Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 247 - Fred McMason - Страница 5
2.
ОглавлениеIn der folgenden Nacht richtete es Ferris Tucker so ein, daß seine Wache gegen vier Uhr morgens endete.
Es fiel auch keinem auf, daß er in der Kombüse verschwand und sich dort in der angrenzenden Proviantlast versteckte.
Das Schott ließ er leicht angelehnt und klemmte etwas dazwischen, damit es nicht von allein zufallen konnte. Sobald in der Kombüse Licht entzündet wurde, konnte er alles überblicken, aber noch herrschte totale Finsternis.
Der Schiffszimmermann übte sich in Geduld, hockte sich zwischen Mehlund Maissäcken auf die Planken und lehnte sein breites Kreuz an das Schott.
Eine halbe Stunde später glaste es vom Achterdeck, und die Sanduhr wurde umgedreht.
Kurz danach quietschte das Kombüsenschott, und die Zwillinge betraten des Kutschers Heiligtum. Sie hatten eine blakende Lampe aus dem Quartier dabei und hängten sie an den Wandhaken.
Alle beide gähnten laut, und Hasard lehnte sich an den kalten Herd. Dann griffen sie nach den Hühnereiern, die der Kutscher einem der ambulanten Händler abgekauft hatte. Mit dem Fingernagel klopften sie die Eier auf und schlürften sie genußvoll aus. Die Schalen zerdrückten sie und schoben sie in den Abfallkübel.
Ferris sah grinsend zu, und wenn er weit in die Vergangenheit zurückdachte, mußte er sich eingestehen, daß er als kleiner rothaariger Bengel der gleichen Prozedur gehuldigt hatte, als er in den Hühnerstall geschlichen war und sich mit Genuß über die verhinderten Hühner hergemacht hatte.
Nur hatte sein Alter dafür kein Verständnis aufgebracht und ihn so lange vermöbelt, bis ihm die Dotter wieder aus dem Hals liefen.
Soweit ist ja alles in Ordnung, dachte er, auch daß die beiden Lümmel sich Rosinen griffen und Speckscheiben absäbelten.
Nur was dann folgte, ließ ihm die roten Haare fast senkrecht zu Berge stehen.
Philip räumte die Asche aus dem Herd, und Hasard schüttete neue Holzkohle auf. In die Mitte der aufgeschichteten Holzkohle wühlte er eine kleine Grube. Dann lehnte er sich an den Herd und bohrte mit seinen schwarzen Fingern in der Nase.
„Mensch, steck das endlich an“, drängte Philip, „sonst ist gleich der Kutscher da und merkt was.“
Hasard junior ließ sich jedoch nicht stören.
„Bißchen Zeit haben wir noch“, sagte er, bequemte sich dann aber doch, sein Tun aufzugeben. Er verschwand vom Herd, ging zum Schapp und wühlte in der Tiefe darin herum. Mit einem kleinen Leinenbeutel in der Hand tauchte er wieder auf.
Aus dem Leinenbeutel nahm er eine viertel Handvoll körnigen Pulvers, das er in die Mulde schüttete. Darüber häufte er Holzkohle und ließ den Beutel wieder verschwinden.
Dann hörte Ferris, wie die beiden sich ungeniert unterhielten.
„Was meinst du“, sagte Hasard junior, „was der Kutscher wieder für rote Ohren kriegt, wenn das Feuer schon brennt. Hast du dir mal sein ratloses Gesicht angesehen? Da blickt der nicht durch, auch wenn er noch so gescheit ist.“
„Nee, das ist für ihn ein Wunder“, sagte Philip grinsend. „Aber so geht es am schnellsten.“
Ferris wollte schon aufspringen, für den Fall, daß etwas passierte, aber er ließ es dann doch. Er befand sich ja in unmittelbarer Nähe und konnte sofort eingreifen. So völlig sicher war er sich seiner Sache auch jetzt noch nicht, doch er glaubte zu wissen, was hier vor sich ging. Es paßte alles wunderbar zusammen.
Er beobachtete weiter und hörte, wie sie über den Kutscher lästerten, weil der einfach nicht begriff, wie man so schnell ein Feuer entzünden konnte.
Dann griff Hasard zur Schöpfkelle, goß ein paar Tropfen Wasser in die Mulde zwischen der Holzkohle und zog seinen Kopf zurück.
Bläuliches Feuer zuckte auf, als das Gemisch mit Wasser in Berührung kam. Innerhalb von wenigen Augenblicken fraß sich das Teufelszeug in die Holzkohle und ließ sie blutrot erglühen. Noch keine halbe Minute war vergangen, als sich die Herdplatte unter der hellen Glut rötlich färbte.
