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1. KAPITEL

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Abreise von England – Die Davis-

Straße – York Factory

Am 23. Mai 1819 schiffte sich die Reisegesellschaft an Bord eines der Hudson-Bay-Kompanie gehörigen Schiffs, der »Prinz von Wales«, zu Gravesend ein. – Bei der Einfahrt in das Atlantische Meer erließ ich eine Anweisung zur Nachricht und zum Verhalten der Offiziere im Laufe der uns aufgetragenen Dienstverrichtungen und erteilte ihnen über die nach meinen Instruktionen von uns erwarteten Aufklärungen und Entdeckungen nähere Auskunft. Auch gab ich ihnen Abschriften der Signale, die ich mit Parry verabredet hatte, um uns ihrer zu bedienen, falls wir die Nordküste von Amerika erreichten und zusammenträfen.

Am 25. Juli waren wir an der Einfahrt der Davis-Straße. Hier sprachen wir mit der Mannschaft eines nach England bestimmten Walfischfahrers, der eine Ladung von vierzehn Walfischen an Bord hatte. Der Befehlshaber benachrichtigte uns, dass das Eis in dieser Jahreszeit in der Davis-Straße stärker sei, als es, solange er denken könnte, gewesen wäre; auch läge es insbesondere sehr dicht gegen Westen, wo es sich im Norden von Resolution Island der Küste angeschlossen und von dort aus bis nahe an die grönländische Küste ausgedehnt habe. Zwar habe es eine Fülle von Walfischen gegeben, doch hätten wegen des ungemein dichten Eises nur wenige erlegt werden können. Seine und mehrerer anderer Walfischfahrer Schiffe wären bedeutend beschädigt, und zwei wären zwischen ungeheuren Eismassen unter 74°40' nördlicher Breite gänzlich zerschmettert; doch sei die Mannschaft gerettet worden. Aufs Angelegentlichste, doch vergebens, erkundigten wir uns nach dem Kapitän Parry; da aber seit einiger Zeit der Wind, wie der Walfischfahrer versicherte, stark aus Norden geweht hatte, und daraus zu schließen war, dass die Baffin Bay vom Eis frei sei, so waren wir geneigt, uns von seinen Fortschritten günstige Hoffnungen zu machen.

Die Wolken nahmen an jenem Abend so sehr den Anschein der Eisberge an, dass der größte Teil der Schiffsgesellschaft dadurch getäuscht wurde; doch war ihre Einbildungskraft durch die Mitteilung des Walfischfahrers, dass er erst zwei Tage vor unserem Zusammentreffen eine Gruppe von Eisbergen verlassen habe, aufs Äußerste gespannt.

Am 28. kreuzten wir, um einer großen Fläche schwimmenden Eises auszuweichen. Am folgenden Tag näherten wir uns einer zweiten, und am 2. August trafen wir unter 59°58' nördlicher Breite und 59°53' westlicher Länge zum ersten Mal auf große Eisberge und wurden am Abend durch verschiedene derselben eingekreist, denen wir nur durch Kreuzen entgingen. Die kürzere Entfernung der Küste von Labrador betrug hier achtundachtzig Meilen; wir loteten, fanden aber keinen Grund.

Am 5. August versuchten einige Offiziere, einen der größeren Eisberge zu ersteigen; doch war es wegen der steilen, glatten Abhänge nicht möglich. Dies war einer der größten, die wir sahen, und seine Höhe betrug 149 Fuß; allein diese Eismassen werden in nebliger Atmosphäre oft täuschend bis ins Unermessliche vergrößert, weshalb nicht selten Reisende ihren Umfang sehr übertrieben dargestellt haben.

Am 7. sah man die Resolution-Insel, und nachdem man deren eisigen Küsten mit genauer Not und nicht ohne ein starkes Leck entgangen war, segelte das Schiff am 11. in die Hudson-Straße ein.

Am 12. August erreichten wir die Saddleback-Insel, die sehr raue Umrisse hat. – Frühmorgens waren wir dem oberen, von Wilden bewohnten Teil der Insel gegenüber und näherten uns der Küste so sehr wie möglich, um den das Land bewohnenden Eskimos Gelegenheit zu geben, zum Tauschhandel an Bord zu kommen; eine Gelegenheit, die sie bald ergriffen. Schon am Vormittag umringten uns vierzig Kanus, in denen je ein Mann saß. Als wir uns nachmittags der Küste mehr genähert hatten, langten noch fünf bis sechs andere Boote an, in denen sich Weiber und Kinder befanden.

