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2.

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Hasard hatte auf Anraten Ben Brightons beschlossen, für ein oder zwei Stunden vor Anker zu gehen, um Lachse zu fangen. Das stellte eine Bereicherung des Speisezettels dar und war eine Köstlichkeit, die sie sich keinesfalls entgehen lassen wollten.

Es kam auf ein paar Stunden nicht an. Sie hatten Zeit genug, und in Ländern wie diesen hatte man es schon gar nicht eilig, sonst fiel man nur unangenehm auf.

Ein paar große und weitmaschige Kescher wurden mitgenommen, und schon seilten sich die ersten ab. Sie stiegen einfach auf die Rüste, ließen sich ins Wasser fallen und mit der Strömung zu der Untiefe treiben. Die Fluten des Tigris waren frisch und kühl. Das Wasser selbst war fast kristallklar. Deutlich war der feine Sand unter der Wasseroberfläche zu erkennen.

An der steinernen Barriere blieben sie erst einmal staunend stehen. Das Wasser schäumte und brodelte, und aus den zischenden Fluten lösten sich alle Augenblicke dicke Leiber, die elegant über die Hindernisse schnellten.

„Und alles mit dem Ruderblatt“, sagte Carberry. „Die bewegen nur ein bißchen ihren Achterquirl und schon sind sie drüben. Weshalb schwimmen die nicht durch das tiefe Wasser?“

„Weiß ich auch nicht“, sagte der Kutscher. „Einige schwimmen ganz sicher durch tiefes Wasser, andere eben nicht. Da mußt du schon Gottvater persönlich nach dem Grund fragen.“

„Den sehe ich heute sowieso nicht mehr“, brummte Ed. Der Profos war immer noch ein wenig angesäuert, daß er sich so blamiert hatte. Aber immerhin war es ja seine eigene Schuld gewesen, was, wie?

Die Zwillinge waren dabei, der Kutscher, Ferris Tucker, Matt Davies, Al Conroy und Batuti. Der schwarze Riese hatte ein riesiges Netz zum Abtransport der Beute dabei.

Es erstaunte sie, daß die Lachse absolut keine Notiz von ihnen nahmen. Ganz dicht vor ihnen schnellten sie kraftvoll aus dem Wasser und schwangen sich über die Barriere aus Steinen und Fels.

Matt Davies war einer der eifrigsten Fischer. Er hatte keinen Kescher und probierte es mit seiner Hakenprothese. Als dicht vor ihm ein riesiger Lachs aus dem Wasser schoß und gerade wieder eintauchen wollte, hieb Matt schwungvoll zu. Einen Lidschlag später zappelte der Lachs wie wild an seinem Haken. Nach einem kurzen Schlenker mit der Hakenprothese landete er im Netz von Batuti.

„Der erste“, sagte der Kutscher. „Sieht so aus, als würdest du eine Menge Arbeit kriegen, Ed.“

Der Profos gab keine Antwort. Er holte nur tief Luft und blickte verblüfft auf die vielen zappelnden Leiber. Einer sprang mit solcher Wucht in Jung Hasards Kescher, daß der Junior alle Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. Im Nu hatten sie ein halbes Dutzend Lachse gefangen, die Batuti im großen Netz zur Galeone hinüberbrachte.

„Man kann sie übrigens auch räuchern“, erläuterte der Kutscher. „Geräucherter Lachs ist was für vornehme Leute. Doc Freemont hatte sich immer welchen bringen lassen.“

„Hast du ihm hin und wieder mal ein Stück geklaut“, fragte der Profos anzüglich, „weil du so gut darüber Bescheid weißt?“

„Ich war in die Köstlichkeiten der Küche bestens eingeweiht und hatte es nicht nötig, zu klauen.“

Der Profos sah zähneknirschend eine Menge Arbeit auf sich zukommen. Und als Matt Davies ihn dann noch fragte, ob er sich nicht auch freundlicherweise am Fischfang beteiligen wolle, da griff der Profos zu, denn das wollte er sich denn doch nicht entgehen lassen.

Batuti trat die zweite Reise über den Fluß an. Seine zappelnde Beute wurde an Bord gehievt.

Der Profos stöhnte verhalten, als er das sah. Da würde er Fische, ausnehmen und putzen können, bis ihm ein yardlanger Bart wuchs.

Sie hörten mit dem Lachsfang auf, als von „oben“ zwei Guffas sichtbar wurden, die den Tigris hinuntertrieben.

Diese Guffas hatten sie schon oft gesehen, aber die Gerüstrundboote mit der Fellbespannung erregten immer wieder ihre Aufmerksamkeit, einfach aus dem Grund, weil sie so ungewohnt wirkten.

