Читать книгу 30 Minuten Typisch ich, typisch du - Frauke Ion - Страница 10

C. G. Jungs Vermächtnis

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Es ist alles andere als einfach, vielleicht sogar unmöglich, die Bedeutung zu fassen, die C. G. Jungs Werk für ein breites wissenschaftliches Feld – von der Psychologie und der Soziologie über die Anthroposophie und die Theologie bis hin zu naturwissenschaftlichen Fächern – hat. Darüber hinaus ist die Faszination, die der Mensch Jung nach wie vor auf ganze Generationen ausübt, ein anhaltendes Phänomen, das sich unter anderem auf seine Schriften zur Individuation, im Besonderen aber auch auf seine Typologie zurückführen lässt. Ohne Jungs 1921 erschienenes Werk „Psychologische Typen“ würden Sie heute dieses Buch nicht in der Hand halten und weder Insights Discovery® noch eine Reihe anderer Persönlichkeitsdiagnosen könnten Menschen auf nachvollziehbare Weise Reflexionsangebote zu Verhalten machen. Die Begriffe „Introversion“ und „Extraversion“ würden in unserem Vokabular fehlen und wir wüssten nicht, was einen „Kopfmenschen“ von einem „Herzmenschen“ unterscheidet.

Jung war ein unermüdlich Schreibender. Es sagt etwas über den Menschen Jung aus, wie akribisch er seine Ideenwelten, seine Träume und inneren Auseinandersetzungen festhielt und welche Bedeutung er seiner jahrzehntelang geführten Brief-Korrespondenz mit Studierenden, Fragenden, Suchenden und Leidenden beimaß. Der Austausch mit Einzelnen bedeutete ihm mehr als ein lückenloser wissenschaftlicher Nachlass oder persönlicher Ruhm. Es war seine Gewissheit, dass vor allem einzelne Menschen sein gedankliches Erbe in die Zukunft tragen würden. Jungs Auseinandersetzung mit sich selbst, ein schöpferischer Entdeckertrieb und die Hingabe an das tiefe (Selbst-)Gespräch flossen unentwegt in seine Erforschung dessen, was uns zu Menschen macht. Mit der Begründung der Analytischen Psychologie propagierte Jung einen zu der Zeit revolutionären Ansatz, nämlich nicht die Antwort oder die Theorie zu haben, sondern jedem individuellen Erleben offen und neugierig gegenüberzutreten.

Jung rückte die Frage in den Blick, was glücklich macht, und setzte neue Standards in der Psychotherapie: weg vom Stigma des kranken Patienten, hin zum Bild des grundsätzlich gesunden Menschen, der entscheiden kann, sich in der eigenen Persönlichkeit zu entwickeln. Der Jung’sche Einfluss auf Verfahren und Schulen ist nicht von der Hand zu weisen. Er zeigt sich darin, die stärkenden und positiven Aspekte menschlicher Erfahrung in den Fokus zu stellen. So sind Strömungen wie die Positive Psychologie, die moderne Resilienzforschung oder die Salutogenese ohne Jungs Werk kaum zu denken.

30 Minuten Typisch ich, typisch du

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