Die Eskimos zeigten sogleich ein großes Verlangen, Tauschhandel zu treiben, und bewiesen dabei keine geringe Verschlagenheit, indem sie sich sehr hüteten, anfangs nicht zu viele Artikel zum Vorschein zu bringen. Hauptsächlich boten sie Öl, Seehundszähne, Walfischknochen, Kleidungsstücke, insbesondere Mützen und Stiefel aus Seehundsfellen und dergleichen zum Tausch an und erhielten dagegen kleine Sägen, Messer, zinnerne Kessel und Nadeln. Lustig war es anzuschauen, wie jeder, der etwas eingetauscht hatte, laut aufjauchzte und den erhandelten Gegenstand aus Freude mit der Zunge beleckte, wovon selbst die Nadeln nicht ausgenommen waren. Die Weiber brachten Abbildungen von Männern, Weibern, vierfüßigen Tieren und Vögeln, die mit Mühe und Geschicklichkeit aus Seehundszähnen geschnitzt waren; doch hatten die meisten Gestalten keine Augen, Ohren und Finger. Messer hielten sie in großem Wert. Übrigens suchte keiner seinen Nachbarn zu überbieten oder sich aufzudrängen, wo ein anderer einen Handel schloss; war er aber zustande gebracht und der Erwerber in Besitz desselben, dann strömte alles herbei und nahm teil an der Freude.

Die Eskimos hatten breite und platte Gesichter und kleine Augen; die Männer waren im Durchschnitt untersetzt. Einige der jüngeren Frauenzimmer und die Kinder hatten ziemlich angenehme Gesichtszüge; allein der Unterschied zwischen diesen und den bejahrteren Frauen zeigte deutlich die Wirkung weniger Jahre in diesem unwirtlichen Klima. Die meisten hatten Geschwüre an den Augen, und alle schienen eine plethorische Körperbeschaffenheit zu haben; so z.B. bluteten mehrere während ihres ganzen Aufenthalts in der Nähe des Schiffes unaufhörlich aus der Nase. Die Männer trugen eine Jacke von Meerschwein-Fellen und weite Beinkleider von Bärenhaut; einige hatten Mützen von weißem Fuchs. Die Weiberkleidung bestand aus dem gleichen Stoff, war jedoch anders geformt und hatte unter anderem eine Art von Kapuze, worin die kleinen Kinder getragen wurden. Wir fanden ihr Benehmen lebhaft und angenehm. Sie hatten Vergnügen daran, unsere Sprache und Gesten nachzuahmen; aber nichts machte ihnen größeres Vergnügen, als wenn wir versuchten, ihnen ihre Worte nachzusprechen.

Ihre Kanus waren von Seehundsfellen und denen der Eskimos in Grönland fast in allen Stücken gleich; sie waren in der Regel neu, und ihr Zubehör war sehr gut instand. Die für die Weiber bestimmten Boote können sehr wohl zwanzig Personen fassen. Ein ältlicher Mann verrichtet dann das Amt eines Steuermanns, und die Weiber rudern; doch haben sie auch einen Mast mit einem aus Walfischdärmen bereiteten Segel.

Wahrscheinlich gehen die Eskimos von dieser Küste auf irgendeinen Teil der Küste von Labrador über, um dort den Winter zu verleben, da man ganze Familien nicht selten die Meerenge dorthin hat passieren sehen.

Um frisches Wasser einzunehmen, segelten wir an die Küste von Labrador, wo ich mit Dr. Richardson ans Land ging, um diesen Teil der Küste zu erforschen. – Die Klippen an der Küste waren vierzig bis fünfzig Fuß hoch, ganz senkrecht und hatten zu ihrer Basis eine kleine Klippe, gebildet aus den Resten einer Schiefertonschicht. Von diesem kleinen Erdfleck aus sammelte Dr. Richardson Proben von dreißig verschiedenen Pflanzengattungen, und wir waren im Begriff, einen Teil des Felsens hinaufzuklettern, um in das Innere zu gehen, als wir durch ein Signal an Bord zurückgerufen wurden.

