Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 134 - Fred McMason - Страница 5

2.

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Die Holländer waren frische, aufrichtige Kerle, wie die Seewölfe schnell feststellten.

Allerdings befand sich ihr Zweimaster in einem reichlich erbarmungswürdigen Zustand.

Ferris Tucker, der mit fünf anderen Männern an Deck stand, sah sich kopfschüttelnd um. Überall gab es Planken, die sich nach oben bogen, die zerfetzt und zersplittert waren. Er entdeckte zahlreiche Einschläge von Eisenkugeln, und obwohl sie das Deck schon aufgeklart hatten, wie sie sagten, glich es immer noch einem Trümmerhaufen. Wie mochte es wohl vorher ausgesehen haben?

„Das gibt Arbeit für mindestens drei oder vier Tage“, sagte der Schiffszimmermann. „Wie viele Leute seid ihr jetzt?“

„Zehn Mann, ohne die beiden, die fehlen.“

„Gut, dann hieven wir zuerst den Mast an Bord!“

Auch der Seewolf sah sich an Bord um. El Corsarios Kerle hatten die Laderäume erbrochen und alles verwüstet. Nachdem er das Schiff restlos ausgeplündert hatte und es nichts mehr zu holen gab, hatte er die Holländer hohnlachend davongejagt, den Kapitän und den Bestman jedoch zurückbehalten, um sie zu hängen.

„Dieses Kerlchen muß ich mir unbedingt aus der Nähe betrachten“, sagte Hasard zu Tucker, „und ich weiß auch schon, wie wir das anstellen werden. Natürlich sollten wir ihn nicht unterschätzen. Wie lange brauchen wir, wenn alle mitanpakken, Ferris?“

„Shane und die anderen auch und diese Leute hier?“

„Ja, alles was wir entbehren können, ohne daß die Gefechtsbereitschaft darunter leidet.“

„Dann sind wir morgen gegen Abend fertig, das kann ich mit gutem Gewissen versprechen.“

„Prächtig. Ich finde, wir sind es diesen Männern ganz einfach schuldig, daß wir helfen. Wir wären vermutlich ahnungslos und unvorbereitet einer größeren Übermacht in die Falle gelaufen.“

„Das ist auch meine Ansicht.“

Der Mast, den sie von Bord der „Isabella“ der Einfachheit halber ins Wasser geworfen hatten und ihn nachschleppten, wurde von kräftigen Fäusten an Deck gehievt.

Tucker registrierte anerkennend, daß die Holländer noch mehr schufteten als die Seewölfe. Unter ihnen gab es keine Drückeberger oder Leute, die nur so taten, als würden sie arbeiten.

Etwas später folgten Big Old Shane, der Gambianeger Batuti, Smoky, der Profos, Gary Andrews und ein paar andere.

Danach begann unverzüglich die Arbeit.

An Bord wurde pausenlos gehämmert, geklopft, gesägt und zugeschnitten, und zusehends veränderte sich das Deck, wurden neue Planken eingepaßt und befestigt, während ein anderer Trupp unverzüglich mit dem Kalfatern begann.

Einmal wandte sich der schwitzende Bootsmann De Haas mit ungläubigem Blick an den Seewolf.

„Ich habe einen sehr guten Zimmermann, Sir“, sagte er, „aber dieser rothaarige Mann ist ein Könner, der übertrifft alle Zimmerleute, die ich kenne, bei weitem. Und das will, godverdomme, Sir, schon etwas heißen. Der Mann mustert nicht zufällig bei Ihnen ab, Sir?“ fragte der Bootsmann lachend.

„Zufällig nicht“, sagte Hasard. „Aber Sie können ihn ruhig selbst danach fragen.“

„Wer bei Lobo del Mar fährt, müßte direkt verrückt sein, wenn er abmustert, Sir. Es gibt gleich etwas zu essen. Proviant hat uns dieser verrückte Pirat gelassen.“

Es gab Plum und Klüten, in großen Kummen an Deck serviert. Bei den Holländern war es beliebt, es bestand aus getrockneten Pflaumen und kleinen Klößen aus Mehlteig. Die Männer waren jetzt ausgehungert und hauten rein. Sie aßen, wie sie arbeiteten – schnell und viel, und sie ließen sich nicht lange bitten.

Am Nachmittag stand der Besan, einschließlich der Takelung. Die meisten Löcher im Deck gab es nicht mehr, und ein anderer Trupp nahm sich den Laderaum vor und klarte auf.

Zwischendurch ließ der holländische Bootsmann den Seewölfen und seinen eigenen Leuten ein scharfes Gebräu aus klarem Schnaps bringen, das mit Zitrone vermischt war.

Danach wurden die Arbeiten bis zum späten Abend fortgesetzt. Lange nach Dunkelheit kehrte Ruhe auf dem Schiff ein, und die Seewölfe gingen müde an Bord zurück.