Deshalb also fehlen ein paar Hände voll Griechisches Feuer, dachte Ferris.
„Ich glaube, wir haben ein bißchen zuviel genommen“, sagte Philip besorgt und schielte auf den Herd, dem jetzt ungeheure Hitze entströmte.
„Das glaube ich auch“, sagte Ferris Tucker und trat aus dem Schott.
Die beiden zuckten zusammen und drehten sich wie Kistenteufelchen angstvoll um.
„Oh, oh, Mi – Mister Tucker“, stammelte Hasard entgeistert.
„Ihr seid wohl nicht mehr ganz bei Trost, was?“ sagte Ferris grimmig. „Wißt ihr überhaupt, was ihr damit anrichten könnt? Unser Schiff kann abbrennen wie ein Brander und in die Luft fliegen. Und die Männer kann es alle das Leben kosten. Ihr spielt mit dem gefährlichsten Zeug, das wir überhaupt jemals an Bord hatten, ihr verdammten Läuseknakker.“
Ferris’ Augen blitzten die beiden ärgerlich und vorwurfsvoll an, und die versuchten auch erst gar nicht, sich reinzuwaschen.
„Wir haben uns wirklich nichts dabei gedacht, Mister Tucker“, sagte Hasard reumütig. „Wir wollten nur, daß es schneller geht, weil man immer so lange zum Feueranzünden braucht.“
„Ein paar Funken davon genügen, um hier alles in Brand zu setzen“, sagte Ferris erbittert. „Das Zeug ist mit Wasser nicht zu löschen, und es brennt verdammt lange. Ihr müßt nicht nur immer an eure Bequemlichkeit denken, verstanden?“
„Ja, Mister Tucker.“
So zornig hatten alle beide den Schiffszimmermann schon lange nicht mehr gesehen, und sie versprachen mit gesenkten Köpfen, daß sie das nie wieder tun würden.
„Ich müßte das eurem Vater melden“, sagte Ferris.
„Der würde uns halbtot schlagen, Sir“, murmelte Philip voller Angst. „Bitte nicht, Sir! Wir geben unser Ehrenwort, daß das nie wieder passiert.“
Ferris überlegte eine Weile. Sein wütender Blick ließ die beiden in sich zusammensinken wie nasse Lappen. Wenn er Hasard den Vorfall meldete, dann setzte es Prügel, das würde der Seewolf nicht durchgehen lassen.
„Gut“, sagte er nach einer Weile. „Euer Vater würde euch mit dem Tampen bearbeiten, das ist sicher. Ich habe es mir überlegt. Ich werde nichts sagen, und deshalb bleibt diese Lumperei unter uns Pastorentöchtern, klar?“
„Vielen Dank, Sir.“
„Dafür braucht ihr euch wirklich nicht zu bedanken“, sagte Ferris. Dann zog er mit Daumen und Zeigefinger Hasard junior an der Nase heran und gab ihm zwei saftige Ohrfeigen.
Philip brauchte er nicht an der Nase zu ziehen, der trat gleich freiwillig zwei Schritte vor.
Ferris gab auch ihm in aller Ruhe zwei ebenso saftige Ohrfeigen.
„Wenn ihr noch mal in die Pulverkammer schleicht“, sagte er, „dann gibt’s wieder Ohrfeigen, aber solche, daß euch die Eierköpfe wie Kanonenkugeln davonfliegen. Kapiert?“
„Aye, aye, Sir. Und vielen Dank, daß Sie uns nicht bei Dad melden werden.“
„Für mich ist der Vorfall damit erledigt“, sagte der Schiffszimmermann, „und ich bin auch nicht nachtragend.“
„Wir auch nicht, Sir“, sagte Hasard. „Das waren zwei saftige Brocken, aber wir haben sie ehrlich verdient.“
„Fein, daß ihr das einseht. Und jetzt geht an eure Arbeit.“
Ferris holte das Säckchen mit dem Pulver aus dem Schapp und schob es in seine Hosentasche. Dann kontrollierte er den Herd und fand, daß nichts mehr passieren konnte. Zwar stand die Holzkohle in heller Glut, aber das Pulver war abgebrannt.
Gerade als er gehen wollte, erschien der Kutscher.
