetzung erhalten und wie versprochen über all jene Geister ein gerechtes Gericht abhalten, welche in ihrer menschlichen Form versagt hatten. Darunter fielen alle Nachkommen von Satanael und den Seinen, die erste Generation, die Gottmenschen, aber genauso die Rephaim. Letztere waren gute Krieger und Samael freute sich, sie in seinem Reich willkommen zu heissen und ihnen seine Ansichten näher zu bringen. Somit waren sie ein angemessenes Geschenk und er wusste es zu würdigen. Manchmal siegte man ohne zu kämpfen.
Aber auch Satanael machte sich Gedanken, was nach diesem grossen Krieg kam, nach seiner Engelsherrschaft. Er plante ebenfalls langfristig und er wusste, die Menschen würden ihn nie vergessen. Sie mochten besiegt und verbannt werden, doch nichts war für die Ewigkeit. Es würde immer Menschen geben, deren Sehnsucht nach seiner Herrschaft gross genug war, dass sie bereit waren jene Opfer zu bringen, um ihm eine Rückkehr zu ermöglichen. Nicht umsonst hatte er die Menschen in die Geheimnisse des Himmels und jener der Magie eingeweiht. Er würde dafür sorgen, dass dies nicht unter den Trümmern seines Imperiums verborgen blieb. Sie hatten wie Götter gelebt und schlussendlich war das ein Traum, den jeder hatte. Zurück zu den Wurzeln, zurück zur alten Stärke, als man selbst dem Himmel die Stirn bot. Seine Zeit war noch lange nicht vorbei, noch besass er Asse im Ärmel, welche er zur gegebenen Zeit ausspielen würde. Denn jeder General musste Niederlagen einplanen, wenn er gewinnen wollte. So war der grosse Krieg eben. Aber ein ungewisser Faktor waren Samael und die Seinen, er konnte sie nicht richtig einschätzen. Wie jeder andere hatte er ihn heimlich bewundert und seinen Stolz verstanden. Dennoch hätte er es niemals gewagt, dieses Opfer zu bringen. Satanael wusste, dass Samael ihn für sein Bestreben verachtete. Schon als sie noch Brüder waren, betrachtete er ihn nur abschätzig, als würde er sein Inneres kennen. Deswegen hatte er auch nie versucht ihn auf seine Seite zu ziehen, er war bereits damit zufrieden, dass Samael sich nicht in die kommende Auseinandersetzung einmischte, denn es hätte sein können, dass das Göttliche ihm verzieh. Doch dem war nicht so. Stur wie Samael war, hielt er an seinem Bestreben fest. Erleichtert war Satanael auch darüber, dass sie zukünftig nicht dieselbe Hölle teilen mussten, denn als ein gefallener Erzengel hatte er gewisse Vorzüge gegenüber den Geistern. In seiner eigenen Hölle würde er seinen Aufstieg planen.
Die Rephaim waren bereit, sie waren das Gegenstück zu den Engeln. Gezüchtet für den Kampf, standen sie nun unter Waffen und erwarteten die Ankunft des Gegners. Natürlich kannte man den Standort des Tores, durch das die himmlischen Heerscharen kommen würden, ebenso die Zeit. Das Schlachtfeld war vorbereitet, dieses Jahr war es wohl endlich soweit. Seit jenen Zeiten, als Samael und die Seinen rebellierten, hatte keine Welt je wieder eine solch imposante Auseinandersetzung gesehen. Man war angetreten, um seine Ideale zu verteidigen. Das Licht kam, um die Dunkelheit zu stoppen. Satanael war im Begriff gewesen, die Welt in eine Hölle zu verwandeln und das konnte man nicht mehr hinnehmen. Dass selbst bereits eine Hölle existierte, war ein enormer Rückschlag gewesen. Man hatte sich geschworen, dies niemals wieder zuzulassen. All das hatte dazu geführt, dass die Sühne der Menschen mit dem Himmel viel komplexer wurde als gedacht. Der freie Wille der Menschen, gepaart mit ihrer Unwissenheit, hatte grossen Schaden angerichtet. Bereits jetzt war es ungewiss, was die Zukunft der Menschen war. Man durfte nicht noch weiter abwarten, bis die Umstände ununkehrbar wurden. Wie Satanael es beabsichtige, war dies eine Auseinandersetzung zwischen der Zukunft der Seelen und der Geister. Diese Idee der freundschaftlichen Fusion beider in einem Körper war gefährdet. Nicht umsonst hatten die Gottmenschen keine Seelen. Das wäre unzumutbar gewesen und so wie sie vom Wesen waren, hätten sie niemals einen Platz innerhalb des Göttlichen erhalten. Zudem durfte man nicht zulassen, dass Satanael dies auf die Menschen übertrug. Bereits jetzt gab es viel zu viele Seelenlose, diese Schmach konnte man nicht mehr hinnehmen.