Am Abend des 19. passierten wir die Digges-Inseln, die Endpunkte der Hudson-Straße. In den nächsten fünf Tagen hinderte uns ein unaufhörlich starker Wind, die Küste von Labrador rasch entlangzusegeln, und hielt uns in der Nähe der gefahrvollen Inselkette, die Schläfer, auf, die sich von 60°10' bis zu 57° nördlicher Breite erstrecken. Ein günstiger Wind setzte uns endlich am 25. in den Stand, unseren Lauf quer durch die Hudson Bay zu nehmen. Am 28. entdeckten wir das Land im Süden des Vorgebirges Tatnan, welches so ungemein niedrig ist, dass man die Gipfel der Bäume zuerst sieht. Das Kap Tatnan ist nur dadurch bemerkenswert, dass es der Punkt ist, von wo aus die Küste mehr westwärts gegen die York Factory wendet. Wir sahen am folgenden Morgen endlich die sandige Untiefe, bekannt unter dem Namen York Flats, die wir erst nachmittags mit der Flut übersegeln konnten. Bei unserer Ankunft auf dem Ankerplatz kam sogleich der Gouverneur der Posten der Hudson-Bay-Kompanie zu uns an Bord. Abends begleiteten mich die Herren Richardson und Hood in die York Factory, die sieben Meilen von den Flats entfernt ist und die wir nach Einbruch der Dunkelheit erreichten.

Als ich dem Gouverneur die Gegenstände der Expedition mitgeteilt und ihm eröffnet hatte, dass ich angewiesen sei, mich mit ihm und einem älteren Bekannten der Kompanie über die zweckmäßigste Ausführung unseres Dienstauftrages zu beraten, erwiderte er, dass er uns nach seiner von dem Komitee der Kompanie erhaltenen Instruktion allen möglichen Beistand zur Förderung unserer Fortschritte leisten solle und sich ein besonderes Vergnügen daraus machen werde, diesen Teil seiner Amtspflicht zu erfüllen. Zugleich machte er mich mit einigen Kompanie-Beamten bekannt, die während ihres langen Aufenthalts im Lande die verschiedenen Reisemethoden und die zu erwartenden Hindernisse kennengelernt hatten. Auf ihr Verlangen entwarf ich eine Reihe von Fragen über die Dinge, worüber wir Nachricht wünschten. Nach zwei Tagen beantworteten sie solche sehr ausführlich und befriedigend; ein Gleiches tat der Gouverneur mit den an ihn erlassenen schriftlichen Fragen über den gleichen Gegenstand. Bei dem zwischen der Hudson-Bay- und Nordwest-Kompanie herrschenden Handelsstreitigkeiten war es uns von großer Wichtigkeit, dass einige Agenten dieser letzteren Handelssozietät, die eben damals in der York Factory in Gewahrsam gehalten wurden, uns gleichfalls die freundschaftlichsten und unbeschränktesten Zusicherungen erteilten, dass das Interesse der Expedition durch die Genossen der Nordwest-Kompanie auf das Angelegentlichste würde gefördert werden – eine Zusicherung, die die dort erlangte Kunde von den in Gewalttätigkeiten ausgearteten Händeln der beiden Kompanien doppelt wünschenswert machte.


Robert Hood

Ich hielt es jedoch für dienlich, den Offizieren der Expedition in einer schriftlichen Mitteilung streng zu verbieten, sich auf irgendeine Weise in jene Händel einzumischen und von diesem schriftlichen Verbot den in der York Factory anwesenden vornehmsten Beamten beider Parteien Kenntnis zu geben, worüber diese ihre Zufriedenheit bezeigten.

Alle diese Agenten waren einstimmig der Meinung, dass es vorzugsweise zu raten sei, den Weg über Cumberland House und die Postenkette bis zum Großen Sklavensee zu nehmen, sodass ich ihn einzuschlagen beschloss und den Gouverneur ersuchte, uns die nötigen Transportmittel so bald wie möglich zu besorgen.

Man hatte mir in meinen Instruktionen zu erkennen gegeben, dass wir uns wahrscheinlich in der York Factory einen Schoner verschaffen könnten, um nordwärts bis zu Wager Bay zu segeln; allein das einzige dazu eventuell verwendbare Schiff war abwesend und überdies für den Augenblick unbrauchbar; auch war der gerade Weg nach Norden schon durch die Unmöglichkeit, sich an der Küste Jäger und Führer zu verschaffen, unanwendbar.

