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Der Schmied beim Föhrenschacherl
ОглавлениеIn längst vergangener Zeit stand außerhalb von Steyr, auf dem sogenannten Steinfeld, dort, wo sich heute die Siedlung Gründberg ausbreitet, ein großer Föhrenwald, der sich vom Hange des Dachsberges bis zur Steyr hinzog. Im Laufe der Zeit schlug man diesen Wald nieder und ließ nur eine größere Föhrengruppe stehen, die man allgemein das »Föhrenschacherl« nannte. Bei diesem Schacherl stand einst das Hochgericht der Stadt Steyr mit seinem aus Eichenholz gezimmerten, hoch aufragenden dreieckigen Galgen, an dem der zum Tode Verurteilte durch Henkershand sein Leben lassen musste. Noch heute steht zum Gedenken daran rechts der Straße auf einem kleinen Hügel eine kunstvoll gemeißelte gotische Steinsäule, bei welcher der arme Sünder sein letztes Gebet sprach, sofern er dazu noch imstande war. Diese Örtlichkeit war den Leuten stets unheimlich; des Nachts wollte niemand gern daran vorübergehen.
Vor langer Zeit stand an der von Fuhrleuten sehr belebten Straße, die nach Sierning zieht, nahe dem Föhrenschacherl eine Schmiede. Der Schmied, ein Riesenkerl mit Bärenkräften war in seinem Fache geschickt und fleißig, beschlug den Fuhrleuten die Pferde, kurierte den Bauern das kranke Vieh, baderte nicht ohne Erfolg auch an Menschen herum. Aber wenn es nicht unbedingt notwendig war, gingen die Leute nicht gerne zu ihm; denn der Schmied war ein rüpelhafter, saukotzengrober Geselle. Er war auch ein Wilderer schlimmster Sorte, der sich den Jägern zu entziehen wusste und den sie nie erwischen konnten. Und so kam er in den Ruf, Besitzer einer geheimnisvollen Macht zu sein. Er trieb es arg, prügelte sein Weib und stritt sich mit den Kunden und Anrainern, aber nicht mit Worten allein, sondern auch sehr ausgiebig mit seinen Fäusten, so dass ihm nicht selten einer ins Gesicht schrie: »Dich soll doch einmal der Teufel holen, du Wildling!«
Dem Höllenfürsten, der alles weiß, wie es auf der Welt zugeht, schien es auch, dass der Schmied schon wirklich reif für die Hölle sei. Er rief die Teufel zusammen und fragte: »Welcher von euch holt mir den Schmied vom Föhrenschacherl herunter in die Hölle?« Gleich meldete sich einer dieser Höllenbrüder und meinte, den werde er gleich einliefern. »Na gut«, sagte der Höllenfürst, »aber vorsichtig sein; denn dieser ist kein gewöhnlicher Schmied, sondern ein Ränkeschmied!« Das werde er schon machen, meinte der Teufel leichthin.
Eines Tages trat der Teufel als Jäger in die Schmiede, in welcher der Schmied lustig auf ein glühendes Stück Eisen hämmerte. »Na, Schmied, deine Zeit ist abgelaufen, du musst mit mir; leg deinen Hammer weg, mach rasch, ich habe keine Zeit zu verlieren!« Solchen Ton war der Schmied schon gar nicht gewohnt; er sah sich den Jäger genau und misstrauisch von oben bis unten an und bemerkte, dass er eine »Goashaxn« hat. Aha, dachte der Schmied, ist es um die Zeit. Wenn der Schmied schon vor niemandem Angst hatte, aber mit dem Teufel ist nicht zu spaßen. Und so verlegte er sich aufs Bitten und das konnte er, wenn er wollte und es ihm nützlich schien. Er solle ihm doch noch eine Zeit lassen, er habe noch viel zu tun. Dann gehe er mit.
»Gut«, sagte der Teufel, »ein Jahr sollst du noch haben, das kann ich verantworten, aber keine Minute länger!«
Sprachs und war verschwunden. Der Schmied lachte und blieb der, der er war. Im Gegenteil, er trieb es ärger als zuvor. »Extra tu ich, was mir beliebt; keinen Teufel geht das was an!« Als das Jahr um war, stand der Jäger, wie aus dem Boden gewachsen vor dem Schmied und sagte schroff: »So, das Jahr ist um, komm mit!« »Oha«, sprach der Schmied und lachte, »vor einem Jahr hab ich so etwas einem versprochen, das ist wahr, aber das war der Teufel; du siehst mir aber nicht danach aus, dich kenn ich ja gar nicht.« »Ich bin der Teufel«, sagte der schmucke Jäger. »Gut«, sprach der Schmied, »das musst du mir erst beweisen.« »Ja, wie?«, fragte der Jäger. »Das ist leicht«, meinte der Schmied, »verwandle dich, wenn du es kannst, in ein Tier.« Flugs war der Jäger weg und ein großer schwarzer Hund war da und funkelte den Schmied mit glühenden Augen an. »Na, ja«, sagte der Schmied, »das bringen andere auch zusammen, dass sie nach der Verwandlung wieder so groß sind wie zuvor.« Schnell war der Hund weg und eine Katze war da und miaute vor den Füßen des Schmiedes.