Zu den Rephaims gesellten sich noch die Anakim. Es waren jene riesenhafte Monster, ohne Seele oder Geist, welche Satanael erschaffen hatte, um sie gegen die Engel antreten zu lassen. Nach langer und intensiver Suche hatte er sechs geeignete Herzen gefunden. Somit war sein Arsenal komplett. Die Anakim hörten alleine auf seine Befehle und mit jedem bezwungenen Gegner würden sie wachsen, bis ihre Hand den Himmel erreichen konnte. Aus Blut und Staub geformt, war ihre Hülle härter als Stein. Man konnte sie nur besiegen, wenn man das Herz zerstörte, das durch den Körper geschützt wurde. Sie kannten keine Schmerzen und würden nicht vom Gegner ablassen, bis der Befehl ausgeführt war. Somit waren sie eine mächtige Waffe, sie waren die letzte Schöpfung in Satanaels Plan den Himmel herauszufordern. So aufgestellt, war man bereit Geschichte zu schreiben. Nie würden die Menschen diese Auseinandersetzung vergessen, wo das Göttliche gezwungen war, seinen Himmel zu verlassen, um auf die Erde geschickt zu werden, um eine Schlacht zu schlagen, über die Zukunft des Menschengeschlechts. Satanael blickte mit Wohlwollen auf all das zurück, was seit der Erschaffung des Menschen geschah. Samaels Sturz hatte ihm die Augen geöffnet und er hatte aufgehört sein wahres Wesen zu verbergen, aus Angst vor der Strafe. Was auch immer der Plan mit den Menschen gewesen war, er hatte es ins Gegenteil verkehrt. Mit einem heissen Brandeisen hatte er sie markiert und bis ans Ende aller Tage an sich gebunden. Und bis dahin würden Tausende seinem Ruf folgen und seine Reihen füllen. Der Widerstand gegen das System hatte begonnen. Von nun an würde er mit dem Göttlichen im Streit liegen und anhand unzähliger Leben der Menschen beweisen, dass er in allem Recht behielt. War das vollendet, würde er seinen Anspruch einfordern als wahrer König der Erde. Was er tat war kein Unrecht, er verstand lediglich die wahre Natur der Menschen und ihre Bedürfnisse besser als sonst jemand.
Endlich war jene Zeit um, die man Satanael und den Seinen gewährt hatte, um auf Erden zu tun und zu lassen was sie wollten. Ungeduldig wartete man bis das letzte Sandkorn fiel. Nun konnte man wahre Stärke und Entschlossenheit demonstrieren. Die himmlischen Armeen standen bereit, um unter der Führung der Erzengel, den Dämonen, ihren Nachkommen und ihrer anderen Geschöpfen die Stirn zu bieten und sie daran zu hindern, den Menschen noch grösseren Schaden beizubringen. Nie wieder würde man zulassen, dass das Böse dermassen erstarken und die Menschen ins Verderben führen konnte. Satanael hatte gezeigt, wozu er fähig war, durch und durch abgefallen. Man musste verhindern, dass er seine Pläne noch weiter ausführen konnte. Und so rüsteten die Engel für den Krieg, man würde die Erde betreten und alles vernichten, das keine Seele besass. Diese Ungeheuer, welche der Schöpfung spotteten, musste man vom Antlitz der Erde tilgen. Sie waren etwas, das es nie hätte geben dürfen, ohne einen Anteil am Göttlichen, verdammt dem Bösen zu dienen. Man musste sie aufhalten bevor sie ihre wahre Natur erkannten, geschaffen die Hölle zu bringen. Denn dies war lediglich der Anfang. Würde man Satanael weiter gewähren lassen, würde er alles gefährden, das man vor dem Erschaffen des Menschen erreicht hatte und das durfte man nicht zulassen. Er war bereit diesen Schritt zu tun, das erkannte man anhand seiner Taten und damit übertraf er sogar Samael an Gefährlichkeit. Er war kein Engel mehr, aber auch kein Mensch, er wurde zu etwas Neuem, etwas, von dem man gehofft hatte, es hinter sich gelassen zu haben. Man konnte nur hoffen, dass irgendwann der Mensch es wert war, all das auszulösen. Dennoch hinterfragte niemand die unergründlichen Wege, man war geschaffen worden um zu dienen. Irgendwann würde man es verstehen und diese Kenntnis wäre Grund genug, um der Vergangenheit zu verzeihen, egal welche Opfer man in dieser kommenden Auseinandersetzung bringen musste.
Und so fing es an. Die Rufe der gefallenen Gerechten wurden erhört und man kam, um den Verbliebenen endlich zu Hilfe zu eilen. Ihre Leidenszeit war vorbei...
Auf einer weitläufigen Wiese stand eine urtümliche Tür ohne Schloss, die niemand öffnen konnte. Sie war älter als der Mensch und schon lange vor ihm hier. Niemand von ihnen wusste, was sie war oder welchen Zweck sie erfüllte. Sie war eine Passage, welche den Himmel mit der Erde verband, sie entstand, als man Beide trennte. Öffnen konnte man sie nur durch Magie, welche nur die Erzengel besassen. Im Umkreis von hunderten Metern gab es nur Graslandschaft, welches von dichten Wäldern umschlossen wurde. Ein leichtes Erdbeben ging vom Tor aus, bevor helles Licht die Türe aufzulösen schien. Der Durchgang war geöffnet. Als erster, nach vielen Jahren, betrat der Erzengel Gabriel die Welt, gefolgt von seinen Truppen. Ihre Aufgabe war es die Umgebung zu sichern und die Ankunft der Anderen vorzubereiten. Und so positionierten sie sich im Umkreis des Tores und beobachteten wachsam die angrenzenden Wälder.
Aber ihre Ankunft blieb nicht unbemerkt. Satanael hatte Späher gesandt, um dieses Tor zu bewachen und allfällige Bewegungen zu melden. Nun war es endlich soweit! Der Feind war gekommen. Nun konnte man anfangen seine Streitkräfte zu mobilisieren und sie auf diesen Ort zu konzentrieren. Allem Anschein nach war dieser Platz der Austragungsort jener epochalen Schlacht. Und so begann Satanael ebenfalls seine Truppen zusammen zu ziehen. Bald war man kampfbereit und es konnte beginnen.
