Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 86 - Fred McMason - Страница 4

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„Ich kann schon das Meer riechen“, erklärte der Schiffsjunge Bill, der ganz vorn auf der Back der „Isabella VIII.“ stand und angestrengt nach vorn blickte. Dabei lief ihm der Schweiß in Strömen über das schmale Gesicht. Er hob die Hand und wischte sich die Tropfen von der Stirn.

Der drahtige, blonde Bob Grey winkte müde ab.

„Das Meer ist noch weit, Junge, und Was du riechst, ist nichts weiter als das Brackwasser des Flusses und bestenfalls noch der Gestank nach ein paar toten Fischen.“

Der Junge, lang aufgeschossen und mager, wischte sich eine Strähne seines schwarzen Haares aus dem Gesicht, die dort wie festgeklebt hing. Er wollte etwas entgegnen, doch er war einfach zu faul dazu. Die verdammte Äquatorhitze, das drückende Klima, die Moskitos und diese Luft, die sich wie ein feuchter Schwamm auf die Lungen legte, setzten ihm gehörig zu.

So starrte er schweigend ins Wasser, das sich lehmgelb und tückisch dahinwälzte, unwahrscheinlich breit und reißend.

Überall in diesem gewaltigen Delta des Amazonas lagen grüne Inseln, die man sorgfältig umfahren mußte, wollte man nicht unversehens auf einer Sandbank stranden. Jeden Tag veränderte der Fluß sein Gesicht. Heute verschlang er kleine Inseln, morgen spie er andere wieder aus. Es war ein gefährliches Navigieren in diesem höllischen Labyrinth.

Der Junge riskierte einen trägen Blick zum Achterkastell, wo der Seewolf, Ben Brighton und der bullige Carberry standen. Auch sie bewegten sich kaum von der Stelle. Alles schien vor sich hin zu dösen, sogar Donegal Daniel O’Flynn im Großmars ließ den Kopf hängen und wedelte sich ab und zu mit den Händen frische Luft zu, die es hier gar nicht gab.

Der mächtige Strom schob, riß und drängte die ranke Galeone mit sich, durch das Delta hindurch dem Atlantik entgegen, nach dem sich jetzt alle sehnten.

Ja, davon träumten sie insgeheim, die Seewölfe. Vom kühlen Wind einer frischen Atlantikbrise, von geblähten Segeln, von Wellen, die ihnen die Mattigkeit aus den Knochen trieb, diese lausige Mattigkeit, die sich vom Körper auf den Geist übertrug, die sie zu teilnahmslosen, fast apathisch wirkenden Geschöpfen werden ließ.

Sie hatten genug vom „Wolkenwasserlärm“, von den Myriaden hinterhältiger Insekten, die ihr Blut saugten, sie quälten und peinigten, genug von dem dampfenden Dschungel und der Bleihitze und dem wilden feuchten Atem der riesigen undurchdringlichen Wälder.

Auch das Geschrei störte sie jetzt, dieses ewige Konzert, das Kreischen der Affen, Zirpen der Insekten, das Geschrei der Vögel und das heisere Fauchen irgendwelcher unsichtbarer Raubtiere.

Bill schlief fast im Stehen, und er bedauerte nur Pete Ballie, der am Ruder stand und das Schiff steuerte, obwohl kein Windhauch die Segel bewegte. Der muß sich doch totschwitzen, dachte der Junge, und er darf sich nicht die kleinste Unaufmerksamkeit beim Steuern leisten.

Wieder tauchten mächtige, grüne und wildbewachsene Inseln vor dem Schiff auf. Die „Isabella“ fiel hart nach Backbord ab, scherte aus und umfuhr das große tückische Hindernis in einem eleganten Bogen. Weit hinter ihr folgte der schwarze Segler, der sich in dem Gewirr der vielen Inseln noch schlechter steuern ließ als die „Isabella“. Auch seine schwarzen Segel hingen schlaff und wie leblos von den Rahen.

Bill stieg in die Kuhl hinunter wie ein müder alter Mann. Ein Bad müßte man jetzt nehmen, dachte er, ein frisches kühles Bad. Aber in diesem von Kaimanen und Piranhas verseuchten Urwaldstrom war daran natürlich nicht zu denken. Er sah die vor sich hin dösenden Männer, die es sich im Schatten des Segels bequem gemacht hatten, und setzte sich dazu.