Genaugenommen waren es mehr oder minder große Körbe, an denen Bug und Heck nicht zu unterscheiden waren. Sie waren aus Weiden korbartig geflochten und mit Tierhäuten überspannt. Meist war der Boden der Guffas mit Stroh ausgelegt. Carberry hatte sie schon als Tröge und Waschzuber bezeichnet.

In den herantreibenden Guffas befanden sich je zwei Männer. Jeweils einer steuerte das Ding mit einem langen Paddel, während der andere danebenhockte und über den Fluß stierte.

Jetzt lag allerdings Unsicherheit in den Gesichtern, als sie die Arwenacks im Fluß nach Lachsen fischen sahen. Auch schien ihnen die große Galeone Unbehagen zu bereiten. Sehr skeptisch und mißtrauisch blickten sie sich um.

„Habt ihr schon wieder Angst, ihr Nachttopfsegler?“ knurrte Carberry. „Kein Mensch tut euch was.“

Er grinste den Burnusträgern freundlich zu, doch die zogen ihre hellen Kapuzen noch weiter über ihre Gesichter und verbargen sich im Schatten. Alle vier hockten sich jetzt so hin, daß nur noch ihre Köpfe über den Rand schauten.

„Ein mißtrauisches Völkchen, diese Bierfaßpaddler“, meinte der Profos, als die Guffas auf gleicher Höhe mit ihnen waren. „Haben die vielleicht Angst, daß wir uns an ihren Kakerlakeneimern vergreifen?“

„Sie sind eben sehr mißtrauisch allen Fremden gegenüber“, sagte der Kutscher. „Sehr viele Fremde kriegen sie wohl nicht zu sehen. Paß auf, da springt einer!“ rief er Carberry zu.

Der Profos reagierte zu spät. Ein großer Lachs verfehlte sein Ziel und prallte ihm ins Gesicht. Carberry suchte Halt, geriet auf die glatten Steine und rutschte aus. Mit einem lauten Klatschen landete er im Bach.

Anschließend fluchte er erst einmal ausgiebig, was die Bierfaßpaddler veranlaßte, ihre Köpfe noch weiter einzuziehen. Die lästerlichen Flüche erschreckten sie, obwohl sie sie nicht verstanden.

Schuld an dem Ausrutscher waren natürlich die „Kaftankerle auf ihrem lausigen Blasebalg, die den Fluß hinabritten“, wie Carberry das lautstark verkündete. Die Guffas würden mit Namen belegt, die selbst die Mesopotamier hätten erröten lassen. Die harmloseste Bezeichnung war dabei noch „Allroundgaleone“. Er nannte sie aber auch „Sautrogsegler“, „Dattelmützen“ und „Abfallkübel“. Danach war sein Wortschatz so ziemlich erschöpft.

Nach einer knappen Stunde hörten sie mit dem Lachsfang auf, denn mittlerweile hatte sich ein ansehnlicher Berg angesammelt. Der bloße Anblick schockierte den Profos schon. Auf der Kuhl zappelten und sprangen die Lachse in die Höhe.

„Mein Gott“, sagte er entsetzt, „die soll ich alle ausnehmen, und dazu noch ganz allein? Damit werde ich nie im Leben fertig.“

„Wette ist Wette“, mußte er sich vom Kutscher belehren lassen. „Smoky hat sein Wort gehalten, und von dir erwartet man das natürlich ebenfalls, vorausgesetzt, du willst nichts an Glaubwürdigkeit einbüßen.“

„Will ich nicht. Aber du hast mich einwandfrei hereingelegt, Kutscher. Du hast mich behumst.“

„Ich doch nicht. Du hast schließlich gewettet, und du hast die Wette verloren. Hast noch höhnisch erklärt, daß alles unlogisch sei. Aber daran wirst du dich sicher noch erinnern können.“

Carberry ging mit einem todunglücklichen Gesicht in die Kombüse und holte sich ein Messer. Die Lachse wanderten unterdessen zu einem großen Teil in die Waschbalje. Aber auf den Planken zappelten immer noch etliche herum.

Inzwischen segelte die „Santa Barbara“ langsam weiter. Es wurde immer schwieriger, auf dem Fluß zu segeln. Nur selten mal gab es eine gerade Strecke. Links und rechts am Ufer standen Dattelpalmenwälder. Über dem Fluß spannte sich der Himmel seidig-blau.

Der Profos hockte mit hervorquellenden Augen auf der Gräting und nahm Lachse aus. Nach einer Weile gesellte sich Paddy Rogers zu ihm.