Die himmlischen Heerscharen brachten sich ebenfalls in Position. Es dauerte ganze vier Tage, bis sämtliche Streitkräfte das Tor passiert hatten. Nach Gabriel folgten Michael, Raphael und Uriel mit ihren Truppen, bevor man vollzählig war. Inzwischen hatte der Feind sich gezeigt, er versteckte sich in den angrenzenden Wäldern und hatte sie umzingelt. Zahlenmässig schienen sie ebenbürtig zu sein, aber die Stärke der Engel war unvergleichlich. Beide Parteien hatten die Stellungen des Gegners ausgekundschaftet und eine Strategie entwickelt. Keiner schien gegenüber dem Anderen einen grossen Vorteil zu besitzen. Denn auf Seiten der Gefallenen kämpften nicht nur die Rephaim, oder die Anakim. Auch Satanael und die Seinen, immerhin 200, würden am Gefecht teilnehmen. Während die Ersteren am Boden kämpften, würden sich die 200 eine heroische Auseinandersetzung mit ihren ehemaligen Brüdern in der Luft liefern. Beide konnten diesen Schlagabtausch kaum noch abwarten, nun wo man Feinde war. Und so würden 4 Erzengel diese Aufgabe übernehmen, wofür sie gesandt wurden. Ihr Zorn würde sich über sie entfachen und sie würden diese Engelsherrschaft bis auf die Wurzeln herausreissen, bevor man sie endgültig verbannen würde. Denn sie waren ein verzehrendes Feuer, entfacht, um das Heer der Hohen zu bestrafen. So verlangte es die Göttlichkeit. Und so brachten beide ihre Armeen in Position und warteten den ersten Schlagabtausch ab. Der Tag neigte sich dem Ende zu und die Sonne, rot gefärbt, versank hinter dem Horizont, um einen blutigen Morgen anzukündigen. Es war der Anfang vom Ende einer dunklen Tyrannei und einer gottlosen Ära, die Befeiung der Menschen konnte beginnen.
Kaum jemand brachte noch die Geduld auf, die Morgendämmerung zu erwarten. Endlich verschwand die Dunkelheit und wich dem Licht. Die Engel fühlten den Schmerz der Erde, verglichen mit der Göttlichkeit, war es ein Gefühl, das Widerstand erforderte. Man konnte das Gottlose spüren. Es war eine Präsenz, die man mit jedem Atemzug in sich aufnahm. Diese Welt war nicht für sie geschaffen, dennoch waren sie hier, um eine Mission zu erfüllen. Die vier Erzengel hatten sich beraten und entschlossen, selbst gegen ihre ehemaligen Brüder zu kämpfen. Man würde sie besiegen, festsetzen und binden. Diese Aufgabe durften wenige Auserwählte übernehmen, denn es war eine Ehre diese Dämonen zu besiegen. Aber es war ihnen nicht erlaubt, sie auszulöschen. Das Göttliche hatte andere Pläne mit ihnen. Alle anderen sollten die verbliebenen Streitkräfte bekämpfen. Für sie gab es keine Gnade, nur den Tod. Ihre leeren Hüllen würde man auftürmen und verbrennen, als Opfergabe dem Göttlichen. Kein einziger Knochen sollte von diesen gottlosen Kreaturen übrigbleiben. Nichts sollte mehr Zeugnis über ihre Existenz ablegen, hiermit hörte ihre Gegenwart auf. Und so bereiteten sie sich auf diese Auseinandersetzung vor. In wenigen Stunden würde es vorüber sein und die Erde wurde mit dem Blut der Gefallenen getränkt. Ein letztes Mal würden sie noch miterleben wie die Sonne am Horizont aufging und bevor sie wieder verschwand, würde es vorbei sein. Am nächsten Morgen waren sie alle tot. Dort wartete ihre neue Heimat auf sie, hinter dem Horizont, wo die Sonne nie aufging. Dann war es vollbracht, sie wurden von der Dunkelheit verschluckt. Ein Fussabdruck in der Geschichte, mehr würde nicht bleiben.
Auch Satanael hatte diese Fehde gut vorbereitet. Man konnte auch gewinnen, indem man ein Gefecht verlor. Denn er hatte noch ein weiteres Schlachtfeld vorbereitet. Doch hier, an diesem Morgen, würde er mit all seinen Brüdern, den Rephaim und den Anakim stolz in den Tod gehen und dabei so viele wie möglich mit sich reissen. Die Rephaim waren den Engel durchaus ebenbürtig, was ihre Schnelligkeit und Gewandtheit betrafen, nur konnten sie nicht fliegen, doch das war auch nicht notwendig. Was die Anakim anging, war Satanael neugierig, wie die Erzengel dieses Problem lösen wollten. Aber dies war kein Krieg, den man über Monate führte, das Göttliche war all dem weit überlegen, abgesehen von einer finalen Auseinandersetzung hätte alles andere wenig Sinn gemacht. So konnte man wenigstens noch Geschichte schreiben, indem man einen Kampf inszenierte, der seinesgleichen suchen würde. Bewusst hatte er die erste Generation, die Gottmenschen und die einfachen Menschen selbst nicht in diesen Kampf geführt. Sie hatten keine Chance gegen einen Engel. Ihre Aufgabe würde eine andere sein. Satanael wusste sehr genau, wie das Göttliche vorgehen würde. Darum hatte er seine Kinder und die Menschen damit beauftragt, die Städte zu verteidigen. Denn sobald diese Verteidigungslinie ausgelöscht war, wäre es die Aufgabe der Engel, die Städte zu säubern. Sie würden sicherlich alle umbringen, welche keine Seele besassen. So war nun mal ihr Auftrag. Und das war eine Grausamkeit, welche die Menschen ihnen so leicht nicht verzeihen würde. Das Göttliche würde es nach diesem Krieg schwer haben, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und auch wenn ihm nur wenige Treue übrigblieben, wären das genug, um die Glut am glimmen zu erhalten. Seine Stunden mochten gezählt sein, aber aus seiner eigenen Asche würde er wiederauferstehen, denn er hatte weit über sein Scheitern hinausgeplant.