»Das ist alles gut und schön«, sagte der Schmied, der nicht aus der Fassung zu bringen war, »da habe ich einen kleinen Lederbeutel, Geld ist keines drinnen; wenn du schon alles kannst, da hinein kannst du aber doch nicht.« Der Zweifel des Schmiedes, dass er nicht der Teufel sei, ärgerte den schwarzen Sohn der Hölle. Schnell verwandelte er sich in ein Käferlein und hüpfte in den leeren Geldbeutel hinein. »Ha, ha«, lachte der Schmied, »jetzt hab ich dich.« Er zog den Lederbeutel fest zu, legte ihn auf den Amboss, fasste ihn mit der Zange, ebenso sein Gehilfe und sie schlugen mit den schweren Hämmern tüchtig drauflos. Der Teufel aber, so klein er war, jammerte, schrie und bat, man möge ihn auslassen, was sie erst taten, als der Teufel versprach, dass er den Schmied freigebe und auf ihn verzichte. Der Schmied freute sich über seine gelungene List. Der betrogene Teufel fuhr zur Hölle. Der Schmied trieb es jetzt womöglich noch ärger als zuvor. Aber da kam eines Tages ein Stärkerer über den Schmied, der Tod, der ihn kurzerhand auf den Totenladen warf. Da ging der Schmied auf dem schmalen Weg zum Himmel, um trotz des wüsten Lebens auf Erden die himmlischen Freuden zu genießen. Seine Stimmung war allerdings ein wenig lausig, wenn er bedachte, was er auf Erden alles Schlechte aufgeführt hatte.
Der Schmied klopfte an das Himmelstor. Der gutmütige, aber strenge Himmelspförtner Petrus öffnete das Torfenster und besah sich den Einlass Begehrenden. »Ja«, sagte Petrus, »das ist der Schmied vom Föhrenschacherl, der es auf Erden so arg getrieben hat, nein, dich können wir hier nicht brauchen. Gehe hinunter in die Hölle, wohin du gehörst. Hier herein kommst du nicht.« Trübselig wanderte der Schmied auf der breiten Straße, auf der so viele wandern, hinab zur Hölle. Das Höllentor stand weit offen. Der Ordnung halber muss selbst beim Höllentor ein Wachposten sein, und das war gerade jener Teufel, den der Schmied mit seinem Gesellen so jämmerlich verhämmert hatte. Schnell schlug dieser, als er den Schmied kommen sah, das Tor zu, verriegelte es, eilte zum Fürsten der Hölle, ihm die Ankunft dieses gefährlichen Gastes zu melden und ihn beschwörend zu bitten, ihn ja nicht hereinzulassen.
»Du hast es allen schon erzählt, wie es dir in der Schmiedewerkstätte ergangen ist und wir haben daraus ersehen, dass du kein gescheiter, sondern ein dummer Teufel bist. Geh und sag dem Schmied, er solle sich forttrollen.« Voll Freude lief der Teufel zum Tor und schadenfroh rief er hinaus: »In der Hölle wirst du nicht aufgenommen; bei uns ist kein Platz für dich.« Der Schmied glotzte eine Weile vor sich hin, dann brummte er: »Weiß der Teufel, was ich jetzt machen soll. Bleibt mir doch nur der Himmel. Auf ehrliche Art komme ich aber nicht hinein. Vielleicht geht es mit List.« Und so kam er auf dem schmalen Weg wieder zum Himmelstor. Petrus, der Pförtner, rief ihm entgegen: »Was, du bist schon wieder da? Ich habe dir doch gesagt, Leute solchen Kalibers wie du können wir nicht aufnehmen.« »Aber, großherziger Apostelfürst«, sagte der Schmied, »ich will ja gar nicht in den Himmel hinein; ich bin zufrieden, wenn du nur das Tor einen Spalt weit aufmachst, dass ich die Herrlichkeit des Himmels ein wenig sehen könnte.« Petrus, bekannt als streng, aber auch als gutherzig, hatte Erbarmen mit dem Schmied; trotz seiner vielen Übeltaten willfahrte er seinem Wunsche und öffnete ein wenig das Tor. Kaum war das geschehen, warf der Schmied seinen ledernen Schurz, das Abzeichen seines Gewerbes, den man ihm mitgegeben hatte, mit Schwung durch den Spalt in den Himmel.
Erzürnt ob solcher List, rief Petrus dem Schmied zu: »Was machst du da? Gleich holst du dir deinen Schurz hinaus! Ich greife ihn nicht an, denn ich will mir meine Hände nicht beschmutzen mit diesem unreinen Ding!« Darauf hatte der Schmied gewartet, er schlüpfte durch den Spalt in den Himmel hinein, statt aber den Schurz zu nehmen und sich zu entfernen, setzte er sich darauf und rief: »Wer mich anrührt, ist ein Hundsfott!« Dieses sonderbare Wort kannte St. Petrus nicht. Er ging zu einem im Himmel wohnenden Deutschen, um sich dieses Wort erklären zu lassen. Der wollte ihm das etwas anrüchige Wort nicht erklären, sondern riet ihm, den Schmied auf dem Lederschurz beim Tor sitzen zu lassen.
St. Petrus war hierüber etwas missgestimmt, befolgte aber doch den Rat. Und so hatte sich doch der Schmied ein warmes Plätzchen erlistet und sitzt wohlgemut drinnen beim Himmelstor. Fragt eine Seele beim Eintritt in den Himmel, wer der Kauz sei, der da sitze, so antwortet St. Petrus mit ärgerlicher Handbewegung: »Das ist ein unguter Geselle; weil wir ihn aber irgendwo behalten müssen, damit er nimmer Schaden stiftet, muss er sitzen bleiben, wo er sitzt. Das ist nämlich der Schmid vom Föhrenschacherl«.