Читать книгу Rückreise von Java nach Europa mit der sogenannten englischen Überlandpost - Franz Wilhelm Junghuhn - Страница 7
Literatur über Bangka:
ОглавлениеJ. Crawfurd, History of the Indian Archipelago. Edinburg, 1820.
Court, Exposition of the relations of the British Gouvernment with the Sultan and State Palembang.
v. Siebold, Voyage au Japon. t. 1, p. 17–60 (mitgetheilter Berichte über Bangka und seine Zinnminen).
Dr. Epp, Schilderungen aus Ostindien's Archipel. Heidelberg, 1841.
Dr. P. Bleeker, Bijdragen tot de kennis von de statistiek der bevolking von Banka en Biliton. In Tijdschr. voor Nêêrl. Indië Jaarg. 1850. afl. 11. p. 348 etc.
Verschiedene andere zerstreute Berichte über Bangka in derselben Zeitschrift (voor Nêêrl. Indië) Jahrgang V, 2, 392, – VI, 2, 49, – VIII, 4, 125 (wo auch eine Karte der Insel mitgetheilt wird, welches die beste und ausführlichste der bis jetzt erschienenen ist), – IX, 1, 117. – Das Hauptwerk aber ist:
Thomas Horsfield, Verslag aangaande het eiland Banka. In Tijdschr. voor Nêêrl. Indië. Jaarg. 1850. p. 192 etc. – (Übersetzt aus: The Journal of the Indian Archipelago and Eastern Asia. 1848.) – Ein vortreffliches Werk, obgleich mehr in politischer und administrativer Beziehung, ist auch: H. M. Lange, Het eiland Banka en sijne aangelegenheden. d' Hertogenbosch 1850. Mit einer vom Verfasser zusammengestellten Karte der Insel, welche dieselbe ist, die bereits (wie so eben bemerkt) in der Zeitschr. für Niederländisch Indien. VIII, afler. 4 mitgetheilt wurde.
Nach Dr. Bleeker betrug die Gesammtbevölkerung zufolge einer Zählung, die gegen Ende von 1848 bewerkstelligt worden war, 41,246 Köpfe über die ganze Ausdehnung (223 geogr. Quadratmeilen) von Bangka, oder 185 auf eine Quadratmeile, während diese Zahl auf Java 4000 auf einer Quadratmeile beträgt.
Ein eben so trüber, regniger Himmel wie gestern begleitete den 31. August unsre Fahrt auf der Ostseite der Insel Linga vorbei nach Bintang. Wir sahen kein Land vor 8½ Uhr, zu welcher Zeit uns zuerst die kleinen Inseln zu Gesicht kamen, welche dem Südende der größern Insel Bintang Rio vorgelagert sind. Die äußerste kleinere davon (Burean) und dieser zur Linken eine noch kleinere sind bloße Bergscheitel, die aus dem Meere auftauchen. Sie sind wie alle andern dieser Gruppe, mäßig hoch, ohne eigentliche Kegel zu bilden. – Indem wir unsern Cours nach West zu Nord nahmen, nämlich zwischen der Insel Batang (deren Küste wir nicht sehen konnten) und Bintang, der letztern viel näher, hindurch, so blieben die bintang'schen Vorinseln uns zur Rechten liegen.
Der Hauptinsel näher kommend, fuhren wir nach 1 Uhr zwischen der Insel Alligator und 5 kleinen Inselgipfeln hindurch, – sahen uns bald darauf fast auf allen Seiten, rundumher von convexen, flachhügligen Inseln umgeben, die nur mit einer struppigen, häufig unterbrochenen Waldung bedeckt waren und durch deren Pflanzendecke überall eine röthliche Bodenart hindurchschimmerte, und warfen um 2 Uhr auf der Rhede von Bintang Rio nämlich süd-westwärts vom Fort und süd- zu westwärts von dem Berge von Bintang Anker. Dieser einzige hohe Berg der Insel blickte aus Nord zu Ost über die Mitte der Insel Pulu Patingit (Marsinsel der Seekarten) zu uns herüber, deren östlicher Strand mit den kahlen Hütten eines Dorfes bedeckt war (s. Fig. 4.). –
Einige englische Meilen von uns in Nord-Ost, auf einem verflachten, niedrigen Bergwulste lag das Fort von Rio, das wir an seinem Flaggenstock und der weißen Farbe seiner Ringmauer erkannten.[4] Der flache Berg, worauf es lag, war mehr bräunlich als grün und eben so kahl wie dieser, kaum hier und da mit etwas struppiger Waldung bedeckt erschienen auch die andern Theile der Insel Rio links und rechts vom Fort, die sich als ein niedriges (nach Schätzung nur 2–300 Fuß hohes), nicht flaches, sondern in weiten Abständen welliges (sanft erhobenes und gesenktes) mageres Land darstellten. – So weit man sehen konnte, war die Insel aus solchen langhingezogenen, flach-convexen Landwülsten zusammengesetzt, aus deren magerer Erddecke der nackte Grund an vielen Orten röthlich, selbst bolusroth, hindurchschien, und wo man an der Küste Waldung sah, war diese mit Casuarinen vermengt, struppig. Am kahlsten, magersten sah die Patingit-Insel aus.