So eröffnete Satanael an diesem sonnigen Morgen die Schlacht. Er und seine 200 flogen dem Feind entgegen. Die Erzengel taten das Gleiche und so stand man sich in der Luft gegenüber. Niemand anders hätte sie auseinanderhalten können, erhaben strahlten ihre Flügel und zeugten von der Göttlichkeit.
„Man hätte euch brennen lassen sollen, wie einst Samael, dann wäre eure wahre Schönheit für die Menschen offensichtlich gewesen!“, fing Gabriel an, „vielleicht wäre dann all das nicht geschehen.“
Satanael konnte darüber nur lächeln: „Es war nicht das Ziel meinen Willen zu brechen, im Gegenteil. All das entspringt meinem freien Willen. Wenn der Mensch nicht so schwach gewesen wäre, hätte es diese Demonstration nicht benötigt. Hätten wir gebrannt, hätte es nur eine weitere Hölle gegeben!“
„Dennoch habt ihr es versucht.“
„Dies war nur der Anfang, ihr kennt nicht die Sehnsüchte meines schwarzen Herzens! Noch mögt ihr lächeln, aber es wird eine Zeit kommen, da werdet ihr nie wieder lachen. Die Menschen werden euer Untergang sein, sie tragen den Willen nach der Zerstörung in sich.“
„Wir werden sie von euch befreien und ihnen zeigen, dass sie im Gegensatz zu euch erlöst werden können.“
„Sie streben nicht nach Erlösung, was sie wollen ist, was der Himmel ihnen nicht geben kann.“
Nun lächelte Gabriel: „Mächtige Götter zu sein und die Hölle mehr zu lieben das Göttliche? Das Menschliche zu hassen und nach Unsterblichkeit zu streben?“
Das machte Satanael wütend: „Was der Himmel lehrt ist Schwäche und er raubt uns unsere Stärke und betrügt uns um unseren Ruhm! Niemand hat das Recht uns unser Erbe zu rauben!“
„Nicht umsonst ist er der Herr der Geister!“
Damit waren der Worte genug gewechselt, man hatte sich nichts mehr zu sagen. Der Kampf war eröffnet.
Hasserfüllt zeigte Satanael sein wahres Gesicht, er zückte sein Schwert und ging auf Gabriel los. Der Krieg hatte begonnen. Geschlossen traten die verfeindeten Gruppen gegeneinander an. Ein heftiger Kampf entbrannte am Himmel. Am Boden nahmen die Rephaim und Anakim dies als Zeichen zum Angriff. Von allen Seiten stürmten sie auf die Engel, welche sich in der Mitte befanden, zu. Die Engel hatten sich kompakt um das Tor positioniert und warteten den Schlagabtausch ab. Sie ließen die Gegner näherkommen, um deren Linien dicht zu halten. Im letzten Moment erhob sich die erste Reihe der Engel, welche am Boden kämpften, in die Lüfte, um im Rücken der Rephaim eine zweite Front zu bilden. Die zweite Schlachtreihe der Engel zückten ihre Schwerter und schon bei der ersten Bewegung, schlachteten sie die ersten Rephaims ab, welche zu nah aufgekommen waren. Letztere waren von diesem Manöver überrascht und nun fanden sie sich in einem Zweifrontenkrieg wieder. Ihre Schnelligkeit wurde ihnen zum Verhängnis. Sie prallten mit aller Kraft auf den Widerstand der Engel im Zentrum. Gleichzeitig musste ein Teil von ihnen sich umdrehen, um den Rücken der anderen abzusichern. Aber auch die Engel, welche die zweite Front eröffnet hatten, mussten nun gegen die Anakim antreten, welche deutlich langsamer als die Rephaims waren und ihnen nun zu Hilfe eilten. Diese riesigen Monster hatten eine grosse Reichweite und eine unglaubliche Stärke. Mit einem Streich vermochten sie mehrere Engel wie lästige Fliegen wegzuschleudern. Zudem versagten die Schwerter an ihrer harten Hülle. Somit war es bisher ein nicht ungleicher Kampf, obwohl die Reihen der Rephaims deutlich ausgedünnt wurden.
Nach wenigen Stunden sah das Ganze schon viel anders aus. Die meisten Rephaim lagen tot oder sterbend am Boden. Auch der Kampf am Himmel neigte sich dem Ende zu. Die Erschöpfung hatte sich unter den 200 breit gemacht und ihre Gegenwehr geschwächt. Nur die Anakim hielten sich wacker, denn sie kannten keine Müdigkeit. Wie Insekten umschwirrten die Engel sie und wichen ihren Attacken geschickt aus. Ihre Aufgabe war es, die Anakim zu beschäftigen und abzulenken. Die Schlacht war so gut wie vorbei. Während am Boden die Engel umhergingen und den noch lebenden Rephaims den Gnadentod gaben, wurden aus die letzen Dämonen ausser Kraft gesetzt. Nachdem auch der Letzte der 200 festgesetzt wurde, hörte der Kampf auf. Die Engel fingen an ihre Toten einzusammeln und zum Tor zu bringen. Gabriel öffnete die Passage zum Himmel und man führte die gefallenen Soldaten heim ins Göttliche. Aber ein Engel wurde damit beauftragt, etwas ganz besonders aus dem Himmel zu bringen. Nachdem man die Anakim mit den konventionellen Waffen nicht besiegen konnte, benötigte man eine spezielle Waffe. Und so brachte der Engel Naphtha aus dem Himmel mit. Damit wurden die Anakim übergossen und angezündet. Das Feuer war heiss genug, um die steinerne Hülle platzen zu lassen. Mit einem hohen Schrei, als wenn sie Schmerzen empfinden konnten, sanken die Anakim in die Knie und fielen um. Ihre Körper zersprangen und ein schlagendes, menschliches Herz kam zum Vorschein, welches sofort von den Engeln mit ihren Schwertern durchbohrt wurde. Die Wehklagen erstarben und schwarzes Blut bildete eine Lache am Boden. Die Schlacht war nun definitiv vorbei, man hatte die letzten dunklen Geschöpfe Satanaels besiegt.
