Читать книгу Dramen - Friedrich Maximilian Klinger - Страница 12
Siebende Szene
ОглавлениеGarten.
V. Brand. Gesandtin.
V. BRAND. Warum fährst du an der Laube zurück?
GESANDTIN. Verzeih dir Gott die Frage!
V. BRAND. Malchen!
GESANDTIN. Lieber Brand!
V. BRAND. Was ist dir?
GESANDTIN. Ach! ich kann den Himmel, den schönen weiten Himmel nicht mehr ansehen. Ihr keuschen harmonischen Sterne! Keusch! lieber Brand, warum sagen die Dichter, die keusche Sterne? – Heiliger Ausdruck! ich konnte dich fühlen. Ihr keuschen Sterne, silberner blasser Mond! leuchtet, leuchtet, ihr leuchtet einem unkeuschen Weibe Angst in die Seele. – – Brand, ist das der Polarstern?
V. BRAND. Er ist es.
GESANDTIN. Und Stuhl Gottes. Neigt sich. Vor deinem Angesicht sündigte ich; so war's eine Nacht. Alles, alles sah es – meine Augen vergehn mir.
V. BRAND. Du weinst. Engel, du weinst.
GESANDTIN. Über meine Sünde, Brand! Und in meiner Brust brennt's – o fühl's, ich bin bereit, neue zu begehen. Mächtiger, über diesen Sternen!
V. BRAND. Du zerreißt mir noch das Herz mit deinem Geschwätz. Ich halt's nicht aus, ja ich will's tun.
GESANDTIN. Was willst du tun?
V. BRAND. Mich totschießen; vor deinen Augen will ich's tun. Ich bin nichts, ganz nichts ohne dich. Und du, Grausame!
GESANDTIN. O lieber Brand, wenn du ein Weib wärest; so geschaffen, wie ich – hättest einen Mann, der dich so zärtlich liebte, dessen ganzes Leben Güte gegen dich wäre –
V. BRAND. Halt ein, halt ein, ich muß enden!
GESANDTIN. Und glaubst du, daß ich hier bleibe? Nein, du sollst bleiben, deine Knie will ich mit meinen Haaren umwinden, dich fesseln mit; du sollst mich wegreißen, vor meinen Mann hinreißen, und ich will vor ihm liegen, wie ich hier liege vor Gott. Hier sollst du bleiben, alles mit mir leiden, es werde, was es wolle.
V. BRAND. Gib mir zu leiden, o gib mir alles! Ich trage aller Welt Sünde für dich.
GESANDTIN. Hör Brand! lieber Brand – Hah, schon an deinem Herzen klopft's – fühl's – – was ist das Geräusch?
V. BRAND. Die Blätter der Bäume, Liebe.
GESANDTIN. Wo? wo rauschte es? rauschte es an der Laube?
V. BRAND. Kann ich das wissen?
GESANDTIN. Sieh, wenn ich so des Nachts ohne dich im Garten geh, das ich oft tu, wenn mich's von meinem Mann jagt; komm an die Laube, und nur ein Blättchen rauscht, ein leichtes Windchen nur fährt durchs Gesträuch, ach! da fährt mir's durchs Herz, ich höre, wie 's Blättchen mir zuruft: wir rauschten da du sündigtest, und deine Ohren waren verstopft.
V. BRAND. Ich halt's nicht aus. Hatt ich nicht ein Recht auf dich, eh dein Mann kam? nur dein Vater war schuld. Gab mir deine Liebe nicht ein Recht? und meine brennende Liebe? Hatt ich nicht alles für mich? Sag, Malchen, rede.
GESANDTIN. Eine Ursach, federleicht. Wirst du sie erwägen dort über meinem Polarstern?
V. BRAND. Träumerin! unglückliche Schwärmerin! mußt ich verdammt sein, dich zu sehen? Gott verzeiht dir eher als mir; er machte dich mehr als Weib. Hier liegen, ruhen meine Augen, in deinen unaussprechlichen Reizen wühlen sie. Ich verführte. Malchen! Malchen! Umfaßt sie. so müssen wir in die andre Welt gehn. Küßt sie. Malchen! dich in meinen Armen! so was! was! was fühle ich?
GESANDTIN. Brand, schone meiner! ich geh zugrunde. Entreiß mir den Himmel nicht ganz!
V. BRAND. Wenn du mich liebst, wenn du mich liebst! alle, alle Verdammung nichts.
GESANDTIN. Laß mich los! Unglücklicher, wie spielst du mit mir?
V. BRAND. Und du! – o du allmächtiger Gott, wie bin ich denn! ich kann's nicht sagen. Die Liebe hat ja meine Seele, mein ganzes Wesen und Sein so gefangengenommen, ich kann nichts denken – Malchen!
GESANDTIN. Nun, Brand, knie nieder mit mir; hilf mir Gott unsere Sünden abbeten.
V. BRAND. Ich in deiner Gegenwart beten! Ich würde um den Genuß der Sünde beten.
GESANDTIN. Ach! daß du recht hast, ich würde unterm Beten sündigen. – – Du mußt gehen.
V. BRAND. Muß ich? muß ich?
GESANDTIN. Lieber Brand, du sagst, du liebst mich.
V. BRAND. Tu ich's?
GESANDTIN. Nun, so gib mir nur ein bißchen Ruhe, nur ein bißchen Ruhe; daß es mich nicht aufschrecke neben meinem Mann. Tu's um unsrer Liebe willen; nur ein bißchen Ruh macht mich glücklich, so viele Ruhe, ich kann's nicht sagen, wie wenig; und doch war mir geholfen damit.
V. BRAND. Du willst mich umbringen, daß ich wegkomme. Hab ich Ruhe? Hätt ich die Ruhe eines Heiligen, wollt ich dir sie nicht alle geben, und Pein leiden?
GESANDTIN. Strafe! Strafe!
V. BRAND. Malchen.
GESANDTIN. Brand!
V. BRAND. Kannst du schlafen?
GESANDTIN. Kannst du schlafen?