„Mann, seid ihr Teufelskerle“, bemerkte er. „Das brennt ja schon wieder wie die Hölle. Was habt ihr denn für rote Gesichter?“
„Weil sie ihre Köpfe immer so dicht an die Glut halten, wenn sie das Feuer anblasen“, sagte Ferris. „Außerdem stehen diese Lausebengels noch früher auf, als sie zugeben, und tun nur so, als könnten sie das Feuer aus dem Ärmel schütteln. Du brauchst dich also nicht mehr zu wundern, Kutscher.“
„Tüchtig, tüchtig“, lobte der schmalbrüstige Koch und Feldscher.
Ja, tüchtig sind diese Satansbraten, dachte Ferris, die jetzt verlegen herumstanden und den Kutscher angrinsten. Und die beiden Feuerteufelchen dachten daran, daß sie gerade jeder zwei tüchtige Ohrfeigen empfangen hatten, und so legte jeder das Wort auf seine eigene Art aus.
Von da an klappte es aber mit dem schnellen Feuer nicht mehr so richtig wie früher, obwohl die Zwillinge noch eine halbe Stunde früher aufstanden.
Bevor das vermeintliche Dumyat auftauchte, kam Sturm auf.
Am nördlichen Horizont erschien eine düstere Wolkenbank. Zusehends wurde der Himmel dunkler und brachte Wetterleuchten heran, bis der erste leise Donner zu hören war.
Mit dem scharf wehenden Wind wurde auch die See immer ruppiger, bald darauf begann es zu pfeifen und zu heulen. In den Luvwanten sang der Wind wie auf einer Äolsharfe.
„Das ging aber schnell“, sagte Ben Brighton, „und es sieht verdammt so aus, als wenn es noch wüster wird. Sollen wir Vorbram- und Großbramsegel wegnehmen, Sir?“
„Scheint wirklich schlimmer zu werden“, sagte auch der Seewolf und blickte zum Horizont, wo nur noch Düsternis aufzog. Innerhalb kurzer Zeit wurde es dunkel, aber es regnete nicht.
„Ja“, beantwortete Hasard Bens Frage. „Blinde und Besan auch. Laß alles auftuchen.“
Die Seewölfe gingen an die Arbeit. Die meisten hatten angenommen, das Wetterchen würde sich gleich wieder verziehen, aber es wurde nur noch schlimmer.
Als die ersten Brecher über Bord schwemmten und das Heulen und Jaulen des Sturmes sich verstärkte, ließ der Seewolf noch weiter von der Küste abdrehen, um nicht auf Legerwall zu geraten.
Etwas später segelte die „Isabella“ nur noch unter einem Sturmsegel, und es hatte den Anschein, als müßte sie bald vor Topp und Takel lenzen.
Alles, was an Deck festgezurrt war, wurde noch einmal überprüft.
„Wer hätte das gedacht!“ fluchte Carberry. „Ich denke, in dieser Ecke gibt’s gar keinen Wind, weil hier so leichtgebaute Mustöpfe rumgurken, und jetzt das! Komm her, du lausige Federwanze!“ schrie er gleich darauf und grapschte nach Sir John, den es von der Rah geweht hatte, und der vergebens gegen den Wind ankämpfte.
Carberry hielt den Vogel fest, öffnete das Schott zum Aufenthaltsraum, der Messe, und ließ Sir John hinunterflattern. Unten hockte schon der Affe, der rechtzeitig vor dem Wind nach mittschiffs geflüchtet war.
Die Wellenberge wurden immer höher. Die „Isabella“ ächzte und knarrte in allen Verbänden, kletterte an den Wogen hoch und mußte sie voll nehmen.
Über die Kuhl fluteten harte Brecher, als sich der Profos nach achtern hangelte. Wirbelnder Schaum holte ihn ein, und ein dunkler tintiger Brecher schob ihn schneller den Niedergang hinauf, als ihm lieb war. Klatschnaß und fluchend erreichte der Profos schließlich das Achterdeck.
Doch als er sich umdrehte, glaubte er, sein Herzschlag müsse aussetzen.
Das Schott zur Messe ging auf, und Arwenack, der es von innen geöffnet hatte, steckte seinen Schädel heraus, als wolle er sich über das Wetter informieren.
Ein Schwall Wasser ergoß sich in das Innere, und Arwenack verzog angewidert das Gesicht.
„Ah, verdammt!“ brüllte der Profos und übertönte mühelos das Heulen des Sturmes. „Dir zieh ich doch gleich deinen Affenarsch in Streifen ab, du vergammelter Stinkfisch.“
Er wollte gerade nach unten zur Kuhl gehen, aber der Gambia-Neger Batuti hatte das sich anbahnende Drama ebenfalls bemerkt und reagierte erstaunlich schnell. Nicht nur, daß sein Affenliebling über Bord gehen konnte, es konnte auch noch die Messe vollaufen.