Gegen Mittag des anderen Tages stand auch der zweite Mast nach endloser Schufterei.

Hasard wehrte den Dank des Holländers ab, der immer wieder bedauerte, ihn nicht bezahlen zu können.

„Ich verlange keine Bezahlung, Minheer De Haas“, erklärte der Seewolf ruhig. „Was wir getan haben, geschah nicht selbstlos, Sie haben uns gewarnt, und wir revanchierten uns dafür. Ihr Schiff ist wieder in Ordnung, Sie können segeln, wohin Sie wollen, und mit etwas Glück sehen Sie auch Ihren Kapitän und den Bestmann wieder, wenn dieser Größenwahnsinnige sie noch nicht gehängt hat. Das werden wir jedoch bald feststellen. Eine Frage noch: Haben Sie schon mal gehört, daß El Corsario auch spanische Kriegsschiffe ausgeplündert oder überfallen hat?“

„Nein, das traut er sich nicht, wahrscheinlich aus Angst, sie würden ihn mit einer ganzen Flotte ausräuchern. Spanische Handelsfahrer überfällt er, jedenfalls kassiert er seinen Anteil an der Fracht, aber Kriegsschiffe …“

Er sah den Seewolf verwegen lachen und rieb sich nachdenklich das Kinn, das von Stoppeln übersät war.

„Sie haben etwas vor, Sir“, sagte er. „Habe ich recht?“

„Allerdings, wir werden in die Höhle des Löwen segeln, und wenn Sie Ihren Kapitän wiederhaben wollen, dann rate ich Ihnen, in dieselbe Richtung zu segeln, allerdings erst in ein paar Tagen.“

„Sie schaffen das nicht, Sir“, warnte der Bootsmann eindringlich. „Es täte mir leid um Sie, ich würde das sehr bedauern, denn ich kann Ihnen keine große Hilfe anbieten.“

„Ich denke doch, daß es zu schaffen ist, Bootsmann. Wir werden heute nacht ankerauf gehen und auslaufen. Zuvor bitte ich Sie, mir noch eine genaue Beschreibung und alle Einzelheiten mitzuteilen.“

Die erneute Warnung des Holländers schlug Hasard lachend in den Wind. Er hatte sich vorgenommen, El Corsario einen Denkzettel zu verpassen, und daran hielt er sich. Zudem Spielte bei ihm der Gedanke mit, die dort angehäuften Schätze des Piraten könnten zur Bereicherung der englischen Krone beitragen und ihren eigenen Anteil entsprechend erhöhen. Wenn er dem Kerl das abnahm, was er den anderen gestohlen hatte, war das nur recht und billig.

„Wollen Sie von mir noch ein paar Leute haben?“ fragte der Bootsmann. „Ich kann Ihnen die Hälfte der Männer mitgeben oder zwei Drittel, wenn Sie das wünschen.“

Hasard schüttelte den Kopf.

„Ihre Leute sind fast alle blond“, sagte er, „nein, das ist gut gemeint, aber es geht nicht.“

De Haas sah den Seewolf an, öffnete den Mund und verstand im übrigen kein Wort.

„Was hat das mit der Haarfarbe zu tun, Sir?“ fragte er.

„Sehr viel, Bootsmann. Ich werde es Ihnen gelegentlich erklären. Wundern Sie sich nicht, wenn bei uns an Deck plötzlich Spanier erscheinen sollten.“

Der Bootsmann war nicht gerade begriffsstutzig. aber dennoch brauchte er eine Weile angestrengten Nachdenkens, bis sich sein breitflächiges Gesicht erhellte.

„Ich verstehe“, stieß er erregt hervor. „Sie wollen ihn mit den eigenen Waffen schlagen.“

„Überlisten“, verbesserte Hasard.

„Aber – aber, wie steht es mit der Sprache?“

„Oh, die meisten oder jedenfalls ein großer Teil meiner Besatzung spricht perfekt Spanisch. Und viele sind dunkelhaarig. So haben wir schon manches Problem gemeistert.“

Der Holländer sah ihn an, respektvoll und nachdenklich. Ja, dieser Mann hatte das Zeug dazu, mit einem Kerl wie El Corsario fertig zu werden. Daran zweifelte er keinen Augenblick mehr. Der Seewolf war ein harter unbeugsamer Bursche, der zu kämpfen verstand, dem nahm keiner den Wind aus den Segeln.

Und wenn er sich die Männer betrachtete, verstärkte das seine Zuversicht nur noch. Das waren eiserne Burschen, Kerle aus Granit, die nicht lange fakkelten.