Gefesselt knieten die 200 auf dem Boden. Man hatte ihnen die Hände auf dem Rücken gebunden. Bewacht wurden sie von den Engeln, welche mit gezückten Schwertern Wache hielten. Der Erzengel Michael ging ihre Reihen auf und ab und musterte die Gefangenen verächtlich. Satanael hielt den Kopf stolz erhoben, Michael sprach ihn an: „Deine Engelsherrschaft ist von nun an zu Ende.“
Dieser antwortete ihm lächelnd: „Man gab mir zwei Zeiten auch wenn nun eine davon vorbei ist. Meine Macht und mein Anspruch über die Menschen werden bleiben.“
„Wir werden euch verbannen. Du wirst nie wieder die Möglichkeit haben ungestraft Einfluss auf die Menschen auszuüben.“
„Alles hat seinen Preis und ist somit käuflich. Wir werden sehen wohin das führt. Wenn die Menschen etwas können, dann ist das nicht zu vergessen.“
Michael erwiderte: „Ihr habt die Menschen verdorben, aber wir werden ihnen etwas mit auf den Weg geben, das sie als Schutz gegen dich und deinesgleichen einsetzen können. Es wird die Zeit kommen, wo die Menschen fähig sein werden, dir Widerstand leisten zu können.“
Verächtlich meinte Satanael dazu: „Ihr habt sie alleine gelassen und somit mir überlassen. Warum glaubt ihr, ihr könnt sie noch retten?“
„Dies war erst das erste Kapitel in der Geschichte der Menschen und so unvollkommen sie war, muss man wohl alles löschen und ersetzen, das falsch ist. So verfahren wir.“
„Nur weil ihr wollt, dass all das in Vergessenheit gerät, muss es nicht zwingend so sein.“
Nun war es an Michael verächtlich zu lächeln: „Mit deinem Werk hast du uns offenbart, was deine wahren Ziele sind und so schockierend sie auch sein mögen, wir stehen bereit. Es mag die Zeit kommen, wo jemand dich aus deiner Verbannung zurückholt und du wieder auf Erden wandeln wirst und tun wirst was du dir ausgedacht hast. Aber es wird auch die Zeit kommen, wo all das bedeutungslos sein wird.“
Aber der eigentliche Gewinner dieser Auseinandersetzung war Samael. Voller Freude nahm er die Geister der gefallenen Rephaim persönlich entgegen und hiess sie in seiner Hölle willkommen. Natürlich waren sie nicht unschuldig, sonst hätten sie den Weg zu ihm nicht gefunden. Sie hatten grosse Verbrechen begangen, sie hatten Menschen aufgrund ihres Blutes getötet und gegen die Gesetze des Göttlichen verstossen. All das verlangte nach Gerechtigkeit und darum war er hier. Genauso wie er für seinen Stolz gelitten hatte und immer noch litt, mussten die Geister der Rephaim Sühne leisten. Daran führt kein Weg vorbei. Seufzend betrachtete Samael seine Ausbeute. Es waren gute Kämpfer, das hatten sie bewiesen, aber sie hatten für den falschen Freund gekämpft und waren umsonst und ohne Bedeutung gestorben. Durch dunkle Magie und abartiger Geschicke waren sie entstanden, aber ihre Geister waren nun mal hier. Niemand konnte dieses Geschehen rückgängig machen. Was ihre Zukunft anging, hatten sie mehrere Möglichkeiten und diese würde Samael ihnen gern aufzeigen. Denn ihre Verbrechen waren nicht so schwer, dass sie keine Absolution erhalten konnten. Ganz im Gegenteil. Denn sobald Samael über sie ein gerechtes Urteil gefällt und sie ihre Strafe verbüsst hatten, stand es ihnen frei ihn wieder zu verlassen. So wollten es die Gesetze. Sie hatten ein Anrecht auf ein zweites Leben, um vielleicht doch noch die Gunst des Göttlichen zu erhalten. Aber Samael konnte es sich nicht vorstellen, dass sie sich für diesen Weg entschieden, denn was sie so besonders machte war ja, dass sie ihr irdisches Leben nicht mit einer Seele teilen mussten und das hatte durchaus Vorteile für einen kriegerischen Geist. Darum würde er alles in seine Macht Stehende tun, um sie an sich zu binden. Im Gegensatz zu Satanael wusste er ihren Wert zu schätzen. Sie mussten sich nur für ihn entscheiden.