Mit einem Satz sprang er auf die Kuhl und landete im Wasser, als die „Isabella“ hart überkrängte.
Batuti kämpfte sich durch, hielt sich an den inzwischen gespannten Manntauen über seinem Schädel fest und wartete die nächste Woge ab, um weiterzuhangeln.
Das Schott war inzwischen mit einem lauten Knall wieder zugedonnert. Arwenack hatte nach unten verholt. Das war aber keine Garantie dafür, daß er nicht doch wieder seinen Schädel hervorstrecken würde, wenn es ihn danach gelüstete.
Eine heranrollende Riesenwoge erschien wie ein Berg vor der „Isabella“. Das letzte Segel war gerade vor kurzer Zeit geborgen worden, und der Rahsegler lenzte jetzt vor Topp und Takel.
„Batuti!“ brüllte der Profos. „Halt dich fest, Kerl!“
Der Neger, ein erfahrener Seemann, hörte wohl etwas brüllen, aber er verstand es nicht, denn das Jaulen, Pfeifen und Heulen verstärkte sich noch mehr. Er sah jedoch auch die herandonnernde Riesenwelle und verkrallte sich im Hauptwant.
Da orgelte es auch schon mit Urgewalten heran. Tosend überflutete eine Wasserwand die „Isabella“, die sich ächzend wie ein todkrankes Tier auf die Seite legte.
Batuti befand sich übergangslos unter Wasser, krallte sich fest, hielt die Luft an, hustete und würgte, als sie harte See ihn immer noch unter sich gefangen hielt.
Zischend lief das Wasser ab, und ein brüllender Donnerschlag ließ den Neger zusammenzucken.
Noch bevor die nächste Woge heran war, hatte er das Schott erreicht und warf den eisernen Riegel vor.
So, der Messeraum war gesichert, den schweren Riegel konnte das Wasser nicht mehr hochdrücken.
„Aufs Achterdeck!“ brüllte Hasard. „Schnell, Batuti!“
Es wurde immer dunkler, immer mehr Blitze zuckten aus dem Himmel, und von zwei Seiten zugleich schob sich eine heulende Regenfront heran. Wie zäher Nebel sah es aus, wie ein Vorhang, der sich über das Meer legte.
Ein ungeheuer laut hallender Schlag ließ die „Isabella“ in allen Verbänden erzittern. Es hörte sich so an, als sei sie bei voller Fahrt über einen Felsen geschrammt, aber es war nur eine auflaufende Woge, die sie nicht mehr erklimmen konnte, und die ihr voll unter den Kiel donnerte.
In diesem Augenblick konnten sich auch Carberry und Ben Brighton nicht mehr halten. Sie rutschten aus und schlitterten über das Deck bis zum Schanzkleid der Steuerbordseite.
Ben Brighton stumm, verzweifelt mit den Armen rudernd, Carberry, wie es seiner Art entsprach, unter entsetzlichen Flüchen.
Batuti versuchte, das Achterdeck zu erreichen, aber bei dem Höllentanz, den das Schiff vollführte, war das fast unmöglich. Immer wieder drohten ihn die Brecher über Bord zu waschen.
Batuti keuchte, fluchte, versuchte, seinen einsamen Kampf gegen die entfesselten Elemente zu gewinnen und wußte doch, daß es hoffnungslos war. Obwohl er die Kraft eines Gorillas hatte, kam er gegen diese tobenden Wassermassen nicht an, die immer wieder brüllend über ihm zusammenschlugen.
Carberry hatte sich inzwischen wieder fluchend erhoben und wollte dem Neger zu Hilfe eilen. Doch das erwies sich als unmöglich. Sowie er die oberste Stufe des Niedergangs erreichte, drohte es ihn über Bord zu schwemmen.
Der Bug der „Isabella“ tauchte in diesem Moment so tief ein, daß das Vorschiff völlig verschwand. Ein Berg wälzte sich mit Urgewalten über das Schiff und drückte es noch tiefer ins Wasser.
Da hatte Batuti die Webeleinen erwischt und wollte in seiner Verzweiflung aufentern.
Dann passierte das, was die Männer auf dem Achterdeck mit Entsetzen erfüllte. Hilflos sahen sie zu, wie der Brecher der Länge nach über das Schiff tobte und den Neger, der wie eine dicke schwarze Spinne in den Webeleinen hockte, mit einem gewaltigen Fauchen aus dem Tauwerk riß.