Wir dachten an die luxuriösen, feuchten, schattigen, kein Fleckchen unbedeckt lassenden Waldungen Java's, – an den vulkanischen Boden, der diese trägt und glaubten schon hieraus, so wie aus der äußern Landform von Bintang auf eine ganz andere geologische Zusammensetzung dieser kahlen Inseln, wenigstens auf die Abwesenheit von Trachyt und von Lava, also auf den Mangel an leicht verwitterndem, den Boden mit Kali speisendem Feldspath schließen zu können. Auch auf Java in den wenigen Gegenden, wo vulkanische Producte fehlen z. B. in manchen Districten Sukapura's, herrscht eine ähnliche Baumleerheit des Bodens und Alang-Gras vertritt die Stelle der Wälder.
Nachdem ein angekommenes Boot das Postpacket für Rio von uns in Empfang genommen hatte, setzten wir um 2½ Uhr unsere Reise nach West zu Nord fort, ließen das Westende der Patingit-Insel zur Rechten liegen und erblickten neue flache (oder nur niedrighüglige) Inselküsten, die uns bald wieder auf allen Seiten umgaben. Manche waren so niedrig und flach, daß sie kaum aus dem Wasser hervorragten, z. B. Pulu Sori, Terkoli, – sie waren wenig mehr als Sandbänke, auf deren weißlichem Grunde sich sparsames Gebüsch mit einzelnen Casuarinen erhob. Das linke Ende der letztgenannten Insel lag uns um 3¼ Uhr gegenüber in Nord-Ost und in derselben Richtung erschien im Hintergrunde der Bintang-Bai die linke Ecke † des Gipfels vom gleichnamigen Berge (s. Fig. 5. – † ist der sogenannte kleine Bintang-Berg).
Der Waldreichthum der Küsten von Inseln, die wir nun sahen, nahm allmählig zu, je weiter wir nach Nord-West steuerten. Wir befanden uns um 4 Uhr dem Süd-Ostende von Loboan besar gegenüber, aus deren Pflanzendecke zunächst über dem Meere hier und da auch noch ein rother Boden hindurchschimmerte, – und sahen ringsherum fast überall nur Küsten mit hohem Wald.
Wir näherten uns nämlich dem Ausgange der Straße, welche von Süd nach Nord zwischen der westlichen oder links liegenden Insel Batang und der östlichen oder rechts liegenden Insel Bintang hindurch führt, und welche kaum 3 geographische Minuten breit ist. Kleine Inseln liegen hier vor den Küsten der größern und vor den kleinen liegen noch kleinere und alle zusammen mit ihren schmalen, oft nur flußähnlichen, geschlängelten und einander durchkreuzenden Durchgängen bilden ein so geheimnißvolles, kaum zu entwirrendes Labyrinth von Kanälen zwischen düstern und einander so sehr gleichenden, menschenleeren Waldküsten, daß die Eingebornen von andern benachbarten Inseln selbst, wenn sie durch diese Straßen schiffen oder rudern, Signale an den Ufern setzen oder an hohen Bäumen befestigen müssen, um sich nicht zu verirren und eine Insel wieder zu erkennen!