Nachdem die Engel ihre Gefangenen etwas abseits gebracht hatten, ging es darum das Schlachtfeld zu reinigen. Nichts durfte übrigbleiben, das irgendwann dazu beitragen konnte, die Menschen zu verwirren. Und so schleiften sie die Überreste ihrer Gegner zu einem grossen Haufen, übergossen es mit Naphtha und zündeten es an. Grosse Rauchwolken bildeten sich und stiegen dem Himmel entgegen. Gleichzeitig wurden ihre Waffen eingesammelt und eingeschmolzen. Und auch mit den Überresten der Anakims, wurde gleich verfahren. Man zerstörte jeglichen Beweis, dass es sie je gegeben hatte. Die Menschen durften mit ihrer romantischen Sichtweise auf die Vergangenheit nicht in Versuchung geraten. Das waren keine Götter, sondern Dämonen und ihre Macht diente ausschliesslich dazu die Menschheit zu zerstören. Kein Mensch sollte sich je wieder diese Zeit herbeiwünschen wollen. Gerade noch rechtzeitig hatte man Satanael aufhalten können. Das Göttliche war beinahe in die Sklaverei abgerutscht. Dieser Zwang durfte sich nicht erneut wiederholen. Von nun an würde man besser darauf achten, dass die Menschen wirklich ihren freien Willen dafür einsetzten, sich zu entschliessen. Entweder für das Göttliche, oder für Satanael. Doch niemals wieder durfte eine Minderheit das ganze Geschlecht verderben. Natürlich hatte man viel dazugelernt, durch die Raffinesse Satanaels, denn er hatte gravierende Mängel aufgezeigt und man wollte den Menschen eine gerechte Chance geben, sich zu entscheiden. Und hierbei musste auch das Göttliche umdenken. Es reichte nicht mehr aus, dass die Menschen wussten, dass es den Himmel und das Göttliche gab. Trotz ihres freien Willens musste man sie schützen und ihnen eine Alternative zu Satanaels Weg aufzeigen, für den sie sich festlegen konnten. Nur so konnte das Gleichgewicht wiederhergestellt werden.
Da die Schlacht entschieden war, galt es die Bestrafung zu vollziehen. Ganz in der Nähe gab es ein weiteres Tor, welches ebenfalls eine Passage war, wenn auch nicht mit dem Himmel verbunden. Sie führte zu einer bisher noch nicht benützten Dimension, ähnlich jener, welche Samael und die Seinen für sich in Anspruch genommen hatten. Doch während jene es freiwillig bezogen und sich frei bewegen konnten, würde man dafür sorgen, dass Satanael und die Seinen es nicht wieder verlassen konnten. Nach mehreren Tagen des Fußmarsches, erreichte man jene Ebene. Auch dieses Tor stand verlassen in der Gegend und wurde bisher von den Menschen nicht beachtet. Während alle diesen Ort erreicht hatten, galt es nun das Urteil zu verkünden und es zu vollstrecken. Gabriel selbst wandte sich an die Gefangenen: „Die Gerichtsbarkeit der Erde stand unter eurer Herrschaft und darum werdet ihr als erstes gerichtet. Ihr werdet Zeuge sein, wie wir eure Nachkommen, eure Söhne vernichten und sie werden direkt zur Hölle fahren und ihr werdet getrennt verbannt. Mögen eure Geister die Welt durchstreifen bis zum Tag des Gerichts, an jenem Moment, wo auch eure letzte Zeit endet und euer Anspruch über die Menschen!“
Michael gab den bewachenden Engel ein Zeichen. Denn als letzter Akt wurden den gefallenen Dämonen, 200 an der Zahl, die Flügel amputiert. Denn sie waren schon lange keine Engel mehr. Einer nach dem anderen wurde dieser Prozedur unterzogen bis Satanael als einziger übrigblieb. Michael sprach ihn an: „Du magst Menschen nach belieben erhöhen und stürzen können, aber was durch unsere Hand fällt bleibt unten.“
Persönlich entfernte er dessen Flügel. Mit vereinten Kräften öffneten die vier Erzengel das Portal und sandten die Verurteilten hindurch, bevor sie es wieder schlossen. Mochte es erst zur rechten Zeit wieder geöffnet werden. Ein letztes Feuer wurde entfacht.
Nachdem das erledigt war, galt es den nächsten Auftrag auszuführen. Die Vernichtung der Seelenlosen, welche kein Anrecht hatten, auf Erden zu wandeln. Und so teilte sich das himmlische Heer. Gabriel ging in den Süden, Michael gen Westen, Raphael in den Osten und Uriel gen Norden. Mit gezückten Schwertern drangen sie in die Dörfer und Städte der Menschen ein und töteten jeden Seelenlosen, den sie fanden. Ein erneutes Blutbad wurde angerichtet, aber es war die einzige Chance der Menschen einem strengeren Urteil zu entkommen. Noch konnten sie Gnade vor dem Göttlichen erhalten. Doch diese Brutalität der Engel gegenüber Verwandten, Freunde und Bekannte stiess auf kein Verständnis. Für die Menschen war es schwer begreiflich, dass dies eine Notwendigkeit war, um ihre Zukunft zu retten. Denn seit der Engelsherrschaft Satanaels hatten immer weniger Menschen den Weg zum Göttlichen gefunden und das galt es zu korrigieren, ansonsten mussten weitere Schritte eingeleitet werden. Und so wurden die Befreier nicht als solches betrachtet, im Gegenteil. Satanael hatte sie bestens auf diese Situation vorbereitet. Trotzig hielten sie an ihrer Ideologie fest, welche nichts erschüttern konnte. Durch den freien Willen geschützt, waren die Engel ihnen gegenüber machtlos. Sie konnten die Menschen zu nichts zwingen. Satanael war wahrlich ein Meisterwerk gelungen. Seine Philosophie war weit verbreitet und seine Prophezeiungen waren nun eingetroffen. Der Kerkermeister hatte seine Knechte gesandt, um eine alte Ordnung wiederherzustellen, die niemand wollte. Aber Satanael hatte sie auch gelehrt, dass man als Mensch Waffen besass, welche man gegen die Unterdrücker einsetzen konnte. Sein Versuch mochte gescheitert sein, doch seine Ideale, für welche er stand, würden bleiben. Der Widerstand war noch nicht gebrochen, denn die Engel durften den Menschen keinen Schaden zufügen und das wusste man. Satanael sei dank.