Kein Wunder, dachte er weiter, daß diese Burschen überall gefürchtet waren, und doch hatten sie sich um ihn und das Boot gekümmert und in unglaublich kurzer Zeit unter der Leitung des rothaarigen Riesen das Schiff in Ordnung gebracht.

Der Holländer wußte wirklich nicht, wie er seinen Dank abstatten sollte, und so streckte er dem Seewolf stumm die Hand hin.

Etwas später kehrten die Seewölfe an Bord zurück. Hasard besprach sich mit seinem Bootsmann, dem untersetzten Ben Brighton.

„Hast du inzwischen nachgesehen, was wir an spanischen Uniformen noch an Bord haben?“

„Mehr als genug“, versicherte Ben. „Wir haben den Spaniern so viel abgeknöpft, daß wir fast eine kleine Armee damit ausrüsten können. Alles ist da, von den Helmen bis zu den Waffen, einige Kerle müssen nur noch künstlich etwas nachgedunkelt werden.“

„Das wird der Kutscher noch heute besorgen. Kurz vor Tagesanbruch laufen wir aus, und unterwegs werden wir noch eine kleine Übung abhalten, damit es keine Pannen gibt. Es muß alles wie am Schnürchen laufen. Du steigst in die Rolle des ersten Offiziers und gibst dich so arrogant und herablassend wie nur möglich. Jeder andere erhält seine Rolle unterwegs auf See genau zugewiesen. Laß jetzt den Kutscher antreten und alle die Männer, die blonde Haare haben. Wir werden uns gründlich verwandeln.“

Ziemlich fertig und erschöpft traten die Seewölfe etwas später auf dem Deck an, aber als sie hörten, um was es ging, begannen die ersten zu grinsen und sich die Hände zu reiben. Das war wieder mal so ganz nach ihrem Geschmack, besonders Carberry freute sich diebisch.

„Das wird ein Fest“, verkündete er und schlug sich auf die Schenkel, grinste und blickte wild um sich. „Das einzige was mir dabei nicht gefällt, ist die stinkige Salbe, die der Kutscher hat, aber die müssen wir wohl in Kauf nehmen, wenn alles so echt wie nur möglich aussehen soll.“

„Unterhaltungen werden nur noch in Spanisch geführt“, sagte der Seewolf. „Nach dem Auslaufen drehen wir in Richtung See ab, etwa sechs Meilen Küstenentfernung, bis wir diesen kreuzenden Kahn entdecken, das Auge El Corsarios. Dieses Auge werden wir blenden, es geht sofort voll drauf, sobald die Kerle Anstalten unternehmen, uns auf den Pelz zu rücken. Es wird erbarmungslos gefeuert. Wir führen ab sofort die spanische Flagge und segeln im Auftrag seiner Allerkatholischsten Majestät, unseres lieben Philipp. Wer Fragen hat, kann sie jetzt stellen! Alles weitere wird noch geübt, sobald wir unterwegs sind.“

„Und wenn das ganze Geschwader gleichzeitig ausläuft und uns einkreist?“ wollte Matt Davies wissen.

„Wir segeln mit Vollzeug in die Bucht, direkt im Neunzig-Grad-Winkel von See aus. So schnell werden sie gar nicht reagieren, ich habe mir das von dem Holländer genau beschreiben lassen. Dieser El Corsario lauert auf die Beute, die sich dicht unter Land bewegt und Nord- oder Südkurs segelt. Er wird nicht damit rechnen, daß sich ein Schiff direkt auf seine Bucht bewegt.“

Der riesige Gambia-Neger lachte dröhnend.

„Batuti nicht aussehen wie Spanier“, sagte er, „auch wenn Batuti haben schwarze Haar, ganz krumme. Batuti werden wieder spielen armes Nigger von Sklavenmarkt, wo immer kriegen von Profos viel Prügel und schlecht Essen.“

„Du kannst auch unter Deck bleiben“, sagte Hasard, aber der Neger schüttelte den Kopf.

„Batuti machen viel Spaß, wenn können Don ärgern, Sir. Lassen Batuti an Deck, vielleicht können an Mast binden, wo Batuti schreien nach Negerland und armes Vater und Mutter.“

„Hmm, das dürfte nicht schlecht wirken“, sagte Hasard lachend. „Legt euch also spanische Namen zu, ich selbst fungiere als Don Manuel de Funchal. Gerüchteweise haben wir gehört, daß es an der Küste nicht mit rechten Dingen zuginge. Uns folgen sechs schwerbewaffnete Galeonen mit Seesoldaten, demnach wird El Corsario sich hüten, uns anzugreifen. Er wird uns etwas vorflunkern, nehme ich an, und wir werden improvisieren müssen. Aber das werden die Gelegenheit und der Augenblick mit sich bringen. Das läßt sich nicht in allen Einzelheiten im voraus planen.“

Etwas später trat der Kutscher in Aktion, während der Moses Bill und der alte Segelmacher Will Thorne die verstaubten Uniformen heraussuchten und sie nach Größen ordneten.