Einen Monat vor unserer Ankunft hatten die Eskimos, die sich in Churchill aufhielten, diesen Aufenthalt verlassen, und wir konnten uns daher vor ihrer Rückkehr im folgenden Frühling keinen Dolmetscher aus jenem Land verschaffen. – Der Gouverneur suchte uns eines der größten Boote der Kompanie zu unserer Fahrt aus und setzte unverzüglich die Zimmerleute daran, es auszubessern.

Die York Factory, die Hauptniederlassung der Hudson-Bay-Kompanie, liegt am westlichen Ufer des Flusses Hayes, etwa fünf Meilen oberhalb der Mündung auf der sumpfigen Halbinsel, welche die Flüsse Hayes und Nelson scheidet. Die Umgebung ist flach, morastig, mit Pappeln, Weiden, Lerchen- und Birkenbäumen bewachsen, allein das Feuerungsbedürfnis in der Nachbarschaft des Forts hatte alles nutzbare Brennholz verbraucht, und es muss jetzt aus weiter Ferne geholt werden. Der Boden besteht aus angeschwemmtem Ton, mit Kieseln untermischt. Wenngleich das Flussufer etwa zwanzig Fuß über die Wasserfläche erhaben ist, so wird es doch bei Springfluten häufig überschwemmt; auch werden jährlich bedeutende Teile desselben mit dem Losbrechen des Eises abgerissen. – Die vorzüglichsten Gebäude sind in der Form eines Vierecks gebaut; sie sind zwei Stockwerke hoch und haben platte mit Blei gedeckte Dächer. Die Beamten wohnen in einem Teil dieses Vierecks, und in den übrigen Teilen werden Warenartikel aufbewahrt; die Werkstätten, Pelzmagazine und Bedientenhäuser liegen außerhalb des Vierecks, und das Ganze ist mit einer zwanzig Fuß hohen Palisade umgeben. Von dem Haus bis an den Landungsplatz am Ufer ist zum leichteren Transport der Steine und des Pelzwerks eine Plattform angelegt, die den einzigen Spazierweg bildet, dessen die Bewohner der Faktorei sich während des Sommers auf diesem schlammigen Erdfleck bedienen können. Die wenigen Indianer, die gegenwärtig diese Niederlassung besuchen, wohnen in Swampy Crees. Auch während unserer Anwesenheit lagerten einige derselben außerhalb der Palisade. Ihre Zelte bestanden aus zwanzig bis dreißig oben kegelförmig zusammengebundenen, mit amerikanischen Hirschfellen bedeckten Stangen; in der Mitte brennt ihr Feuer und oben ist eine Öffnung zum Abzug des Rauchs. Diese Indianer hatten ein schmutziges Äußeres und litten sehr an Keuchhusten und den Masern; dies aber hielt sie vom übermäßigen Genuss geistiger Getränke keineswegs ab, die sie sich zu ihrem Unglück von den Handelsleuten mit gar zu großer Leichtigkeit verschaffen können, sodass sie uns jede Nacht halb betrunken durch ihre eintönigen Lieder die Ohren ermüdeten. Ihre Kränklichkeit wurde damals insbesondere denen fühlbar, die in jener Jahreszeit sich mit der Erjagung und dem Zusammenbringen ihres Wintervorrats an Gänsen beschäftigten, die in unermesslichen Schwärmen in den weiten umliegenden Flächen zusammenströmen. Die Vögel ziehen sich im Sommer nach Norden zurück und brüten in Sicherheit, wenn aber der herannahende Winter sie nötigt, ein südlicheres Klima aufzusuchen, so lassen sie sich in den Sümpfen dieser Bay nieder und mästen sich dort drei bis vier Wochen lang, bevor sie das Land gänzlich verlassen. Auch machen sie in ihrem Frühlingszug nach Norden an den gleichen Stellen halt, ihre Ankunft wird freudig begrüßt, und der Zeitpunkt der Gänsejagd ist einer der glücklichsten im ganzen Jahr. Wilde Enten findet man den ganzen Sommer hindurch in Menge auf den Sümpfen.

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