Niemand sprach ein überflüssiges Wort. Sie sahen ihn nur an und schwiegen. Vielleicht dachten sie auch an die goldene Stadt der Inkas, an die goldene Galeone, die sie entdeckt hatten, und an die Amazonen, jene kriegerischen Frauen, die ihnen den Weg zu der goldenen Stadt der Inkas gewiesen hatten. Vielleicht aber dachten sie auch an gar nichts.

Dagegen herrschte auf dem Achterkastell der Galeone eine fast rege zu nennende Betriebsamkeit.

„Aufpassen, Pete“, sagte der Seewolf warnend, der neben dem offenen Ruderhaus stand und aufmerksam nach vorn blickte. „Etwas mehr Backbord, sonst laufen wir in den Strudel hinein, und der sieht mir ganz danach aus, als befände sich direkt darunter eine Sandbank.“

Pete Ballie, der stämmige blonde Rudergänger mit den großen Fäusten, ließ die Galeone leicht abfallen und stöhnte leise. Auch ihm rann der Schweiß über den nackten Oberkörper. Er schwitzte noch mehr als die anderen, denn zu seiner körperlichen Arbeit kam noch die ständige Bereitschaft und Aufpasserei, damit sie in diesem grünen Höllengewirr nicht irgendwo aufliefen.

Der tückische Strudel wurde umfahren. Es waren Sand und Morast, die der Amazonas zu einer langgestreckten Wand zusammengeschoben hatte, an der sich ständig das Wasser brach.

„Soll ich das Ruder übernehmen?“ fragte der Seewolf.

Pete schüttelte den Kopf. „Nein, Sir, ich kann es noch eine Weile aushalten. Geht es da vorn Back- oder Steuerbord weiter?“

Weit vor der „Isabella“ teilte sich der Fluß erneut. Es war eine jener tückischen Stellen, die schmal waren, durch die reißendes Wasser schoß und die sich nach ein paar Meilen wieder in den Riesenfluß zurückverwandelten. Dort waren die Ufer keine zweihundert Yards voneinander entfernt.

Hasard wußte es selbst nicht genau. Es war unmöglich, sich den genauen Stromverlauf über Hunderte von Meilen zu merken, zumal er ständigen Veränderungen unterworfen war.

Das hier war keine Themse, die relativ ruhig dahinfloß. Hier war es die reine Hölle, ein Irrgarten, ein Labyrinth des Todes mit tückischen Schlamm- und Sandbänken, wild über das Wasser hinausragenden abgestorbenen Baumriesen, faulenden treibenden Stämmen und wilder Vegetation, die weit in den Fluß wucherte.

An den Ufern zeterte, schrie und keckerte es. Es zirpte, röhrte, fauchte und brüllte. Dazu kamen das Rauschen des Stromes, das Brodeln des Wassers, das Schmatzen des Schlamms und das schrille Kreischen vieler bunter Vögel, die erschreckt hochflatterten, sobald das Schiff vorbeifuhr.

Hasard mußte sich entscheiden, denn viel Zeit blieb nicht mehr. Die grüne Hölle rückte rasch näher. Er warf Ben Brighton einen fragenden Blick zu, doch der hob nur resignierend die Schultern. Er konnte sich an diese Stelle auch nicht mehr erinnern.

„Wir bleiben auf der Steuerbordseite“, sagte der Seewolf ruhig.

Ein Blick nach achtern überzeugte ihn, daß auch der schwarze Segler auf den gleichen Kurs einschwenkte. Offenbar wußte man dort auch nicht weiter und orientierte sich am Kurs der „Isabella“.

Dan, der hoch oben im Großmars zusammen mit dem Schimpansen Arwenack saß, hob hilflos die Hände. Es war eine Gebärde, die dem Seewolf verriet, daß es Dan leid tue, er aber auch nicht wisse, wie das Fahrwasser weiter verlaufe.

Das war immer eine der Stellen, die auch den müdesten der Seewölfe auf die Beine brachte. Jetzt reckten sie in der Kuhl alle die Köpfe, als das tückische Fahrwasser erreicht wurde.

