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Vorwort von Agnes Zeßner

Eine komische Idee, dass die Frau das Vorwort schreiben will, sagt der Autor. Stimmt! Aber immerhin bin ich die erste (und oftmalige) Leserin dieser Arbeit. Ich habe ihre Entstehung miterlebt und kenne sie daher gut, warum sollte ich es also nicht versuchen. Vielleicht fürchtet unser Autor, zu sehr gelobt zu werden und das noch von der eigenen Ehefrau. Ja, wenn das jemand Fremder macht, eine Fachmannfrau, (die das Buch womöglich gar nicht gelesen hat, aus Zeitmangel versteht sich,) das ginge gerade noch. Ich wische diesen Einwand vom Tisch und mache mich aus purer Freude über das Gelungene fröhlich ans Werk.

Spätestens jetzt wird jede gemerkt haben, dass ich weder Wissenschafterin noch vom Fach bin, daher war meine wichtigste Forderung: „Schreib bitte so, dass es jede lesen kann. Es interessieren sich auch Menschen, die nicht studiert haben, für dieses Thema.“ Soweit ich beurteilen kann, hat sich der Autor mit Erfolg bemüht, diese Vorgabe zu erfüllen.

Ja, das Thema, dieses Thema, Demenz nämlich, ist eigentlich ein Schwieriges, oft Trauriges, Unangenehmes, jedenfalls eines, bei dem es einem schon schwer fallen kann, länger zu verweilen. Obwohl in dieser Arbeit nichts verharmlost oder beschönigt wird, lädt sie auf ungewöhnliche, unaufdringliche Art zu genau diesem Verweilen ein. ‚Türen‘ in verschiedene Richtungen werden geöffnet und ‚Gedanken(-aus-)flüge‘ aller Art gestattet, die es uns nicht nur beim Lesen, sondern auch im Alltag erleichtern, durchzuhalten. Wie schnell kommen wir ‚(Noch-)Gesunden‘ im Umgang mit Menschen, die an Demenz leiden, an unsere Grenzen? Wie langweilig und eintönig können Begegnungen mit Menschen verlaufen, die sich nicht (mehr) äußern können? Wie herausfordernd und mühsam kann ihre Pflege sein?

Da brauchen wir diese ‚Türen‘, durch die Seele und Geist in die Bereiche von Poesie und Musik, Prosa, bildender und darstellender Kunst eintreten können. Auch von dort kommt nämlich Hilfe bei der Deutung von Erlebtem, Trost und Stärkung in schwierigen Situationen. Ich schreibe diese Sätze als glaubender Mensch, der dankbar für alle Zugänge ist, die letztendlich unser Leben auf Gott hin öffnen.

„…und endlich deine Hoffnung, den Bodensatz des Kommunionweins einsam auszusaufen, der fatal schmeckte […] aber welche Himmel dann nach dem Trank des Bodensatzes in alle deine Glieder zogen…. Wahrlich jedesmal wieder will ich in Exk(l)amationen verfallen – aber warum macht mir und vielleicht Euch dieses schulmeisterlich vergnügte Herz so viel Freude? – ach es muss daran liegen, dass wir selber sie nie so voll bekommen, weil der Gedanke der Erden-Eitelkeit auf uns liegt und unseren Athem drückt und weil wir die schwarze Gottesacker-Erde unter den Rasen- und Blumenstücken schon gesehen haben, auf denen das Meisterlein sein Leben verhüpft!“

Diese Stelle aus dem Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wuz in Auental von Jean Paul hat mich beim ersten Lesen gepackt. Warum?

Hier wird sehr treffend der Zustand der Vorfreude geschildert. Seiner unmenschlichen Schule gerade entwachsen, malt sich das ‚Schulmeisterlein‘ seine künftigen Aufgaben aus. Unter anderem wird das Austrinken des Kommunionweines dazugehören. Aber nur selten, nämlich wenn der Kirchenpatron zugegen ist und statt des üblichen Weins, „… der Christi Trank am Kreuz nicht unglücklich nachbildete, Christi Thränen aus seinem Keller setzte“, wird Wuz diesen Hochgenuss haben.

Alles ist Zukunft, Verheißung und pure, durch nichts getrübte Freude. Durch sie wird die Gegenwart bereichert und verzaubert. Dass dieser Zustand weder für Jean Paul selbst, noch für die Leser so leicht zu erreichen ist, legt die unmittelbar folgende Bemerkung nahe. Trotzdem wirken diese Zeilen wie eine Einladung, sich dem Reichtum des Lebens zu überlassen und daraus Hoffnung für eine Zukunft zu schöpfen, die eigentlich die Gegenwart ist.

Diese Gegenwart, die den von Demenz betroffenen Menschen trotz aller Verluste bleibt, zu bergen und zu gestalten, ist das Anliegen dieses Buches.

Vergessen und Erinnern

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