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Die Michaelerkirche in Steyr
ОглавлениеAuf erhöhtem Platze, am Fuße der Taborleiten in Steyr, steht die prächtige barocke Michaelerkirche, die mit ihren hohen Zwillings-Türmen weit ins Land schaut. Das große, hoch droben zwischen den Türmen an die breite Wand gemalte Freskogemälde, das den Kampf des Erzengels Michael mit den abgefallenen Engeln und deren Sturz darstellt, fesselt den Blick jedes Fremden, der die schöne Stadt Steyr besucht.
Mit dem Gespinst der goldenen Sage ist diese Kirche überzogen; in allen Sagen, die sich um sie ranken, spielt der Teufel eine Rolle. Sie erzählt, dass die Michaelerkirche vom Teufel erbaut worden ist. Als er nach langer und mühevoller Arbeit fertig war, ist er durch ein Loch hinter dem Hauptaltar aus der Kirche gefahren. Dieses Loch soll vor Jahrzehnten noch zu sehen gewesen sein.
Nach einer anderen, im Volke verbreiteten Sage, hat vor langer Zeit der Teufel in einem großen Wald in der Umgebung von Steyr seine »Dörrstatt« gehabt, wo er in Vollmondnächten sein errafftes vieles schöne Geld »dörrte« oder, wie es auch so schön heißt, »bleichte«. Welchen Zweck das »Dörren« des Goldes hat, das zu wissen muss schon dem Teufel selber überlassen bleiben. – Mancher hätte in der damals goldarmen Zeit so ein blinkendes Goldstück brauchen können. Wer es aber gewagt haben würde, dem Teufel ein solches wegzunehmen, den hätte er in Stücke zerrissen.
Von dem Treiben des Teufels in nächtlicher Zeit erfuhr ein alter frommer Priester. Der beschloss, sich den Gehörnten einmal etwas näher anzusehen. Als er das Waldrevier erkundet hatte, wo sich der Teufel aufhielt und sein merkwürdiges geheimnisvolles Nachtgeschäft betrieb, machte er sich eines Abends auf den Weg dorthin. Inzwischen war es Nacht geworden. Er ging, als er angekommen, weit hinein in den finsteren Wald, durchstreifte ihn nach verschiedenen Richtungen, konnte aber den Satan nicht zu Gesicht bekommen. Schon wollte er umkehren und die Suche nach dem Teufel und seinem Golde aufgeben, da sah er plötzlich einen dämmeriggrünen Lichtstreifen durch den finsteren Wald schimmern. Auf den ging er zu und kam auf eine vom Vollmond beschienene Waldwiese. Mitten in dieser Wiese saß der Teufel auf einem Stein und »dörrte« einen vor ihm liegenden Haufen Goldstücke.
Der greise Priester ging furchtlos auf ihn zu, sagte einen bannenden Spruch, so dass der Teufel sitzen bleiben musste, wo er saß. Er musste alles tun, was der Priester ihm befahl; dem es sogar gelang, ihn zu zwingen, das Gold in bestimmten Raten und zu bestimmten Zeiten zum Bau der Michaelerkirche zu bringen, und zwar so lange, bis die Kirche fertig dastehe. Und der Teufel brachte zu der ihm vorgeschriebenen Zeit das Gold in Raten zum Kirchenbau herbei.
Als er die letzte Rate in die Kirche gebracht hatte, wurde er von dem alten Priester vom Banne gelöst, abgedankt und gewarnt, sich ja nicht mehr in Steyr blicken zu lassen. Voll Zorn und Wut über die so lange erzwungene Einschränkung seiner Freiheit und über den Verlust des vielen schönen Goldes, das er zum Bau der Kirche hatte bringen müssen, fuhr er brüllend hinter dem Hochaltar aus der Kirche und ließ in der Mauer ein Loch zurück, das, wie es heißt, nie recht vermauert werden konnte. Dieses Loch bringt eine weitere Sage in Verbindung mit einem Frevler, der sich in der Michaelerkirche an einem Tage zehnmal abspeisen ließ. Der Teufel holte ihn bei lebendigem Leibe und fuhr mit ihm durch das Loch in der Mauer hinter dem Hochaltar aus und davon.
Trotz des Verbotes, dass sich der Teufel in Steyr nicht mehr sehen lassen dürfe, wollte er doch wieder einmal in die Stadt gelangen. Es war um die Mitternachtszeit, da die Leute in den Kirchen der Christmette beiwohnten. Er wagte sich daher nicht herein, sondern musste, als er an der Michaelerkirche glücklich vorüber war, mit Höllenlärm über die dunkle Bürgerspitalstiege hinab und in die Steyr hineinjagen.