So fuhren wir zwischen den Waldinseln auf stiller See wie zwischen den beiderseitigen Ufern eines breiten Flusses dahin und kamen besonders der Küste von Bintang (auf unsrer Ostseite) oft bis auf einen Gewehrschuß nahe, so daß wir alle Bäume zählen konnten, die sich einwärts von dem bräunlich-falben Strande erhoben. Casuarinen waren auch unter diesen nicht selten.
Erst gegen halb sechs Uhr wurde die Straße breiter, die seitlichen Küsten traten mehr und mehr zurück, und bald hatten wir in der Abenddämmerung weiter nach West-Nord-West dampfend, den Genuß, die Süd-Ostecke der malaischen Halbinsel als ein mäßig hohes Land vor uns auftauchen zu sehen. Wir hatten also die südlichste Spitze des großen asiatischen Continents vor uns und begrüßten den Anblick von Kap Remunia.[5]
Es war ein schöner stiller Abend. Die See war so ruhig wie der Spiegel eines Binnensees und die Luft war warm, doch eher angenehm als drückend. Die Natur um uns her zwischen diesen Wäldern war friedlich; sie dämmerte in menschenleerer Stille. Das Meer erweiterte sich allmählig wieder und wir fuhren im Halblichte dahin, das die Sterne und die Mondessichel aus dem klaren Azur des tropischen Himmels auf uns herabgossen und das zwischen diesen Umgebungen doppelt zauberisch war.
Indem wir durch den narcotischen Reiz der Abendlandschaft unwiderstehlich hingerissen nach den Sternen dort oben blickten und unser Schiff Etna nach West-Nord-West zu immer weiter dampfte, – da erschienen auch eine Menge Sterne tief am Horizont, – mehr und mehr solcher leuchtender Punkte tauchten vor uns auf, – bald bildeten sie eine lange Reihe von Lichtern neben einander, – dunkele Körper, wie der Rumpf großer Schiffe zeichneten sich in Umriß von ihnen ab, – die Scene belebte sich, – Menschenfleiß mit seinen Werken fing an die waldigen und wässerigen Öden zu ersetzen – und auf unserm Schiff erscholl das Commando: – «halve kracht,» – «stop,» – «laat vallen het anker!» – – Es war 9 Uhr und wir hatten die Anker auf der Rhede vor der Stadt Singapur geworfen, deren Lage in einem Halbmond entlang des Strandes nur jene lange Reihe von Lichtern bezeichnete.
Wir waren am 1sten September schon früh munter an Bord und standen auf dem Verdeck, um den Anbruch des Tages zu erwarten. Es war Neugierde, endlich selbst einmal die berühmte Stadt zu sehen, die sich seit 1819 in so kurzer Zeit zum Hauptstapelplatz des Handels zwischen Britisch Indien und China erhoben hatte, welche uns so frühzeitig weckte.
Es dauerte nicht lange, – die Schöpfung von Sir St. Raffles lag vor uns in Nord-West, und die aufgehende Sonne warf ihre ersten Strahlen auf das zierlich-schöne Bild der Stadt, die, in ihrer ganzen halbmondförmigen Ausdehnung nach uns ihre Front zukehrte. Wir sahen fast lauter zweistöckige Häuser, von denen einige weiß, andere gelblich angestrichen waren; – hübsche Wohngebäude mit Balconen oder Estraden, die auf Säulen ruhn, – kleine zierliche Paläste, – zwei Kirchen mit kleinen Thürmchen, – Packhäuser mit Bogengängen dichtgedrängt, – reihten sich an einander und bildeten eine lang hingedehnte Gruppe, die sich unmittelbar auf dem halbmondförmigen Strande zu erheben schien. Dazwischen blickte einiges, doch sparsames Grün von Frucht- und Zierbäumen hervor und sanft gerundete Hügel erhoben sich im Hintergrunde, von denen viele ebenfalls mit Gebäuden bedeckt waren; dazu gehört namentlich der nächste gerundete Hügel nord-westwärts hinter der Stadt, die er beherrscht, – Government-hill genannt, weil er die Wohnung des Gouverneurs mit dem Telegraphen trägt.
Von den schattig-kühlen Fruchtbäumen java'scher Dörfer und den Tausenden von Kokospalmen, deren Wipfel dort aus den Gewölben der Laubbäume hervorragt, war Nichts zu sehen, die Pflanzennatur in und um Singapur war kahler, baumleerer; aber eben darum hatte der Ort ein viel mehr städtisches, europäisches Ansehen, als das fast überall in Fruchtbaumwaldungen versteckte Batavia.