Schlagartig schob sich der Urwald zusammen.

„Hahaha, Affenarsch, hahaha, was-wie!“ Ein wüstes Gezeter hob an. Es ertönte auf der Rahnock des Großmastes, auf der aufgeplustert Sir John, der karmesinrote Papagei, hockte, der dem Profos vor ein paar Wochen auf die Schulter geflogen war. Seitdem hatte er die „Isabella“ nicht mehr verlassen, und die meisten der Seewölfe hatten ihn als letztes Besatzungsmitglied längst integriert.

Sir John hatte schnell gelernt und in erstaunlicher Eile Carberrys Flüche nachgekrächzt. Die schlimmsten Wörter gingen ihm runter wie Öl, die harmlosen kapierte er nicht, oder er vergaß sie rasch wieder. In dieser Beziehung war der karmesinrote Papagei mit dem vorlauten Schnabel wie ein junger Bengel. Je gröber die Wörter, desto leichter ließen sie sich merken.

Er flatterte ein paarmal, dann reckte er seinen Hals und erhob sich in die brühwarme Luft. Wild mit den Flügeln schlagend, flog er in das Dikkicht und hockte sich auf einen Ast.

„Den sind wir los“, meinte Carberry bedauernd. „Schade, und dabei konnte er fluchen wie ein – äh – ein …“

„… wie ein Profos“, half der Seewolf nach. Er hatte jetzt jedoch keine Zeit, sich um Sir John zu kümmern, der reglos in dem dichten Blättergewirr hockte und der „Isabella“ wüste Flüche nachkrächzte.

„Affenarsch, Kakerlaken“, tönte es grell aus dem Gewirr des Dschungels. Und dann wieder: „Hahaha, hahaha!“

„Dieses Mistvieh“, sagte Matt Davies leise. „Jetzt haut es ab und verspottet uns noch!“

Auch er schüttelte enttäuscht den Kopf, genau wie Dan, der dem großen Vogel mit Bedauern nachblickte und ihn lockte.

Sir John wäre kein vollwertiges Besatzungsmitglied gewesen, wenn er sich so einfach empfohlen hätte. Die Seewölfe hatten es ihm nun einmal angetan, und nach einer knappen Minute flatterte er reumütig auf die Rahnock zurück. Von dort äugte er mit schiefgelegtem Kopf auf das Deck hinunter, ohne zu fluchen.

Die Männer grinsten erleichtert, als sich Sir John seelenruhig sein Gefieder vornahm und es mit dem Schnabel durchkämmte.

Die „Isabella“ gewann rasch an Fahrt, als sie auf das immer enger werdende Fahrwasser zuschoß. Es war wie ein Schlauch, rechts und links von geheimnisvoller Wildnis umgeben, die fast bis ans Schiff reichte. Prächtige Orchideen leuchteten aus dem Dschungel, riesige Aasblüten und Aufsitzerpflanzen verströmten einen betäubenden Geruch. Über allem aber hing brühwarm und dick wie eine Mauer die drückende Luft, die das Atmen zur Qual werden ließ.

Vor der Bugwelle flohen Wasservögel, farbenprächtige flinke Tiere, die übers Wasser flitzten und sich krächzend in die Luft erhoben.

Im Uferschlamm lagen Kaimane mit weit aufgerissenem Rachen und dösten vor sich hin.

„Genau Strommitte halten“, sagte der Seewolf zu dem Rudergänger, der angespannt voraus blickte. Dort, wo der Schlauch breiter wurde, zeigten sich wieder Inseln, und für Pete Ballie sah es so aus, als würde der Urwald dort zusammenwachsen und die „Isabella“ genau hineinfahren.

Er schwitzte noch stärker. Ganze Sturzbäche liefen ihm über den nackten Rücken, es biß und juckte, aber Pete getraute sich nicht, eine Hand vom Ruder zu lösen und sich ausgiebig zu kratzen. Er mußte höllisch aufpassen.

Zu allem Überfluß irritierte ihn der Kutscher, der die Kombüse verlassen hatte, nun an Deck stand und aufgeregt mit den Armen fuchtelte. Er schien Smoky, dem Deckältesten, etwas zu erklären, aber der hob nur ratlos die Schultern.

