Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 522 - Fred McMason - Страница 7

1.

Оглавление

Philip Hasard Killigrew war mit dem jetzigen Stand der Dinge ganz zufrieden. Nach wochenlanger Irrfahrt über den Pazifik hatten sie endlich eine paradiesische Insel gefunden, die sie mit Trinkwasser und frischen Früchten versorgte.

Sie hatten auch das Wrack einer spanischen Galeone entdeckt, mit fast zwanzig Skeletten, die sich im Laderaum befunden und ihnen etliche Rätsel aufgegeben hatten. Die Krönung der Entdeckung war jedoch ein Kompaß gewesen, der jetzt als wichtigstes Navigationsinstrument auf dem Achterdeck der „Santa Barbara“ von Ferris Tucker eingebaut wurde. Dieser Kompaß war für die Arwenacks mehr wert als alle Schätze der Welt.

Sehr besorgt sahen sie zu, wie der rothaarige Schiffszimmermann das Kompaßgehäuse auf dem Achterdeck installierte. Da dieser Kompaß fast ein Heiligtum war, wurde auch nicht mit guten und besorgten Ratschlägen gespart. Anfangs ließ Ferris Tucker sie noch geduldig über sich ergehen, aber so langsam gingen ihm die Kerle mit ihren gottverdammten Ratschlägen auf den Geist.

„Vorsichtig, vorsichtig“, sagte Mac Pellew besorgt, als Ferris den Hammer zur Hand nahm. „Nicht so hart schlagen.“

Ferris verschluckte fast die Kupfernägel, die er zwischen den Zähnen hielt, um beide Hände frei zu haben. Sein Blick wurde finster und unheilverkündend.

„Paß auf, daß du das Gehäuse nicht zerschlägst“, tönte der Profos. „So schnell finden wir keinen neuen Kompaß mehr.“

Auf Ferris Stirn schwoll jetzt eine Zornesader an.

„Nicht so schräg halten, das Ding“, warnte Smoky. „Sonst kippt es vielleicht noch um.“

„Ich weiß“, knurrte Ferris. Die Worte, kamen tief aus der Kehle und klangen wie das Brummen eines gereizten Bären. „Ich habe schon mal mit Holz gearbeitet.“

Der Profos, der seinen Freund genau kannte, hielt sich jetzt ein wenig auf Distanz, denn es gab einen Punkt, an dem der ruhige Ferris unberechenbar werden konnte. Er wollte auch den übereifrigen Mac Pellew noch warnen, doch dann unterließ er es. Vielleicht war es ganz gut, wenn der Sauertopf mal kurz bei Ferris in die Lehre ging.

Wieder beugte sich Mac Pellew vor. Er zeigte auf eine Stelle.

„Da müssen auch noch zwei Nägel rein. Aber hau nicht so hart zu, das verträgt der Kompaß nicht.“

„Doch, ich schlage immer hart zu“, sagte Ferris, hob den Hammer und knallte ihn Mac Pellew auf die rechte Stiefelspitze.

„Uuuuh – uuuuh!“ jaulte Mac los. Er sprang in die Höhe, fast senkrecht, und dabei jaulte er noch lauter. Dann hüpfte er einbeinig herum und hielt mit beiden Händen seinen rechten Fuß.

„Ohgottchen“, jammerte er, „mein Fuß ist gebrochen!“ Stöhnend setzte er sich auf die Planken.

„Tut’s weh?“ erkundigte sich der Profos scheinheilig. „Du siehst plötzlich so blaß aus.“

„Mein Bein, mein Bein“, jaulte Mac wieder los.

„Na, besser deins als meins“, sagte Carberry. „Ich spüre überhaupt nichts. Sollen wir das Bein vorsichtshalber abschnippeln? Den Stiefel kriegst du sowieso nicht mehr ausgezogen.“

„Mir schnippelt keiner was ab!“ schrie Mac mit Tränen in den Augen. „Aber das werde ich dem Lümmel heimzahlen!“

„Hättest ja dein Maul halten können. Ferris quatscht dir ja auch nicht dauernd in die Suppe, die du kochst, oder?“

„Aber er hat absichtlich auf mich gezielt.“

„Deine Quanten halten schon noch was aus“, beruhigte ihn der Profos. „Nun stell dich mal nicht so an. Sei fröhlich und guter Dinge.“

Aber davon war Mac Pellew noch sehr weit entfernt. Zu allem Unglück versammelten sich auch noch die anderen Kerle um ihn und bedauerten ihn heuchlerisch. Sie hatten es vorgezogen, lieber bei Mac zu sein, als Ferris gute Ratschläge zu erteilen. Wohin das führte, hatten sie ja gerade erlebt.