Das Geschrei ging wieder los, als der Kutscher den ersten Männern das übelriechende Färbemittel auf die Haare klatschte und genüßlich verrieb.

Es stank in der Tat mehr als bestialisch, aber das ließ sich leider nicht ändern, wie der Kutscher versicherte, und wenn sie ihre Köpfe schon nicht zum Denken hätten, so wenigstens dazu, sie sich färben zu lassen, wie er betonte.

Stenmark, der blonde Schwede, verzog angewidert das Gesicht, als der Kutscher ihn salbte.

„Ich sehe bestimmt aus wie mein eigener Großvater“, sagte er. „Mußt du das Zeug denn unbedingt so dick auftragen, Kutscher?“

„Wer hier meckert, den seife ich zweimal ein“, drohte der Feldscher der „Isabella“. „Endlich kann ich mich einmal an euch Kerlen revanchieren. Wirst du noch einmal am Essen mäkeln?“ fragte er, und hielt schon die nächste Menge übelriechendes Zeug in der Hand, um es dem Schweden auf die blonden Borsten zu klatschen.

„Nie mehr“, versicherte Stenmark unter dem Gelächter der anderen. „Deine Kakerlaken sind die besten und die Ratten in der Suppe immer so zart und fein gewürzt.“

Ungerührt ließ der Kutscher die übelriechende Masse los, klatschte, rieb und massierte genüßlich. Diesmal konnte er sich austoben, sie waren ihm ausgeliefert, und das wußte der Kutscher zu würdigen. Ab und zu schickte er prüfende Blicke in die Runde, und sobald sein Auge etwas länger auf einem mißmutigen Gesicht verweilte, verzog es sich zu einem gequälten Grinsen, wie er zufrieden feststellte.

Unterdessen versuchte Ed Carberry, sich fluchend in eine spanische Uniform zu zwängen, die ihm Will Thorne gab. Es ging nicht, das Wams war zu eng, es drohte aus den Nähten zu platzen.

„Verdammt, gibt es denn keine großen Dons?“ fragte Carberry ärgerlich. „Die Kerle sollten mehr fressen, dann wachsen sie auch. Das Ding paßt nicht, Will, gib mir das andere.“

Thorne ließ ihn geduldig probieren, doch Carberry war ein schwieriger Fall, und es dauerte lange, bis er eine halbwegs passende Uniform gefunden hatte.

„Na, wie sehe ich aus?“ fragte er den Segelmacher.

Der alte Thorne kratzte sich den Schädel und überlegte.

„Na, sag schon!“ drängte Ed ungeduldig.

„Hm, wenn du es mir nicht verübelst, Profos, aber ich würde dich für einen etwas zu groß geratenen spanischen Bauernlümmel halten, einen, der von zu Hause ausgekniffen ist.“

„Vielen Dank!“ brüllte Ed. „Aber ich habe dich nicht um deine Meinung gefragt.“

„Dann muß ich mich verhört haben“, sagte Will grinsend. „Aber du siehst wirklich gut aus, Profos. Du bist der größte Spanier, den ich je gesehen habe.“

Carberry stolzierte in seiner spanischen Uniform ein wenig herum und fühlte sich reichlich merkwürdig darin. Aber der Zweck heiligte die Mittel, und so ließ er sich auch eine Weile geduldig hänseln, bis sich die anderen wieder beruhigt hatten.

Inzwischen ging das Einseifen weiter. Die ersten Männer standen mit angeklatschten Haaren an Deck und betasteten den Aufbau, der an der Luft trocknete und steinhart zu werden begann. Mindestens eine Stunde lang sollten sie das Zeug drauf lassen, wie der Kutscher bestimmte, erst danach wurde es ausgewaschen.

„Und wenn euch der Schädel noch so juckt und steinhart wird, es löst sich mit Wasser später wieder auf. Und jetzt verzieht nicht so griesgrämig die Gesichter, ihr Stinte, ihr spanischen.“

„Mein Gesicht verzieht sich von allein“, schimpfte Stenmark, „weil das Zeug jetzt hart wird. Ich bringe kaum noch das Maul auf.“

„Um so besser“, erwiderte der Kutscher ungerührt. „Dann halte es für eine Weile.“

Die Prozedur ging weiter und endete erst kurz vor Mitternacht. Bis dahin hatten sich alle stark verändert.

Hasard ordnete Ruhe an. Er ließ Doppelwachen aufziehen, obwohl die Holländer aufpaßten und ebenfalls Wache gingen. Aber des Seewolfs Devise war, immer selbst die Augen offen zu halten und sich nicht auf andere zu verlassen.

Diese Nacht verlief fast verdächtig ruhig.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 134

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