„Ich werde dir helfen, Mister Profos“, sagte er. „Dann geht es schneller, und wir kriegen auch schneller was zu futtern. Das stimmt doch, oder nicht?“

„Klar stimmt das“, versicherte Carberry dankbar. „Du bist eben doch ein feiner Kerl, Paddy.“

So nach und nach – und weil es ohnehin kaum etwas zu tun gab, als hin und wieder die Segel nachzutrimmen – gesellten sich noch weitere zu Ed und Paddy hinzu. Die Zwillinge hatten sich mit Messern bewaffnet, und selbst das „liebe Mackileinchen“ Pellew half kräftig mit, indem er die geputzten Lachse in Scheiben schnitt.

So wanderte einer nach dem anderen in die Kombüse, wo der Kutscher für die weitere Verarbeitung sorgte. Schon bald zog ein lieblicher und sehr würziger Duft über die Decks.

„Masgouf gibt es nachher, wenn die Fische geputzt sind“, verkündete der Kutscher. „Gerösteter Tigrislachs mit viel Zwiebeln, Tomaten und Knoblauch. Und jeder kann essen, soviel er will.“

Den Kerlen lief bereits das Wasser im Mund zusammen, als die lieblichen Düfte immer intensiver wurden. Und weil sie alle so langsam Hunger kriegten, halfen immer mehr mit.

Der Kutscher brachte eine Buddel voll Dattelschnaps aus eigener Herstellung an Deck. Das Gebräu hatte er schon in der Schwemmlandebene Mesopotamiens, im Schatt al-Arab, angesetzt, und es war hervorragend vergoren.

Als die ersten jetzt einen Schluck probierten, verdrehten sie entzückt die Augen. Der Dattelschnaps war scharf und erinnerte im Geschmack an Arrak.

Carberry war restlos begeistert, einmal über das liebliche Gesöff und zum zweiten, weil die Kerle alle kräftig mithalfen, damit er nicht tagelang vor Bergen von Lachs saß, die noch geputzt werden mußten. Ein bißchen schlitzohrig war das schon, fand er, aber schließlich hatten sich die anderen ja fast darum gerissen, ihm zu helfen. Dabei tat sich ganz besonders Paddy hervor. Der putzte Lachse, als ob er sein Leben lang nichts anderes getan hätte.

Nach einer Weile war der riesige Berg verschwunden. Das Deck wurde gewaschen, danach brachte der Kutscher eine Köstlichkeit an Deck, wie sie schon lange keine mehr gehabt hatten.

Es gab Masgouf, diesen delikaten dickscheibig geschnittenen und gerösteten Lachs mit Zwiebeln, Tomaten und Knoblauch.

Sie schlugen sich die Bäuche voll, bis sie nicht mehr konnten. Hinterher stellte der Kutscher drei riesige Kummen an Deck mit Pfirsichen, Granatäpfeln, Melonen und Weintrauben, und als Dreingabe gab es noch einmal eine Muck Dattelschnaps.

Alle waren restlos begeistert. Der nimmermüde Kutscher aber ging daran, den restlichen Lachs zu räuchern. Einen weiteren Teil davon schnitt er in dicke Würfel und steckte sie auf lange Spieße. Das sollte es am nächsten Tag geben.

Bis zum Schatt al-Arab hin war Moshu El Kekir gefürchtet und berüchtigt. Bekannt war er allerdings bis nach Bagdad hinauf, wo er gewöhnlich Sklaven auf den Märkten zu verkaufen pflegte. Sklaven, die er sich auf den Schiffen beschafft hatte, die er vorher geentert und ausgeplündert hatte.

Seine Beziehungen reichten weit. Er hatte viele Zuträger und Spione, die für ihn unterwegs waren. Außerdem gehörte ihm das „Revier“ jetzt so gut wie allein.

Vor ein paar Tagen hatte er erfahren, daß sein Erzrivale Ali Ben Chufru, von einer „wilden Horde Giaurs“, gestellt, versenkt und vernichtet worden wäre.

Er weinte ihm keine Träne nach. Er grinste sich nur eins, als er das erfuhr. Der Scheitan hatte Ali Ben Chufru geholt – höchste Zeit, daß er endgültig von der Bildfläche verschwunden war.

Moshu El Kekir bevorzugte bei seinen Raubzügen im Persischen Golf ebenfalls eine Sambuke, weil das schnelle, flachgehende und leichtgängige Fahrzeuge waren. Außerdem waren sie unglaublich wendig.

An diesem Morgen, als sie südlich von Abadan in der riesigen Schwemmlandebene kreuzten, näherte sich der Sambuke eine Burdjuk, ein Tierbalgfloß, das aus einer Anzahl aufgeblasener und zusammengebundener Tierhäute und einem verbindenden Flechtwerk bestand.