Jetzt konnte Ferris in aller Ruhe weiterarbeiten und auf gute Ratschläge verzichten. Die Arbeit ging ihm nun auch leichter von der Hand, und noch am frühen Vormittag stand das Kompaßgehäuse fest verankert auf dem Achterdeck.

Inzwischen waren die Zwillinge Hasard und Philip damit beschäftigt, im seichten Wasser vor dem Riff Langusten und Fische zu fangen. Mit dabei waren noch Roger Brighton, Matt Davies, Bob Grey, Luke Morgan, Batuti und Bill.

Was sich da im Wasser alles tummelte, war erstaunlich. Sie hatten mehr als drei Dutzend große Langusten, Hummer, Krabben und Fische in erstaunlich kurzer Zeit gefangen, und es wurden immer mehr. Das gab eine phantastische Abwechslung für die hungrigen Mägen.

Die Langusten krebsten auf dem Grund herum, waren in dem kristallklaren Wasser gut zu erkennen und konnten mit der Hand gefangen werden.

Die Fische angelten sie vom Beiboot aus, aber nach den Erfahrungen der letzten Wochen nahmen sie nur noch solche, die sie kannten.

Gegen Mittag, als die Sonne hoch im Zenit stand, gab es dann ein köstliches Mahl. Der Kutscher hatte das Krabben- und Langustenfleisch kräftig mit Knoblauch, Pfeffer und Salz gewürzt. An Knoblauchvorräten herrschte auf der „Santa Barbara“ kein Mangel. Die Dons hatten die scharfen Zwiebeln gleich zentnerweise eingelagert. Der Kutscher hatte dafür gesorgt, daß sie nicht verdarben und sie in Essig, Salz und Olivenöl eingelegt und dadurch haltbar gemacht.

Jetzt hockten sie alle an Deck und fielen hungrig über die Leckerbissen her.

Hasard blickte zwischen zwei Bissen immer wieder zum weißen Inselstrand hinüber. Er wußte nicht, ob die Insel bewohnt war, aber einiges ließ darauf schließen, daß es Überlebende gegeben hatte, obwohl sich niemand zeigte. Möglicherweise bewohnten auch Eingeborene das Innere dieser Insel mit ihren fruchtbaren Tälern und Schluchten.

Auch der Ausguck war ständig besetzt, damit es keine unliebsamen Überraschungen gab.

Hasard wandte den Blick ab und konzentrierte sich auf das köstliche Mahl. Er wußte, daß er sich auf den Ausguck verlassen konnte, sollte wirklich etwas geschehen oder jemand auftauchen.

„Nach dem Essen setzen wir die Segel und werden ein Stück dieser Insel erkunden“, sagte er. „Wir wissen immer noch nichts über ihre Größe. Falls wir nichts Interessantes entdecken, segeln wir weiter auf unserem Kurs. Jetzt können wir zum Glück ja auch unsere Position genau bestimmen.“

„Mir gibt dieses mysteriöse Wrack immer noch Rätsel auf“, meinte Dan O’Flynn. „Wer hat es so total ausgeräumt, und wie sind die Leichen in den Laderaum gelangt?“

Der Seewolf zuckte mit den Schultern. Er hatte den Kopf halb zur Seite gedreht und blickte zu dem offenbar einzigen Riff der Insel, vor dem sie ankerten. Die Brandungswelle erhob sich in regelmäßigen Abständen, stieg donnernd und brüllend hoch und brach sich dann. Jedesmal stob eine riesige Gischtwolke auf.

„Ich weiß es leider nicht, Dan. Wenn wir das Rätsel nicht lösen, ist es auch nicht schlimm. Es sieht jedenfalls nicht danach aus, als würden wir eine Erklärung finden. Ein zweiter Gang zu dem Wrack erübrigt sich ebenfalls, denn er würde uns keine neuen Erkenntnisse bringen.“

„Na ja, wir haben ja den Kompaß“, murmelte Dan. „Das ist verteufelt viel wert.“

Der Kutscher und Mac räumten die Kummen ab und warfen die Schalen der Krustentiere über Bord. Die Zwillinge halfen. Danach überprüfte der Kutscher noch einmal die Vorräte, die sie auf dieser unbekannten Insel gefunden und an Bord gebracht hatten.

Sie hatten jetzt frisches Quellwasser, eine riesige Masse an Kokosnüssen, Brotfrucht, Papaya, Yamswurzeln und anderen Köstlichkeiten. In der Waschbalje tummelten sich Langusten, Hummer und Krebse. Für einige Zeit würden die Vorräte reichen. Aber solange sie sich hier noch aufhielten, würden sie alles mitnehmen, was zu kriegen war, denn niemand wußte, wann sie wieder auf eine Insel stießen. Das an Bord befindliche Kartenmaterial war nicht ergiebig genug. Zudem hatten es die Dons nicht gerade pfleglich behandelt.