Ben Brighton sah dem Treiben eine Weile zu. Noch ein paar Männer gesellten sich zu dem Kutscher-Batuti, Luke Morgan und der alte Segelmacher Will Thorne. Immer wieder hieb der Kutscher wütend durch die Luft, dann ging er entschlossen zum Achterkastell.

Der Seewolf konzentrierte sich so auf den Flußverlauf, daß er den Kutscher nur aus den Augenwinkeln bemerkte. Daher wandte sich der fluchende Mann an Ben Brighton.

„In Zukunft wird das Essen etwas fader schmecken“, teilte er Ben mit. „Das wollte ich nur bemerken, falls später einer über mein Essen mekkert.“

„Sind dir die Kakerlaken ausgegangen?“ fragte Brighton, ohne das Gesicht zu verziehen.

„Die Ka … das ist ja wohl die Höhe“, schnaufte der Kutscher empört, der bei Sir Freemont gedient hatte und eine Menge von der Medizin verstand. „Das Salz ist es, Ben. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit ist es zu einem häßlichen Brei zerlaufen. Den Mist kann ich wegschmeißen.“

„Dann nimm Seewasser zum Würzen“, schlug Ben ungerührt vor. „Wenn du keine anderen Probleme hast, dann …“

Der Kutscher sah aus, als wolle er Gift und Galle spucken.

„Das Brot, das ich auf Vorrat gebacken habe, ist total verschimmelt und vergammelt. Wenn wir noch lange hier herumkrebsen, verfault mir selbst das Salzfleisch, die Bohnen quellen auf, und die Dörrpflaumen nehmen wieder ihre ursprüngliche Gestalt an. Was, zum Teufel, soll ich denn nur tun?“

„Vor allem nicht fluchen“, sagte Ben Brighton. „Davon wird es auch nicht besser. Wirf das vergammelte Zeug über Bord. Salz kannst du selbst gewinnen, indem du Meerwasser verdunsten läßt.“

Brightons Stimme war lauter geworden, denn jetzt zeterte, keifte und schrie es von beiden Ufern. Ein Höllenspektakel begann, und das alles krönte Sir John, der mit gesträubtem Gefieder auf der Rahnock hockte und wie verrückt kreischte.

Den Seewölfen taten die Ohren weh von dem Konzert der Hölle.

Als der Kutscher sauer zum Vordeck zurückging, streiften weit ausladende Äste die Mastspitzen der „Isabella“. Riesige Tausendfüßler fielen an Deck, die der Kutscher angewidert mit dem Fuß fortschleuderte.

Selbst Arwenack stimmte noch in das Gezeter ein, das kein Ende zu nehmen schien. Gemeinsam mit dem Aracangapapagei kreischte er um die Wette.

„Dieser Höllenspektakel geht mir allmählich auf die Nerven“, sagte Ben. „Ich bin froh, wenn …“

Er konnte seinen Satz nicht beenden. Das Geschehnis am rechten Ufer lenkte ihn ab.

Dort kreischte eine Affenhorde los, die sich wild prügelte. Sie flitzten die Baumstämme hoch, bissen sich gegenseitig, zeterten und schrien wie am Spieß. Einer, der auf einem dünnen Ast entlangturnte und von einem anderen verfolgt wurde, verlor das Gleichgewicht, schrie grell und landete sofort darauf auf dem Quarterdeck.

Zeternd raste er los, als er die vielen Männer sah. Er flitzte in die Kuhl, rannte weiter und war, noch bevor jemand eingreifen konnte, mit einem wilden Satz über Bord gesprungen.

Der Affe schwamm und schlug um sich, dabei kreischte er in höchster Angst. Er wußte, was hier im Fluß auf ihn lauerte, und deshalb wollte er die Strecke so schnell wie möglich hinter sich bringen.

Auch die Seewölfe bedauerten den armen kleinen Kerl, den die nackte Angst weitertrieb, der die Zähne fletschte und dessen Augen angstvoll aufgerissen waren. Mit den Blicken folgten sie ihm, bis er sich kurz vor dem Ufer befand.