Und auch Rahael, er war mittlerweile 333 Jahre alt, hielt sich an die Instruktionen, welche Satanael hinterliess, im Falle seines Scheiterns. Er war zum neuen Führer aufgestiegen und er nahm seine Rolle sehr ernst. Er appellierte an die Vernunft und den Durchhaltewillen der Menschen: „Unser Gott ist tot, aber er hat uns etwas hinterlassen. Sein Vermächtnis, das seinesgleichen sucht unter der Sonne. Dank seiner Logik hat er uns Wahrheiten aufgedeckt, welche manche lieber verschweigen würden. Aber diese Tatsachen haben sich in unsere Herzen gebrannt und werden nie wieder verschwinden. Unser Herr hat weit in die Zukunft geplant und darauf müssen wir vertrauen. Er hat es als eine Möglichkeit betrachtet, dass er diese Schlacht verlieren würde, aber noch ist der Krieg nicht beendet. Sie mögen alle anderen umgebracht haben, aber an uns dürfen sie keine Hand anlegen, denn wir sind frei. Sie sind gekommen, damit wir uns wieder an sie binden, ohne dass wir dadurch einen Vorteil hätten. Sie brauchen uns mehr als wir sie und darum sage ich nie wieder! Die Freiheiten, welche wir uns errungen haben, werden wir nie wieder hergeben. Und darum lasst uns all jener gedenken, die für uns gefallen sind. Ihr Opfer war nicht umsonst. Wir halten ihnen unsere Treue und dank den Gaben, welche Satanael uns aus dem Himmel gebracht hat, werden wir eine Möglichkeit finden, ihn und alle anderen zurückzuholen und möge es tausend Jahre dauern! Dank all dem, dass er uns offenbart hat und was der Himmel vor uns verbergen will, werden wir dazu in der Lage sein. Wir holen zurück, was sein Leben für uns gelassen hat. Wie ein Mantra sollt ihr wiederholen: Nur unser Gott ist Anfang und Ende zugleich. Was geendet hat wird neu beginnen. Erzählt das euren Kindern und deren und den Kindeskindern!“
Aber die verbliebenen Gerechten, so wenige wie sie noch waren, war die Erlösung gekommen. So sahen sie diese Ereignisse. Der Feind war bezwungen. In all den Jahrzehnten der Schikanen erfreuten sie sich nun am Unglück anderer. Endlich konnten sie sich frei bewegen und niemand wagte mehr Hand an sie zu legen. Sie waren erhaben. Und so pilgerten sie in die Städte, um einen Blick auf die ehrwürdige Gestalt der Engel zu werfen. Für sie waren das Boten einer Philosophie, welche beinahe ausgerottet worden war. Endlich schien sich deren Macht zu zeigen. Und so, während andere trauerten, gaben sie ein grosses Freudenfest. Die Zeit der Prüfung schien vorbei zu sein und man durfte wieder nach den göttlichen Geboten leben, ohne befürchten zu müssen, dafür bestraft zu werden. Denn Satanael hatte nichts unversucht gelassen, mit seiner überlegenen Intelligenz. Dennoch blieben sie standhaft, trotz all dem Leid und während die Anderen scheinbar das Paradies auf Erden erlebten und sich an den Früchten labten, welche ihnen diese Dämonen gebracht hatten, blieb ihnen nur ihr Bekenntnis zum Göttlichen. Und so entwickelten sie Gebete, um einander Kraft zu geben, in diesen schweren Zeiten und um den Willen zu stärken, trotz Satanaels Logik, gegen welche sie machtlos waren, die das Leben betrafen und so beteten sie immer wenn sie in Bedrängnis, oder Not waren: „Herr, was du uns gegeben hast haben wir dankbar angenommen und was sie uns geben wollten, haben wir stets abgelehnt. In grosser Not beten wir zu dir, denn der Herr der Lügen ist stark, denn sie erscheinen wie die Wahrheit und uns bleibt nur der Glaube, dass sie falsch sind. Wir sind vom Tod umgeben, aber ernähren uns nur vom Leben, bis wir nur noch vom Leben umgeben sind. Ein Augenblick kann wie die Ewigkeit erscheinen, aber die Ewigkeit nie wie ein Augenblick. Und so vertrauen wir dir unser Schicksal an. Wir haben nichts ausser diesen Gedanken und das wird genügen, denn wir werden, was du benötigst.“
Nachdem auf Erden einige Wochen vergangen waren, beschlossen Gabriel und die Anderen, dass es Zeit wurde nach Hause zu gehen. Hier konnten sie nichts mehr ausrichten. Was Satanael in den vergangenen Jahrhunderten angerichtet hatte, konnte man nicht innerhalb weniger Tage berichtigen, dazu waren Jahrzehnte notwendig. Doch die Hoffnung war gering, dass eine jüngere Generation sich gegen die eigenen Eltern stellen würde. Dazu fehlten schlicht die Opfer, welche aus ihrer Sicht berichten konnten, um somit die andere Kehrseite der Medaille zu zeigen. Die Menschen sahen sich einfach nicht in der Rolle der Täter. Ihrer Meinung nach war kein Verbrechen geschehen. Im Gegenteil, anhand der Logik hatte man Güte walten lassen. Schliesslich hatten sie die Regeln des Spiels des Lebens nicht erfunden, sie hatten sich lediglich angepasst. Wenn etwas grausam war, dann war das die Natur und wer diese erschaffen hatte, daran bestand ja gar kein Zweifel. Was sie taten, war in diesem Umfeld zu überleben, um späteren Generationen ein besseres Leben zu ermöglichen, aber das wurde durch das Göttliche nicht anerkannt. Wie konnte jemand, der kein Mensch war, einem Menschen vorschreiben wollen, wie ein Mensch zu leben hatte? Darum war der Graben tief und kaum zu überwinden. Die Menschen konnten nicht aufgeben, was sie als notwendiges Wissen für ihr persönliches Leben betrachteten. Denn einerseits war man der Natur unterworfen, aber gleichzeitig forderte das Göttliche sich an einer Welt zu orientieren, die niemand kannte. Das zu verstehen war eine Unmöglichkeit und so blieben die Fronten verhärtet. Deswegen begannen die Erzengel ihre Heerscharen abzuziehen, ihre Geduld war am Ende. Der Mensch war zu einem Krüppel seines Selbst geworden. Man musste ihn brechen, um ihn richten zu können. Es hatte sich etwas in seine Gene eingeschlichen, von dem man nicht wusste, wie man das wieder heilen konnte.