Nachdem alles aufgeklart war, setzten sie die Segel und hievten den Anker. Das Beiboot wurde achteraus gehängt und vorläufig in Schlepp genommen.

Dan O’Flynn begann sofort damit, ihre augenblickliche Position festzustellen. Jetzt, da sie über einen Kompaß verfügten und die Sonne wieder schien, war das kein Problem.

„Ein bißchen grob über den Daumen gepeilt“, sagte er zu Hasard, „befinden wir uns zwischen dem achten und elften Grad südlicher Breite. Auf westlicher Länge liegen wir zwischen einhundertachtunddreißig und einhunderteinundvierzig Grad.“

„Dann haben wir inzwischen eine beachtliche Strecke zurückgelegt“, sagte Hasard. „Trotz Flauten und mitunter schlechten Wind. Wir werden wieder Koppelnavigation betreiben und eine provisorische Karte anfertigen, mit der wir uns besser orientieren können.“

Don Juan, der neben Hasard auf dem Achterdeck stand, hörte der Unterhaltung schweigend zu. Sein Blick war auf den Strand gerichtet, der immer noch einsam und verlassen dalag. Sie segelten jedoch so dicht unter Land, daß man mit bloßem Auge die Fußspuren erkennen konnte, die die Gruppe hinterlassen hatte.

„Hinter der Landzunge liegt das Wrack, Juan.“

Der Seewolf deutete voraus und wollte noch etwas hinzufügen, doch in diesem Augenblick meldete sich Batuti aus dem Ausguck.

„Genau voraus ist Land zu sehen – als schmaler feiner Strich.“

An der Kimm war wirklich nur ein kaum sichtbarer Strich zu erkennen, wenn man ganz scharf hinblickte. Aber zweifellos war es Land. Ob Insel oder Festland, das ließ sich nicht erkennen.

„Festland gibt es auf dieser Strecke nicht“, sagte Hasard, als Don Juan darauf anspielte. „Allerdings sind etliche Inselgruppen so groß, daß man sich leicht irren kann.“

Sie segelten weiter, bis sie die Landzunge erreichten, von der aus Edwin Carberry das Wrack entdeckt hatte. Alle Augen waren jetzt auf den Strand gerichtet.

Dann tauchte das Wrack auf. Unverändert lag es auf dem Strand, ein von der Hitze ausgetrocknetes, uralt scheinendes Schiff mit seinem grausigen Inhalt.

„Mich würde interessieren, durch welche Umstände es hier auf den Strand gelaufen ist“, sagte Don Juan nachdenklich.

„Darüber haben wir auch schon nachgedacht. Vermutlich ist es bei Sturm oder Nebel auf das Riff geraten und weitergedriftet, bis es auf dem Sand landete. Es kann aber natürlich auch unter ganz anderen Umständen hier gestrandet sein. Wir haben jedenfalls keinerlei Hinweise gefunden, die uns weiterhalfen.“

Das still auf dem Strand liegende Wrack verbreitete Unbehagen. Es wirkte wie eine Monstrosität aus einer anderen Welt.

Weit und breit zeigte sich keine Menschenseele.

Hasard war jedoch noch immer im Zweifel, ob die Insel nun bewohnt war oder nicht. Nach dem, was sie erlebt hatten, mußte es irgendwo Menschen geben. Schließlich war alles an Bord verschwunden, was nicht niet- und nagelfest war.

Ganz langsam verschwand das Wrack achteraus und wurde kleiner, bis es nicht mehr zu sehen war, denn jetzt rundeten sie wieder eine weit ins Meer ragende und dicht bewaldete Landzunge.

Hier ging es anscheinend von einer Bucht in die andere. Jetzt tat sich wieder ein Halbkreis aus Strand, Palmen und Dickicht auf. Auch der hohe Berg war deutlich mit seinem nebelumhüllten Haupt zu erkennen.

Die „Santa Barbara“ segelte weiterhin dicht unter Land. Das Wasser war so klar, daß man mühelos den Grund erkennen konnte. Die Tiefe mochte etwa sieben bis acht Yards betragen. Zum Auflaufen bestand also keine Gefahr. Sie näherten sich der Bucht aus östlicher Richtung und drehten dann, dem Buchtverlauf folgend, nach Süden ab.

Hasard blickte durch das Spektiv zu dem anderen Landstrich, doch der hatte sich noch nicht vergrößert. Es war nur eine schmale, etwas im Dunst liegende Linie über dem Wasser.

Als er das Spektiv auf den Strand voraus richtete und ihn absuchte, holte er plötzlich tief Luft.

„Gibt es etwas?“ fragte Don Juan.

„Ja, ich sehe eine Flagge. Sie ist an einem Flaggenstock im Sand befestigt.“

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 522

Подняться наверх