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3.

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Aber da war noch Old Donegal Daniel O’Flynn, dessen Gesicht so faltig und zerknittert war, daß das Altern darin überhaupt keinen Platz mehr hatte. So fühlte sich das alte Rauhbein an diesem Morgen auch taufrisch und munter.

Händereibend über die reiche Beute, umkurvte er mit der „Empress“, dem originalgetreuen Nachbau seiner legendären „Empress of Sea“, auf der er die tollsten Dinge erlebt hatte, immer wieder den Verband und paßte auf wie eine Glucke auf ihre Küken, damit sich ja niemand näherte.

Er sah auch nichts Beunruhigendes, obwohl er scharfe Augen hatte.

Aber an Bord waren zwei, die noch schärfere Augen hatten, und das waren die Zwillingssöhne des Seewolfs.

Hasard junior starrte schon eine ganze Weile zur dämmerigen Kimm, die dunstig und verwaschen wirkte.

„Siehst du etwas, Philip?“ fragte er seinen Bruder. „Peil mal Steuerbord achteraus an.“

Das tat Philip ausgiebig und nickte.

„Ein ganz feiner Strich ist da zu erkennen.“

„Zwei ganz feine Striche sind das“, sagte Hasard. „Das werden wir gleich mal dem Admiral melden.“ So nannten sie ihren Großvater manchmal, weil der einmal im Suff behauptet hatte, ihm stünde der Titel Admiral durchaus zu, zumal er sich auf seinem Schiff ohne weiteres selbst dazu befördern könne.

Martin Correa stand an der Ruderpinne. Sven Nyberg und sein Freund Nils Larsen unterhielten sich über die Beute, während die Wolfshündin Plymmie ihr Schläfchen hielt.

„Steuerbord achteraus sind zwei feine Striche an der Kimm zu sehen, Granddad“, sagte Hasard junior. „Die hängen schon eine ganze Weile da herum.“

Old O’Flynn hustete ein bißchen und ließ sich das Spektiv geben. Kurz darauf entdeckte er die beiden senkrechten Striche.

„Teufel auch“, grummelte er, „das ist ganz sicher der Schlorren, vor dem Hasard uns noch gewarnt hat. Ein Fühlungshalter ist das vermutlich. Ich dachte, der hätte uns längst aus den Augen verloren. Du hast gut aufgepaßt, Söhnchen, dafür gibt’s später auch einen Besanschot-an.“

Ein kleines Gluckerchen aus der Pulle war für die Zwillinge bei Vater Hasard verpönt. Beim „Admiral“ durfte man schon hin und wieder in Maßen einen kleinen lenzen, da verfuhr der Alte großzügig, denn er dachte an seine eigene Jugend. Als er fast vierzehn Jahre alt war, da hatte er auch öfter mal einen ganz heimlich gegluckert und dafür Prügel bezogen.

Der Statur und ihrem Kampfgeist nach waren die beiden in seinen Augen sowieso schon fast achtzehn Jahre alt.

Er starrte noch einmal durch den Kieker und nickte dann.

Beim zweiten Angriff auf den Geleitzug hatte Hasard den an der Kimm klebenden Spion gesichtet und davor gewarnt.

„Kein Zweifel, das ist er“, sagte Old O’Flynn, „oder mein Holzbein soll Wurzeln schlagen.“

Er blickte auch auf sein Holzbein, und als das nicht gleich Wurzeln schlug, war die Sache für ihn klar: Es konnte sich nur um den Fühlungshalter handeln, und der hatte nichts anderes im Sinn, als zu erfahren, wohin die vielen Klunkerchen denn wohl segelten.

„Diesem Hühnerpuster werden wir mal auf den Zahn fühlen“, sagte er dann entschlossen.

Die „Empress“ segelte zur Zeit achteraus der anderen Schiffe, lag also genau hinter dem großen Zweidecker „Caribian Queen“.

Old O’Flynn ließ aufsegeln, bis er das Achterdeck des düsteren Schiffes erreichte und die Rote Korsarin auf dem Deck sah.

Er legte die Hände trichterförmig an den Mund und preite Siri-Tong mit lauter Stimme an.

„Steuerbord achteraus hängt ein Fühlungshalter. Das ist der Bursche, vor dem Hasard uns gewarnt hat.“

Siri-Tong war sichtlich betroffen, denn sie wußte sofort, was ein Fühlungshalter in diesem Fall bedeutete, vor allem, wie gefährlich er für sie alle war. Wenn der weiter Fühlung hielt, kriegte er früher oder später heraus, welches Ziel sie anliefen und würde den Standort der Schlangen-Insel kennen. Das Geheimnis aber mußte ein Geheimnis bleiben, sonst stand die Existenz vieler Menschen auf dem Spiel.

„Ich schlage vor“, brüllte Old O’Flynn, „daß ich dem Kerl mal den Puls fühle! Vielleicht kann ich ihn ablenken oder abwimmeln. Die anderen Schiffe können ja doch nichts unternehmen. Ihr seid zu schwer beladen und zu schwerfällig. Ihr würdet ihm nie auf segeln können.“

„Sehr gut!“ rief die Rote Korsarin zurück. „Versucht, ihn abzuwimmeln. Warnt auch die anderen und sagt ihnen, daß ich einen radikalen Kurswechsel vorschlage, um das Schiff noch mehr in die Irre zu führen.“

„Welcher Kurs soll das sein?“

„Von Süd auf Ost, direkt in den Atlantik hinein.“

„Verstanden!“ brüllte O’Flynn. Anschließend verklarte er dem Wikinger Siri-Tongs Vorschlag und warnte auch ihn vor dem Fühlungshalter.