Bald kamen eine Menge Kähne (tambangan's) zu uns herangerudert und umschwärmten unser Schiff mit wiederholten, laut ausgeschrienen Anerbietungen, um die Passagiere und unsere Bagage an's Land zu bringen. Einige wurden von Malaien gerudert, andere, die kein Steuer hatten, von Chinesen und in diesen saß jederzeit nur ein Ruderer, – die mehrsten aber wurden von Kalinganesen und Bengalesen regiert und diese waren es auch, die es an Zudringlichkeit allen Andern zuvorthaten. – Sie kamen an Bord, warfen, ohne viel zu fragen, Stücke Bagage, deren sie habhaft werden konnten, in ihre Böte und waren dann, wenn sie glaubten, den Passagier in ihrer Gewalt zu haben, unverschämt genug, einen Dollar (spanische Matte) für die kurze Überfahrt zu fordern, die nur einige Minuten dauert und nicht mehr als einen halben, höchstens einen Gulden kostet.
An's Land gestiegen und auf der schmalen, etwa 10 Fuß über dem Meere liegenden Küstenfläche angekommen, befindet man sich unmittelbar gegenüber dem «London Hôtel,» das aus zwei hübschen Gebäuden nebeneinander (zu zwei Vertiefungen) besteht und etwa 2–300 Fuß von der Küste entfernt liegt. – Da hier fast alle Reisende, die mit Landmailschiffen ankommen, einzukehren pflegen, so ist es besonders während der Zeit, zu welcher diese Schiffe auf der Rhede liegen, als auch in der Zwischenzeit der Ankunft zweier einander ablösender, correspondirender Schiffe, von Passagieren überfüllt. (Diese Bemerkung gilt auch von allen andern Hotels zwischen hier und Alexandrien.) Das Logis, worin begriffen ist ein Zimmer mit einem guten Bett und sehr schlechter Bedienung, Kost an table d'hôte, nämlich Frühstück um 9, Tiffet um 12, Diner um 4½ Uhr, – kostete hier täglich 3 Dollar.
Ich blieb acht Tage (vom 1sten bis mit 8ten September) zu Singapur, nämlich in Erwartung des Dampfschiffes, das die Reise von China über Singapur bis Ceylon zu vollbringen bestimmt war. Es war der Landmail Steamer Braganza und wurde täglich erwartet. – Den 5ten kam ein Dampfschiff der Landmail von Ceylon an und brachte auch die für Niederländisch Indien bestimmten, etwa in ein Dutzend Kisten gepackten Zeitungen und Briefe mit. Nachdem diese vom Etna in Empfang genommen waren, fuhr dieser den 7ten Sept. des Morgens früh wieder ab, um nach Batavia zurückzukehren und ich sagte den Offizieren (den Herren de Jong und de Graaf) für die freundliche Bewirthung an Bord, ein dankbares Lebewohl. – Erst den 8ten Sept. Vormittags kam die Braganza von Kanton an.
Wenn man als Fremder durch die Straßen von Singapur wandelt, so ist man verwundert, fast keine andern Farben zu erblicken, als das bleiche Gelb der Häuser (die zweistöckig und meistens eng an einander gebaut sind) und das Bolusroth der Straßen, deren Staub auch an den gelblichen Wänden der Gebäude sichtbar wird. Nur hier und da wird das Auge erquickt von dem Grün lebender Hecken von Schlingpflanzen, die oft bis zur zweiten Etage der Häuser hinanreichen. – Übrigens hat Alles ein mehr europäisches, städtisches Ansehen, als in den Küstenplätzen von Java.
Am rechten Ufer des schlammigen Flusses von Singapur (süd- und süd-westwärts von der übrigen Stadt) liegen außer den Packhäusern und den Bureaux der europäischen Kaufleute, hauptsächlich die eng aneinandergedrängten Wohnungen der Chinesen (chinesischer Kampong), die vielleicht den größten Theil der eigentlichen Stadt einnehmen, von denen aber viele ein sehr verfallenes Ansehn haben.
