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02.08.2018

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Trumps bevorzugte Form der politischen Rede ist das, was man in der Rhetorik ein argumentum ad hominem nennt. Dabei wird die inhaltliche Auseinandersetzung gescheut und der Gegner stattdessen persönlich attackiert, um seine Position in der Debatte zu schwächen. Besonders beliebt sind Angriffe auf vermeintliche Charakterschwächen und Eigenheiten der Kontrahenten (»die korrupte Hillary«, »der schläfrige Joe«, »die verrückte Nancy Pelosi«), Diffamierungen durch Zuschreibungen, ganz egal, wie richtig oder falsch sie auch sind (»die erfolglose New York Times«, »die Fake-News-Medien«) und persönliche Beleidigungen, die im wahrsten Sinne des Wortes aufs Äußerste zielen. (Über seine republikanische Kontrahentin Carly Fiorina sagte Trump 2015 in einem Interview mit dem Rolling Stone: »Schauen Sie sich dieses Gesicht an. Würde das irgendjemand wählen?«)

Die Angriffe sind kein Einzelfälle, sondern Teil eines aus Hilflosigkeit und Hochmut geborenen Abwertungssystems. Die alles andere als erfolglose New York Times führt inzwischen sogar eine eigene Liste, die all jene Personen, Orte und Dinge enthält, die Trump auf Twitter bisher verunglimpft hat. Diese Woche fanden sich darauf u. a. der frühere stellvertretende FBI-Direktor Andrew McCabe (»Clown«, »Loser«), die kalifornischen Umweltgesetze (»schlecht«) und wie üblich Hillary Clinton (»korrupt«) und die Medien (»Fake News«, »Hexenjagd«, »sehr gefährlich und krank«).

Man könnte über all das lachen, wäre Trump nicht so erfolgreich damit. Seine Wähler jedenfalls bejubeln seine Attacken und teilen sie eifrig auf Twitter. Dennoch: Man überschätzt Trumps Macht, wenn man glaubt, dass die Leute ihm lediglich folgen. Es ist ebenso andersherum. Trump greift auch immer wieder Meinungen und Perspektiven aus konservativen Bevölkerungskreisen und populistischen Strömungen auf, kondensiert sie in wenigen Schlagworten und feuert sie zurück in die Debatte. Auf diese Weise verbindet er sich mit seiner Stammwählerschaft. Argumentum ad populum, eine Beweisrede für das Volk, wird das in der Rhetorik genannt. Wobei in diesem Falle Beleidigung und Beweisrede in eins fallen. Das mag von außen betrachtet nach einem billigen Trick aussehen, ist tatsächlich aber extrem effizient und bestimmt die Debatten. Trump jedenfalls ist so erfolgreich damit, dass seine politischen Gegner mit ihrem Latein inzwischen am Ende sind.

Tagebuch eines Hilflosen

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