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Herr K ist anders

Als Herr K an jenem Tag aufwacht, ist etwas anders als sonst. Er blinzelt und schaut sich vorsichtig um. Der Laden liegt im Dämmerlicht.

Die Regale mit den vielen Büchern, die er so liebt, sind noch da. Auch die Kasse steht an ihrem Platz, daneben stapeln sich Lesezeichen und Schlüsselanhänger mit kleinen Plüschkatzen. Herr K saugt die Luft durch seine samtweiche Nase: der staubtrockene Geruch von Papier. Alles scheint so wie immer zu sein.

Herr K spürt, dass nicht etwas anders ist, sondern er ist anders.

Nur die Ruhe bewahren, denkt Herr K, nicht zuletzt, weil seine Verlobte Mimosa – eingekugelt zwischen den Vorderpfoten von Herrn K – leise schnarchend schläft. Ihr spitzes Näschen zuckt dabei, die Barthaare zittern und Herr K glaubt sogar, ein Lächeln auf ihrem Gesichtchen zu entdecken.

Wahrscheinlich träumt sie von einem üppigen Früh­stück, denn Mimosa ist eine verfressene Spitzmaus. Das würde Herr K natürlich niemals laut aussprechen, aber es ist nun einmal so.

Es hilft jedoch alles nichts: Herr K muss Mimosa wecken.

„Wag es nicht, mich zu wecken“, piepst Mimosa in diesem Moment. „Nicht, bevor ich diesen leckeren Käfer verspeist habe, von dem ich gerade träume.“

„Oh, Mimosa“, erwidert Herr K, „das ist doch fies. Du bist keine normale Maus, du verspeist keine Käfer, sondern nur die Kekse, die eigentlich für die Kunden bestimmt sind.“

„Und du bist kein normaler Kater“,


gibt Mimosa zurück, weigert sich jedoch standhaft, ihre Mauseäuglein zu öffnen.

Herr K zuckt zusammen. Nicht normal? Hat sie es schon bemerkt? Wissen es vielleicht schon alle, nur ihm selbst geht als Letztem ein Licht auf? Das wäre möglich, denn er schaut selten in den Spiegel.

„Äh, was meinst du mit: kein normaler Kater?“, fragt Herr K.

„Mausebärchen –“

„Sag nicht Mausebärchen!“, sagt Herr K. Er findet es einigermaßen unwürdig, wenn ein ausgewachsener Kater von seiner Verlobten, zudem einer Spitzmaus, so angesprochen wird. Mausebärchen! Bärchen, das wäre noch in Ordnung gewesen, aber Mausebärchen?

„Ehrenwertester Herr K“, säuselt Mimosa nun, „findest du einen Kater normal, der mit einer Spitzmaus verlobt ist, zudem in einem Buchladen lebt und samstags am liebsten die Fußballübertragung im Radio hört?“

Herr K lächelt sein verliebtestes Lächeln und maunzt: „Ich habe dich eben zum Fressen gerne, da kann man nichts machen. In der Liebe ist selten etwas normal.“


„Alles schön und gut, aber eigentlich solltest du es tun, wie die Natur es vorgesehen hat“, sagt Mimosa.

„Was?“, fragt Herr K.

„Mich fressen. Mit Haut und Haaren. Ich bin eine Maus und du ein Kater. Da ist das so. Kater fressen Mäuse!“

Fast wäre Herr K aufgesprungen, aber er beherrscht sich, denn Mimosa kuschelt immer noch in der Kuhle, die seine Vorderbeine bilden. „Das wäre doch schrecklich, ent­­setzlich, grauenhaft, wenn ich dich fressen würde.“

Mimosa erhebt sich, reckt und streckt sich und spitzt ihre Spitzmauslippen für einen Kuss. Herr K spitzt sein Samtmaul ebenfalls und empfängt einen sehr zarten und gleichzeitig laut geschmatzten Spitzmauslippenkuss. Er schnurrt, seine Barthaare wackeln und Mimosa kichert. Das tut sie immer, denn die Schnurrhaare von Herrn K kitzeln so herrlich.


„Aber Kater fressen nun einmal Mäuse“, sagt Mimosa. „Normalerweise. Du bist eben nicht normal. Und das ist auch gut so.“

Herr K macht Wiau

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