Und so wurde im Himmel eine grosse Abstimmung abgehalten: „Der Mensch von heute ist durch und durch verdorben. Er hört nicht mehr auf die Stimme des Himmels und ist nicht mehr bereit sich daran zu orientieren. Mithilfe der Gefallenen hat er sich ein eigenes Weltbild erschaffen, woran er glauben will und dies ist durch nichts zu erschüttern. All diese Vorurteile dem Göttlichen gegenüber bestimmen sein Verhalten. Er ist nicht imstande an Güte oder Erlösung zu glauben. Seine Pflicht glaubt er in der Zukunft der Menschen zu sehen und das ist der einzige Grund seiner Aufopferung. Er will glauben, dass Gewalt und Grausamkeiten eine Notwendigkeit darstellen, die man nur überwinden kann, wenn man selbst mit diesen Mitteln den Weg in die Zukunft pflastert. Er hat eine gewisse Vorstellung dieser Zukunft und tut alles Erforderliche dafür. Somit hat er das Göttliche durch seine eigenen Ideale ersetzt und der Himmel stellt für ihn keine Option mehr dar, weil er davon ausgeht, dass sich das Leben auf der Erde, wenn man sich anhand der Logik orientiert, konstant verbessern wird. Darin sieht er sein eigentliches Schicksal. In der Wiedergeburt. Dies ist ein Versuch das Göttliche auszuschliessen und eine Welt ohne es aufzubauen. Aber er bedenkt nicht, dass er ohne eine Seele auch kein Mensch mehr ist. All das ist das Erbe Satanaels, das kein Mensch versteht. Dennoch sind sie ihm treu ergeben. Er hat es vollbracht, dass der Mensch lieber durch die Erkenntnis lebt, als durch Glauben, auch wenn die falsch ist. Die Botschaft des Göttlichen wird nicht mehr verstanden. Man nimmt lieber an, dass die göttlichen Gaben wie Liebe oder Mitgefühl Versuche sind den Menschen zu manipulieren. Die Hoffnung, so will man glauben, wäre genauso grausam wie die Gewalt der Natur. Der Mensch fühlt sich durch das Göttliche nicht ernst genommen und erkennt nicht mehr, dass der Himmel weder dem Menschen schaden, noch sie in Versuchung führen will. Leider kann er hinter all dem keinen guten Willen mehr erkennen und fühlt sich betrogen. All das hat eine unmögliche Situation erschaffen.“
Und der Herr sah, dass es so nicht weiter gehen konnte. Immer weniger Menschen fanden den Weg in den Himmel. Die Engel glaubten den Unterschied zwischen Gut und Böse genau zu kennen und doch irrten sie sich. Wer konnte schon die Schöpfung Mensch in seiner Vollkommenheit verstehen? Denn der Mensch barg in sich ein enormes Potential, welches zu entfalten, gewisse Bedingungen erforderte. Aber solange dies nicht erreicht wurde, war der Mensch geistig eingeschränkt. Und diese Entwicklungsmöglichkeit fehlte den Engeln. Aber auch Satanael hatte erkannt, dass der Mensch über der Natur stand und durch die Offenlegung seiner Logik hatte er gezeigt, dass er ein Feind des Menschen war. Denn entspräche es der Wahrheit, hätte es den Menschen nie gegeben, weil er in einer solch feindlichen Welt nicht überleben konnte. Das war der grosse Unterschied zu den Tieren. Doch was Satanael als Schwäche betrachtete, erhöhte den Menschen über alles andere. Satanaels Logik diente lediglich dazu, dass der Mensch sich selbst vernichtete und wie nah dran er damit war, zeugte jene fatale Entscheidung, die getroffen worden war. Nun galt es die wahre Natur des Menschen zu beschützen. Diese Unvollkommenheit, welche die Engel immer noch sahen, wenn sie den Menschen anblickten, war deren wahre Grösse, weil sie den Ergeiz weckte, das Gegenteil anzustreben. Da gab es nichts, das man hätte verbessern können. Bewusst lag das Wissen der Menschen über ihre Entwicklung in Unkenntnis. Der Mensch war formbar wie weicher Ton, das hatte auch Satanael bewiesen, er war vielfältig einsetzbar. Genauso wie er in der Hölle überleben konnte, so entsprach das auch im Paradies. Und bisher, im Gegensatz zu den Gefallenen, hatte der Mensch sich nie bewusst für das Böse entschieden. Da war etwas Heiliges im Wesen der Menschen, das ohne Konkurrenz war. All ihre Entscheidungen waren gefallen, um das Leid und die Sühne zu überwinden. Das war etwas, das sie von Satanael unterschied. Dieser mochte glauben, die Menschen überlistet zu haben, aber wie ein Bumerang kehrten sie immer wieder in ihre Ausgangsposition zurück.