Aus dem Gewirr von Schlamm, toten abgestorbenen Baumstämmen, modernden Pflanzen und faulen Ästen erhob sich träge ein Kaiman, als sich der Affe näherte. Seine Trägheit verschwand, der Körper wurde schnell und geschmeidig und glitt mit einem Satz ins schlammige Ufer.

Bis der Affe die Gefahr erkannte, war es zu spät.

Er stand noch auf allen vieren, als der große Kaiman zuschnappte. Starke Kiefer hieben in den schmächtigen Körper des Tieres, das jetzt einen gellenden Schrei ausstieß, der sich wie der Todesschrei eines Menschen anhörte.

Das war der Augenblick, in dem Pete Ballie abgelenkt wurde. Er sah schnell zum Ufer hin und schloß eine Sekunde lang die Augen. Dabei lief die „Isabella“ ganz geringfügig aus dem Kurs. Außerdem war hier der Schlauch zu Ende, das Fahrwasser verbreiterte sich, viele Inseln tauchten im Delta auf.

„Hart Backbord!“ schrie der Seewolf, als er die Gefahr erkannte und die ranke Galeone sich beängstigend rasch einer der Inseln näherte.

Von links drückte der Strom den Segler immer mehr zur Seite. Durch die Verbreiterung des Fahrwassers schwoll der Fluß beängstigend rasch an.

Hasard war mit einem Satz am Ruder, um die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern, denn dicht vor dem Bug wuchs eine der zahlreichen tückischen Sand- und Schlammbänke aus dem Amazonas, die sie schon mehr als einmal das fürchten gelehrt hatten.

Hart wirbelte er das Ruder herum, bis es im Ruderlager auf Widerstand stieß. Der Seewolf versuchte, an der Schlammbank vorbeizusteuern, um Kurs auf die weit dahinter liegende Urwaldinsel zu nehmen.

Dazu war es jetzt zu spät, das erkannte er klar und deutlich. Wäre die „Isabella“ unter voller Besegelung gefahren, hätte das Manöver sicher erfolgreich geendet. Hier reagierte sie zu träge.

Ein ellenlanger Fluch drang über seine Lippen. Aus den Augenwinkeln sah er die verzerrten Gesichter seiner Leute, die die Hände ballten und Daumen drückten.

„Fallen Anker!“ schrie er laut.

Vielleicht gab es noch eine letzte Möglichkeit, überlegte er fieberhaft. Der Heckanker konnte die „Isabella“ aus dem Kurs reißen, wenigstens so weit, daß sie nur leicht mit der Steuerbordseite die Bank schrammte.

Die Schlammbank war jedoch tükkischer, als er gedacht hatte. Als der Anker ins Wasser klatschte, ging ein winziger Ruck durch das Schiff. Ganz leicht hob sich der Bug aus dem Wasser, dann drückte er nieder, es kratzte und schurrte, und sofort verlor das Schiff ganz rapide seine Fahrt.

Ein paar Sekunden später saß die „Isabella“ fest. Um den Rumpf herum blubberten Blasen, lehmgelb und schmierig sahen sie aus.

Pete Ballie raufte sich die Haare.

„Ich bin schuld daran“, jammerte er. „Ich hätte …“

„Quatsch“, unterbrach ihn Hasard grob. „Niemand hat schuld daran, wir kennen das Fahrwasser zu wenig. Außerdem verändert es sich täglich. Fiert die Ankertrosse etwas nach!“ befahl er dann.

Auch das half nicht mehr. Der Anker slippte durch den Schlamm, er hielt nicht. Immer mehr drückte der mächtige Strom das Schiff zur Seite, bis es fast quer zur Fahrtrichtung lag.

Der Seewolf fluchte nicht oft, aber diesmal tat er es lange und ausgiebig, denn jetzt näherte sich das Unheil in Gestalt des schwarzen Seglers, der rasch heranglitt. Immer größer und mächtiger wurde der Bug des Schiffes. Keine Macht der Welt konnte es jetzt noch aufhalten.

„Verflucht!“ schimpfte Ed Carberry in ohnmächtiger Wut. „Der Kasten rammt uns genau mittschiffs! Die haben noch gar nicht gemerkt, daß wir festliegen.“

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 86

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