Eines Besuches werth sind außerdem: der prächtig verzierte chinesische Tempel, – der Tempel der Hindu's und der Government-hill, von dessen flachgerundetem Scheitel man eine belehrende und schöne Aussicht über Rhede und Stadt und über die angrenzenden Gegenden des Innern der Insel genießt. – Von den Ruinen auf der Nord-Westseite dieses Berges, die nach Crawfurd aus den Zeiten abstammen sollen, in welchen der König Sri Iskander Shah (in der ersten Hälfte des 13ten Jahrhunderts[6]) über Singapur regierte, sind wenig mehr als noch einige Terrassen und Sandsteinblöcke zu sehen, ohne Inschriften und ohne Sculptur.
So weit man vom Scheitel des Government-hill sehen kann, besteht das Innere der Insel aus bald mehr gerundeten, bald flacher ausgebreiteten 1½–3 Hundert Fuß hohen Hügeln, die sich einer an den andern reihen und dadurch ein wellenförmiges, labyrinthisch-unebenes Ganzes bilden, das einwärts, in größerer Entfernung von der Stadt auch waldiger wird, auf dessen näher gelegenen Anhöhen aber man noch eine Menge kleiner, oft zierlicher, europäischer Wohnungen, hier und da zerstreut, erblickt. Diese nähern Theile der Insel sind ziemlich kahl, weder mit Anpflanzungen, noch mit eigentlichen Wäldern bedeckt, sondern nur mit Graswuchs und vereinzeltem Gebüsch bekleidet. Wie bekannt, wird auf Singapur, so wie auf den benachbarten Inseln (Bintang, Rio u. a.) besonders der Gambir-strauch (Nauclea Gambir, Unkara der Malaier) cultivirt, wovon das mit dem Siri- (Betel-) Blatt gekaute, bittere Gummiharz Gambir kommt (in Europa mehr noch unter dem Namen Terra japonica, Catechu bekannt); aber auch von diesem Culturgewächs habe ich in der Nähe der Stadt nichts gesehen.
Die Wege in und in der Nähe der Stadt sind gut und bestehen aus klein geschlagenem, fein und festgestampftem Thoneisenstein, der bräunlich-roth und gepulvert fast roth aussieht; das allgemein gebräuchliche Transportmittel sind Palankin's, die auf vier Rädern ruhn, von einem Pferd gezogen werden und einen Dollar täglich kosten. Der stets bengalische Fuhrmann «Zeis» sitzt auf keinem Wolkenthrone, wie Zeus, nicht einmal auf einem Bocke (denn einen solchen hat das Fuhrwerk nicht) sondern läuft neben her und hört nicht, wenn ihm der eingeschlossene Reisende zuruft, still zu halten. – Er bringt seine Pflegebefohlenen daher, nolens volens, ohne Anhalten an die einmal angegebene letzte (endliche) Bestimmung der Fahrt. Diese ringsum geschlossenen, viereckigen Kasten stehn weit hinter den eleganten, mit ledernen Niederschlägen versehenen und von zwei Pferden gezogenen Miethwagen Batavia's zurück, in denen man schneller und bequemer reist.
Von öffentlichen Vergnügungs- und Versammlungsorten Singapur's weiß ich nichts zu sagen, ich glaube auch nicht, daß es deren giebt, oder man müßte die Spielhäuser der Chinesen dahin rechnen, – die Kegelbahn der deutschen Kaufleute (deren Zahl hier 13 beträgt) – und die Regimentsmusik der Sipoy's, die sich jeden Freitag, des Abends von 5½ bis 7½ Uhr, auf dem offenen Platze zwischen dem Strande und dem London Hôtel hören läßt. Da sowohl der erste als der letzte Tag meines Aufenthaltes auf Singapur ein Freitag war (der 1ste und 8te Sept.) so hatte ich zweimal Gelegenheit diese Musik zu hören. – Die Sipoy's mit ihren schwarzbraunen Gesichtern, ihrer weißen Kleidung und rothen Kragen kommen um die bestimmte Zeit, schaaren sich im Kreis und spielen von einem deutschen Kapellmeister in Civilkleidung dirigirt, meistens alte beliebte Stücke, Märsche, Symphonien, die sie gut ausführen, wenigstens ungleich besser, als die Chöre java'scher Musikanten, denen man hier und da auf Java das Spielen europäischer Instrumente gelehrt hat.
