Читать книгу Ein Dutzend verdichtete deutsche Heimatsagen - Frank Strehle - Страница 8
Die Rosstrappe
ОглавлениеAuf ihrem Schimmel hoch und stolz
ritt sie in keuscher Freude
durch Harzens Wald und Unterholz,
still winkten ihr die Leute.
Brunhilde hieß das Königskind
und schön war sie zu schauen.
Schlug Vaters Warnung in den Wind:
„Bleib fern von Bodos Klauen!“
Der Riese war ein arger Wicht,
führt‘ Böses stets im Schilde.
Dem König schrie er ins Gesicht,
dass er begehrt Brunhilde.
Dann eines Tages mild und warm
lag Bodo auf der Lauer,
er kannte keinen edlen Charme
ward grimmig auf die Dauer.
„Im Walde hier werd‘ ich sie fangen
ganz ohne lästig Zeugen.
In meinen Bann soll sie gelangen,
sich meinem Willen beugen!“
Schon naht Brunhilde dem Versteck,
in dem der Böse lauert.
Er springt hervor, verstellt den Weg,
dass ihr es schrecklich schauert.
Schnell fasst sie sich, ihr Sinn ward klar,
sie gab dem Ross die Sporen.
„Nur Flucht kann retten, das ist wahr!
Noch bin ich nicht verloren.“
Wild folgte Bodo ihrer Spur,
sie sollt‘ ihm nicht entrinnen.
So ging die Jagd durch Wald und Flur,
kaum Zeit, sich zu besinnen
Brunhildes Vorsprung schmolz dahin,
schon konnte sie ihn hören.
Sein Grölen voll von höhnisch Sinn
sollt‘ ihren Trotz zerstören.
Noch glich die Jagd dem tragisch Spiel,
dem Unhold zu entkommen,
doch plötzlich zweifelt‘ sie am Ziel,
am Abgrund angekommen.
Wild rauscht der Fluss durchs tiefe Tal!
Im panischen Entsetzen
ergreift ihr Herz die Schicksalswahl,
zum Sprunge anzusetzen.
So ward das Spiel ein Todeskampf.
Das ahnte auch ihr Schimmel.
Er flog mit aller Kraft und trug
Brunhilde nun gen Himmel.
Mit kräftig Wucht, doch unversehrt,
am Felsen gegenüber
landete ihr edles Pferd.
Sein Hufschlag schrieb es nieder.
Der Abdruck tief im Fels geprägt,
ist heute noch zu sehen:
Rosstrappe vom Volk genannt,
still zeugt sie vom Geschehen.
Auch Bodos Rappe sprang mit ihm,
man musste es vermuten,
die Gier hatte getrieben ihn,
er stürzte in die Fluten.
Brunhildes Krone fiel indes,
der Fluss hat sie verschlungen.
Sie liegt bewacht im Totenbett
von Bodos Seel‘ besungen.