„Gib ihm was auf die Nase, Donegal!“ rief der Wikinger, der nicht unbedingt ein sanfter Mann war. Das fiel beim alten O’Flynn natürlich auch gleich auf fruchtbaren Boden. Auch er sprang mit seinen Gegnern nicht gerade zimperlich um und drosch zur Sicherheit lieber einmal mehr drauf.

Auf der „Tortuga“ stand Albert auf dem Achterdeck, Albert, der ehemals Bucklige von Quimper, den der Profos Carberry nicht leiden konnte und immer als Albert Affenarsch bezeichnete. Old O’Flynn hatte diese Anrede ganz unbewußt übernommen und dachte sich auch nichts mehr dabei.

„He, Albert Affenarsch!“ preite er ihn an. „Hol deinen Kapitän an Deck und beeil dich.“

Der kleinwüchsige Albert liebte diese Anrede nicht sonderlich und hob drohend die Fäuste hoch. Mit galligem Blick sah er auf die Schaluppe und auf Old O’Flynn.

Aber er bequemte sich doch, Jerry Reeves zu holen, der ein paar Augenblicke später an Deck war und erstaunt zuhörte, was der Alte herüberbrüllte.

„Verstanden, Kurs Ost! Alles klar, Donegal!“

Als auch der Franzose Jean Ribault gewahrschaut war, fiel die „Empress“ wieder zurück und ließ den Verband an sich vorbei.

Gleich darauf wurde der Kurswechsel auf Ost vollzogen. Auf allen vier Schiffen gingen die Männer an Fallen und Schoten, um die Segel zu trimmen.

Etwas später lag Ostkurs an. Scheinbar ging die Fahrt jetzt hinaus in den Antiantik. Dieser Eindruck mußte jedenfalls bei dem Fühlungshalter entstehen.

„Wir luven jetzt an“, sagte O’Flynn, „und dann …“

„… wenden wir, gehen hart an den Wind über Backbordbug und segeln dem Hühnerpuster entgegen“, sagte Hasard junior grinsend. „Ist das richtig?“

„Völlig richtig. Ich weiß, daß ich euch beim Segeln nichts mehr beibringen kann. Ihr seid verteufelt ausgefuchste Kerle.“

„Und ausgefuchste Kerle brauchen hin und wieder mal einen kleinen Schluck. Hattest du das vorhin nicht erwähnt, Granddad?“ fragte Philip junior mit Unschuldsmiene.

Die beiden Dänen und Martin Correa grinsten sich eins.

„Erst das Schiff auf Kurs und dann die Buddel“, sagte der Alte, „immer alles der Reihe nach.“

Die „Empress“ luvte an und wendete, blieb dann hart am Wind und segelte über Backbordbug mit Schräglage den zwei feinen Strichen an der Kimm entgegen.

Sie lag noch nicht richtig auf Kurs, als Hasard auch schon mit der Buddel erschien.

Der Admiral kriegte immer den ersten Schluck, weil ihm das alters- und rangmäßig zustand. Er trank auch sehr ausgiebig und reichte die Rumbuddel weiter.

Schließlich nahmen auch die Zwillinge eine kräftige Daumenbreite. Da sie aber noch nicht so dicke Daumen wie die anderen hatten, durften sie noch einen nuckeln. Old O’Flynn war da ein gerechter Mann.

„Ha, nach so einem Schlückchen hat man immer sein starkes Hemd an“, sagte Hasard junior zufrieden. „Ich könnte eine ganze Culverine allein schleppen.“

„Brauchst du gar nicht“, sagte Old O’Flynn trocken, „es genügt, wenn du eine Drehbasse schleppst. Wir gehen gefechtsklar. Holt die Drehbassen an Deck und befestigt sie in den Halterungen. Bin mal gespannt, was das für Kerle sind.“

Die „Empress“ ging gefechtsklar. Zwei Drehbassen wurden im Bug in die Halterungen gesteckt, dann vier auf der Backbord- und weitere vier auf der Steuerbordseite. Pulver und Kugeln wurden an Deck gemannt und alles, was dazugehörte.

Dann wurden die schwenkbaren Waffen geladen. Old O’Flynn stellte sich an die Ruderpinne und schob sein Holzbein in ein dafür vorgesehenes Loch in den Planken, das ihm festen Halt verlieh.

Hartschädelig und stur hielt er Kurs auf die beiden Striche, die langsam größer wurden und sich bald als zweimastige Schaluppe entpuppten.

Auf seinem Granitgesicht lag ein fast überirdischer Glanz. Er strahlte richtig – wie immer, wenn es zur Sache ging. Genau denselben Gesichtsausdruck hatte er auch drauf gehabt, als er zum ersten Male seiner geliebten Mary Snugglemouse in Diegos Kneipe begegnet war, die ihm dann einen Bierhumpen über den Dickschädel geschlagen hatte.

Immer mehr verkleinerte sich die Distanz.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 389

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