Batuti stieß einen Schrei aus, mehr aus Wut als aus Angst, weil seine Kräfte nicht ausreichten, sich festzuhalten.
In einer brüllenden Wasserhölle aus Gischt, prasselndem Regen und rollender See verschwand er mit weit ausgebreiteten Armen, als hätte ihn ein Katapult abgefeuert. Nicht einmal das Aufklatschen seines Körpers war zu hören, als er im Meer landete.
Zehn, zwölf Yards von der „Isabella“ entfernt glitt er in ein Wellental und verschwand in der kochenden See.
Zwei, drei Männer handelten gleichzeitig, ohne daß es eines einzigen Wortes bedurfte und ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben.
Der erste war der Seewolf, der zweite Ferris Tucker und der dritte Edwin Carberry, und sie alle hatten nur einen einzigen Gedanken: sie mußten etwas in die See werfen, etwas, das schwamm, auch wenn es noch so unwahrscheinlich war, daß Batuti es zu fassen kriegte.
Auf eine andere Art konnten sie ihm nicht helfen, eine Rettung mit dem Schiff oder einem der Boote war ausgeschlossen.
Sie warteten den nächsten Wellenberg ab, sprangen den Niedergang hinunter und kämpften sich wie auf Verabredung nach Backbord, wo die Gräting vom kleinen Laderaum festgezurrt war.
Der nächste Brecher wischte sie weg. Hasard knallte an die Nagelbank, Ferris Tucker gelang es gerade noch, sich an den Manntauen festzuklammern, und den Profos schleuderte es mit Wucht direkt an die Gräting. Einen Augenblick glaubte er, die „Isabella“ stünde kopf, denn überall war nur noch Wasser. Als die Woge zwischend und brüllend weiterflutete, hatte er schon sein Entermesser in der Hand und hieb zu.
Neben ihm tauchten wie Schemen Hasard und Ferris auf. Während sie sich mit einer Hand festhielten, kappten sie mit dem Messer in der anderen die Taue der Gräting.
„Hoch damit!“ schrie Hasard durch das Tosen,
Bevor der nächste Brecher sie überschwemmte, packten ihre derben Fäuste zu, hievten die schwere Gräting hoch und stießen sie mit einem schnellen Ruck über das Schanzkleid.
Aber es war zum Verzweifeln. Die Gräting war noch nicht richtig über Bord, als die See sie wütend wieder zurückspülte und auf die Kuhl schleuderte.
Erst beim zweiten Versuch klappte es, und sie verschwand achteraus in der tobenden See.
Der Kampf zurück aufs Achterdeck hätte auch fast noch den Seewolf über Bord gespült, aber Ferris konnte ihn gerade noch halten, und so wurden alle beide unter die Stufen des Niedergangs gespült.
Dann endlich erreichten sie das Achterdeck, wo sich nur noch Dan O’Flynn und Ben Brighton aufhielten.
Dan versuchte, angebunden neben dem Ruder, durch das Spektiv zu blicken, aber in der kochenden Hölle achteraus war nichts zu sehen. Auch die Gräting war verschwunden, und das Glas des Kiekers war mit salzigen Schlieren verdreckt.
Die „Isabella“ lenzte immer noch, der Wind jagte sie vor sich her, drehte sie, so daß sie die Brecher von allen Seiten kriegte.
Die klatschnassen Seewölfe sahen sich ratlos an. In ihren Augen stand die unausgesprochene Frage nach Batuti, für den es so gut wie aussichtslos geworden war, diesen Kampf in dem brüllenden und tobenden Meer zu überleben.
„Verdammter Mist!“ brüllte Ed voller Wut. „Wie sollen wir Batuti jemals suchen? Wir wissen ja gar nicht, bei welchem Kurs er über Bord ging. Wenn diese Scheißwellen wenigstens noch numeriert wären, aber wir haben kaum Anhaltspunkte.“
Mehr konnte er nicht sagen, denn wieder heulte es düster und wild heran, und eine Folge von Blitzen knatterte über die See. Der wilde Regenschauer zog weiter zum Land hin und verlor sich.
Aber die See tobte wie zuvor, und keiner wußte, wie lange das noch dauern würde.
In diesen fürchterlichen Augenblicken dachten sie alle an Batuti und fluchten, weil sie nicht helfen konnten. Vielleicht war der Neger längst ertrunken.