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Wir müssen heiraten

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Die Zeiten haben sich geändert seit der Erschaffung des Menschen. Das ist beispielsweise das Herstellungsverfahren, bei dem Lehm und Wasser nur noch selten eine Rolle spielen. Durchaus eine angenehme Entwicklung übrigens, wenngleich häufig mit schwerwiegenden Folgen verbunden: Ehe und Familienleben.

Ich war immer ein überzeugter Junggeselle, zumindest bis zu meiner Heirat. Meine ehemalige Verlobte behauptet gar, das sei ich auch jetzt noch. Sie muss wissen, wovon sie redet, denn schließlich sind wir seit mehr als zwanzig Jahren gesetzlich liiert. Zu meiner Entlastung darf ich jedoch geltend machen, dass mein Eintritt in den Stand der Ehe nicht ganz freiwillig erfolgte.

„Mein Schatz“, so sprach eines schönen Oktobertages vorerwähnte Verlobte zu mir, „wir müssen heiraten.“

Ich war wie vom Donner gerührt. Wie konnte das geschehen? Eigentlich war meine Liebste penetrant genau und sehr verlässlich in solchen Dingen.

Obwohl, es kann natürlich etwas passieren, wenn es einmal passiert (oder auch öfter). Darüber hinaus sind wir nicht die ersten, die zunächst guter Dinge und dann guter Hoffnung waren (und die letzten schon gar nicht). Und außerdem, wir kannten uns mehr als drei Jahre, was also war beklagenswert daran?

Nun, ja, wir sahen uns maximal drei oder vier Mal in der Woche. Dies wiederum bedeutete, dass wir uns drei bis vier Tage in der Woche nicht sahen, und diese Zeit waren ungetrübtem, freiem Junggesellentum vorbehalten. Aus und vorbei.

Wie dem auch sei, es war nicht zu ändern. Und man konnte das auch positiv sehen: Ich als Vater, eine tolle Sache.

Zärtlich nahm ich meine Zukünftige in die Arme. „Und wann ist es soweit?“

„Am 10. Dezember“, antwortete sie prompt.

„Kann man das auf den Tag vorhersagen?“, fragte ich überrascht.

„Natürlich“, ihre Bestimmtheit schloss jeden Zweifel aus. Sie ist sehr präzise in diesen Dingen, ich sagte es bereits. „Aber vorher müssen wir noch renovieren“, ließ sie mich dann unvermittelt wissen.“

Ich verstand nurmehr Bahnhof. „Was müssen wir?“, fragte ich entgeistert.

„Na, renovieren. Es ist nämlich keine Neubauwohnung, aber trotzdem ein schnuckeliges, kleines Nest. Mit etwas Farbe, Kleister und Tapeten richten wir uns das herrlich ein. Du wirst sehen.“

Ich hatte den Eindruck, dass der Zug ohne mich abfuhr. „Ich meine, wann das Baby kommt?“, startete ich einen letzten Versuch der Verständigung.

Meine über alles Geliebte sah mich an, als hätte ich meine goldene Uhr – ein Geschenk von Onkel Ewald – gegen eine ungültige Kinokarte umgetauscht. „Bist du verrückt geworden?“, erkundigte sie sich spitz. „Wer hat von einem Kind gesprochen?“

„Aber hattest du nicht gesagt“, wandte ich ein, „wir müssten heiraten?“

Sie war plötzlich wieder oben auf. „Natürlich, aber nur deshalb, du Schaf, weil wir die Wohnung sonst nicht kriegen. Am 10. Dezember ziehen wir ein. Und heiraten werden wir am 5.“ Sie war sehr präzise und zielstrebig in diesen Dingen, ich habe das schon mehrfach ausgeführt. Auf jeden Fall war ich geschlagen (ein Gefühl, das mir später noch des Öfteren zuteil werden sollte).

Flittern konnten wir damals nicht. Dazu fehlte das Geld, das wir dringend für die Einrichtung der Wohnung brauchten und obendrein die Zeit, die wir ebenfalls für die Einrichtung der Wohnung benötigten.

Wir zogen planmäßig ein. Neun Monate später war ich Vater. Sie wissen schon: meine liebe Gattin ist äußerst genau in diesen Sachen.


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