Dieses ist auf Singapur der Ort und die Zeit, wo die gebildete (schöne und nichtschöne) Welt zusammenkommt, – zu Fuß, zu Pferd oder in Palankin's, deren Pferd dann, so lange die Musik dauert, ausgespannt wird, – wo Kaufleute und Freunde einander treffen, wo Bekanntschaften mit Fremden angeknüpft und wo auch wohl noch zartere Rendez-vous gehalten werden. Wenn nach Untergang der Sonne die Dunkelheit zu sehr zugenommen hat (um die Noten sehn zu können) – dann wird bei Laternenlicht gespielt, und es ist ein eigenthümlich angenehmes Schauspiel zu sehen, wie in der erfrischenden Abendkühle, bei Sternenlicht oben, und Laternenschein unten, – Menschen der verschiedensten Art durch einander wimmeln, wie Privatpersonen, Beamte, Offiziere, elegante Damen, Kaufmänner und Seeleute in buntem Gewühl den engen Kreis der Musici umfluthen oder sich in Gruppen rund um den schönen Inhalt (in seidnen Gewändern) mancher Palankin's schaaren – und wie um diese europäische elegante Welt weiter außen noch Hunderte von Chinesen, Bengalesen, Arabern, Javanen und Malaien herumziehn, alle vergnügt und still genießend, – während die harmonischen Klänge der Musik im weiten Concertsaale verhallen, den keine andren Wände als Himmel und Meer verengen.
Den geologischen Bau der Insel habe ich nur in den Gegenden kennen gelernt, welche dem Strande am nächsten liegen und welche ich bis zu 5 engl. Meilen Abstand von der Küste nach West- und Nord-West durchkreuzt habe. In diesen flachhügligen Gegenden der Insel habe ich nur sedimentäre, unter verschiedenen Winkeln, oft steil, einfallende Schichten gefunden, nämlich von Mergeln, von Thon, von Sandsteinen und auch von gröbern Conglomeraten. Vorherrschend ist hier ein fester, meistens feiner, quarziger, weißer, zuweilen auch rother, nämlich durch Eisenoxyd gefärbter und verkitteter Sandstein, aus dem auch hauptsächlich der Government-hill hinter der Stadt besteht. Zwischen solchen Schichten kommen häufig sehr mächtige Lagen von Thoneisenstein vor, der unter andern auf der Nordseite des genannten Berges in Tagebau gebrochen und in Stückchen zerschlagen zur Belegung und Ausbesserung der Wege benutzt wird. Nachdem er auf diesen Wegen allmählig fein gestampft und gefahren ist, wird er zu einer ziemlich festen, harten Masse. – Der Boden in der kleinen Bucht, die sich südwärts vom genannten Berge in's Land hineinzieht, und die zwischen sumpfigen Ufern der Fluß durchströmt, ist Alluvialgrund. – Nach Colebrooke sollen diese Schichten einer Secundärformation angehören. Er theilt keine Versteinerungen daraus mit. Ich habe zwar auch keine darin finden können, da aber die sedimentären Bildungen, die ich auf Sumatra (in den Batta-Landen, also ziemlich in derselben Breite mit Singapur) kenne, eben so wie die kohlenhaltenden auf Borneo tertiäre sind und da die große neptunische Formation auf Java, aus der ich viele Hunderte versteinerte Conchylien und andere Thiere gesammelt habe,[7] ebenfalls eine tertiäre ist, so habe ich Ursache zu vermuthen, daß auch die Gesteinschichten von Singapur und dessen nachbarlichen Inseln keinem ältern, als dem Tertiärgebirge angehören, zumal da sie in petrographischer Hinsicht der java'schen Formation in manchen Gegenden vollkommen gleichen. – Es scheint, daß ältere als tertiäre Gebirgsformationen erst weiter in Norden (in der malaischen Halbinsel und in Britisch Indien) vorkommen, wo auch größere Massen von Granit- und Syenitgebirgen auftreten, welche auf Java nur in vereinzelten und sehr beschränkten Punkten (der obersten Spitze von Gängen) bis zur jetzigen Oberfläche des Landes gelangt sind.