Zwei grinsende Kerle mit dunkelbraunen Gesichtern hockten darauf und paddelten auf die Sambuke zu, bei der jetzt die Segel weggenommen wurden. Zusätzlich drehte sie noch in den Wind.

Moshu sah das Grinsen in den Gesichtern der beiden und grinste zurück. Er war ein hochfahrender und schnell aufgebrachter Kerl mit einer dünnen Hakennase, schwarzen Knopfaugen und einem schwarzen Bart, den er sich zu einem Knebel gedreht hatte.

Einer der beiden Männer, ein Kerl mit der abgemagerten Visage einer kranken Ratte, erhob sich und brachte die Burdjuk ins Schaukeln. Dann griff er an den Tampen, der von der Sambuke herabhing. Als er noch stärker grinste, sahen die anderen, daß er nur noch einen Zahn im Hals hatte, und der war so schwarz wie die arabische Nacht.

Der Rattenkerl kreuzte die Arme über der Brust und verneigte sich so tief, daß er fast vom Floß gefallen wäre. Er trug nur einen schmutzigen und durchlöcherten Schurz über seinen dürren Körper. Seine Beine waren völlig krumm und die linke Hand leicht verkrüppelt.

„Möge Allah euch auf ewig beschützen, Herr“, fistelte er „und mögen deine Söhne so stark und prachtvoll werden wie ihr Vater.“

„Ja, ja“, sagte der knebelbärtige Pirat. „Schon gut, was gibt es denn? Habt ihr mit den Reitern gesprochen?“

„O ja, Herr. Die Kameltreiber haben uns von einer Schebecke berichtet. Sie kommt aus Indien und segelt nach Bagdad.“

„Und wo ist sie jetzt?“

„Sie steht vor El Faw, Herr. In ein bis zwei Stunden wird sie am Horizont auftauchen.“

„Ist sie bewaffnet?“ erkundigte sich der Pirat freundlich.

„Sie hat zwei Kanonen, Herr, aber es sind kleine Kanonen.“

„Zwei kleine Kanonen also. Das ist nicht gerade viel, wenn man bedenkt, was ich an Bord habe. Was hat diese Schebecke denn geladen?“

Der Rattenzahn grinste jetzt bis zu den Ohren und zeigte seinen pechschwarzen Zahnstummel.

„Ein paar Kästchen voller erlesener Perlen soll sie an Bord haben, Herr“, flüsterte er geheimnisvoll. „Perlen, die in Bagdad verarbeitet werden sollen.“

Das Gesicht des Piraten verfinsterte sich ein wenig.

„Soll sie haben – oder hat sie?“ fragte er scharf.

„Sie hat, Herr. So haben es uns die Reiter gesagt. Sie führt auch Seide und Tuche mit sich.“

Moshu gab einem seiner Kerle einen herrischen Wink. Der setzte sich augenblicklich in Bewegung, zog etwas aus seiner weiten Hosentasche und reichte es dem Schnapphahn. Es waren drei große goldene Münzen.

„Für euch und die Reiter“, sagte Moshu. „Wenn sie keine Perlen an Bord haben, lasse ich euch Hundesöhnen die Zunge abschneiden und werde sie an meinen Mast nageln. Hier, fangt auf!“

Alle beide streckten die Arme aus. In ihren Blicken lag ein begehrliches Funkeln. Geschickt fingen sie die Münzen auf. Dann bedachten sie den großzügigen Spender mit Schmeicheleien, Lobhudeleien und flehten immer wieder Allahs Segen auf ihn herab. Selbst die noch folgenden Generationen vergaßen sie nicht. Erst als die riesige und unüberschaubare Sippe den Beni Yas in den höchsten Tönen gelobt war, zogen die beiden Kerle mit ihrem Floß ab.

Die begnadeten Klänge der beiden Jubelmeister ließen Moshu jedoch kalt. Er witterte Beute, reiche Beute, denn Perlen versprachen Wohlstand und Reichtum. Sie nahmen nicht viel Platz weg und waren zudem überall hoch geschätzt und begehrt.

Sodann verkündete Moshu seinen Schnapphähnen, daß sie sich hinter einer der zahlreichen Inseln auf die Lauer legen würden. Die Schebecke sollte sie passieren. Danach würde man sie kreuz und quer durch die flachen Gewässer des Schwemmlandes jagen und ausplündern.

Die Schnapphähne rieben sich die Hände und freuten sich. Das war mal etwas anderes, als ewig die kleinen Perlenfischer auszuplündern, die meist sowieso nichts hatten.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 546

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