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Polarisierung Sexuelle Gewalt als Begleiterscheinung des Krieges

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Die Militärs der USA betrieben Bordelle in Korea, auf Kuba und in Vietnam. Ein archaischer Trieb, der den siegreichen Soldaten das Recht gibt, über die Frauen der gerade umgebrachten gegnerischen Truppen herzufallen wie über eine Beute? Vergewaltigung scheint eine Begleiterscheinung des Krieges zu sein, seit tausenden von Jahren.

Beim Löwen, der ein Rudel erobert hat, sehen wir es mit Schaudern, aber finden es „natürlich“: Der neue Pascha beginnt sofort, sich mit allen Weibchen zu paaren, eine nach der anderen. Sind diese archaischen Muster bei uns Menschen vielleicht noch ebenso tief verankert? Ein wesentlicher Unterschied ist der, dass der besiegte Löwe nicht umgebracht, sondern vom Sieger vertrieben, in die Wüste geschickt wird. „Im ehrlichen Kampf verlieren“ gehört zum Repertoire eines Löwen – wir Menschen tun uns viel schwerer damit, da eine Niederlage oft auch den Verlust der Menschenwürde bedeutet. Häme und Spott sind bei Löwen unbekannt, ein Unterlegener wird auch nicht gequält. Er verliert sein Territorium, sonst nichts. Er räumt das Feld – was Menschen meist nicht möglich ist; wir müssen vor Ort präsent bleiben, fortan mit dem Stigma des Verlierers leben.

Ungleich brutaler gehen Löwen mit den kleinen Kindern des besiegten Gegners um: Sie werden eins nach dem anderen umgebracht. Löwenbabys, die noch gesäugt werden, sind die ersten. Der Verlust ihres Säuglings bewirkt, dass die Weibchen wieder läufig werden. Halbwüchsige lässt der neue Pascha eher am Leben. Das ist bei Menschen umgekehrt: Je kleiner, desto eher werden sie verschont.

Überall dort, wo Krieg geführt wird, blüht Prostitution. Bereits im alten Rom, einem kriegerischen Staat, war sie weit verbreitet. In Friedenszeiten sollte die Prostitution abnehmen. Warum geht sie nicht auf Null zurück? Sexuelle Gewalt, wie sie Rubens in seinem Bild Der Raub der Töchter des Leukippos darstellt, ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass gerade Krieg geführt wird. In friedlichen Kulturen wird Sexualität nicht zur Unterdrückung eingesetzt, und es gibt keine Instrumentalisierung der Sexualität, in Verbindung mit Geld und Macht. All dies gehört bei uns so selbstverständlich zum Alltag wie in Kriegszeiten. Wie kommt es dazu? Wieder bleibt nur eine Antwort: Wir befinden uns im Krieg! Kollateralschaden nennt man das heute.

Derartige Verhaltensweisen werden von einem Gehirnareal gesteuert, das sich dem Zugriff unseres Verstandes und unserer Vernunft allzu oft entzieht und das im folgenden Kapitel beschrieben wird: das Zwischenhirn.

Krieg im Gehirn

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