Wer etwas mehr über Singapur zu wissen wünscht, der lese außer vielen Aufsätzen verschiedener Art im Singapore Chronicle und der Hist. of the Indian Archip. von J. Crawfurd, dessen Descr. and History of Singapore, in seinem Journal of an Embassy to the Courts of Siam and Cochinchina, 1828, Ch. XIV, p. 529 etc. –, dann (über die Naturbeschaffenheit überhaupt) G. Finlayson, Journal of the Mission to Siam and Hué, London 1826, 8, p. 78 etc. –, und (über die geologische Beschaffenheit in's Besondre) H. T. Colebrooke, Notice respecting the Rocks of the Island of Penang and Singapore, in den Transact. of the Geol. Soc. Sec. Ser. 1822, 4. vol. I, p. 165 etc. – Auch kommen in den Transact. of the Royal Asiatic Society, z. B. im Anhang zu vol. I, Nachrichten über das Klima vor. – Ferner Newbold, Political and statistical account of the British settlements in the straits of Malacca 1839. – Nach dem Singapore Chronicle betrug die Population in 1841: 35,400 Seelen, wovon die Hälfte Chinesen waren.
Nachdem ich meine Bagage schon am Morgen früh auf die Braganza befördert hatte, begab ich mich am 9ten Sept. um die Mittagsstunde selbst an Bord dieses Dampfers und verließ Singapur mit der Überzeugung, daß es sowohl in Schönheit der Natur, als in Größe und Pracht der Menschenwerke eben so weit hinter Batavia zurücksteht, als es von letztgenannter Stadt an Regsamkeit menschlichen Verkehrs und Treibens übertroffen wird. Nur die häufige Ankunft von Dampfschiffen, seitdem die Landpost besteht und die Druckpresse mögen hiervon eine Ausnahme machen. Doch war der Eindruck, den das freundliche Städtchen in mir hinterließ, ein recht angenehmer, – auch hatte ich von verschiedenen Kaufleuten, besonders von Herrn Rautenberg daselbst, eine sehr hülfreiche, gefällige Behandlung genossen und es war mit einem Gefühle aufrichtiger Erkenntlichkeit, als ich meinen neuen Freunden Lebewohl! sagte.
An Bord des Schiffes bekümmerte sich um mich eben so wenig Jemand, als dies in der Stadt Singapur oder im Hotel bei meiner Ankunft daselbst der Fall gewesen war, – keinem Menschen fiel es ein, nach meinem Paß oder nach meinem Namen zu fragen, – diese Waare galt hier nicht, – ein Jeder war scheinbar vollkommen frei; – die Matrosen packten meine Kisten auf, ohne erst zu fragen: von wem – von wo – oder wohin? – sie warfen dieselben ohne Weiteres in den Schiffsraum und erst als das Schiff schon in Bewegung und auf der Abreise begriffen war, wurden den Passagieren ihre Hütten (Cabin's[8]) angewiesen und ihnen die Quittungen für die zu Singapur (im Landmail-office) bezahlten Passagegelder abgefordert. Also – Geld allein war hier ein gültiger Paß. – Ein andres Dampfschiff, dessen Verdeck vollgepfropft von Menschen war, kam eben an, fast in demselben Augenblicke, als wir die Rhede (es war um 2¼ Uhr) verließen. Die Kühle der See und der Luftzug, dem wir durch das schnelle Dahingleiten unseres Kieles durch die Wogen bloßgestellt waren, that uns wohl, denn die Sonne brannte warm und es war heiteres Wetter, eben solches, als an allen vorigen Tagen meines Aufenthaltes zu Singapur geherrscht hatte. Nur den 6ten Sept. von 4 Uhr des Morgens an hatte ein stürmischer West-Süd-Westwind geweht, welcher Regengestöber vor sich hertrieb, sich aber schon um die Mittagsstunde wieder legte.
Ich warf noch einen letzten Blick auf die freundliche Stadt, die perspectivisch kleiner wurde, – ich dachte an die Veränderungen in der Schifffahrt seit der Zeit, als im Jahre 1160 unter Turi Buwana die Insel Singapur zuerst bevölkert wurde, und – ließ mich dahin führen durch den, nur von unsern Schiffsrädern bewegten Spiegel der See, dessen weite Flächen mit ihren Inseln für mich (und vielleicht auch noch für Andre) eine terra incognita waren.