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Zweiter Akt Erste Szene

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Louis im Negligé, lesend. Blum.


LOUIS. O die verfluchten Bücher! da steht sie, da und da, und allenthalben. Läs ich schön – schön von ihr? – Arme Menschen, was ist eure Sprache, wenn's einem so ist. An ihrem Busen schwur ich, zu liegen, nichts, nichts soll das Wort mehr wegwischen! diese Nacht! Klingelt. Wo ist der Kammerdiener? Meinen Überrock. Ich muß ihr Haus sehen.

BEDIENTER. Herr Baron Blum ist da.

LOUIS. Laßt ihn kommen!

BEDIENTER. Er ist schon auf dem Weg.

LOUIS. Ich will ihm warm machen.

BLUM. Guten Morgen, guten Morgen, Herrchen! Du siehst verflucht zerstreut aus.

LOUIS. Du darfst davon reden. Hast du heunt wieder dort logiert?

BLUM. Laß dir den Spuk erzählen!

LOUIS. Hier sind andre Dinge.

BLUM. Laß dir nur erzählen! Ha, ha, was hätt ich drum geben, wär mein junger Graf dagewesen.

LOUIS. Wo denn? mach nur hurtig!

BLUM. Laß mir Schokolade bestellen! Weißt wohl.

LOUIS. Ausgemergelter! – Mach nur fort; du sollst dich wundern hernach.

BLUM. Hör, mach mich nicht bös mit deiner Eil! Was soll das? Nu hör. Gestern abend nach der Komödie war ich bei Sophchens, nun das versteht sich.

LOUIS. Was du nur da machst?

BLUM. Ich figurier, wie die schlechten Komödianten, närrisch, bitter närrisch. Wem tut's weh? Nu gut. Da waren die Schönegeister.

LOUIS. Was gehen mich die Kerls an?

BLUM. Hör nur das Zeugs! Junger Herr, man kommt ja nicht aus mit dir. Das sind dir nun Kerls, hatten das Maul beständig voll von Versen, Amors und den Schwänk', das geht mich nichts an. Weiter! Champagner, Bourgogner, Malaga floß; da fühlten sie sich bei den Maidels – anfangs gingen sie mit ihnen um, wie mit Göttinnen; ganz sanft und seiden, wurden endlich wilder. Da führt der Teufel auf einmal drei Offiziers herbei, die rochen sie gleich. Der eine kam zu mir: »Was tun die Hunde da? wir brauchen die Maidels –«

LOUIS. Ich laß dich zum Haus hinausschmeißen.

BLUM. Hör nur, wie sie geprügelt wurden.

LOUIS. He! die Peitsche!

BLUM. Ich rauf dir die Haare aus, Lecker, du. Was steckt dir im Kopf? Schokolade bestell!

LOUIS. Setz dich! Du gehst mit dem Brand um.

BLUM. Ein trefflicher Mensch.

LOUIS. Blum, entschließ dich diesen Augenblick, alles haarklein zu erzählen; oder ich schieß dich zusammen. Siehst du hier?


Nimmt eine Pistole, schließt die Tür ab.


BLUM. Was dann? Bist du mondsüchtig?

LOUIS. Mehr als mondsüchtig. Sag! du mußt's wissen, wie steht der Brand mit der Gesandtin?

BLUM. Guter Freund mit dem ganzen Hause.

LOUIS. Will ich das wissen? Du kommst mir nicht vom Fleck. Ich laß meine Leute kommen, bind dich an, und laß dich hauen, bis du gestehst.

BLUM. Mich?

LOUIS. Ich hab keine Vernunft mehr. Wärst du mein Vater, ich macht es so. Wie steht der Brand mit der Gesandtin?

BLUM. Was weiß ich?

LOUIS. Du weißt, sie hat mich rasend gemacht. Und meinst du, ich wollt mich immer mit den elenden – begnügen? heraus mit; wie stehn sie zusammen? Und wenn dir's im Grund des Herzens säße; ich reiß es heraus.

BLUM. Wie kann ich's aber wissen?

LOUIS. Weil du's wissen mußt, und weil ich Spur hab. Ich will dir's erzählen. Schon viele Nächte hatt ich mein Lager auf der Gesandtin ihrer Schwelle, die Witterung mochte sein, wie sie wollte. Vor einigen Tagen war ich in der Nachbarschaft; hörte den Brand im Garten eine Melodie blasen, lernte sie, gestern abend auf ihrer Schwelle blas ich's ihm nach – o Donner! Donner! ihre Engelstimme!

BLUM. Was? was?

LOUIS. Sie öffnete das Fenster, rief »Brand, Brand!« ich war's, zu dem sie's rief. Nun was machst du Augen, Balg? Wie steht dir's an? Hab ich Spur? hab ich?

BLUM. Daß dich der Donner erschlüg in die Erd hinein! Hättst du mich erschossen, wär mir lieber. Nun ich will dir's sagen, sie lieben sich, ja sie hängen zusammen von ihrer Kindheit. Aber hör noch das! Du weißt, daß ich alle Menschen hasse; alles, alles, was Mensch ist, Mann und Weib, nichts such, als ihnen zu schaden, so sehr ich kann. Bei Brand mach ich eine Ausnahme; ihm will ich mein Leben geben, nutzt's ihm was. Und wo du was unternimmst, wo du's verrätst, so stoß ich dich mit dem Brotmesser übern Haufen, und sollt ich auf'm Rad sterben! Hörst, du, Taugnichts? Das bist du; kannst nichts anders sein; der Fürst machte dich im Ehebruche, verführte deine Mutter, und dein Vater ließ es geschehen und nahm Geld; du kannst nichts Bessers sein. Daß dich der Donner erschlüg! meinen Brand! – ein Brotmesser, gräflicher Bube, wo ich dich treff, ein Brotmesser, und du sollst krepieren! Das ist meine Meinung.

LOUIS. Bist du fertig? Und du sollst mir behülflich sein, mußt es sein. Ich muß sie an meine Brust drücken, und sollt ich über euch alle hinaus.

BLUM. Den Teufel sollst du! eine alte Hexe, der die Kinnladen herausstehen, die Zähne gefault sind, die weiße Haare ums Kinn hat. Mit Warzen und Finnen überzogen, und die Beine zusammenrappeln, wenn du sie anrührst. – Ein Brotmesser, gräflicher Bube!

LOUIS. Sei ruhig, du! Schokolade, Schokolade, nicht wahr Blum? Schokolade, da kommt dir's wieder?

BLUM. Legt sich nächtelang hin. Hätt ich's gewußt, du hättest mir liegen sollen.

LOUIS. Mit dem Alten, dem Gesandten, allen wär's aus gewesen, ich trieb's zurück.

BLUM. Gewaltiger Ruhm! die Absichten –

LOUIS. Für was hältst du mich, Blum, für ein Bête? Der Geheimderat sollte diesen Morgen Audienz haben, ich hab's ihm absagen lassen. Wär die Gesandtin nicht – sie sollten mir gebüßt haben. Wie sind sie meinem Vater begegnet! Und mir, der Franz, der Alte war mir auch schnippig. Aber sie! – Blum, leb auf, wenn ich sie nenn, abgestorbener Ast ohne Saft, leb auf! Du fühlst, ich seh dir's an, du fühlst. Ist's Wunder? einen Toten müßten ihre Blicke zum Leben bringen.

BLUM. Du sollst mir nicht zu deinem Zweck kommen, sollt ich meinen Mund voll Gift dir entgegentragen, um dich zu vergiften.

LOUIS. Schokolade!

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