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Inhaltsverzeichnis

Ich starrte den Mann an wie einen Wahnsinnigen. Er hielt meinem Blick stand. Plötzlich wurde er ungeduldig.

»Wie heißen Sie?«

»Richard Hegel.«

»Schwede?«

»Ja.«

»Wohnen Sie hier?«

»Ja, Jakobsgade 10.«

»Hm. Klären Sie auf, wie Sie hergekommen sind.«

»Ich – ich kam heute nacht her und –«

»Stopp! Wie lange kennen Sie die Leute hier im Hause?«

»Seit vorgestern.«

»So? Und Sie fangen schon an, die Nächte bei ihnen zu verbringen? Wie haben Sie sie kennengelernt?«

»Ich – ich wandte mich an Mister Graham in einer bestimmten Angelegenheit. Ich hatte gehört, daß er Detektiv ist.«

»Es gibt doch einheimische Detektive. Warum gingen Sie nicht zu einem von ihnen?«

»Ich hatte durch einen Freund von Mister Graham gehört.«

»Was war das für eine Angelegenheit, in der Sie sich an ihn gewendet haben?«

»Hm – das tut nichts zur Sache.«

»Davon bin ich nicht so fest überzeugt. Es ist das beste für Sie, wenn Sie alles sagen. Was war das für eine Angelegenheit?«

»Ich verweigere die Auskunft.«

»Ich rate Ihnen noch einmal, zu antworten.«

»Und ich weigere mich noch einmal, es zu tun.«

Der Detektiv sah mich durchdringend an.

»Sie können sich denken, wie ich daraufhin Ihre anderen Angaben aufnehme?«

Mir riß die Geduld.

»Nehmen Sie sie auf, wie Sie wollen. Welches Recht haben Sie überhaupt, ein Verhör mit mir anzustellen? Sie haben noch nicht einmal bewiesen, daß Sie wirklich Detektiv sind.«

Er schlug den Rock zurück und befreite mich in dieser Hinsicht von allen Zweifeln.

Im gleichen Moment erblickte ich etwas auf dem Tische: meinen Hut, den ich verloren hatte, als ich eingebrochen war!

Es war kein Zweifel, es war mein Hut und kein anderer. Er war etwas ungewöhnlich in der Farbe, graugelb mit dunkelbraunem Band. Das Blut stieg mir zu Kopf. Wo kam der her? Hatten sie ihn gefunden? Hatten sie mich deshalb hier aufgespürt? Wie konnte er sonst daliegen? Ich war also gefaßt. Hölle und Teufel! Geschnappt wegen eines idiotischen Einbruchs! Und der Professor, der mir helfen sollte, das Ganze aufzuklären, wurde selbst verfolgt! Das begann ja gemütlich auszusehen. Warum sagten sie es mir nicht rund heraus, daß es sich um meinen Einbruch handelte? War das eine Kriegslist? Was in aller Welt sollte ich …

Der Detektiv unterbrach mich in meinem schreckgelähmten Gedankengang.

»Sie wandten sich also an Herrn Graham. Hat er Sie sofort eingeladen, hierher zu übersiedeln?«

»Nein«, murmelte ich. »Gestern nacht trafen wir uns auf dem Kostümball im Hotel Esplanade …«

»Gestern nacht? Halten Sie mich zum besten? Der Kostümball fand doch vorgestern statt.«

»Vorgestern? Was reden Sie da zusammen? Gestern nacht war er.«

Ich starrte den Repräsentanten der Gerechtigkeit mit einem Staunen an, das sogar auf ihn echt gewirkt haben muß. Er zeigte mir den Kalender, der sich vorn in seinem Notizbuch befand.

»Heute ist Samstag, der 27. Oktober«, sagte er. »Die Redoute war vorgestern, am 25. Ich sah, daß dort einiges getrunken wurde, aber ich glaubte doch nicht, daß es so viel war.«

Ich griff mir an die Stirn. Der Mann sprach offenbar die Wahrheit. Es gab nur eine Erklärung: ich mußte das Zifferblatt ein paarmal herumgeschlafen haben. Als ich auf die Straße hinaussah, stellte ich fest, daß es Vormittag war. Ich hätte kaum so ausgeruht sein können, wenn es der Vormittag unmittelbar nach dem Zusammentreffen mit Laplace gewesen wäre. Wo war Laplace?

»Nun«, kam die ungeduldige Stimme des Detektivs. »Sie haben also Herrn Graham auf der Redoute getroffen? Weiter!«

Ich raffte mich auf und setzte meine stammelnde Erzählung fort. Ich will nicht beschreiben, wie die drei Detektive sie aufnahmen. Sie erwiesen mir klar und unzweideutig die Ehre, mich für einen der hervorragendsten Lügner der Welt anzusehen. Bevor ich noch viel weitergekommen war, unterbrach mich der Chef der Expedition:

»Es ist gut. Ich habe wirklich etwas anderes zu tun. Smidt, führen Sie ihn ins Aufnahmebüro. Wir zwei warten hier.«

Der Kleinste der Blaugekleideten legte mir die Hand auf die Schulter und forderte mich auf, ruhig mitzukommen. Ich tat es mit einem langen Blick auf den Raum, wo ich Hilfe in meiner Bedrängnis gesucht hatte und wo nun mein Hut, das Symbol meiner Schuld, von den Handlangern der Gerechtigkeit bewacht, dalag.

Beim Triangel nahmen wir ein Auto und fuhren zum Gerichtsgebäude. Ich suchte meinen Begleiter in eine Auseinandersetzung über unbefugte Verhaftungen zu verwickeln, aber er antwortete einsilbig.

Bald waren wir am Ziel. Wir gingen die Stufen hinauf, die die Schlußsteine der breiten Straße der Kopenhagener sind. Gerade auf der obersten begegneten wir Brasch, der aus dem Innern des Gebäudes herausschoß. Er erkannte mich nicht gleich, dann stieß er einen überraschten Schrei aus.

»Endlich eine Sensation!« rief er. »Was sagst du zu einem Haus in Frederiksberg, das als Erinnerungstempel für einen chinesischen Kaiser eingerichtet ist? Strotzt von Gedenktafeln und Götzenbildern! Und der Keller, weißt du, wie man in den Keller gelangt? Durch eine Falltür!«

»Lieber Freund«, sagte ich, »niemand kennt dieses Haus besser als ich. Ich bin vor vier Nächten dort eingebrochen.«

Brasch fuhr fort, ohne auf mich zu hören:

»Der Keller ist als eine Art Gefängnis eingerichtet. Und weißt du, was man dort gefunden hat? Zwei Tote, einen, von dem man kaum weiß, ob es ein Mensch ist oder nicht, und einen Franzosen, der eine Zeitlang hier gewohnt hat und Laplace heißt! Er ist identifiziert.«

»Laplace?« stammelte ich. »Der ist doch gestern nacht gestorben. Ich sah selbst, wie er erschossen wurde.«

Brasch schaute mich an. »Was redest du daher? Laplace liegt erdrosselt in dem Haus in Frederiksberg.«

Mein blaugekleideter Begleiter unterbrach uns.

»Dieser Herr ist verhaftet, Herr Brasch.«

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